Entscheidungsdatum
18.08.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W233 2138183-2/3Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Andreas FELLNER über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehöriger von Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.04.2020, Zl.: 1075548106 – 200161023 nach Beschwerdevorentscheidung, in Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG, den Beschluss:
A)
Das Beschwerdeverfahren wird gemäß § 38 AVG i.V.m. § 17 VwGVG bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache C-18/20 ausgesetzt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
A) Aussetzung des Verfahrens
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 29.05.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass er von den Taliban gezwungen worden sei, für sie zu arbeiten, für sie zu kämpfen und für sie zu töten.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) diesen Antrag mit Bescheid vom 05.09.2016, Zl. 1075548106 – 150763007 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt III.) und dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).
Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz begründete das Bundesamt im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante gegen sich selbst gerichtete Bedrohungshandlung vorgebracht habe. Er könne bei einer Rückkehr nach Afghanistan in Kabul oder einer anderen Stadt für seinen Lebensunterhalt sorgen. Er könne auch eine Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Eine Rückkehr nach Afghanistan sei ihm zumutbar und möglich. Zuletzt kam das Bundesamt zu dem Schluss, dass die Rückkehrentscheidung zulässig sei.
Die dagegen eingebrachte Beschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 26.06.2019, GZ: W148 2138183-1/21E als unbegründet abgewiesen.
In der Folge ist der Beschwerdeführer unerlaubt in die Bundesrepublik Deutschland weitergereist, von wo er Anfang Februar 2020 wieder in das österreichische Bundesgebiet zurückkehrte.
1.2. Am 10.02.2020 stellt der Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz. Zu diesem wurde er noch am selben Tage durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt. Befragt, warum er einen neuerlichen Asylantrag stelle, gab er an, dass er in Afghanistan Polizist gewesen sei und man ihn in Afghanistan umbringen würde, da er im Jahr 2013 „Opium-Felder“ der Dorfbewohner abgebrannt habe.
Im Zuge seiner Befragung vor dem Bundesamt am 27.02.2020 erläuterte der Beschwerdeführer, dass er im Zuge seines ersten Asylverfahrens nicht die Wahrheit gesagt habe, da ihn der Schlepper informiert hätte, dass falls er angeben sollte, für die Regierung gearbeitet zu haben, sein Antrag negativ beschieden und er abgeschoben werden würde. Deswegen hätte er damals Angst gehabt, die Wahrheit zu sagen.
Mit Bescheid vom 21.04.2020, Zl. 1075548106 – 200161023 hat das Bundesamt den zweiten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.), festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.) und gegen ihn ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.). Zudem gewährte ihm das Bundesamt keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.) und trug ihm mit Spruchpunkt VIII. auf ab 11.02.2020 in einem von der für die Grundversorgung zuständigen Gebietskörperschaft zur Verfügung gestellten Quartier Unterkunft zu nehmen.
In Bezug auf die Zurückweisung seines zweiten Antrags auf internationalen Schutz stellte das Bundesamt fest, dass der Beschwerdeführer keinen neuen objektiven Sachverhalt vorgebracht habe. Beweiswürdigend führte das Bundesamt aus, dass sich sein Vorbringen, in Afghanistan Polizist gewesen sei, auf einen Sachverhalt beziehe, welcher bereits auf einen Zeitraum vor seiner ersten Asylantragstellung abstelle. Rechtlich folgerte das Bundesamt sodann, dass die vom Beschwerdeführer geschildeten Fluchtgründe ihm bereits vor Rechtskraft seines Vorverfahrens bekannt gewesen seien.
In Folge der dagegen eingebrachten Beschwerde hat das Bundesamt in Bezug auf die Zulässigkeit der Abschiebung am 28.07.2020 eine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG getroffen und festgestellt, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Abschiebung nach Afghanistan die nötige medizinische Versorgung zur Verfügung stehe. Mit Schriftsatz vom 11.08.2020 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, dass seine Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werde.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den vom Bundesamt vorgelegten Verwaltungsakten und des ho. Gerichtsaktes, insbesondere aus dem angefochtenen Bescheid vom 21.04.2020 und den in den Akten einliegenden Einvernahmeprotokollen des Beschwerdeführers.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu den Voraussetzungen der Zurückweisung eines Antrags auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache:
3.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).
„Entschiedene Sache“ iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber der Vorentscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides bzw. -erkenntnisses entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen – berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).
Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG ist somit zunächst die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat, die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl. VwGH 10.01.2020, Ra 2019/18/0026 mwN).
Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhalts nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können im Rechtsmittelverfahren nicht neu geltend gemacht werden (s. zB VwSlg. 5642A; VwGH 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).
Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162; 10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58; 03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung – obgleich auch diese Möglichkeit besteht – nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 12.10.2016, Ra 2015/18/0221, mwN). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.06.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).
Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde. Bei Vorliegen mehrerer Folgeanträge ist als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) derjenige Bescheid heranzuziehen, mit welchem zuletzt in der Sache entschieden – und nicht etwa nur ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen – wurde (vgl. VwGH, 15.11.2000, Zl. 2000/01/0184; 16.07.2003, 2000/01/0440).
Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein „Fortbestehen und Weiterwirken“ behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).
Ein Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise – für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status – auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem Asylgesetz 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).
3.2. Der Beschwerdeführer macht zur Begründung seines zweiten Antrags auf internationalen Schutz einen Sachverhalt geltend, den er in seinem ersten, inhaltlich entschiedenen Asylverfahren nicht vorbrachte, da er Angst gehabt hätte, damals die Wahrheit anzugeben. Die nunmehr ins Treffen geführten Umstände, nämlich, dass er befürchte aufgrund seiner Tätigkeit als Polizist in Afghanistan von Dorfbewohnern umgebracht zu werden, da er ihre „Opium-Felder“ im Jahre 2013 abgebrannt habe, lagen bereits vor Eintritt der Rechtskraft des sein Asylverfahren inhaltlich abschließenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.06.2019 vor.
3.3. Mit Beschluss vom 22.06.2020, Ra 2019/20/0248, hat der Verwaltungsgerichtshof folgende Frage der Auslegung von Unionsrecht dem EuGH vorgelegt:
„1. Erfassen die in Art. 40 Abs. 2 und Abs. 3 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), im Weiteren: Verfahrensrichtlinie, enthaltenen Wendungen ‚neue Elemente oder Erkenntnisse‘, die ‚zutage getreten oder vom Antragsteller vorgebracht worden sind‘, auch solche Umstände, die bereits vor rechtskräftigem Abschluss des früheren Asylverfahrens vorhanden waren?
Falls Frage 1. bejaht wird:
2. Ist es in jenem Fall, in dem neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im früheren Verfahren ohne Verschulden des Fremden nicht geltend gemacht werden konnten, ausreichend, dass es einem Asylwerber ermöglicht wird, die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen früheren Verfahrens verlangen zu können?
3. Darf die Behörde, wenn den Asylwerber ein Verschulden daran trifft, dass er das Vorbringen zu den neu geltend gemachten Gründen nicht bereits im früheren Asylverfahren erstattet hat, die inhaltliche Prüfung eines Folgeantrages infolge einer nationalen Norm, die einen im Verwaltungsverfahren allgemein geltenden Grundsatz festlegt, ablehnen, obwohl der Mitgliedstaat mangels Erlassung von Sondernormen die Vorschriften des Art. 40 Abs. 2 und Abs. 3 Verfahrensrichtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt und infolge dessen auch nicht ausdrücklich von der in Art. 40 Abs. 4 Verfahrensrichtlinie eingeräumten Möglichkeit, eine Ausnahme von der inhaltlichen Prüfung des Folgeantrages vorsehen zu dürfen, Gebrauch gemacht hat?“
3.3. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des zweiten Antrags auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten oder der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache ist die Beantwortung der vom Verwaltungsgerichtshof dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegten Fragen relevant.
3.4. Zur Aussetzung des Verfahrens:
3.4.1. § 38 AVG ist gemäß § 17 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anwendbar und hat folgenden Wortlaut:
„Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.“
3.4.2. Der Verwaltungsgerichtshof sieht in ständiger Rechtsprechung sowohl die Verwaltungsbehörden als auch sich selbst als berechtigt an, das Verfahren gemäß § 38 letzter Satz AVG auszusetzen, wenn die betreffende Frage auf Grund eines Vorabentscheidungsersuchens – etwa des VwGH selbst – in einem gleich gelagerten Fall bereits beim EuGH anhängig ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 38 Rz. 18 [Stand 01.07.2005, rdb.at] sowie die dort zitierte Rechtsprechung). Gleiches gilt gemäß § 17 VwGVG für die Verwaltungsgerichte (s. VwGH 20.05.2015, Ra 2015/10/0023).
3.4.3. Die im eingangs zitierten Vorabentscheidungsersuchen gestellten Fragen sind – wie dargelegt – für das vorliegende Verfahren präjudiziell, da sich auch im konkreten Verfahren des Beschwerdeführers dieser auf Umstände stützt, die bereits vor rechtskräftigem Abschluss seines früheren Asylverfahrens vorhanden waren.
B) Unzulässigkeit der Revision
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aussetzung Beschwerdevorentscheidung entschiedene Sache EuGH Folgeantrag nova reperta VorabentscheidungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W233.2138183.2.00Im RIS seit
09.11.2020Zuletzt aktualisiert am
09.11.2020