TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/26 W283 2233596-1

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Veröffentlicht am 26.08.2020
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Entscheidungsdatum

26.08.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs3

Spruch

W283 2233596-1/22E

Schriftliche Ausfertigung des am 06.08.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Indien, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.07.2020, Zl. 1263856308/200577718, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.

IV. Gemäß § 35 Abs. 1 und 3 VwGVG iVm § 1 Z 3 und Z 4 VwG-AufwErsV hat die beschwerdeführende Partei dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von € 426,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger stellte am 03.04.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.06.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Dem Beschwerdeführer wurde eine 14tägige Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt. Aufgrund des ungekannten Aufenthaltsorts des Beschwerdeführers wurde dieser Bescheid am 02.06.2020 durch Hinterlegung im Akt rechtswirksam zugestellt.

Am 08.07.2020 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle in einer Wohnung kontrolliert und festgenommen. Am 09.07.2020 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt einvernommen und am selben Tag der gegenständlich bekämpfte Schubhaftbescheid zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers erlassen. Seit dem 09.07.2020 befindet sich der Beschwerdeführer in Schubhaft.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.07.2020 wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Indien zulässig ist. Der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt. Ein Einreiseverbot für die Dauer von 3 Jahren wurde erlassen.

Am 16.07.2020 wurde der Beschwerdeführer der indischen Vertretungsbehörde vorgeführt.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 06.08.2020 eine mündliche Verhandlung durch, wobei das Erkenntnis mündlich verkündet wurde. Der Beschwerdeführer beantragte am 17.08.2020 die Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 09.07.2020 in Schubhaft. Gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 09.07.2020 mit dem über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet wurde, sowie gegen die Anordnung der Schubhaft und die fortdauernde Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.

Es war daher die behauptete Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG zu prüfen und festzustellen, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorgelegen sind, zumal die Schubhaft im Entscheidungszeitpunkt gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG noch andauerte.

Zudem war über die beantragten Kosten gemäß § 35 VwGVG abzusprechen.

1. Feststellungen:

1.1. Zum bisherigen Verfahren:

Der Beschwerdeführer ist indischer Staatsangehöriger. Er begab sich nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet aus eigenem zu einer Polizeiinspektion und stellte dort am 03.04.2020 einen Antrag auf internationalen Schutz (AS 1).

Der Beschwerdeführer wurde anlässlich der Bearbeitung seines Antrages auf internationalen Schutz mehrfach in seiner Muttersprache zu den ihn treffenden Mitwirkungspflichten und der Meldepflichten in Österreich nachweislich belehrt (AS 25; AS 87; AS 115; AS 135).

Dennoch verließ der Beschwerdeführer am 26.05.2020 die Unterkunft der Grundversorgung ohne der Behörde seinen Aufenthaltsort bekanntzugeben (AS 29). Der Beschwerdeführer war von 29.05.2020bis 09.06.2020 ohne behördliche Meldung im Bundesgebiet. Von 09.06.2020 bis 08.07.2020 war der Beschwerdeführer obdachlos gemeldet, obwohl er an einer Adresse Unterkunft genommen hat (Zentrales Melderegister).

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.06.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Dem Beschwerdeführer wurde eine 14tägige Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt (AS 161 ff). Aufgrund des ungekannten Aufenthaltsorts des Beschwerdeführers wurde dieser Bescheid am 02.06.2020 durch Hinterlegung im Akt rechtswirksam zugestellt (AS 25; AS 87; AS 115; AS 281).

Dieser Bescheid erwuchs am 01.07.2020 in Rechtskraft. Die 14tägige Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers begann am 01.07.2020 zu laufen.

Am 02.07.2020 wurde ein Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates eingeleitet (Fremdenregister).

Am 08.07.2020 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle in einer Wohnung kontrolliert und festgenommen (AS 1). An dieser Wohnung hat der Beschwerdeführer bereits 15 Tage zuvor Unterkunft genommen, ohne sich behördlich zu melden (Verhandlungsprotokoll, S. 9).

Am 09.07.2020 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt einvernommen (AS 9).

Am 09.07.2020 wurde der gegenständlich bekämpfte Schubhaftbescheid zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers erlassen. Seit dem 09.07.2020 befindet sich der Beschwerdeführer in Schubhaft (Anhaltedatei; AS 28 f).

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.07.2020 wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Indien zulässig ist. Der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt. Ein Einreiseverbot für die Dauer von 3 Jahren wurde erlassen (AS 32 ff).

Am 16.07.2020 wurde der Beschwerdeführer der indischen Vertretungsbehörde vorgeführt (Stellungnahme des Bundesamtes vom 03.08.2020).

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 06.08.2020 eine mündliche Verhandlung durch, wobei das Erkenntnis mündlich verkündet wurde (OZ 18). Der Beschwerdeführer beantragte am 17.08.2020 die Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses (OZ 21).

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft

1.2.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Indien. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist volljährig. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter (OZ 18, S. 6; AS 265; AS 281).

1.2.2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.07.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Seit dem 09.07.2020 wird der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten (AS 11 ff; Anhaltedatei).

1.2.3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 02.06.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Dem Beschwerdeführer wurde eine 14tägige Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt (AS 161 ff). Aufgrund des unbekannten Aufenthaltsorts des Beschwerdeführers wurde dieser Bescheid am 02.06.2020 durch Hinterlegung im Akt rechtswirksam zugestellt (AS 265; AS 281). Dieser Bescheid erwuchs am 01.07.2020 in Rechtskraft. Die 14tägige Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers begann am 01.07.2020 zu laufen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10.07.2020 wurde dem Beschwerdeführer kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Indien zulässig ist. Der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt und keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt. Ein Einreiseverbot für die Dauer von 3 Jahren wurde erlassen (AS 32 ff).

1.2.4. Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Der Beschwerdeführer bekommt Suchtgiftersatzmedikamente. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung, insbesondere auch hinsichtlich der Substitutionstherapie bzw. eines Bluttests oder Schmerzmitteln (OZ 13).

1.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

1.3.1. Gegen den Beschwerdeführer besteht seit dem 01.07.2020 eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme, seit dem 10.07.2020 besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung und ein 3jähriges Einreiseverbot (AS 265; AS 281; AS 32 ff).

1.3.2. Der Beschwerdeführer hat in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Meldeadresse außerhalb des Polizeianhaltezentrums. Der Beschwerdeführer hat sich an seinem letzten tatsächlichen Aufenthaltsort in Österreich nicht behördlich gemeldet. Er hat es entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung unterlassen, sich an seinem tatsächlichen Aufenthaltsort zu melden, um sich den Behörden zu entziehen. Der Beschwerdeführer hat dem Bundesamt seinen Aufenthaltsort nicht bekanntgegeben. Der Beschwerdeführer hat sich obdachlos gemeldet, obwohl er an einer Adresse Unterkunft genommen hat.

Aktuell ist der Beschwerdeführer ist in Österreich behördlich ausschließlich im Polizeianhaltezentrum gemeldet. Er verfügt über keinen eigenen gesicherten Wohnsitz (Melderegister).

Der Beschwerdeführer geht im Inland keiner legalen Erwerbstätigkeit nach und verfügt über keine ausreichenden finanziellen Mittel zur nachhaltigen Existenzsicherung und über kein Bargeld.

1.3.3. Der Beschwerdeführer wurde anlässlich der Bearbeitung seines Antrages auf internationalen Schutz mehrfach in seiner Muttersprache zu den ihn treffenden Mitwirkungspflichten und der Meldepflichten in Österreich nachweislich belehrt (AS 25; AS 87; AS 115; AS 135). Dennoch verließ der Beschwerdeführer am 26.05.2020 die Unterkunft der Grundversorgung ohne der Behörde seinen Aufenthaltsort bekanntzugeben (AS 29). Der Beschwerdeführer war von 29.05.2020bis 09.06.2020 ohne behördliche Meldung im Bundesgebiet. Von 09.06.2020 bis 08.07.2020 war der Beschwerdeführer obdachlos gemeldet, obwohl er an einer Adresse Unterkunft genommen hat (Zentrales Melderegister).

Der Beschwerdeführer ist während seines Asylverfahrens untergetaucht und hat sich dem Verfahren entzogen (OZ 18, S. 10; Melderegister). Der Beschwerdeführer konnte erst im Rahmen einer polizeilichen Zufallskontrolle aufgegriffen werden (AS 1).

1.3.4. Das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates wurde bereits am 02.07.2020 eingeleitet. Am 16.07.2020 wurde der Beschwerdeführer der indischen Vertretungsbehörde vorgeführt treffen (Fremdenregister, Stellungnahme des Bundesamtes vom 03.08.2020, S. 3). Eine Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien unmittelbar nach Erlangung des Heimreisezertifikates ist möglich. Die aktuellen Einreisebeschränkungen nach Indien, aufgrund der Covid-19 Pandemie werden mit 08.08.2020 gelockert und internationale Ankünfte im Flugverkehr möglich (OZ 16). Aufgrund der Wiederaufnahme des internationalen Flugverkehrs ist auch mit einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien, zeitnah nach Ausstellung des Heimreisezertifikates zu rechnen.

1.3.5. Der Beschwerdeführer wird sich einer Abschiebung nach Indien widersetzen. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten.

2. Beweiswürdigung

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres sowie aus dem vom Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewonnenen Eindruck.

2.1. Zum bisherigen Verfahren

2.1.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zitierten Stellen aus dem Akt des Bundesamtes sowie aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft

2.2.1. Die Feststellungen Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers beruhen auf dem Inhalt des Verwaltungsaktes und den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers, seinen eigenen Angaben folgend (OZ 18, S. 6). Da der Asylantrag des Beschwerdeführers in Österreich rechtskräftig abgewiesen wurde, ist der Beschwerdeführer weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter (AS 265; AS 281).

2.2.2. Dass gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesamtes vom 09.07.2020 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet wurde, sowie die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft seit dem 09.07.2020 waren aufgrund des Akteninhalts und der Einsichtnahme in die Anhaltedatei festzustellen (AS 11 ff; Anhaltedatei).

2.2.3. Die Feststellungen zum Verfahren hinsichtlich des Antrags auf internationalen Schutz, der Bescheidzustellung und dem Eintritt der Rechtskraft und der Ausreisefrist ergeben sich aus dem Akteninhalt (AS 161 ff; AS 265; AS 281). Auch die Erlassung des Bescheides vom 10.07.2020 war aufgrund der Aktenlage festzustellen (AS 32 ff).

2.2.4. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde, was sich insbesondere aufgrund der amtsärztlichen Befund und Gutachtens vom 05.08.2020 gründet, weshalb die diesbezügliche Feststellung zu treffen war (OZ 13). Der Beschwerdeführer gab im Rahmen seiner mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 06.08.2020 zunächst an, dass er gesund sei (OZ 18, S. 4: „Ja, ich bin gesund.“). Erst auf die Frage nach dem Gesundheitszustand führte der Beschwerdeführer ins Treffen, dass er in Schubhaft keine hundertprozentige medizinische Behandlung erhalte und an einer Krankheit leide, sowie Medikamente erhalte (OZ 18, S. 11). Dass der Beschwerdeführer Suchtgiftersatzmedikamente erhält und Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft und ebenfalls aus dem Gutachten vom 05.08.2020 abzuleiten, wonach der Beschwerdeführer aufgrund seiner Opiatabhänigigkeit im Substitutionsprogramm ist (OZ 13). Die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, wonach er in Schubhaft keine ausreichende Behandlung erhalte, stand im Widerspruch zum Gutachten der Amtsärztin, zudem ist es notorisch, dass Schubhäftlinge in Anhaltung medizinisch betreut und versorgt werden, weshalb die Angaben des Beschwerdeführers nicht glaubhaft waren.

2.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

2.3.1. Die Feststellungen zum Vorliegen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, waren aufgrund des Gerichtsaktes festzustellen (AS 265; AS 281; AS 32 ff).

2.3.2. Dass der Beschwerdeführer in Österreich weder Verwandte noch enge soziale Anknüpfungspunkte hat, war aufgrund seiner eigenen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht am 06.08.2020 festzustellen. Der Beschwerdeführer konnte im Rahmen der mündlichen Verhandlung drei Personen namhaft machen. Zunächst gab der Beschwerdeführer an, dass alle drei in derselben Straße wohnen würden. Auf Nachfrage korrigierte er diese Angaben. Ein besonderes Naheverhältnis konnte der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung jedoch nicht vermitteln, zumal er einerseits hinsichtlich des Wohnortes keine stringenten Angaben machte und er auch angab, dass seine drei engsten Bezugspersonen nichts von seiner Anhaltung in Schubhaft wüssten. Hätte der Beschwerdeführer ein besonderes Naheverhältnis zu einer seiner drei engsten Bezugspersonen in Österreich gehabt, so hätte er diese auch über seine Anhaltung in Schubhaft in Kenntnis gesetzt (OZ 18, S. 6 f).

Aus dem Melderegister ist zu ersehen, dass der Beschwerdeführer aktuell über keine Meldeadresse außerhalb des Anhaltezentrums verfügt. Das Fehlen eines gesicherten Wohnsitzes ergibt sich im Wesentlichen aus dem Einblick in das zentrale Melderegister.

Die Feststellungen zu den tatsächlichen Aufenthaltsorten und dem Unterbleiben einer korrekten behördlichen Meldung bzw. der Obdachlosenmeldung trotz Unterkunftnahme waren aufgrund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 06.08.2020 zu treffen. Der Beschwerdeführer gab an, dass er in einer Wohnung eines Freundes Unterkunft genommen hat und dort monatlich Miete bezahlt hat (OZ 18, S. 9 f).

Eine nachhaltige Existenzsicherung war mangels Geldreserven, wie dies in der Anhaltedatei ersichtlich ist, nicht zu erblicken. Dies deckt sich auch mit den Angaben des Beschwerdeführers, wonach er weder über Geld oder Wertgegenstände verfügt (OZ 18, S. 7). Einer legalen Erwerbstätigkeit zur Erlangung einer Selbsterhaltungsfähigkeit steht das Fehlen einer diesbezüglichen Bewilligung entgegen und hat der Beschwerdeführer eine Beschäftigung auch verneint (OZ 18, S. 7).

2.3.3. Dass der Beschwerdeführer anlässlich der Bearbeitung seines Antrages auf internationalen Schutz mehrfach in seiner Muttersprache zu den ihn treffenden Mitwirkungspflichten und der Meldepflichten in Österreich nachweislich belehrt wurde, war aufgrund des Akteninhaltes festzustellen (AS 25; AS 87; AS 115; AS 135). Dass der Beschwerdeführer dennoch am 26.05.2020 die Unterkunft der Grundversorgung verließ ohne der Behörde seinen Aufenthaltsort bekanntzugeben, war aufgrund des Akteninhaltes in Zusammenschau mit den Eintragungen im Melderegister und den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung festzustellen (AS 29; Melderegister; OZ 18, S. 10). Dass der Beschwerdeführer von 29.05.2020 bis 09.06.2020 ohne behördliche Meldung im Bundesgebiet war, ergibt sich aufgrund der Einsicht in das Melderegister.

Dass der Beschwerdeführer von 09.06.2020 bis 08.07.2020 obdachlos gemeldet war, obwohl er an einer Adresse Unterkunft genommen hat, war aufgrund der Einsicht in das Melderegister und den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung festzustellen. Der Beschwerdeführer gab befragt zu seinen Aufenthaltsorten an:

„R: Wo haben Sie zuletzt in Österreich gelebt?

BF: Ich habe auf der XXXX gewohnt. An die genaue Adresse kann ich mich nicht erinnern. Als mich die Polizei festgenommen hat, war ich in dieser Wohnung wohnhaft.

R: Wie lange haben Sie sich dort aufgehalten (von wann bis wann)?

BF: Ca. 15 Tage bevor mich die Polizei festgenommen hat, war ich dort, in der XXXX wohnhaft. Vorher habe ich in einem Nachbarhaus, auch auf der XXXX gewohnt. Das war ein Haus, gleich in der Nachbarschaft, wo mich die Polizei festgenommen hat.

R: Wem gehört diese Wohnung, wo Sie sich zuletzt aufgehalten haben?

BF: Das gehört zu meinem Freund, der heißt XXXX .

R: Wie viel haben Sie für diese Unterkunft bezahlt?

BF: 150 Euro für das ganze Monat.

R: Wer wohnte noch in dieser Unterkunft?

BF: Ich, XXXX und noch eine dritte Person, seinen Namen weiß ich nicht.

R: Waren Sie in diesen beiden Wohnungen, die Sie gerade angeführt haben, behördlich gemeldet?

BF: Nein, ich war dort nicht gemeldet, gemeldet war ich bei der XXXX . Ich war nur einen Monat in dieser Privatunterkunft wohnhaft. Vorher hatte ich eine Wohnmöglichkeit in einem Lager. Das Lager war in Niederösterreich. Nachgefragt: Mit XXXX meinte ich XXXX .

R: Warum haben Sie sich bei der XXXX angemeldet, wenn Sie aber in einer ganz anderen Wohnung Unterkunft genommen haben?

BF: Ich habe mich deshalb bei der XXXX gemeldet, damit ich meine Briefe bekommen kann, ansonsten hatte ich keinen festen Wohnsitz gehabt, deshalb war ich ca. 15 Tage vorher, in der Nachbarschaft, wo mich die Polizei festgenommen hat. Es war nicht möglich, in diesen Wohnungen dauerhaft zu wohnen, deshalb habe ich auch keine Meldung gemacht.“ (OZ 18, S. 9 f)

Der Beschwerdeführer gab selbst an, dass er rund 15 Tage in einer Wohnung Unterkunft genommen hatte, für diese auch Miete bezahlte, dennoch aber die gesetzlich gebotene behördliche eine Meldung unterlassen hat.

Auch aus der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister in Zusammenschau mit den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung war zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer während des laufenden Asylverfahrens das Quartier der Grundversorgung verlassen hat und sich erst nach etwa 10 Tagen als obdachlos gemeldet hat. Nachdem dem Bundesamt der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers in diesem Zeitraum nicht bekannt war, hat sich der Beschwerdeführer dem Verfahren entzogen (OZ 18, S. 10; Melderegister). Dass der Beschwerdeführer erst im Rahmen einer polizeilichen Zufallskontrolle aufgegriffen werden konnte, ergibt sich aufgrund des im Akt aufliegenden Polizeiberichts vom 08.07.2020 (AS 1).

2.3.4. Die Feststellungen zum Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer und seiner Vorführung vor die Vertretungsbehörde, waren aufgrund des Akteninhaltes zu treffen (Fremdenregister, Stellungnahme des Bundesamtes vom 03.08.2020, S. 3).

Die Feststellungen zur grundsätzlichen Möglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien unmittelbar nach Erlangung des Heimreisezertifikates waren aufgrund der bevorstehenden Lockerungen der Flugbeschränkungen nach Indien zum Entscheidungszeitpunkt zu treffen. Dass Lockerungen der Einreisebeschränkungen nach Indien mit 08.08.2020 bevorstanden und internationale Ankünfte im Flugverkehr wieder möglich werden, war aufgrund der Internetrecherche auf der Seite des indischen Gesundheitsministeriums festzustellen (OZ 16). Zum Entscheidungszeitpunkt lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der höchstmöglichen Schubhaftdauer grundsätzlich ausgeschlossen wäre oder eine Abschiebung zeitnah nach Erlangung des Heimreisezertifikates und Wiederaufnahme des Flugverkehrs nach Indien nicht erfolgen könnte.

2.3.5. Insbesondere ist es dem Beschwerdeführer im Rahmen der Verhandlung nicht gelungen, seine Kooperationsbereitschaft und Ausreisewilligkeit glaubhaft zu machen. Vor dem Hintergrund seiner bevorstehenden Aufenthaltsbeendigung und seinem bisherigen gezeigten Verhalten ist nicht zu erwarten, dass er sich nach seiner Entlassung aus der Schubhaft tatsächlich seiner Abschiebung stellen wird. Verstärkt wurde dieser Eindruck dadurch, dass der Beschwerdeführer im Zuge des laufenden Asylverfahrens untergetaucht ist und sich trotz Unterkunftnahme in einer Wohnung als obdachlos meldete, um sich vor den Behörden verborgen zu halten. Zudem gab der Beschwerdeführer in seiner Befragung am 09.07.2020 und im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass er nicht nach Indien zurückkehren möchte. Auch in der Verhandlung sagte der Beschwerdeführer, dass er nicht bereit ist nach Indien zurückzukehren (OZ 18, S. 11 f).

3. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchteil A) Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1. Gesetzliche Grundlagen

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):

Der mit „Begriffsbestimmungen“ betitelte § 2 FPG lautet:

§ 2 (4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

1. Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:

§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 lautet:

§ 80 (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1.

drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2.

sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1.

die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.

eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3.

der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4.

die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

3.1.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

3.2. Zur Judikatur

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.3. Allgemeine Voraussetzungen

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter da der von ihm gestellte Antrag auf internationalen Schutz rechtskräftig abgewiesen wurde.

Daher war die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich.

Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG angeordnet. Es liegt seit dem 01.07.2020 eine rechtskräftige aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Seit dem 10.07.2020 liegt zudem eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem dreijährigen Einreiseverbot vor. Das Bundesamt hat unverzüglich die nötigen Schritte zur Erlangung eines Heimreisezertifikates gesetzt. Der Beschwerdeführer wurde bereits am 16.07.2020 der indischen Vertretungsbehörde zur Erlangung eines Heimreisezertifikates vorgeführt. Es liegen zwar aktuell temporäre Einreisebeschränkungen betreffend Flugankünfte vor, sind diese jedoch bis 08.08.2020 befristet, weshalb die Abschiebung des Beschwerdeführers nach derzeitiger Lage innerhalb der gesetzlichen Schubhaftdauer möglich ist.

Nach derzeitige Sachlage scheint eine Abschiebung des Beschwerdeführers zeitnah nach Erlangung eines Heimreisezertifkates möglich und wahrscheinlich.

3.3.1. Zur Frist für die freiwillige Ausreise:

In der Beschwerde wurde zutreffend aufgezeigt, dass die gegenständlich erlassene Rückkehrentscheidung gemäß § 55 FPG mit einer 14tägigen Frist zur freiwilligen Ausreise verbunden war. Die Frist für die freiwillige Ausreise begann mit Rechtskraft der Rückkehrentscheidung am 01.07.2020 zu laufen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gilt auch der in der Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger) postulierte Vorrang der freiwilligen Ausreise nicht, wenn es an einem echten Willen, der Rückkehrverpflichtung freiwillig zu entsprechen fehlt (VwGH 2012/21/0072 vom 16.05.2013).

Nachdem der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme am 09.07.2020 klar zum Ausdruck gebracht hat, dass er nicht nach Indien zurückkehren will, ist das Bundesamt zu Recht nicht von einem Rückkehrwillen des Beschwerdeführers ausgegangen. Mit Bescheid vom 10.07.2020 wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt.

Im Falle eines bestehenden Sicherungsbedarfs ist es möglich, während der Frist für die freiwillige Ausreise Schubhaft über einen Fremden zu verhängen, die Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise besteht auch aus der Schubhaft (siehe Filzwieser et al., Kommentar zum Asyl- und Fremdenrecht, § 55, K. 28). Zum Sicherungsbedarf wird auf die Ausführungen unter Punkt 3.3.5. verwiesen.

3.4. Fluchtgefahr

Das Verfahren hat ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht ausreisewillig ist und untergetaucht ist und er sich obdachlos gemeldet hat, obwohl er in einer Wohnung Unterkunft genommen hat. Fluchtgefahr ist dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Im vorliegenden Fall geht das Gericht von Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus:

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert.

Der Beschwerdeführer hat durch sein Untertauchen im Asylverfahren trotz Belehrung über die Mitwirkungs- und Meldepflichten seine Rückkehr bzw. Abschiebung zu umgehen versucht. Indem er sich an seiner tatsächlichen Unterkunft nicht behördlich gemeldet hat, sondern eine sich als obdachlos gemeldet hat, hat er zudem versucht, seine Rückkehr bzw. Abschiebung zu umgehen. Der Tatbestand ist daher erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt, ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 3 FPG zu berücksichtigen, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Das Bestehen einer durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme per se vermag zwar keinen Tatbestand zu verwirklichen, der in tauglicher Weise "Fluchtgefahr" zum Ausdruck bringt. Der Existenz einer solchen Maßnahme kommt jedoch im Rahmen der gebotenen einzelfallbezogenen Bewertung der Größe der auf Grund der Verwirklichung eines anderen tauglichen Tatbestandes des § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich anzunehmenden Fluchtgefahr Bedeutung zu (vgl. VwGH vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021).

Da gegen den Beschwerdeführer eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorliegt und er sich dem Asylverfahren durch Untertauchen entzogen hat, ist der Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG erfüllt.

Bei der Beurteilung ob Fluchtgefahr vorliegt sind gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG der Grad der sozialen Verankerung des Fremden in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit bzw. das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen.

Das Verfahren hat keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Fall des Beschwerdeführers Umstände vorliegen, die wegen seiner Verankerung im Bundesgebiet gegen das Bestehen der Fluchtgefahr sprechen. Er verfügt im Inland über keinerlei enge soziale, berufliche oder familiäre Anknüpfungspunkte und ist auch nicht selbsterhaltungsfähig, weshalb keinerlei soziales Netz vorhanden ist, welches ihn vom Untertauchen bewahren könnte. § 76 Abs. 3 Z 9 FPG liegt daher gegenständlich ebenfalls vor.

Es liegt daher Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 Z 1, Z 3 und Z 9 FPG vor.

3.5. Sicherungsbedarf

Sicherungsbedarf ist zu bejahen, wenn die Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers gegeben oder wahrscheinlich ist oder ein wesentliches Erschweren der Abschiebung zu erwarten ist. Bei der Beurteilung des Sicherungsbedarfes ist das gesamte Verhalten des Beschwerdeführers vor Verhängung der Schubhaft sowie seine familiäre, soziale und berufliche Verankerung im Inland in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen. Diese Beurteilung hat ergeben, dass mehrere Kriterien für das Bestehen eines Sicherungsbedarfes sprechen.

In Österreich befinden sich weder Familienangehörige des Beschwerdeführers noch ist er sonst sozial verankert. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keinen gefestigten Wohnsitz und auch nicht über ausreichende Mittel zur Existenzsicherung. Einer legalen Beschäftigung ging er in Österreich bisher nicht nach. Der Beschwerdeführer ist im Asylverfahren untergetaucht und hat seine Mitwirkungs- und Meldepflichten trotz mehrfacher Belehrung missachtet und sich trotz Unterkunftnahme in einer Wohnung obdachlos gemeldet.

Es liegt seit 01.07.2020 eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor und seit 10.07.2020 eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vor und wurde ein Einreiseverbot in der Dauer von 3 Jahren erlassen. Das Verfahren zur Erlangung des Heimreisezertifikates wurde unverzüglich eingeleitet und der Beschwerdeführer bereits der Vertretungsbehörde vorgeführt. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist (VwGH vom 20.02.2014, 2013/21/0178).

Es ist daher auch Sicherungsbedarf gegeben.

3.6. Verhältnismäßigkeit

Als weitere Voraussetzung ist die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft zu prüfen. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen.

Betrachtet man die Interessen des Beschwerdeführers an den Rechten seiner persönlichen Freiheit in Bezug auf seine familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland zeigt sich, dass der Beschwerdeführer familiäre Kontakte und andere enge soziale oder berufliche Kontakte im Inland nicht vorweisen konnte die im Rahmen der Abwägung die Entscheidung zu Gunsten einer Freilassung zu beeinflussen geeignet waren. Der Beschwerdeführer hat gegen Mitwirkungs- und Meldepflichten verstoßen und damit zum Ausdruck gebracht, dass er ganz klar keine Unterordnung unter das im Inland bestehende Rechtssystem beabsichtigt. Es wurde auch ein Einreiseverbot für die Dauer von drei Jahren erlassen. Die Republik Österreich hat damit nach Ansicht des Gerichts klar zum Ausdruck gebracht, dass ein Verbleib des Beschwerdeführers im Inland rechtlich nicht gedeckt ist und sohin auch ein erhöhtes Interesse an einer Außerlandesbringung des Beschwerdeführers bekundet. Dem gegenüber wiegen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers, der keine engen Kontakte und keine Angehörigen in Österreich hat, weit weniger schwer als das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen – insbesondere an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers.

Das Verfahren zur Erlangung des Heimreisezertifikates wurde unverzüglich eingeleitet und der Beschwerdeführer bereits der Vertretungsbehörde vorgeführt. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt.

3.7. Gelinderes Mittel

Zu prüfen ist, ob ein gelinderes Mittel im Sinne des § 77 FPG den gleichen Zweck wie die angeordnete Schubhaft erfüllt. Eine Sicherheitsleistung sowie die konkrete Zuweisung einer Unterkunft oder einer Meldeverpflichtung kann auf Grund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens nicht zum Ziel der Sicherung der Abschiebung führen, da diesfalls die konkrete Gefahr des Untertauchens des Beschwerdeführers besteht.

Die Verhängung eines gelinderen Mittels kommt daher weiterhin nicht in Betracht.

3.8. Ultima ratio

Die hier zu prüfende Schubhaft stellt daher nach wie vor eine „ultima ratio“ dar, da sowohl Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf als auch Verhältnismäßigkeit vorliegen und ein gelinderes Mittel nicht den Zweck der Schubhaft erfüllt. Das Verfahren hat keine andere Möglichkeit ergeben, eine gesicherte Außerlandesbringung des Beschwerdeführers zu gewährleisten.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchteil A) Spruchpunkt II. – Fortsetzungsausspruch

Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG ausgesprochen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat. Diese Prüfung hat unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der bisherigen Schubhaft zu erfolgen und „ermächtigt“ das Bundesverwaltungsgericht, auf Basis der aktuellen Sach- und Rechtslage „in der Sache“ zu entscheiden und damit gegebenenfalls einen neuen Schubhafttitel zu schaffen (vgl. VwGH vom 14.11.2017, Ra 2017/21/0143).

Der Beschwerdeführer befindet sich zum Zeitpunkt der Entscheidung in Schubhaft, es ist daher eine Entscheidung über die Fortsetzung der Schubhaft zu treffen.

Im Verfahren haben sich keine Umstände ergeben, die gegen die rechtliche und faktische Durchführbarkeit einer Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer sprechen. Unter Berücksichtigung der Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Schubhaft (siehe 3.3.1. bis 3.3.8) besteht aus Sicht des erkennenden Gerichtes kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall nach wie vor auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 FPG, insbesondere auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 3 und 9 FPG, Fluchtgefahr vorliegt sowie ein hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung seiner Abschiebung - somit ein erheblicher Sicherungsbedarf - zu bejahen ist.

Der Beschwerdeführer ist weder beruflich noch sozial verankert, er hat keinen festen Wohnsitz in Österreich. Durch sein Verhalten und sein Untertauchen und seine Ausreiseunw

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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