Entscheidungsdatum
13.08.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
G307 2233768-1/10Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über den Antrag des XXXX , geb. am XXXX , StA.: Bosnien und Herzegowina, vertreten durch die Diakonie, gemeinnützige Flüchtlingsdienst Gesellschaft mbH – ARGE Rechtsberatung in 1170 Wien, auf Gewährung von Verfahrenshilfe in Form der Befreiung von der Eingabegebühr für das Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.07.2020, Zahl XXXX beschlossen:
A)
Dem Antrag auf Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr wird gemäß § 8a VwGVG stattgegeben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
1. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Antragsteller begehrte – als Teil der am XXXX .2020 gegen den ihn am XXXX .2020 erlassenen Schubhaftbescheides eingebrachten Beschwerde – die Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr.
Da dem Rechtsmittel kein befülltes Vermögensbekenntnis beigefügt war, wurde dem Antragsteller am 07.08.2020 ein Mängelbehebungsauftrag in der Form erteilt, dieses binnen 5 Tagen dem Gericht nachzureichen.
Dieser Aufforderung kam der Antragsteller am 11.08.2020 nach.
In diesem Bekenntnis führte der Antragsteller unter anderem an, er verfüge über Bargeld in der Höhe von € 0,02.
Aus der am XXXX .2020 ausgedruckten Vollzugsdateninformation ergibt sich, dass der Antragsteller aktuell über einen Geldbetrag von € 17,80 verfügt.
2. Beweiswürdigung:
Das Bundesverwaltungsgericht geht vom oben dargelegten unstrittigen Sachverhalt aus, der unmittelbar auf Grund der Aktenlage festgestellt werden konnte.
Die Höhe des verfügbaren Geldbetrages ergibt sich aus der oben erwähnten Vollzugsdateninformation.
Es entspricht zwar somit nicht den Tagsachen, dass der Antragsteller bloß € 0,02 zur Verfügung hat, dennoch reichen die € 17,80 nicht aus, um die Eingabegebühr zu entrichten.
Der beantragte Umfang der Verfahrenshilfe ergibt sich aus dem Inhalt des vorgelegten Antragsformulars in Verbindung mit der im Schriftsatz vom 11.08.2020 erfolgten Klarstellung.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und anzuwendendes Recht
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Über die Gewährung der Verfahrenshilfe entscheidet stets (mithin auch, wenn der Antrag bei der Behörde einzubringen war) das VwG, und zwar durch Beschluss (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 § 8a VwGVG, Anm. 13, Stand 01.10.2018, rdb.at).
Zu A)
Stattegbung des Verfahrenshilfeantrags:
Gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Dies jedoch nur dann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist.
Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Regelung der Verfahrenshilfe im VwGVG um eine sogenannte "subsidiäre Bestimmung" handelt: Sie soll nur dann zur Anwendung gelangen, wenn durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, also dann, wenn das sogenannte "Materiengesetz" keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht. Gemäß § 52 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, ist einem Fremden oder Asylwerber im verwaltungsgerichtlichen Verfahren in bestimmten Angelegenheiten von Amts wegen kostenlos ein Rechtsberater zur Seite zu stellen. § 52 BFA-VG entspricht damit den Vorgaben des Art. 47 GRC. Im Anwendungsbereich des BFA-VG gelangt daher die Bestimmung des § 8a VwGVG (überhaupt) nicht zur Anwendung (siehe ErläutRV 1255 BlgNR 25. GP zu § 8a VwGVG).
Das BFA-VG sieht für seinen, das verwaltungsgerichtliche Verfahren betreffenden Anwendungsbereich allerdings keine ausdrückliche Regelung vor, ob oder inwieweit im Rahmen der kostenlosen Rechtsberatung nach § 52 BFA-VG auch eine Befreiung von allfälligen zu entrichtenden Gerichtsgebühren oder anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren (§ 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO) möglich ist. Für Bescheidbeschwerdeverfahren gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG gegen Entscheidungen des BFA nach § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG - wie im gegenständlichen Fall - sind die Bestimmungen des VwGVG anzuwenden. Da in diesen Fällen eine gesetzliche Gebührenbefreiung nicht besteht, unterliegen derartige Beschwerden der Verpflichtung zur Entrichtung der Eingabegebühr nach § 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 1 lit. b Gebührengesetz 1957 iVm der BuLVwG-Eingabengebührverordnung.
Der gegenständliche Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr findet somit in § 8a VwGVG iVm. § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO grundsätzlich eine geeignete Rechtsgrundlage und erweist sich der gestellte Antrag als rechtens:
Gemäß § 8a Abs. 2 VwGVG 2014 sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe, soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften der ZPO zu beurteilen. In diesem Sinn wird auch in den Erläuterungen zur Novelle BGBl. I Nr. 24/2017 (1255 BlgNR 25. GP 3) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für die Frage, ob die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens zu bestreiten, die Bestimmungen der ZPO maßgeblich sind, namentlich § 63 Abs. 1 ZPO zur Definition des notwendigen Unterhalts. Nach dieser Bestimmung ist als notwendiger Unterhalt derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt. Ob der in diesem Sinn notwendige Unterhalt beeinträchtigt ist, stellt eine Frage des Einzelfalls dar, deren Beurteilung nur dann revisibel ist, wenn sie in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise erfolgt ist (vgl. VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0205).
Im gegenständlichen Fall beantragte der Antragsteller die Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr zur Einbringung einer Beschwerde. Da der BF über einen derart geringen Betrag verfügt, der die Begleichung dieser Gebühr nicht abdeckt, war dem obigen Antrag stattzugeben.
Zu B)
Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu A) wiedergegeben. Insbesondere ist darauf zu verweisen, dass die Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts eine Frage des Einzelfalls darstellt, deren Beurteilung nur dann revisibel ist, wenn sie in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise erfolgt ist (vgl. VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0205).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Befreiung EingabengebührEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G307.2233768.1.00Im RIS seit
09.11.2020Zuletzt aktualisiert am
09.11.2020