Entscheidungsdatum
17.08.2020Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W242 2215133-1/22E
W242 2173226-2/14E
W242 2218353-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
1. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HEUMAYR als Einzelrichter über die Beschwerden des 1.) XXXX , geb. XXXX und des 2.) XXXX , geb. XXXX , beide StA. Kasachstan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, XXXX , gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.01.2019, Zlen. 1.) XXXX und 2.) XXXX , zu Recht:
A) Den Beschwerden wird stattgegeben und die angefochtenen Bescheide ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
2. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HEUMAYR als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Kasachstan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.03.2019, Zl. XXXX , zu Recht:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) ist der Vater des Zweitbeschwerdeführers (im Folgenden: BF2). Die Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) reisten im Jahr 2015 gemeinsam mit der Mutter des BF1 nach Österreich ein und stellten am 16.08.2012 Anträge auf internationalen Schutz.
Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 19.11.2012, Zlen. 1.) XXXX und 02.) XXXX , wurden die Anträge der BF hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen, ihnen der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und bis 15.11.2013 befristete Aufenthaltsberechtigungen erteilt, die zuletzt mit Bescheiden vom 05.10.2017 bis 15.11.2019 verlängert wurden.
Am 21.12.2017 übermittelte das Bundesministerium für Inneres dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Kontrollmitteilung über eine Reisebewegung des BF1, aus der hervorgeht, dass er am 17.12.2017 versucht habe, von St. Petersburg nach Prag zu reisen, dabei im Besitz eines armenischen Reisepasses sowie eines österreichischen Fremdenpasses (gültig bis 31.07.2021) gewesen sei und keinen gültigen österreichischen Aufenthaltstitel habe vorweisen können, weshalb er vom Flug ausgeschlossen worden sei.
Am 17.10.2018 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF1 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Dabei gab er an, dass er derzeit einen Kurs des Integrationsfonds besuche und einen A1-Deutschkurs absolviert habe. Zum BF2 führte er aus, dass dieser wegen Schädelhochdrucks in psychiatrischer Behandlung gewesen sei, Medikamente bekomme und bereits in Kasachstan in Behandlung gewesen sei. Sein Sohn habe einen Hauptschulabschluss, sei ein Jahr zur Schule gegangen und absolviere derzeit eine Computer-Ausbildung beim AMS. Weder er noch der BF2 hätten bisher gearbeitet. Er lebe mit seiner Mutter und seinem Sohn in einer Mietwohnung, die sie von Sozialhilfe finanzieren würden. Seine Frau lebe in einer Pension, eine Scheidung sei jedoch nicht angedacht. In Kasachstan lebe seine Tante, deren zwei Söhne sowie eine Tochter und die Mutter seiner Ehefrau. Zu den Verwandten in Kasachstan bestehe allerdings kein Kontakt. Zuletzt sei er im Jahr 2012 in Kasachstan gewesen. Im Dezember 2017 habe er seine Mutter zu einem Besuch ihrer Cousine in St. Petersburg begleitet. Die Flugtickets habe die Tochter der Cousine organisiert.
Am 20.10.2018 übermittelten die BF dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diverse Integrationsunterlagen sowie medizinischen Unterlagen des BF2.
Mit Verfahrensanordnung vom 22.10.2018 wurde der BF2 aufgefordert, bis 02.11.2018 aktuelle ärztliche Befunde zu seinem Gesundheitszustand vorzulegen und allfällige Rückkehrbefürchtungen sowie seine Bindung zu Österreich darzulegen.
Mit Schreiben vom 29.10.2018 legte der BF2 eine ärztliche Bestätigung vor und führte aus, dass sein Leben in Kasachstan in Gefahr sei, weil sein Glauben dort nicht akzeptiert werde und er in Österreich einen Beruf lerne und viele Freunde habe.
Mit den angefochtenen Bescheiden wurde den BF der ihnen mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 19.11.2012 zuerkannte Status der subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), die ihnen mit Bescheiden vom 05.10.2017 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen (Spruchpunkt II.) und ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen die BF wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Kasachstan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).
Begründend führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen aus, dass sich der Gesundheitszustand des BF2 gebessert habe und er keine medizinische Betreuung mehr benötige. Der BF1 habe keine eigenen Gründe für die Zuerkennung subsidiären Schutzes gehabt, weshalb auch ihm der Status abzuerkennen sei.
Am 29.01.2019 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Verständigung der Staatsanwaltschaft ein, aus der hervorgeht, dass gegen den BF1 Anklage wegen §§ 84 Abs. 4 und 125 StGB erhoben wurde.
Gegen den Bescheid erhoben die BF fristgerecht Beschwerde und brachten im Wesentlichen vor, dass die Feststellung, wonach der BF2 keine medizinische Behandlung mehr benötige, unrichtig und aktenwidrig sei, weil der BF2 aktuelle ärztliche Befunde vorgelegt habe. Der BF2 mache derzeit eine Berufsausbildung zum Mediendesigner und beabsichtige, ehestmöglich Arbeit aufzunehmen. Unrichtig sei auch die Feststellung, wonach die BF Unterstützung und eine Wohnmöglichkeit im Herkunftsstaat vorfinden würden, weil der BF1 angegeben habe, dass er keinen Kontakt zu seinen Verwandten in Kasachstan pflege und die Tante und Schwiegermutter des BF1 lediglich eine kleine Pension beziehen würde, die gerade zur Bestreitung ihrer wichtigsten Lebenserhaltungskosten genüge und auch nicht ausreichend Platz für eine Wohnmöglichkeit der BF verfügbar sei. Unter einem übermittelten die BF medizinische Befundes des BF2 sowie zahlreiche Integrationsunterlagen.
Mit Schreiben vom 19.02.2019 legte der BF1 einen Beschluss der kasachischen Strafverfolgungsbehörden vom 01.08.2012 und führte dazu aus, dass er in Kasachstan wegen unerlaubten Waffenbesitzes verdächtigt werde und ein Ausreiseverbot aus Kasachstan gegen ihn verhängt worden sei, weshalb ihm im Falle der Rückkehr die Festnahme und Inhaftierung sowie aufgrund der unmenschlichen Haftbedingungen eine Verletzung von Art. 3 EMRK drohe.
Am 27.02.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Verständigung der Staatsanwaltschaft über die Anklageerhebung gegen den BF1 wegen §§, 83 Abs. 1, 84 Abs. 4 107a Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 und Z 2, 109 Abs. 3 Z 1, 125 und 229 StGB, ein.
Am 15.03.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26.02.2019 ein, womit gegen den BF1 wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung (§ 84 Abs. 4 StGB) eine bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verhängt wurde.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.03.2019 wurde gegen den BF1 erneut eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Kasachstan zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gegen den BF1 wurde ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot verhängt (Spruchpunkt III.) und die Frist für die freiwillige Ausreise erneut mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).
Gegen diesen Bescheid erhob der BF1 fristgerecht Beschwerde.
Am 20.05.2019 übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 30.04.2019, mit dem gegen den BF1 wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung (§§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 4 StGB) sowie der Vergehen der Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB), des Hausfriedensbruchs (§ 109 Abs. 3 Z 1 StGB) und der Sachbeschädigung (§ 125 StGB) unter Bedachtnahme auf die Verurteilung vom 26.02.2019 eine bedingt nachgesehenen Zusatzfreiheitsstrafe von sechs Monaten und eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen á EUR 4,00, insgesamt sohin EUR 720,00, verhängt wurden.
Mit Schreiben vom 19.02.2019, 09.05.2019, 29.05.2019, 05.06.2019, 13.06.2019 und 17.07.2019 legten die BF weitere Integrationsunterlagen sowie ärztliche Bestätigungen vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person der Beschwerdeführer:
Die BF heißen beide XXXX , der BF1 ist am XXXX geboren, der BF2 ist am XXXX geboren. Ihre Identität steht fest. Sie sind Staatsangehörige Kasachstans, gehören der Volksgruppe der Russen an und bekennen sich zum orthodoxen Glauben. Ihre Erstsprache ist Russisch. Der BF1 ist verheiratet und der Vater des BF2. Der BF2 ist ledig und kinderlos.
In Kasachstan lebt die Schwiegermutter des BF1, zu der kein Kontakt besteht. In St. Petersburg in der Russischen Föderation lebt eine Cousine der Mutter des BF1, die er im Dezember 2017 gemeinsam mit seiner Mutter besuchte. Die Tante des BF1 ist ebenfalls nach Russland verzogen.
Der BF1 ist gesund. Der BF2 erlitt in Kasachstan ein Schädel-Hirn-Trauma und wurde dort zuletzt im Jahr 2011 behandelt. In Österreich war der BF2 in der Folge vorwiegend wegen starker Kopfschmerzen und Migräne in Behandlung. Derzeit leidet der BF2 an einem chronischen Cervicalsyndrom, einer Spannungscephalea und chronischer Sinusitis. Aufgrund der Cephalea, die zwischen zwei- und viermal pro Woche auftritt, ist der BF2 auf die regelmäßige Einnahme von Medikamenten angewiesen. Zudem wurde beim BF2 im Jahr 2019 eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome und eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert und ist der BF2 seither auch in psychiatrischer Behandlung.
Zum (Privat-)Leben der Beschwerdeführer in Österreich:
Die BF reisten gemeinsam mit der Mutter des BF1 unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellten am 16.08.2012 Anträge auf internationalen Schutz.
Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 19.11.2012, Zlen. 1.) XXXX und 2.) XXXX , wurden die Anträge der BF hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen, ihnen der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihr eine bis 15.11.2013 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.
Festgestellt wurde, dass die Ehefrau des BF1 bzw. die Mutter des BF2 in Kasachstan lebt, der BF1 dort Polizist war, die BF gemeinsam mit der Mutter des BF1 nach Österreich gereist sind und der BF2 an Schädeldruck leidet und dauerhaft ärztliche Behandlung benötigt. In seiner Beweiswürdigung und rechtlichen Beurteilung stützte das Bundesasylamt die Gewährung von subsidiärem Schutz vorwiegend auf die gesundheitliche Situation des BF2 und auf die Erfüllung der Voraussetzungen des Familienverfahrens gemäß § 34. Abs. 3 AsylG.
Die den BF erteilten befristeten Aufenthaltsberechtigungen wurden zuletzt mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.10.2017 bis 15.11.2019 verlängert.
Die BF sind seit 21.08.2012 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet und leben mit der Mutter des BF1 im gemeinsamen Haushalt zusammen. Die Ehefrau des BF1 bzw. Mutter des BF2 lebt getrennt von den BF ebenfalls im Bundesgebiet.
Der BF1 hat von 11.03.2015 bis 03.06.2015 einen Deutschkurs auf Sprachniveau A1 beim Österreichischen Integrationsfonds besucht, am 23.11.2018 an eine Werte- und Orientierungskurs teilgenommen und am 27.11.2018 die ÖIF-Prüfung auf Sprachniveau A1 bestanden. Von 12.06.2019 bis 22.07.2019 war der BF1 bei einem Personaldienstleistungsunternehmen beschäftigt. Von 24.07.2019 bis 26.07.2019 arbeitete er bei einem Bauunternehmen. Der BF1 ist derzeit nicht erwerbstätig und bezieht Sozialhilfe-Leistungen.
Der BF2 hat im Schuljahr 2012/2013 eine Polytechnische Schule besucht, an einem Brückenkurs teilgenommen, am 30.06.2015 die Pflichtschulabschluss-Prüfung bestanden, von 31.08.2015 bis 02.10.2015 an der AMS-Maßnahme „Kompetenzcheck mit Schwerpunkt Russisch“ teilgenommen, am 24.07.2017 die ÖSD-Prüfung auf Sprachniveau A2 bestanden und zwischen 23.11.2018 und 01.02.2019 bei der Österreichischen Computer Gesellschaft insgesamt sechs ECDL-Module erfolgreich absolviert. Er nimmt regelmäßig Beratungstermine beim AMS wahr.
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26.02.2019 wurde der BF1 wegen des Verbrechens der Körperverletzung (§ 84 Abs. 4 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt, wobei die Strafe unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF1 seine Exfreundin in der Nacht von 01. auf 02.01.2019 am Hals gepackt, ihr einen Faustschlag ins Gesicht versetzt und ihre Hand verdreht hat, sodass sie einen Bruch an der Basis des fünften Mittelhandknochens rechts, eine Prellung und Abschürfungen an der rechten Schulter, ein Hämatom am rechten Oberarm sowie ein Hämatom im linken Augenbereich erlitt. Mit der Körperverletzung war zudem eine 24 Tage übersteigende Gesundheits- und Berufsunfähigkeit verbunden.
Als mildernd berücksichtigte das Gericht den bisher ordentlichen Lebenswandel, als erschwerend hingegen die doppelte Qualifikation bei der Körperverletzung.
Am 30.04.2019 wurde der BF1 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens der schweren Körperverletzung (§§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 4 StGB) sowie der Vergehen der Körperverletzung (§ 83 Abs. 1 StGB), des Hausfriedensbruches (§ 109 Abs. 3 Z 1 StGB) und der Sachbeschädigung (§ 125 StGB) unter Bedachtnahme auf die bereits erfolgte Verurteilung vom 26.02.2019 zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von sechs Monaten und einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen á EUR 4,00, insgesamt sohin EUR 720,00, erneut verurteilt, wobei die Freiheitsstrafe auch diesmal unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF1 seiner Exfreundin am 27.05.2017 auf den Fuß gestiegen ist, sie am Oberkörper gepackt und ihr diesen verdreht hat, sodass sie einen Bruch des rechten Fußes erlitt und am 03.07.2018 die Eingangstüre der Wohnung seiner Exfreundin beschädigt hat, indem er sie eintrat und aus den Angeln hob, anschließend die Wohnung betreten und seine Exfreundin in den linken Unterarm gebissen hat.
Als mildernd wertete das Gericht den bisher ordentlichen Lebenswandel und den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, als erschwerend hingegen das Zusammentreffen von drei Vergehen mit einem Verbrechen.
Der BF2 ist strafgerichtlich unbescholten.
Zu einer möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat:
Unter Berücksichtigung der individuellen Situation der BF und der Sicherheits- und Versorgungslage in Kasachstan, haben sich die Umstände, die zur Gewährung des subsidiären Schutzes geführt haben, seit der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 19.11.2012, Zlen. XXXX und XXXX , bzw. seit der letzten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.10.2017, nicht wesentlich und nachhaltig verändert.
Der Kenntnisstand der Behörde hinsichtlich jener Umstände, die zur Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten geführt haben, hat sich nachträglich nicht geändert und die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten wurde auch nicht auf Tatsachen gestützt, die sich nachträglich als unzutreffend erwiesen.
Zur maßgeblichen Situation in Kasachstan:
Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung vom 20.07.2018, wiedergegeben:
1. Politische Lage
Das unabhängige Kasachstan hatte sich 1993 seine erste – parlamentarische – Verfassung gegeben. Schon 1995 wurde sie durch eine neue Konstitution ersetzt, die, orientiert an der französischen, einen starken Präsidenten etabliert. Durch mehrere Verfassungsänderungen wurden dessen Kompetenzen auf Kosten von Regierung und Parlament noch erweitert (GIZ 6.2018a).
Mit der am 10. März 2017 verabschiedeten Verfassungsreform erfolgte eine Kompetenzverlagerung vom Präsidenten zu Parlament und Regierung. Zudem soll mit der Reform die Unabhängigkeit der Justiz gestärkt werden. Auch nach der Reform bleiben weitreichende Vollmachten beim Präsidenten: Er ist dem Parlament gegenüber politisch nicht verantwortlich (Präsidentenanklage nur wegen Hochverrats). Auch nach dem Ende seiner Amtszeit genießt er verfassungsmäßig garantiert umfangreiche Immunitäten und das Recht, auf die kasachische Politik Einfluss zu nehmen („Führer der Nation“ seit Mai 2010). 2007 wurde zwar die Amtszeit des Präsidenten von sieben auf fünf Jahre bei nur einer möglichen Wiederwahl reduziert. Präsident Nasarbajew jedoch wurde als „Erster Präsident“ Kasachstans von dieser Wiederwahlbeschränkung durch Ausnahme in der Verfassung befreit. Er ist Vorsitzender der Regierungspartei Nur-Otan, die 1999 gegründet wurde und 2005 mit drei anderen Parteien fusionierte. Von einer echten Opposition kann in Kasachstan nicht gesprochen werden (AA 3.2018a).
Jegliche Art der Gewaltenteilung (checks and balances) im Sinne der Kontrolle der Exekutive ist extrem schwach. Die Exekutive beherrscht alle übrigen Bereiche der Regierung und innerhalb der Exekutive wiederum dominiert der Präsident mit seiner engsten Entourage und der Präsidialverwaltung. Während das gegenwärtige Regime relativ stabil ist, verhindert es das Entstehen neuer politischer Kräfte, verlangsamt die Entwicklung einer Mittelklasse und schafft auf lange Hinsicht Stabilitätsrisiken (BTI 2018).
Die prägende Gestalt des unabhängigen Kasachstan ist Nursultan Nasarbajew. Als Parteichef der KasSSR wurde er 1990 zunächst vom Obersten Sowjet der Unionsrepublik ins neu geschaffene Amt des Präsidenten gewählt und am 1.12.1991 als einziger Kandidat von der Bevölkerung in diesem Amt bestätigt und hat es seither ununterbrochen inne (1995 Verlängerung der Amtszeit per Referendum; 1999 und 2005 reguläre Präsidentschaftswahlen, 2011 um ein Jahr vorgezogene Wahlen). Im Februar 2015 wurden extrem kurzfristig wiederum um ein Jahr vorgezogene Wahlen für den 26.4.2015 angekündigt. Erwartungsgemäß hieß der Sieger erneut Nursultan Nasarbajew. Seine beiden Gegenkandidaten waren in der Bevölkerung unbekannt und ließen auch keinen Zweifel daran, dass sie den Amtsinhaber für die bessere Wahl hielten (GIZ 6.2018a). Nasarbajew wurde mit 97,75% im Amt bestätigt. Die Wahlbeteiligung lag bei 95% (IFES 2018a). Die nächsten Präsidentschaftswahlen finden regulär 2020 statt (AA 3.2018a).
Senat (Oberhaus) und Mazhilis (Unterhaus) sind die beiden Häuser des Parlaments. Der Senat setzt sich aus 47 Senatoren zusammen: Je Verwaltungsgebiet (Oblast) werden zwei Senatoren (Amtszeit 6 Jahre) von den örtlichen Vertretungskörperschaften (Maslikhate) gewählt; 15 Senatoren werden vom Präsidenten ernannt. Bei vorgezogenen Unterhauswahlen am 20. März 2016 hat die Präsidentenpartei „Nur Otan“ mit 82,15% den erwarteten Wahlsieg errungen. Oppositionsparteien boten keine ernst zu nehmende politische Alternative zur dominierenden Präsidentenpartei. Die Kommunistische Volkspartei (7,14%) und die wirtschaftsliberale Partei „Ak Zhol“ (7,18%) haben neben „Nur Otan“ die 7%Sperrklausel überwunden. Beide Parteien waren bereits im vorherigen Parlament vertreten (AA 3.2018a). Von den 98 Sitzen des Unterhauses fielen 84 auf „Nur Otan“, und je sieben auf die „Kommunistische Volkspartei“ sowie auf die „Demokratische Partei Ak Zhol“ (IFES 2018b). Die OSZE konstatierte zwar einige Fortschritte, doch hätte das Land noch Wesentliches vor sich, um die OSZE-Verpflichtungen für die Durchführung demokratischer Wahlen zu erfüllen. Der rechtliche Rahmen schränkt die grundlegenden politischen und Bürgerrechte ein, was eine umfassende Reform von Nöten macht. Am Wahltag selbst kam es zu ernsten prozeduralen Fehlern und Unregelmäßigkeiten (OSCE 21.3.2016).
Ende April 2016 kam es in ganz Kasachstan zu zahlreichenden Demonstrationen, gegen eine geplante Landreform, welche von den Gegnern als Ausverkauf kasachischen Bodens an ausländische Investoren aufgefasst wurde (Erhöhung der Pachtdauer von 10 auf 25 Jahre). In mehreren Städten sollen jeweils zwischen 1.000 und 2.000 Personen teilgenommen haben. Die Regierung dementierte, dass dies faktisch dem Verkauf von Land gleichkäme. Präsident Nasarbajew forderte, Provokateure, die bewusst Gerüchte über den Verkauf von Agrarland streuen, streng zu bestrafen. (BBC 28.4.2016; vgl. ZA 27.5.2016). In der Folge suspendierte die Regierung die Änderungen des Landrechts (ODF 20.5.2016), nachdem Präsident Nasarbajew am 5.5.2016 sein Veto bis zur „weiteren Klarstellung“ eingelegt hatte. Am selben Tag entließ Nasarbajew den Wirtschaftsminister, dessen Stellvertreter sowie den Landwirtschaftsminister, weil sie es verabsäumt hätten, der Bevölkerung die diesbezügliche Regierungspolitik zu erklären (JF 16.5.2016; vgl. ZA 16.2.2017).
2017 war die Lage in Kasachstan innenpolitisch – im Gegensatz zum eher unruhigen Vorjahr – stabil (AA 3.2018a).
[…]
2. Sicherheitslage
Erstmals kam es im Jahre 2011 zu mehreren kleineren islamistisch-terroristische Anschlägen in Kasachstan. Daraufhin wurde im Oktober 2011 ein neues Religionsgesetz verabschiedet, um die Verbreitung extremistischer religiöser Strömungen einzudämmen (GIZ 6.2018a; vgl. AA 3.2018a).
2016 kam es zu den ersten größeren Anschlägen seit 2011 (USDOS 19.7.2017). Am 5.6.2016 und am Folgetag kam es in der 400.000 Einwohner-Stadt Aqtobe zu Schießereien zwischen mutmaßlichen islamistischen Extremisten und Sicherheitskräften, bei denen laut Innenministerium 19 Menschen getötet wurden. Zwei Dutzend junger Männer überfielen zwei Waffengeschäfte, dann einen Posten der Nationalgarde. Es wurde die oberste Terrorwarnstufe ausgerufen (FR 6.6.2016; vgl. ZA 30.6.2016). Unter den Toten waren 13 Attentäter, drei Zivilisten und drei Soldaten der Nationalgarde (RFE/RL 7.6.2016). Während nachfolgender Polizeirazzien wurden fünf weitere vermeintliche Attentäter getötet (RFE/RL10.6.2016). Die Staatsführung stufte beide Ereignisse als terroristische Akte ein und beschuldigte ausländische Akteure, obwohl die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden keine Hinweise auf eine direkte Verbindung zu ausländischen terroristischen Organisationen ergaben (USDOS 19.7.2017). So brachte etwa Präsident Nasarbajew die Anschläge mit den Farbrevolutionen in Georgien, der Ukraine und Kirgisistan 2010 in Verbindung (ZA 30.6.2016).
Am 18.7.2016 stürmte ein bewaffneter, offenbar islamistischer Einzeltäter mit krimineller Vergangenheit das Bezirkshauptquartier der Polizei in Almaty und tötete fünf Menschen – darunter drei Polizisten – und verletzte drei weitere Personen zum Teil lebensgefährlich (GIZ 6.2018a; vgl. ZA 29.7.2016). Der Hauptangeklagte des Anschlages wurde später zum Tode verurteilt (AA 3.2018a).
Kasachstan verfügt über eine umfassende Anti-Terrorismus-Gesetzgebung. Es gibt vier spezielle Anti-Terror-Einheiten beim Innenministerium sowie eine weitere beim Nationalen Sicherheitskomitee. Die Regierung hat schon seit langem die Möglichkeit einer Rückkehr ausländischer Terroristen aus dem Irak und Syrien befürchtet, doch haben die Anschläge vom Juni und Juli die Aufmerksamkeit der Regierung wieder verstärkt auf einheimische gewalttätige Extremisten gelenkt. Um dieser Bedrohung besser zu begegnen, änderte die Regierung die Anti-Terror-Gesetzgebung. Was den Umgang mit ehemaligen IS-Kämpfern anlangt, wird einerseits ein Rehabilitationsprogramm umgesetzt, andererseits werden ehemalige IS-Kämpfer auch verhaftet und gerichtlich verfolgt (USDOS 19.7.2017).
Im September 2016 wurde offiziell mitgeteilt, dass durch die Gerichte Kasachstans zahlreiche Urteile im Zusammenhang mit Förderung von „Extremismus“ und Terrorismus, sowie zu militanten Tätigkeiten in Syrien, sowie wegen Rekrutierung von Terroristen verhängt worden sind. Innerhalb von fünf Jahren wurden 64 terroristische Anschläge vereitelt und 445 Terroristen verurteilt, darunter 33 Heimkehrer aus Konfliktregionen (USDOS 19.7.2017).
Wurde im April 2015 die Zahl der Kasachen in Syrien mit 350 Personen angegeben (150 Kämpfer, der Rest Familienmitglieder) (USDOS 2.6.2016), wurden 2017 keine dahingehenden offiziellen Schätzungen abgegeben (USDOS 19.7.2017). US-amerikanische Quellen schätzten im Oktober 2017 die Zahl der kasachischen Staatsbürger unter den ISKämpfern auf 500 (ZA 27.1.2018).
Die Sicherheitslage in Kasachstan kann im Vergleich zu den Nachbarländern als stabil bezeichnet werden (BMEIA 25.4.2018). 2017 gab es keine islamistischen Anschläge (GIZ 6.2018a).
[…]
3. Religionsfreiheit
Die Religionsfreiheit ist für traditionelle Religionen weitgehend gewährleistet. Voraussetzung für die freie Religionsausübung ist zumeist eine staatliche Registrierung und Beachtung verschiedener Auflagen. In letzter Zeit kam es wiederholt zu international und national kritisierten juristischen Verfahren gegen Vertreter unterschiedlicher Religionen bzw. gegen Gemeinschaften. Die kasachische Regierung betont ausdrücklich die Bedeutung der religiösen Vielfalt (AA 3.2018a).
Laut Schätzungen waren 2016 von den rund 18,5 Millionen Einwohnern Kasachstans 70% sunnitische Muslime, die meisten der Hanafi Schule angehörend. Andere islamische Gruppen, wie die Schiiten, umfassen zusammen weniger als ein Prozent der Bevölkerung. Die russisch-orthodoxen Christen machen circa 26% aus. Andere Gemeinschaften umfassen weniger als 3% der Bevölkerung (USDOS 29.5.2018).
Kasachstan ist laut Verfassung ein säkularer Staat, Religionsfreiheit sowie die Gleichberechtigung der Religionen sind garantiert. Politisch-religiöse Vereinigungen sind verboten (GIZ 6.2018b).
Religiöse Gruppen müssen sich per Gesetz beim Justizministerium registrieren lassen. Die Zugehörigkeit zu einer nicht registrierten religiösen Gruppe ist nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten strafbar. Religiöse Gruppen durften ihren Glauben nur an staatlich genehmigten Orten praktizieren. Zusammenkünfte religiöser Art und die Verteilung religiöser Schriften an nichtgenehmigten Orten wurden mit hohen Geldstrafen geahndet (AI 22.2.2018).
Der Islam wird von der Führung für das „State- und Nationbuilding“ verwendet. Seit der Unabhängigkeit wurden mit staatlichem Segen neue Moscheen errichtet. Islamische Feiertage werden eingehalten. Kasachstan ist Mitglied der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) und hatte dort 2011 sogar den Vorsitz inne. Daneben besteht ein Volksislam, der manches Element der vorislamischen Zeit enthält. Er wird eher kulturell, als streng den religiösen Geboten folgend, gelebt. Im Alltagsleben der Städte spielt der Islam noch kaum eine Rolle, in den traditionelleren Dörfern des Südens ist er stärker verankert, wobei es auch zu Konflikten zwischen den Bestimmungen des säkularen Staates und den religiösen Regeln kommt. Neue, sich unabhängig vom staatlich tolerierten Islam entwickelnde Bekenntnisse zum Islam, werden allerdings kritisch gesehen (GIZ 6.2018b). Der Pressedienst des Ministeriums für Religionsangelegenheiten und Zivilgesellschaft berichtet, dass die geistliche Direktion der kasachischen Muslime (DSKM) das Verbot des Tragens eines Hidschabs oder des Kopftuches an Schulen, an denen Uniformen getragen werden, unterstützt. Das Verbot war bereits im Januar 2016 verabschiedet worden. Gleichzeitig empfiehlt die DSKM muslimischen Frauen nach Erreichen der Volljährigkeit in der Öffentlichkeit ein Kopftuch zu tragen (ZA 29.6.2018).
Die christliche russisch-orthodoxe Kirche hat im Staat besondere Bedeutung, erst vor zwei Jahren wurde etwa in Astana eine prächtige (von Gazprom gesponserte) russisch-orthodoxe Kathedrale neu eröffnet. In Karaganda wurde ebenfalls vor zwei Jahren eine (vorwiegend aus österreichischen Spendenmitteln finanzierte) katholische Kathedrale neu eröffnet. Man kann davon ausgehen, dass die ethnisch russische Minderheit (ca. 4 Millionen, knapp 30% der Bevölkerung) russisch-orthodox ist. Römisch-katholische Christen zählen etwa 150.000, sie sind v.a. Nachkommen nach Kasachstan exilierter/vertriebener Osteuropäer (v.a. Polen). Es kann keinesfalls von einer Verfolgung der christlichen Bevölkerungsgruppe in Kasachstan gesprochen werden (ÖB Astana 16.2.2015).
Durch die Emigration von vor allem Russen und Ukrainern ist die Zahl der nominell wie tatsächlich russisch-orthodoxen Gläubigen stark zurückgegangen. Gleiches gilt für Protestanten und Katholiken durch die Aussiedlung von Deutschen und Polen. Das Verhältnis zwischen Islam und christlichen Kirchen ist entspannt. Sogenannte „nichttraditionelle Religionen“ – Scientology, Hare Krishna, Mormonen - hatten und haben Zulauf, was Widerspruch bei den Amtsträgern der traditionellen Glaubensrichtungen hervorruft und den Staat zum Handeln veranlasst hat. Beobachter beklagen den Versuch des Staates, auch religiöse Angelegenheiten traditioneller Glaubensrichtungen zu kontrollieren (GIZ 5.2018b).
Religiöse Gruppen sind angehalten, sich bei lokalen-, regionalen- oder nationalen Stellen des Justizministeriums zu registrieren. Dabei sind – je nach Verwaltungsorganisation – verschiedene Mitgliederzahlen für eine Registrierung erforderlich. Auf lokaler Ebene sind 50, auf regionaler Ebene 500 und auf nationaler Ebene 5000 Mitglieder erforderlich, um registriert zu werden. Viele Gruppen konnten diese Schwellenwerte nicht erreichen und so ist die Zahl registrierter Religionsgemeinschaften im Land stark zurückgegangen. Von 48 „nicht-traditionellen religiösen Organisationen“ wurden nur 16 neu registriert. Die Union der evangelischchristlichen Baptisten mit 11.000 Mitgliedern verweigerte aus Gewissensgründen eine Registrierung. Schiiten und Ahmadis wurden für eine Registrierung abgelehnt. Seit 2013 erfolgt eine Registrierung muslimischer Gruppen nur noch, wenn sie dem staatlich unterstützten muslimischen Vorstand angehören (USCIRF 3.2018).
Im Dezember 2015 bestätigten die Gerichte hohe Geldstrafen gegen zwei Zeugen Jehovas und einen Rentner, wegen Gesprächen über ihren Glauben in der Öffentlichkeit (USCIRF 4.2018). Ein Gericht in Astana verurteilte im Mai 2017 einen Zeugen Jehovas wegen des unerlaubten Abhaltens einer „Versammlung“ zu einer Haftstrafe von fünf Jahren. Ende Juni 2017 wurde auf Beschluss eines Gerichts in Almaty das Gebietsbüro der Zeugen Jehovas aus unbekannten Gründen für drei Monate geschlossen und eine hohe Geldstrafe gegen die Religionsgemeinschaft verhängt (ZA 27.1.2018).
Nach NGO-Angaben waren 2017 insgesamt 279 Verwaltungsstrafverfahren mit religiösem Hintergrund bekannt. 259 davon endeten mit Strafen, einschließlich Geldstrafen, einer kurzfristigen Gefängnisstrafe, Abschiebungen, Gottesdienstverboten, Beschlagnahmungen und der Vernichtung religiöser Literatur (Forum 31.1.2018).
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4. Bewegungsfreiheit
Das Gesetz garantiert die innere Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr. Trotz einiger Einschränkungen respektiert die Regierung diese Rechte und kooperiert mit dem Flüchtlingshochkommissariat und anderen humanitären Organisationen, um Binnenflüchtlingen, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu gewähren (USDOS 20.4.2018).
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5. Grundversorgung
Im Februar 2014 musste der Tenge um fast 20% abgewertet werden. Die Verschiebung bei der Aufnahme der Erdölförderung in Kaschachstan zeigte Auswirkungen, vor allem aber bereitet die schwächelnde russische Wirtschaft bei der engen Verknüpfung beider Ökonomien Probleme. Bei der mangelnden Diversifizierung der Wirtschaft hat Kasachstan darüber hinaus wenige Einflussmöglichkeiten. Der global immer weiter sinkende Ölpreis macht die wirtschaftliche Situation immer schwieriger. Ende 2015 hatte der Tenge einen um mehr als 50% geringeren Wert als zu Beginn des Jahres. Die Führung des Landes reagiert mit verschiedenen Antikrisenmaßnahmen. Beobachter halten vor allem auch eine effektive Bekämpfung der weit verbreiteten Korruption für notwendig (GIZ 6.2018c).
Die Wirtschaftskrise, traf die mittleren Einkommensgruppen am stärksten und verkleinerte die Kluft zu den ärmsten Bevölkerungsschichten. Laut UNDP-Bericht über die menschliche Entwicklung 2016 liegen 36,4% der Bevölkerung unter der nationalen Armutsgrenze. 2001 waren dies noch 47%. Dennoch bestehen soziale Ausgrenzung und Marginalisierung ebenso weiter, wie auch eine grundlegende Ausgrenzung durch Armut und schlechte Bildung (BTI 2018).
Die Reallöhne sinken seit mehreren Jahren. Unzufriedenheit mit der eigenen sozialen Lage und mit von der Regierung geplanten Reformen wirkt nur die Menschen wenig aktivierend. Anfang Februar 2014 hat die Freigabe des Tenge-Kurses und die darauffolgende Entwertung zu Protesten geführt, was ein Durchgreifen der Sicherheitskräfte provozierte. Die aktuelle Wirtschaftskrise und die damit verbundene Entwertung des Tenge verschärfen die sozioökonomische Lage großer Teile der Bevölkerung. Bislang tragen aber nur verzweifelte Hypothekenschuldner ihren Protest auf die Straße, doch kann man die Demonstrationen gegen das Projekt eines neuen Landgesetzes im Frühjahr 2016 - die bislang größten im unabhängigen Kasachstan - als Zeichen interpretieren, dass die Geduld vieler Kasachen nicht unendlich ist. Der Anteil der nach internationaler Definition Armen erscheint gering, doch erfordert das Überleben in so teuren Städten wie Almaty und Astana weit mehr als 2 US-Dollar pro Tag. Besonders von Armut betroffen sind häufig Rentner, daneben Arbeitslose und ländliche Zuwanderer. Die Arbeitslosenquote wurde im Juli 2017 offiziell mit 4,9% angegeben, inoffizielle Zahlen nennen mehr als 10% (GIZ 6.2018b).
Bei den Wohlfahrtsleistungen wird zwischen Zulagen und Sozialleistungen unterschieden. Erstere werden von der öffentlichen Hand an alle bedürftigen Bürger ausgeschüttet, zweitere werden von der Sozialversicherung nur an Beitragszahler ausbezahlt. Die Sozialversicherung ist verpflichtend für Arbeitnehmer und Selbständige (e.gov. 2.7.2018).
Der sogenannte monatliche Berechnungsindex (MCI) dient der Berechnung von Pensionen, Beihilfen und anderen Sozialleistungen. 2018 beträgt der MCI 2.405 KZT [das sind 5,95 € mit Stand 6.7.2018]. Das Mindestgehalt beträgt 2018 28.284 KZT, die Mindestpension 33.745 sowie die Mindeststufe für die Berechnung der Basis für die Sozialbeihilfe 28.284 KZT (e.gov 6.7.2018).
Die Dauer des Mutterschaftsurlaubs beträgt 126 Kalendertage (70 Kalendertage vor der Geburt und 56 Kalendertage nach der Geburt). Gemäß Gesetz darf der Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem Mutterschaftsurlaub niemanden entlassen. Ein solcher Urlaub kann grundsätzlich vom Vater oder der Mutter in Anspruch genommen werden (e.gov 22.6.2018).
Die Unterstützungszahlungen im Falle der Schwangerschaft und Geburt werden als Einmalbeträge gewährt, während das Kindergeld monatlich bis zum Alter von einem Jahr ausgezahlt wird. Die monatliche Kinderbeihilfe bis zum Erreichen des ersten Lebensjahres berechnet sich nach dem monatlichen Durchschnittseinkommen. Anlässlich der Kindsgeburt wird für das erste bis dritte Kind das achtunddreissigfache des MCI-Wertes ausbezahlt (91.3590 KZT mit Stand 12.7.2018), für das vierte und weitere dreiundsechzigmal des MCIWertes. Das zusätzliche Monatsgeld bis zum Alter von einem Jahr beträgt für das erste Kind 5,76mal der MCI, für das zweite 6,81mal der MCI, für das dritte 7,85mal der MCI und für jedes weiter Kind 8,90mal der MCI (e.gov 22.6.2018).
Das Arbeitslosengeld richtet sich nach dem vormaligen Einkommen der letzten 24 Monate multipliziert mit einer Einkommensersatzrate. Die Bezugszeit hängt von der Länge der Beschäftigungszeit ab. Der Ersatzratenfaktor beträgt 0,3. Teilnehmer aus dem obligatorischen kasachischen Sozialversicherungssystem erhalten im Falle des Verlustes des Arbeitsplatzes je nach Beitragseinzahlungen abgestuft, zwischen einem Monat und sechs Monaten Arbeitslosengeld (e.gov 2.7.2018).
6. Medizinische Versorgung
Die ärztliche und zahnärztliche Versorgung in Kasachstan entspricht nicht europäischen Verhältnissen. In Astana, in allen Stadtbezirken Almatys und in den größeren Städten Kasachstans existieren vereinzelt kleinere Kliniken mit internationalem Standard (SOS International, IMC, Interteach). Die Ausstattung der Apotheken in Kasachstan entspricht nicht europäischem Standard, jedoch sind in der Regel ausreichend Medikamente zur Behandlung unkomplizierter Krankheiten vorhanden (AA 9.3.2018).
Die Reform des Gesundheitswesens wurde und wird mit vielerlei Programmen vorangetrieben, während sich das zuständige Ministerium zufrieden mit den Ergebnissen zeigt, sind es die Betroffenen offenbar weniger. Nach Angaben der WHO wurden 2014 nur 4,3% des BIP für den Gesundheitssektor aufgewendet. Ein Überblick zeigt, dass der Gesundheitszustand der Bürger Kasachstans zu wünschen übriglässt. Die relativ hohe TBRate der neunziger Jahre hat sich zwar verbessert, ist aber immer noch vergleichsweise hoch. Nur eine Grundsicherung auf niedrigem Niveau ist kostenfrei, die notwendige Zuzahlung für viele Untersuchungen, plus die häufig geforderten „inoffiziellen“ Zahlungen schließen einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung, gerade Rentner, von der medizinischen Betreuung aus. Wer viel zahlen kann, wird bestens und auf höchstem Niveau behandelt. Das Versorgungsangebot ist auch sehr ungleichmäßig, wie überall in den Städten besser als auf dem Land, manche Gebiete Kasachstans sind aber auch sehr viel schlechter versorgt als andere. Dies wird sogar in einem mehrjährigen Unterschied beispielsweise der Lebenserwartung der Bevölkerung sichtbar: im Gebiet Nord-Kasachstan betrug sie 2010 66,3 Jahre, in der Stadt Astana 73,2 Jahre. Für eine zahlungskräftige ausländische Klientel von Medizintouristen ist Kasachstan dagegen sogar ein Anziehungspunkt geworden. Die Bezahlung des im öffentlichen Sektor beschäftigten medizinischen Personals ist sehr niedrig, was sich auf die Reputation der Gesundheitsberufe und manchmal auch das Engagement auswirkt (GIZ 6.2018b).
Tuberkulose stellt in Kasachstan ein relevantes Gesundheitsproblem dar. Es werden immer noch 100 Neuerkrankungen pro 100 000 Einwohner pro Jahr erfasst. Die Resistenzrate des Tuberkelerregers gegen die üblichen Tuberkulosemedikamente liegt relativ hoch (AA 9.3.2018).
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7. Rückkehr
Die Lage der Zuwanderer ist prekär, sowohl der kasachischen, die auf der Suche nach Arbeit und besseren Lebensbedingungen vom Land in die Städte kommen und dort auf Wohnungsprobleme stoßen und nur wenig Geld mit wenig qualifizierten Tätigkeiten verdienen, als auch der Arbeitsmigranten aus den benachbarten zentralasiatischen Republiken, deren Status und soziale Lage noch problematischer sind (GIZ 6.2018b).
Zu Beginn wurde in Kasachstan, als Teil eines postsowjetischen Nation-Building-Prozesses, der staatliche Ansatz einer „Rückholung“ ethnischer Kasachen ins Land verfolgt. Die Umsetzung verschiedener Rückführungsprogramme erwies sich jedoch schwieriger als erwartet, da sich die Rückkehrer nicht „natürlich" in die kasachische Gesellschaft integriert haben. Die sogenannten „Oralmans“ [Rückkehrer] stellen damit bis heute eine problematische soziale Gruppe dar (CAP 4.2017) obwohl ihnen Mittel zwecks Landerwerbs, Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche, Bereitstellung von Ausbildungsplätzen für Kinder in Vorschuleinrichtungen und Schulen, und anderen sozialen Einrichtungen, weiterführende Ausbildungslehrgänge, Aufschub bei der Absolvierung des Wehrdienstes, Pensions- und Unterstützungszahlungen, medizinische Leistungen, zoll- und steuerfreier Transfer von Gütern, inklusive Viehbeständen, bei der Übersiedlung nach Kasachstan sowie Quotenplätze in Einrichtungen der mittleren und höheren Berufsbildung gewährt werden (e.gov 15.2.2018).
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2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch:
- Einsichtnahme in die Verwaltungsakte, insbesondere in die Protokolle der niederschriftlichen Einvernahmen des BF1 vom 15.10.2012 und 17.10.2018 und in die Beschwerde vom 14.02.2019;
- Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Mutter des BF1;
- Einsichtnahme in das aktuelle Länderinformationsblatt zu Kasachstan;
Einsichtnahme in die von den BF im Verwaltungsverfahren vorgelegten medizinischen und Integrationsunterlagen;
- Einsicht in das Strafregister.
Zu den Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer:
Die Feststellungen zur Identität des BF1 und seiner Staatsangehörigkeit basieren auf der im Akt erliegenden Kopie seines kasachischen Reisepasses. Die Identität und Staatsangehörigkeit des BF2 beruht auf den bereits im Zuerkennungsverfahren getroffenen Feststellungen sowie dem Umstand, dass sich seither keine Anhaltspunkte für Änderungen in Bezug auf die persönlichen Daten des BF2 ergaben.
Die Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie ihre Sprachkenntnisse und ihr Familienstand ergeben sich aus den glaubhaften Angaben des BF1 in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.10.2018 sowie der schriftlichen Stellungnahme des BF2 vom 22.10.2018, in der er anführte, dass er orthodoxen Glaubens sei.
Die Feststellung zu den Verwandten in Kasachstan und der Russischen Föderation ergeben sich aus den Ausführungen des BF1 am 17.10.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie den damit übereinstimmenden Angaben in der Beschwerde. Der Aufenthalt der Tante des BF1 in Russland geht aus der von seiner Mutter in deren Aberkennungsverfahren eingebrachten Beschwerde hervor.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF1 gründen ebenfalls auf seinen Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie der Tatsache, dass keine medizinischen Befunde zu allfälligen Erkrankungen vorgelegt wurden. Der Gesundheitszustand des BF2 beruht auf den vorgelegten ärztlichen Bestätigungen, insbesondere der Bestätigung vom 12.02.2019 und dem ärztlichen Befundbericht vom 24.06.2019.
Zum (Privat-)Leben der Beschwerdeführer in Österreich:
Die Feststellungen zur Einreise, zur Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten und zur Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ergeben sich zweifelsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt, dessen Inhalt nicht bestritten wurde.
Der durchgehende Aufenthalt der Beschwerdeführer im Bundesgebiet und das Zusammenleben mit der Mutter des BF1 gehen aus amtswegig eingeholten Auszügen aus dem Zentralen Melderegister hervor und ergeben sich andererseits aus den Ausführungen des BF1 in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 17.10.2018 sowie in der Beschwerde. Der Aufenthalt der Ehefrau des BF1 bzw. Mutter des BF2 ergibt sich ebenfalls aus den Angaben des BF1 am 17.10.2018.
Die Feststellungen zu den in Österreich absolvierten Kursen und Prüfungen sowie zur (bisherigen) Erwerbstätigkeit der BF ergeben sich aus den vorgelegten Bestätigungen in Zusammenhalt mit amtswegig eingeholten Sozialversicherungsdatenauszügen.
Die Verurteilungen des BF1 stützen sich auf einen amtswegig eingeholten Strafregisterauszug und die im Akt erliegenden Urteile des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26.02.2019 und 30.04.2019, GZ XXXX .
Die Unbescholtenheit des BF2 geht aus einem amtswegig eingeholten Strafregisterauszug hervor.
Zu einer möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat:
Die Feststellung, wonach sich die Umstände, die zur Gewährung des subsidiären Schutzes geführt haben, seit der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten bzw. seit der letzten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nicht wesentlich und nachhaltig verändert haben, konnte im Lichte eines Vergleichs der individuellen Situation der Beschwerdeführerin sowie der Sicherheits- und Versorgungslage in (ganz) Kasachstan zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Zuerkennung des subsidiären Schutzes bzw. der rechtskräftigen Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung einerseits und zum Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides bzw. der vorliegenden Entscheidung andererseits getroffen werden. Dabei erfolgte insbesondere eine Gegenüberstellung des Inhalts der den Bescheiden vom 19.11.2012 zugrunde gelegten Länderberichte mit jener Berichtslage, die das Bundesamt bei Erlassung des angefochtenen Bescheides herangezogen hat sowie auch mit der zum Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung bestehenden Lage im Herkunftsstaat.
Das Bundesasylamt stützte die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten maßgeblich auf die gesundheitlichen Probleme des BF2. In den angefochtenen Bescheiden führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl demgegenüber aus, dass sich der Gesundheitszustand des BF2 nunmehr deutlich gebessert habe und er keiner medizinischen Betreuung mehr bedürfe.
Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der BF1 im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 15.10.2012 angab, dass sein Sohn im Jahr 2010 oder 2011 in Kasachstan stark geschlagen worden und deshalb im Krankenhaus behandelt worden sei. Aus dem Einvernahmeprotokoll geht hervor, dass dazu auch medizinische Befunde vorgelegt wurden, die allerdings nicht im Verwaltungsakt aufliegen. Zudem führte der BF1 an, dass er und sein Sohn einen Psychologen benötigen würden, die Wartezeit dafür aber „sehr lange“ sei. Eine schwerwiegende oder akut lebensbedrohliche Erkrankung des BF2 war sohin bereits aus den damaligen Angaben des BF1 zum Gesundheitszustand des BF2 schon nicht ersichtlich. Dennoch erkannte das Bundesasylamt den Status der subsidiär Schutzberechtigten mit der Begründung zu, dass der BF2 an „Schädeldruck“ leide und dauerhafte ärztliche Behandlung benötige. Aufgrund des am 15.10.2013 gestellten Verlängerungsantrages wurde der BF1 mit Schreiben vom 18.11.2013 aufgefordert, bekanntzugeben, welche ärztlichen Behandlungen der BF2 aktuelle bzw. künftig benötigt und erhält (vgl. Verwaltungsakt der Mutter des BF1, Verfahren W242 2220077-1). Aus der in der Folge übermittelten Auflistung der Krankengeschichte des BF2 geht im Wesentlichen hervor, dass er zwischen 17.10.2013 und 03.12.2013 dreimal beim Arzt war, in Kasachstan wegen eines Schädel-Hirn-Traumas im Jahr 2011 im Krankenhaus behandelt wurde und an Kopfschmerzen („Cephalea“) leidet. Einer weiteren ärztlichen Bestätigung vom 06.12.2013 ist zu entnehmen, dass erneut chronischen Kopfschmerzen diagnostiziert wurden und ein MRT, ein EEG und die Weiterbetreuung durch einen Facharzt für Neurologie empfohlen wurden. Eine schwerwiegende oder lebensbedrohliche Erkrankung des BF2, die im Herkunftsstaat nicht behandelt werden könnte, war sohin auch aus diesen medizinischen Unterlagen nicht ersichtlich, doch ging das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dennoch vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes aus und verlängerte die befristeten Aufenthaltsberechtigungen der BF. Den im gegenständlichen Verfahren vorgelegten medizinischen Befunden aus dem Jahr 2016 ist ebenfalls zu entnehmen, dass der BF2 bereits in Kasachstan in Behandlung war, sich immer wieder wegen seiner Kopfschmerzen in ärztliche Behandlung begeben hatte und ihm Medikamente verordnet wurden und dennoch verlängerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl seine befristete Aufenthaltsberechtigung zuletzt mit Bescheid vom 05.10.2017 ein weiteres Mal bis zum 15.11.2019. Da der BF2 nach wie vor wegen seiner chronischen Kopfschmerzen Medikamente einnehmen muss und aufgrund der diagnostizierten psychischen Erkrankung auch weiterhin ärztliche Behandlung benötigt, sodass weder seit der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten noch seit der letzten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigungen eine wesentliche und nachhaltige Änderung jener Umstände eingetreten ist, die zur Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten geführt haben.
Zudem war aufgrund der dargelegten Angaben des BF1 bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 15.10.2012 durchwegs bekannt, dass der BF2 bereits in seinem Herkunftsstaat Zugang zu medizinischer Behandlung hatte und ergab sich spätestens aus den im Zuge des im Jahr 2013 geführten Verlängerungsverfahrens übermittelten Unterlagen, dass der BF2 an chronischen Kopfschmerzen leidet. Wenngleich das Bundesasylamt den BF daher den Status der subsidiär Schutzberechtigten schon von Anfang an nicht hätte zuerkennen dürfen bzw. schon früher ein Aberkennungsverfahren hätte einleiten müssen, ergeben sich aus dem Akteninhalt dennoch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Bundesasylamt die Zuerkennung des Schutzstatus auf unzutreffende Tatsachen gestützt hat oder sich der Kenntnisstand der Behörde hinsichtlich des Gesundheitszustandes des BF2 zum Zeitpunkt der Zuerkennung geändert hat.
Soweit das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl darauf verweist, dass die BF von ihren Verwandten in Kasachstan Unterstützung erwarten könnten, ist festzuhalten, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diese Feststellung lediglich auf die Angaben des BF1 am 17.10.2018 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stützte, wonach seine Tante, deren zwei Söhne und ihre Tochter in Kasachstan leben würden. Aus seinen Angaben ergibt sich allerdings ebenso, dass er zuletzt im Jahr 2012 in Kasachstan gewesen sei und zu seinen Verwandten keinen Kontakt mehr habe. Zudem ist in der vom Bundesministerium für Inneres übermittelten Kotrollmitteilung vom 21.12.2017 über eine Reisebewegung des BF1 lediglich ein Flug von St. Petersburg nach Prag, aber kein Aufenthalt in Kasachstan dokumentiert. Es sind daher keine Anhaltspunkte hervorgekommen, aus denen abgeleitet werden könnte, dass die Angehörigen der BF tatsächlich willens und in der Lage wären, die BF im Falle ihrer Rückkehr zu unterstützen, zumal die BF in der Beschwerde ausführten, dass die Tante lediglich eine kleine Pension erhalte, die gerade zur Deckung ihres eigenen Lebensunterhaltes genüge, nicht genügend Wohnraum zur Verfügung stehe, um zwei weitere Personen aufzunehmen und die Mutter des BF1 in ihrer Beschwerde zuletzt ausführte, dass ihre Schwester inzwischen in die Russische Föderation umgezogen sei.
Zwar hat der BF2 während seines Aufenthaltes in Österreich einige Kurse besucht und den Pflichtschulabschluss erworben, doch verfügt er nach wie vor über keine abgeschlossene Berufsausbildung, war nicht erwerbstätig und lebte auch noch nie in einer eigenen Wohnung, sodass sich seine persönliche Situation seit Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bzw. seit der letzten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung auch sonst nicht wesentlich verbessert hat. Dasselbe gilt für den BF1, der seit Einreise in Österreich weder eine Ausbildung absolviert noch nennenswerte Berufserfahrung gesammelt hat.
Hinsichtlich des Vorbringens des BF1 in der Stellungnahme vom 19.02.2019, wonach er in Kasachstan des unerlaubten Waffenbesitzes verdächtigt werde, gegen ihn ein Ausreiseverbot verhängt worden sei und er daher fürchte, dort festgenommen und inhaftiert zu werden, ist festzuhalten, dass über dieses Vorbringen bereits im Bescheid vom 19.11.2012 rechtskräftig abgesprochen wurde, sodass sich eine neuerliche Auseinandersetzung damit erübrigt.
Den Rückkehrbefürchtungen des BF2 in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 29.10.2018, wonach sein Leben in Kasachstan in Gefahr sei, weil er eine „orthodoxe Person“ sei und sein Glaube dort nicht akzeptiert werde, ist entgegenzuhalten, dass aus den Länderberichten hervorgeht, dass der christlichen russisch-orthodoxen Kirche in Kasachstan besondere Bedeutung zukommt und eine Verfolgung der christlichen Bevölkerungsgruppe nicht erfolgt. Eine Aufrechterhaltung des subsidiären Schutzes aus diesem Grund kommt daher nicht in Betracht.
Aus den im Zuerkennungsbescheid getroffenen Länderfeststellungen geht bereits hervor, dass zum damaligen Zeitpunkt in der Regel ausreichend Medikamente zur Behandlung unkomplizierter Krankheiten verfügbar waren und das Recht auf kostenlose medizinische Grundversorgung schon damals in der kasachischen Verfassung verankert war. Außerdem war ist aus den Angaben des BF1 vor dem Bundesasylamt am 15.10.2012 abzuleiten, dass die BF in Kasachstan auch tatsächlich Zugang zu medizinischen Behandlungen hatten. Im Gegensatz dazu ergibt sich aus den gegenständlich getroffenen Länderfeststellungen, die auch dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt wurden, dass nunmehr nur noch eine Grundsicherung der medizinischen Versorgung auf niedrigem Niveau kostenfrei ist und notwendige Zuzahlungen für viele Untersuchungen sowie die häufig geforderten „inoffiziellen“ Zahlungen einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung von der medizinischen Betreuung gänzlich ausschließen.
Eine allgemein in Kasachstan eingetretene und für den gegenständlichen Fall relevante Lageänderung kann daher sowohl im Vergleich zum Zeitpunkt der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten bzw. der letzten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als auch im Vergleich zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides verneint werden. Die Lage in Kasachstan stellt sich im Wesentlichen unverändert dar, wie sich das erkennende Gericht durch ständige Beachtung der aktuellen Quellenlage (u.a. durch Einsichtnahme in das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation) versichert hat.
Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:
Die den Länderfeststellungen zu Grunde liegenden Berichte wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ins Verfahren eingebracht und den angefochtenen Bescheiden zugrunde gelegt. Dem BF1 wurde bei seiner Einvernahme am 17.10.2018 Gelegenheit gegeben, in die Länderberichte Einsicht zu nehmen und dazu eine Stellungnahme abzugeben, doch hat er davon keinen Gebrauch gemacht. Dem BF2 wurde mit Verfahrensanordnung vom 22.10.2018 Gelegenheit gegeben, zur Situation in seinem Herkunftsstaat schriftlich Stellung zu nehmen.
Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit und anzuwendendes Verfahrensrecht:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 59 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG,