Entscheidungsdatum
17.08.2020Norm
BBG §40Spruch
W132 2232356-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen, über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , bevollmächtigt vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Niederösterreich, vom 24.03.2020, OB 62946092400012, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), in Verbindung mit dem Vorlageantrag zur Beschwerdevorentscheidung vom 02.06.2020, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung mit der Maßgabe bestätigt, dass die Zitierung des Grades der Behinderung im Spruch entfällt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Am 02.10.2019 hat der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.
1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Fachärztin für Innere Medizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 10.12.2019, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH bewertet wurde.
1.2. Im Rahmen des gemäß § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs wurden keine Einwendungen erhoben.
1.3. Mit dem Bescheid vom 24.03.2020 hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 40 vH festgestellt.
Als Beilage zum Bescheid wurde der eingeholte Sachverständigenbeweis zur Kenntnis gebracht.
2. Gegen diesen Bescheid wurde von der bevollmächtigten Vertretung des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, die Beurteilung des vorliegenden Beschwerdebildes sei unrichtig. Der Beschwerdeführer leide an einer Morbus Crohn Erkrankung, weswegen bereits mehrere Krankenhausaufenthalte, zuletzt eine Sigmaresektion im August 2019, erforderlich gewesen seien. Der Beschwerdeführer leide an imperativem Stuhldrang (auch nachts), sowie an urge Inkontinenz. Es bestünden erhebliche, schwer behandelbare, Bauchbeschwerden. Es sei daher ein höherer Grad der Behinderung heranzuziehen, und sei das eingeholte internistische Gutachten nicht nachvollziehbar.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.
3. Die belangte Behörde hat in der Folge von der bereits befassten Sachverständigen Dr. XXXX , basierend auf der Aktenlage, eine mit 11.05.2020 datierte medizinische Stellungnahme mit dem Ergebnis eingeholt, dass weder das Beschwerdevorbringen, noch die vorgelegten Beweismittel geeignet seien, eine geänderte Beurteilung zu begründen.
3.1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 02.06.2020 hat die belangte Behörde im Rahmen der rechtzeitig ergangenen Beschwerdevorentscheidung, die fristgerecht eingelangte Beschwerde gegen den Bescheid vom 24.03.2020, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 46 BBG iVm § 14 VwGVG, abgewiesen.
Als Beilage zum Bescheid wurde der eingeholte Sachverständigenbeweis zur Kenntnis gebracht.
4. Mit Schriftsatz vom 18.06.2020 hat die bevollmächtigte Vertretung des Beschwerdeführers ohne Vorlage weiterer Beweismittel rechtzeitig die Vorlage der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht beantragt. Das Beschwerdevorbringen wiederholend wurde ergänzend vorgebracht, dass das eingeholte Sachverständigengutachten nicht nachvollziehbar sei. Die Sachverständige führe aus, dass bisher keine Abklärung der urge Inkontinenz sowie des imperativen Stuhldrangs erfolgt sei, weshalb kein höherer Grad der Behinderung zuzuerkennen sei. Dazu sei anzuführen, dass sich der Beschwerdeführer in laufender Behandlung befinde, und der behandelnde Arzt im vorgelegten Befund ausführe, dass der imperative Stuhldrang auch nachts auftrete, und die urge Inkontinenz, sowie die erheblichen Bauchbeschwerden, schwer behandelbar erscheinen würden. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Sachverständige annehme, dass bisher keine Abklärung erfolgt sei, da der Beschwerdeführer bereits zahlreiche Spitalsaufenthalte gehabt habe. Auch sei das ergänzend vorgelegte Stuhlprotokoll nicht berücksichtigt worden, aus welchem hervorgehen, dass der Beschwerdeführer an bis zu sieben Stuhlgängen täglich leide, welche weder vom Zeitpunkt vorhersehbar, noch beeinflussbar, seien.
4.1. Mit dem – im Bundesverwaltungsgericht am 25.06.2020 eingelangten Schreiben gleichen Datums hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt und die Beschwerde vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich der Beschwerdeführer mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz im Inland.
1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 40 vH.
1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:
Allgemeinzustand normal. Ernährungszustand normal. Größe 165 cm, Gewicht 72 kg.
Kopf und Hals: Pupillen mittelweit, isocor, prompt. Schleimhäute gut durchblutet. Halsvenen nicht gestaut. Schilddrüse nicht vergrößert, schluckverschieblich.
Thorax: Pulmo VA. Cor: Herztöne rasch, rein, rhythmisch.
Abdomen: Gerötete breite, mediane Laparotomienarbe, gebläht, berührungsempfindlich. Nierenlager beidseits frei.
Wirbelsäule: Kein Klopfschmerz. FBA: 30 cm.
Extremitäten: Fußpulse allseits palpabel, Besenreiser, keine Ödeme. Die großen Gelenke der oberen und unteren Extremitäten sind funktionell unauffällig. Faustschluss und Pinzettengriff beidseits vollständig. Zehenspitzen- und Fersengang durchführbar.
Gesamtmobilität-Gangbild: unauffällig.
Status Psychicus: Stimmung indifferent, allseits orientiert.
1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:
Lfd. Nr.
Funktionseinschränkung
Position
GdB
01
Morbus Crohn (Erstdiagnose 2010)
Oberer Rahmensatz, da 08/2019 eine Sigmaresektion (bei gedeckt perforierter Sigmadivertikulitis) erforderlich war. Normaler Ernährungs- und Allgemeinzustand.
07.04.05
40 vH
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen gründen sich – in freier Beweiswürdigung – in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die eingeholten und vorgelegten Beweismittel:
Das von der belangten Behörde eingeholte innerfachärztliche Sachverständigengutachten Dris. XXXX und die ergänzende Stellungnahme sind vollständig, schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.
Die vorgelegten Beweismittel stehen hinsichtlich des klinischen Befundes nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein anderes Funktionsdefizit beschrieben als gutachterlich festgestellt wurde. Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, die Sachverständige hat sich damit auseinandergesetzt.
Die Sachverständige erläutert im Einklang mit dem Untersuchungsbefund und den vorliegenden Befunden fachärztlich überzeugend, dass beim Beschwerdeführer zwar Morbus Crohn vorliegt, und eine Sigmaresektion bei gedeckt perforierter Sigmadivertikulis erforderlich war, beim Beschwerdeführer aber ein normaler Allgemein- und Ernährungszustand bestehen. Die Beurteilung des Darmleidens erfolgte somit nach Position 07.04.05 nachvollziehbar. So sieht die Einschätzungsverordnung diese Position für chronische Darmstörungen mittleren Grades, mit chronischen Schleimhautveränderungen vor, wobei ein Grad der Behinderung von 40 vH heranzuziehen ist, wenn häufige Durchfälle auftreten, nachweislich chronische Schleimhautveränderungen bestehen, und eine mittelschwere Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes vorliegt. Der stattgehabten Sigmaresektion wurde durch die Heranziehung des oberen Rahmensatz dieser Position Rechnung getragen, welcher auf Grund des beim Beschwerdeführer bestehenden guten Allgemein- und Ernährungszustandes (165 cm, 72 kg) andernfalls nicht zur Anwendung gekommen wäre. Die Angaben der Sachverständigen zum Allgemein- und Ernährungszustand wurden vom Beschwerdeführer auch nicht beeinsprucht.
Zum vom Beschwerdeführer angeführten imperative Stuhldrang und dem vorgelegten Stuhlprotokoll, welchem Datum und Uhrzeit der Stuhlgänge zu entnehmen sind, ist festzuhalten, dass diese Leidensauswirkungen symptomatisch für die Diagnose Morbus Crohn sind, und daher bei der Beurteilung des Grundleidens berücksichtigt wurden. Ebenso stellen die im Befund Dr. XXXX angeführten Bauchbeschwerden ein typisches Symptom der Grunderkrankung dar.
Eine Höherbewertung, und Heranziehung der Position 07.04.06 (Chronische Darmstörungen schweren Grades mit schweren chronische Schleimhautveränderungen) ist nicht angezeigt, weil beim Beschwerdeführer eben keine erhebliche Beeinträchtigung des Allgemein- und Ernährungszustandes vorliegt.
Der vorgelegte stationäre Patientenbrief des AKH vom 08.08.2019, beschreibt die am 02.08.2019 durchgeführte offene Sigmaresektion, sowie einen komplikationslosen postoperativen Verlauf, die Darmpassage kam regelrecht in Gang. Die Diagnose Morbus Crohn wird ohne weiterführende Informationen hinsichtlich Schwere und Auswirkungen angeführt. Dieser Befund ist daher nicht geeignet, eine geänderte Beurteilung zu begründen.
Im Befund Dris. XXXX vom 16.03.2020 wird beschreiben, dass der Beschwerdeführer berichtet, an imperativem Stuhldrang und urge Inkontinenz zu leiden. Objektive Befunde, welche die Diagnose einer urge Inkontinenz stellen, und deren Behandlung beschreiben, wurden vom Beschwerdeführer nicht in Vorlage gebracht. Es kann daher diesbezüglich nicht vom Vorliegen einer Gesundheitsschädigung in einschätzungsrelevantem Ausmaß ausgegangen werden.
Die beim Beschwerdeführer vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden im eingeholten Sachverständigenbeweis dem Ausmaß der vorliegenden Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt, im Einklang mit den vorgelegten Befunden, und dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund, und unter der entsprechenden Positionsnummer der Anlage zur Einschätzungsverordnung korrekt eingeschätzt. Aufgrund des festgestellten Ausmaßes der Funktionseinschränkungen war einer höheren Einschätzung des Grades der Behinderung somit die Grundlage entzogen.
Das im verwaltungsbehördlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX und die ergänzende Stellungnahme stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Medizinische Beweismittel, durch die das Beschwerdevorbringen fundiert belegt, bzw. dem eingeholten Sachverständigengutachten überzeugend entgegengetreten wird, sind vom Beschwerdeführer nicht vorgelegt worden. Dem Gutachten eines Sachverständigen kann zwar auch ohne Gegengutachten in der Weise entgegengetreten werden, als die Parteien Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten des Gutachtens aufzeigen. Das Beschwerdevorbringen ist jedoch - wie bereits ausgeführt - nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 40 vH vorliegt, zu entkräften.
Es ist vom Beschwerdeführer somit kein Vorbringen erstattet worden, bzw. sind keine Beweismittel vorgelegt worden, durch welche eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens angezeigt gewesen wäre. Dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers seit der sachverständigen Beurteilung maßgeblich verschlechtert hätte, ist nicht vorgebracht worden, und liegen keine diesbezüglichen Anhaltspunkte vor.
Das Sachverständigengutachten Dris. XXXX und die ergänzende Stellungnahme werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.
Die Angaben des Beschwerdeführers konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen (§ 46 BBG auszugsweise idF des BGBl. I Nr. 57/2015) § 46 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 tritt mit 1. Juli 2015 in Kraft. (§ 54 Abs. 18 BBG)
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)
Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
– Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
– Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
– In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen. (§ 42 Abs. 1 BBG)
Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist. (§ 42 Abs. 2 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu. (§ 45 Abs. 2 BBG)
Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, sind das Beschwerdevorbringen und die vorliegenden Beweismittel nicht geeignet darzutun, dass der in Höhe von 40 vH festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß des Beschwerdeführers entspräche. Den sachverständigen Ausführungen ist der Beschwerdeführer weder substantiiert, noch auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, und hat er auch sonst keine Beweismittel vorgelegt, welche fundierte Anhaltspunkte enthalten, das Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises zu entkräften.
Da ein Grad der Behinderung von vierzig (40) vH objektiviert wurde, und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
Falls sich der Leidenszustand des Beschwerdeführers maßgebend verschlechtert hat, bzw. sich die Funktionseinschränkungen künftig verschlechtern, ist es zulässig, abermals einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu stellen, und kommt eine neuerliche Prüfung des Grades der Behinderung in Betracht. (vgl. dazu etwa VwGH vom 20.11.2012, Zl. 2011/11/0118 zu § 14 BEinstG). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist.
Hinsichtlich des angefochtenen Spruchteiles, womit der Grad der Behinderung festgestellt wurde, wird angemerkt, dass § 43 Abs. 1 zweiter Satz BBG keine Ermächtigung für einen gesonderten Ausspruch der Behörde enthält, dass ein Grad der Behinderung von weniger als 50 % besteht. (vgl. Ra 2018/11/0204 vom 13.12.2018)
Daher wird der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Zitierung des Grades der Behinderung im Spruch entfällt.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der beim Beschwerdeführer festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher der, der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte, Sachverständigenbeweis geprüft.
Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde dieser als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Der Beschwerdeführer hat vom zugrunde gelegten Sachverständigenbeweis vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Im Rahmen des Beschwerdevorbringens hatte der Beschwerdeführer die Möglichkeit sich zu äußern, bzw. Beweismittel vorzulegen. Es wurden jedoch keine Beweismittel vorgelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Das Beschwerdevorbringen war – wie unter Punkt II.2. bzw. II.3.1. bereits ausgeführt – nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen hervorzurufen. Der Beschwerdeführer wurde im behördlichen Verfahren persönlich fachärztlich untersucht. Die vorgebrachten Argumente und vorgelegten Beweismittel wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt. Das Vorbringen wird durch die beigebrachten Beweismittel nicht erhärtet, vielmehr sind diese nicht geeignet, die gutachterlichen Feststellungen überzeugend in Frage zu stellen, bzw. einen höheren Gesamtgrad der Behinderung zu begründen. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, dass das eingeholte Sachverständigengutachten schlüssig und frei von Widersprüchen ist, angeschlossen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Schlagworte
Behindertenpass Grad der Behinderung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W132.2232356.1.00Im RIS seit
10.11.2020Zuletzt aktualisiert am
10.11.2020