Entscheidungsdatum
28.08.2020Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
W281 2234226-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Rosemarie HALBARTH-KRAWARIK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Sta. NIGERIA, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid vom 28.08.2012, Zl. 10 07.582-BAW, beschied das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz vom 21.08.2010 des Beschwerdeführers negativ und wies ihn nach Nigeria aus.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 09.12.2015, GZ: W211 1429361-1/16E als unbegründet ab und verwies das Verfahren hinsichtlich der Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück.
Mit Bescheid vom 20.07.2017, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Nigeria festgestellt und erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt II.).
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.10.2017, I417 1429361-2/13E wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 20.07.2017 als unbegründet abgewiesen.
Am 21.03.2018 stellte der Beschwerdeführer seinen ersten Folgeantrag. Mit Bescheid vom 15.09.2018, wies das Bundesamt den Folgeantrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG zurück. Zugleich erteilte sie dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den BF eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.02.2019, GZ: I405 1429361-3/7E wurde die gegen den Bescheid vom 15.09.2018 erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 13.02.2019, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß §§ 72 Abs. 1 Z 1 1 und 2 Fall, Abs. 2 sowie Abs. 2a, Abs. 3 SMG iVm § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt und wurde bis 13.03.2020 in Strafhaft angehalten.
Mit Bescheid vom 13.03.2020 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt und er in Schubhaft genommen und bis 27.04.2020 in Schubhaft angehalten. Am 27.04.2020 wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen, bis 29.04.2020 stationär in einem Landeskrankenhaus angehalten und mit Bescheid vom 29.04.2020 wiederum die Schubhaft verhängt und er an diesem Tag auch wieder in Schubhaft genommen.
Die Bescheide vom 13.03.2020 und 29.04.2020 wurden nicht in Beschwerde gezogen.
Am 07.07.2020 stellt der Beschwerdeführer einen Antrag auf unterstütze freiwillige Rückkehr.
Am 06.08.2020 fragte der Beschwerdeführer über den VMÖ, ob das HRZ am 10.08.2020 an Vertreter des VMÖ ausgehändigt werden könnte und wurde mitgeteilt, dass eine Organisation der Verlängerung des HRZ durch den VMÖ erfolgen kann. Am 10.08.2020 teilte der Beschwerdeführer über den VMÖ mit, dass das HRZ am 21.08.2020 geholt wird.
Am 17.08.2020 stellte der Beschwerdeführer seinen zweiten Folgeantrag während Anhaltung in Schubhaft. Mit Aktenvermerk vom 17.08.2020 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass Gründe vorliegen würden, dass er seinen zweiten Folgeantrag in Missbrauchsabsicht gestellt hätte.
Am 20.08.2020 legte das Bundesamt die Akten gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG vor.
Am 26.08.2020 teilte der VMÖ mit, dass das Verfahren für die freiwillige Rückkehr widerrufen wird, da der Beschwerdeführer nicht mehr nach Nigeria ausreisen will.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der Beschwerdeführer befindet sich seit 29.04.2020 durchgehend in Schubhaft. Es ist zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und, ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
1. Feststellungen
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer heißt XXXX und ist am XXXX geboren. Er ist nigerianischer Staatsbürger. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.
Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Eine signifikant erhöhte Gefahr einer Infektion mit COVID-19 besteht im PAZ, wo der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten wird, nicht.
Der Beschwerdeführer verfügt über keine nennenswerten familiären Kontakte in Österreich. Der Beschwerdeführer hat zur Mutter seines Kindes und zum Kind, welche sich beide in Österreich befinden, keinen Kontakt und schon länger keine Beziehung mehr. Zudem verfügt der Beschwerdeführer über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach und ist wirtschaftlich nicht verankert. Der Beschwerdeführer ist mittellos und verfügt über keine gesicherte Unterkunft.
1.2. Zum bisherigen Aufenthalt und Verfahren des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 21.08.2010 einen Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesasylamt zunächst mit Bescheid vom 04.11.2010, Zl. 10 07.582-EAST Ost, als unzulässig zurückwies. Zugleich wies sie den Beschwerdeführer nach Griechenland aus und erklärte seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Griechenland für zulässig. Infolge einer nicht fristgerecht erfolgten Rücküberstellung nach Griechenland hob das Bundesasylamt mit Bescheid vom 19.06.2012, Zl. 10 07.582-EAST Ost seinen Bescheid vom 04.11.2010, auf.
Mit Bescheid vom 28.08.2012, Zl. 10 07.582-BAW, beschied das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers negativ und wies ihn nach Nigeria aus. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 09.12.2015, GZ: W211 1429361-1/16E als unbegründet ab und verwies das Verfahren hinsichtlich der Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurück.
Mit Bescheid vom 20.07.2017, Zl. 544179809-1291984, erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung. Zudem stellte die belangte Behörde die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Nigeria fest (Spruchpunkt I.) und erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt II.).
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.10.2017, I417 1429361-2/13E wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 20.07.2017 als unbegründet abgewiesen.
Am 21.03.2018 stellte der Beschwerdeführer seinen ersten Folgeantrag. Mit Bescheid vom 15.09.2018, Zl. 13-544179809 VZ: 180278895-EAST OST, wies die belangte Behörde den Folgeantrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG zurück (Spruchpunkt I.). Zugleich erteilte sie dem BF keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den BF eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe nicht (Spruchpunkt VI.).
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.02.2019, GZ: I405 1429361-3/7E wurde die gegen den Bescheid vom 15.09.2018 erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Am 07.07.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf unterstütze freiwillige Rückkehr.
Am 06.08.2020 fragte der Beschwerdeführer über den VMÖ, ob das HRZ am 10.08.2020 an Vertreter des VMÖ ausgehändigt werden könnte und wurde mitgeteilt, dass eine Organisation der Verlängerung des HRZ durch den VMÖ erfolgen könnte. Am 10.08.2020 teilte der Beschwerdeführer über den VMÖ mit, dass das HRZ am 21.08.2020 geholt werde.
Am 17.08.2020 stellte der Beschwerdeführer während der Anhaltung in Schubhaft einen zweiten Folgeantrag. Mit Aktenvermerk vom 17.08.2020 wurde dem Beschwerdeführer nachweislich begründet mitgeteilt, dass Gründe zur Annahme bestehen, dass er seinen zweiten Folgeantrag missbräuchlich gestellt hat.
Am 26.08.2020 teilte der VMÖ mit, dass das Verfahren für die freiwillige Rückkehr widerrufen werde, da der Beschwerdeführer nicht mehr nach Nigeria ausreisen wolle.
Der Beschwerdeführer hat folgende Zeiträume in Anhaltung (Anhaltezentren, Justizanstalten) verbracht: 20.02.2011 bis 28.03.2011, 10.10.2014 bis 08.05.2015, 15.01.2019 bis 27.04.2020 und 29.04.2020 bis dato.
1.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 23.03.2011, Zl. XXXX , wurde der BF wegen der Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall und Abs. 3 SMG, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in Wien vorschriftswidrig Suchtgift anderen gewerbsmäßig durch Verkauf am 18.02.2011 einen unbekannten Abnehmern eine Kugel Kokain mit unbekannten Gewicht um 50 Euro und am 19.02.2011 einen verdeckten Ermittler zwei Kugeln Kokain zu 2,0 Gramm um 100 Euro überlassen hat und am 19.02.2011 weitere vier Kugeln Kokain zu 1,8 Gramm zum unmittelbaren bevorstehenden Weiterverkauf an Suchtgiftabnehmer im Mund verwahrt bereit hielt und hiedurch zu überlassen versucht hat. Mildern wertete das Gericht den bisherigen ordentlichen Lebenswandel, den teilweisen Versuch, das reumütige Geständnis, die teilweise Sicherstellung des Suchtgiftes und das Alter unter 21 Jahren, als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Vergehen.
Aufgrund der Straffälligkeit des Beschwerdeführers verhängte die Bundespolizeidirektion Wien, Zl. XXXX , über den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot. Der dagegen erhobenen Berufung gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien mit Berufungsbescheid vom 26.04.2012, GZ: UVS-FRG/46/8039/2011 statt und reduzierte die Dauer des befristeten Aufenthaltsverbotes von zehn auf acht Jahre.
Mit Urteil eines Bezirksgerichtes vom 06.11.2013, Zl. XXXX , wurde der BF gemäß § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Wochen, bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 10.12.2012 in Wien fremde bewegliche Sachen, nämlich durch das Treten gegen einen Kotflügel des Fahrzeuges einer Person, wodurch eine Delle am Kotflügel entstand, beschädigte. Mildernd wertete das Gericht das Geständnis, die Bereitschaft zur Schadenswiedergutmachung, das Alter, die Provokation und die Begehung unter Alkoholeinfluss, als erschwerend das getrübte Vorleben.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 10.12.2014, Zl. XXXX , wurde der BF erneut wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäߧ 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall und Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten rechtskräftig verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 10.10.2014 drei Kugeln Kokain (insgesamt 0,5 Gramm) um 15 Euro gewerbsmäßig Suchtgift gewinnbringend einer Person und auch unbekannten Abnehmern zu überlassen versucht hat. Der Beschwerdeführer wollte sich eine fortlaufende beträchtliche Einnahmequelle über zumindest einige Wochen durch den wiederkehrenden Verkauf von Suchtgift verschaffen. Das Kokain wies einen durchschnittlichen Reinheitsgehalt von etwa 20% Cocain(base) auf. Mildernd wurde die Tatbegehung unter 21 Jahren und erschwerend zwei einschlägige Vorstrafen gewertet. Von einem Widerruf zu XXXX sowie zu XXXX wurde abgesehen, jedoch die Probezeit zu XXXX auf fünf Jahre verlängert.
Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 13.02.2019, XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1 1 und 2 Fall, Abs. 2 sowie Abs. 2a, Abs. 3 SMG iVm § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 15.01.2019 Kokain gewerbsmäßig in der Straßenbahn öffentlich überlassen hat und zwar einer Person eine Kugel zu einem Preis von 10 Euro; zu überlassen versucht hat und zwar zumindest 51 Kugeln Kokain mit insgesamt 18,9 Gramm Kokain an mehrere unbekannte Abnehmer durch Bereithalten an einer szenetypischen Örtlichkeit. Zusätzlich hat er von August 2015 bis 15.01.2019 zum Eigenkonsum Cannabiskraut und Kokain erworben und besessen. Der Beschwerdeführer wollte sich durch wiederkehrenden, gewinnbringenden Verkauf ein fortlaufendes Einkommen verschaffen, welches bei einer jährlichen Durchschnittsbetrachtung 400 Euro monatlich übersteigen sollte. Er ist zwar an Suchtmittel gewöhnt, verübte die Tat jedoch nicht deshalb, um sich für den eigenen Gebrauch Suchtmittel oder Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen, sondern wollte überwiegend seine sonstigen Ausgaben finanzieren. Mildernd wurden das reumütige Geständnis und der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist gewertet, erschwerend hingegen das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und die einschlägigen Vorstrafen.
Mit 13.03.2020 wurde der Beschwerdeführer aus der Strafhaft entlassen.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 13.03.2020 wurde über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt.
Am 20.04.2020 war der Beschwerdeführer im AHZ Vordernberg in einen Raufhandl verwickelt und wurde dabei verletzt.
Am 27.04.2020, 9 Uhr, wurde der Beschwerdeführer aus der Schubhaft entlassen und stationär in einem Landeskrankenhaus (LKH) aufgenommen.
Am 29.04.2020 wurde er aus dem LKH entlassen, festgenommen und ins AHZ Vordernberg gebracht. Am 29.04.2020 wurde über den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 29.04.202 die Schubhaft verhängt. Die Begründung des Bescheides ist mit der Begründung des Bescheides vom 13.03.2020 nahezu ident.
Für 18.03.2020 und 28.05.2020 geplante Abschiebungen wurden wegen der „Covid-19 Pandemie“ abgesagt.
Am 27.05.2020 wurde ein HRZ für Nigeria, gültig bis 27.07.2020 ausgestellt. In der Vergangenheit wurden für den Beschwerdeführer bereits HRZ ausgestellt. Einen Reisepass besitzt der Beschwerdeführer nicht.
Am 07.07.2020 stellt der Beschwerdeführer einen Antrag auf unterstütze freiwillige Ausreise. Das bis 27.07.2020 gültige HRZ wurde dem Beschwerdeführer zur Verfügung gestellt.
Am 17.08.2020 stellte der Beschwerdeführer seinen zweiten Folgeantrag während der Anhaltung in Schubhaft. Am 17.08.2020 wurde dem Beschwerdeführer der Aktenvermerk gemäß § 76 Abs. 6 FPG zur Aufrechterhaltung der Schubhaft zugestellt, in dem darlegt wurde, dass der Beschwerdeführer den zweiten Folgeantrag in Missbrauchsabsicht gestellt hat und für die Schubhafthöchstdauer § 80 Abs. 5 FPG gilt.
Der Beschwerdeführer wurde von 13.03.2020 bis 27.04.2020 in Schubhaft angehalten und wird seit 29.04.2020 in Schubhaft angehalten. Der Beschwerdeführer wird somit am 30.08.2020 vier Monate und einen Tag durchgehend in Schubhaft angehalten.
Der Beschwerdeführer ist nicht vertrauenswürdig und nicht kooperativ.
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die vorgelten Akte des Bundesamtes (OZ 1 bis OZ 3), den gegenständlichen Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes die vorangegangenen Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren des Beschwerdeführers betreffend (Geschäftszahlen W211 1429361-1, I417 1429361-2, I405 1429361-3), in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalten der vorgelegten Verwaltungsakte und der vorliegenden Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers
Die Feststellung zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem im Akt erliegenden HRZ (zB OZ 1, DEF-Verfahren 190059872, AS 23). Im Verfahren sind keine Beweise hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer österreichischer Staatsbürger, Asyl- oder subisidiär Schutzberechtigter wäre.
Dass der Beschwerdeführer haftfähig ist, ergibt sich zum einen daraus, dass keine gegenteiligen Beweisergebnisse vorliegen und der Beschwerdeführer am 20.04.2020 zwar während er Anhaltung im Zuge eines Raufhandels verletzt wurde, aber er bereits am 29.04.2020 bereits wieder aus dem LKH entlassen werden konnte, wobei die Zeit in stationärer Aufnahme mit zwei Tagen als kurz zu bemessen ist.
Die Feststellungen zu den familiären Kontakten und der Integration ergeben sich aus dem Aktenvermerk vom 05.03.2020 (OZ 1, DEF-Verfahren 190059872, AS 33), der Einvernahme der Mutter des Kindes des Beschwerdeführers vom 18.06.2020 (OZ 3, 1. SIM-Verfahren AS 41ff), seinen Angaben beim Bundesamt am 13.03.2020 ( OZ 3, 1. SIM-Verfahren AS 25ff) und der JA Besucherliste (OZ 1 , DEF-Verfahren 190059872, AS 29ff) und den Angaben in den Verfahren zu Geschäftszahlen W211 1429361-1, I417 1429361-2, I405 1429361-3.
2.2. Zum bisherigen Aufenthalt und Verfahren des Beschwerdeführers
Die Feststellungen zu den bereits rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren ergeben sich allesamt aus den Verfahren zu Geschäftszahlen W211 1429361-1, I417 1429361-2, I405 1429361-3 und den dort ergangenen Erkenntnissen vom 09.12.2015, vom 27.10.2017 und 09.12.2015.
Die Feststellung zum Antrag auf freiwillige unterstütze Rückkehr ergeben sich aus dem im Akt des Bundesamtes erledigenden Antrag (OZ 1, DEF-Verfahren 190059872, AS 141ff). Die Feststellungen zur Organisation der Verlängerung des HRZ durch den VMÖ und den Widerruf der freiwillig unterstützten Rückkehr ergeben sich aus dem dem Bundesverwaltungsgericht am 27.08.2020 übermittelten E-Mailverkehr zwischen dem Bundesamt und dem VMÖ (OZ 6).
Die Feststellungen zum Asylantrag vom 17.08.2020 in Missbrauchsabsicht und dem Aktenvermerk samt Übergabe desselben ergeben sich aus dem im Akt erliegenden Aktenvermerk und der Übergabebestätigung (OZ 2, 2. SIM-Verfahren, AS 83-93).
Die Feststellung zur Anhaltung des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsicht ins Zentrale Melderegister.
2.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft
Die Feststellungen zu den Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus den im Akt erliegenden Urteilen (OZ 3, 1. SIM-Verfahren, AS 105-133).
Die Feststellungen zum Aufenthaltsverbot ergibt sich aus dem hg. Erkenntnis vom 09.12.2015, GZ W211 1429361-1.
Die Feststellungen zur Entlassung aus der Strafhaft mit 13.03.2020 und dem Schubhaftbescheid vom 13.03.2020 ergeben sich aus eben diesem im Akt erliegenden Bescheid (OZ 3, AS 33ff) und aus der Einsicht ins Zentrale Melderegister.
Die Feststellung zur Verletzung des Beschwerdeführers am 20.04.2020 im Zuge eines Raufhandels, der Entlassung aus der Schubhaft mit 27.04.2020, der Aufnahme im LKH und der Fortsetzung der Schubhaft mit Bescheid vom 29.04.2020 ergibt sich aus dem Festnahme und Überstellungsauftrag vom 28.04.2020 (OZ 1, AS 79f), dem Schubhaftbescheid vom 29.04.2020 (OZ 2, AS 5ff) und einem Bericht des LKH vom 12.08.2020 (OZ 2, AS 75) und dem Entlassungsschein vom 24.04.2020 (OZ 3, AS 93) sowie den AS 95 bis 101 (OZ 3), der Meldung der LPD (OZ 3, AS 83f), einem Fachbefund des LKH (OZ 3, AS 89) sowie der AS 87-91 (OZ 3).
Die Feststellungen zu den geplanten Abschiebungen ergeben sich aus den diesbezüglichen Unterlagen im Akt des Bundesamtes (OZ 1, AS 57 bis 69 und 101 bis 117).
Die Feststellungen zu den HRZ ergeben sich aus der ersten Aktenvorlage (OZ 1 und OZ 1, DEF-Verfahren 190059872, AS 23), dem Aktenvermerk vom 16.06.2020 (ON 2, AS 39) und dem Aktenvermerk vom 10.04.2020 (OZ 3 AS 79).
Die Feststellung zur Anhaltung in Schubhaft ergeben sich aus der ersten Aktenvorlage (OZ 1) und einer Einsicht ins Zentrale Melderegister. Der Beschwerdeführer wurde zwar ab 25.5.2020 offenbar vom ZMR wegen der bevorstehenden Abschiebung abgemeldet, er befindet sich aber weiterhin im Bundesgebiet, daran besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Zweifel.
Die Feststellungen zur Vertrauenswürdigkeit und, dass der Beschwerdeführer nicht kooperativ ist ergeben sich aus den Verurteilungen des Beschwerdeführers, der Straffälligkeit kurz nach Betreten des Bundesgebietes und „Steigerung“ der Straffälligkeit dadurch, dass er mit der letzten Verurteilung sogar Kokain an einem öffentlichen Ort, nämlich der Straßenbahn verkauft hat sowie er ausreiseunwillig ist, was sich aus der Nichtbeachtung der Ausreiseverpflichtung ergibt, er bereits zwei unberechtigte Aslyanträge gestellt hat und, da er am 17.08.2020 in Missbrauchsabsicht einen zweiten Folgeantrag. Somit dritten Asylantrag) gestellt hat, in dem er die gleichen Fluchtgründe, die bereits in den beiden negativen Asylverfahren vorgebracht wurden, erneut vorgebracht hat.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zu Spruchteil A) - Fortsetzung der Schubhaft
3.1.1. Gesetzliche Grundlagen
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:
„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.
(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.
(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.
(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.
(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.
(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.
(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.
(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“
Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 FPG lautet:
„§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.
(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.
(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.
(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,
kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.
(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.
(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.
(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.
(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“
Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:
„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“
3.1.2. Zur Judikatur
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; VwGH 23.09.2010, 2009/21/0280).
Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FPG ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (VwGH 17.03.2009, 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (VwGH 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).
Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (VwGH 22.05.2007, 2006/21/0052; VwGH 29.04.2008, 2008/21/0085; VwGH 28.02.2008, 2007/21/0512; VwGH 28.02.2008 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird. (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).
In einem gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ergangenen Erkenntnis wird entsprechend dem Wortlaut der genannten Bestimmung nur ausgesprochen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist. Über vor oder nach der Entscheidung liegende Zeiträume wird damit nicht abgesprochen (VwGH 30.08.2018, Ra 2018/21/0111).
Im Rahmen der Beurteilung des Fortsetzungsausspruches nach § 22a Abs. 4 BFA-VG ist das VwG nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden, sondern hat die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen (vgl. VwGH 15.12.2011, 2010/21/0292). Diese Prüfung hat unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der bisherigen Schubhaft zu erfolgen (vgl. VwGH 19.3.2013, 2011/21/0246) und ermächtigt das VwG, auf Basis der aktuellen Sach- und Rechtslage in der Sache zu entscheiden und damit gegebenenfalls einen neuen Schubhafttitel zu schaffen (vgl. VwGH 5.10.2017, Ro 2017/21/0007; VwGH 16.05.2019, Ra 2018/21/0122).
Die Vorwegnahme eines inhaltlichen Asylverfahrens ist nicht Aufgabe des Schubhaftverfahrens. Bei Prüfung der Frage der Zulässigkeit der Aufrechterhaltung einer Anhaltung in Schubhaft nach Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 76 Abs. 6 FPG ist aber insoweit eine Grobprüfung dieses Antrags vorzunehmen, als sich daraus Schlüsse auf die Motivation für die Antragstellung ableiten lassen (vgl. VwGH 19.9.2019, Ra 2019/21/0234; VwGH 19.09.2019, Ra 2019/21/0234).
3.1.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft
3.1.3.1. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat das Bundesamt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung vorzulegen. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und festzustellen, ob weiterhin die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft vorliegen. Im Rahmen dieser Überprüfung, auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose, hat sich für das Bundesverwaltungsgericht ergeben, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers als verhältnismäßig angesehen werden kann:
3.1.3.2. Allgemeine Voraussetzungen
3.1.3.2.1. Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen (Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft) – möglich ist.
3.1.3.2.2. Der Beschwerdeführer war bei Anordnung der Schubhaft haftfähig und ist dies auch weiterhin. Für Gegenteiliges gab es im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte.
3.1.3.2.3. Über den Folgeantrag des Beschwerdeführers vom 17.08.2020 hat das Bundesamt noch nicht entschieden. Mit Aktenvermerk vom 17.08.2020 wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer diesen zweiten Folgeantrag in Missbrauchsabsicht gestellt hat. So hat der Beschwerdeführer am 07.07.2020 einen Antrag auf freiwillige unterstützte Rückkehr gestellt und sich vermeintlich ausreisewillig gezeigt, die Stellung eines Folgeantrages während aufrechter Schubhaft, wobei bereits zwei Asylanträge in der Vergangenheit rechtskräftig negativ entschieden wurden, und der Widderruf dieses Verfahrens zur freiwilligen Rückkehr mit 26.08.2020 bezeugen aber das Gegenteil. Der Beschwerdeführer hat auch kein neues Vorbringen erstattet und jene Fluchtgründe vorgebracht, die er bereits in den beiden negativ entschiedenen Asylverfahren vorgebracht hat. Auf die Frage, was der Beschwerdeführer bei der Rückkehr nach Nigeria befürchte, hat der Beschwerdeführer überdies angegeben, dass er sich vor „Corona“ fürchte.
Auch das Bundesverwaltungsgericht geht vor dem Hintergrund der beiden negativ entschiedenen und rechtskräftigen Asylverfahren, der bis zum 17.08.2020 vorgelegenen durchsetzbaren Rückkehrentscheidung und dem zweiten Folgeantrag davon aus, dass der zweite Folgeantrag in Missbrauchsabsicht gestellt wurde, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu verlängern und eine Abschiebung nach Nigeria zu verhindern bzw. hinauszuzögern, zumal auch keine neuen Fluchtgründe vorgebracht wurden. Eine Zurückweisung wegen entschiedener Sache und die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes sind – ohne diesen Entscheidungen vorzugreifen – vor dem Hintergrund, dass bereits zwei Asylanträge nicht erfolgreich waren und auch kein neues relevantes Vorbringen erstattet wurde im Rahmen einer Prognose als wahrscheinlich zu betrachten.
Die Anhaltung in Schubhaft und die Fortsetzung derselben gründen sich im Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes daher auf § 76 Abs. 6 FPG.
3.1.3.2.4. Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG ist eine Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft durch das Bundesverwaltungsgericht vorzunehmen, wenn ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden soll.
Der Beschwerdeführer wird seit 29.04.2020 durchgehend in Schubhaft angehalten, weshalb die erste Schubhaftprüfung und somit Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes am 30.08.2020 vorliegt.
Die Zeiten, in denen der Beschwerdeführer wegen desselben Grundes (zur Sicherung der Abschiebung) auch in Schubhaft angehalten wurde (13.03.2020 bis 27.04.2020) sind für Berechnung der Frist nach § 22a Abs. 4 BFA-VG nicht relevant, da der Beschwerdeführer vom 13.03.2020 bis 30.08.2020 nicht durchgehend in Schubhaft angehalten wurde. Diese Zeiten sind aber für die Berechnung der Höchstfristen der Dauer der Schubhaft gemäß § 80 FPG relevant.
3.1.3.3. Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf
Im vorliegenden Fall geht das Gericht auch weiterhin von Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG aus:
Gemessen an § 76 Abs. 3 FPG, konkret an dessen ersten Satz „liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 - immer noch - vor, da „bestimmte Tatsachen“, nämlich jene bereits im Rahmen der angeführten Beweiswürdigung relevierten, indizieren, dass sich der Beschwerdeführer einer drohenden Abschiebung in den Herkunftsstaat entziehen wird.
Die Gründe, aus denen das Bundesamt die Schubhaft ursprünglich anordnete (Ziffern 1, 3 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG), haben sich seither mit Ausnahme der Ziffer 3 nicht geändert und erweisen sich als grundsätzlich nachvollziehbar. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass der ursprünglich zugrundeliegende Schubhaftbescheid durch den Beschwerdeführer nicht in Beschwerde gezogen wurde.
Der Beschwerdeführer ist nicht kooperativ, es bestand bis 17.08.2020 gegen ihn eine aufenthaltsbeendende durchsetzbare Maßnahme, er brachte am 07.07.2020 einen Antrag auf freiwillige unterstütze Rückkehr ein, wobei er allerdings am 17.08.2020 in Missbrauchsabsicht einen weiteren Folgeantrag stellte um seine Abschiebung zu verhindern und das Verfahren zur freiwillig unterstützen Rückkehr seitens des VMÖ am 26.08.2020 widerrufen wurde. Er ist in Österreich weder sozial noch beruflich verankert, er verfügt über keinen gesicherten Wohnsitz und über kein gesichertes Einkommen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer am 22.06.2020 eine Bestätigung vorgelegt hat, dass er an einer Adresse in Wien wohnen könne, wenn er aus der Schubhaft entlassen werde, belegt nur, dass der Beschwerdeführer nicht unterstandslos wäre, würde man ihn aus der Schubhaft entlassen. Es belegt hingegen keine familiären Beziehungen oder ein entsprechend soziales Netz, dass den Beschwerdeführer auffangen würde und davon auszugehen wäre, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung abwarten würde und nicht untertauchen würde.
Der Beschwerdeführer verfügt über keine nennenswerten familiären Kontakte in Österreich. Die Mutter seines Kindes hat sich von ihm getrennt und möchte aufgrund der Straffälligkeit des Beschwerdeführers auch nichts mehr mit ihm zu tun haben. Der Kontakt ist schon vor längerer Zeit abgebrochen. Kontakt bestand auch letztlich nur mehr zu seinem Kind, welches ihn im Rahmen der Anhaltung in Starfhaft besucht hat. Zudem verfügt der Beschwerdeführer über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach und ist mittellos.
Zudem hat der Beschwerdeführer etwa die letzten eineinhalb Jahre – mit der Ausnahme von zwei Tagen - in Anhaltung verbracht. Auch davor war der Beschwerdeführer weder sozial noch beruflich integriert, sondern hat ausschließlich Leistungen aus der Grundversorgung und aus dem Drogenverkauf von Kokain, aus dem er sich eine wiederkehrende Einnahmequelle geschaffen hat, finanziert.
Aufgrund dieses Verhaltens bestehen aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten, und für sein drittes Asylverfahren, welchem im Rahmen einer Progonosebeurteilung – vorbehaltlich dieser Entscheidungen – im Entscheidungszeitpunkt kein Erfolg beschienen werden kann, für die Behörden nicht greifbar sein.
Sowohl das Vorverhalten als auch die vorzunehmende Verhaltensprognose haben bei dem Beschwerdeführer ein erhöhtes Risiko des Untertauchens sowie einen Sicherungsbedarf ergeben. Demgegenüber hat der Beschwerdeführer auch keine substantiellen Bindungen oder Kontakte in Österreich. In diesem schon fortgeschrittenen Verfahrensstadium reichen grundsätzlich weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung aus, weil hier die Gefahr des Untertauchens eines Fremden erhöht ist.
Es liegt daher weiterhin Fluchtgefahr im Sinne des § 76 Abs. 3 FPG vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben.
3.1.3.4. Höchstzulässige Dauer der Schubhaft
Der Beschwerdeführer wird seit 29.04.2020 durchgehend in Schubhaft angehalten und zwar von 29.04.2020 bis 17.08.2020 gemäß dem Schubhaftbescheid auf Basis von § 76 Abs. 2 Z 2 FPG und seit 17.08.2020 auf Basis des § 76 Abs. 6 FPG. Von 13.03.2020 bis 27.04.2020 wurde der Beschwerdeführer auch auf Basis des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG angehalten, welche mit Bescheid vom 13.03.2020 angeordnet worden war und aber aus demselben Grund wie die Schubhaft, welche mit Bescheid vom 29.04.2020 verhängt wurde, angeordnet worden ist. Die derzeitige weitere Anhaltung in Schubhaft stützt sich auf § 76 Abs. 6 FPG, weshalb für die Höchstfristen § 80 Abs. 5 FPG heranzuziehen ist. Der Beschwerdeführer kann daher auf Basis der im Entscheidungszeitpunkt anzuwendenden Sach- und Rechtslage längstens 10 Monate in Schubhaft angehalten werden. Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes sind in die Berechnung dieser Frist auch die Zeiten der Anhaltung von 13.03.2020 bis 27.04.2020 einzurechnen.
3.1.3.5. Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft
Die Dauer der Anhaltung in Schubhaft ist im Wesentlichen auf die aktuell vorherrschende COVID-19 Pandemie zurückzuführen, da im gegenständlichen Fall für den Beschwerdeführer von der nigerianischen Vertretungsbehörde bereits in der Vergangenheit mehrfach und jüngst ein bis 27.07.2020 gültiges Heimreisezertifikat ausgestellt worden war. Verzögerungen, die in der Sphäre des Bundesamtes liegen würden, sind nicht zu erkennen. Vielmehr ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass bei rechtmäßigem Verhalten des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall die Verhängung einer Schubhaft oder die Fortsetzung gar nicht notwendig gewesen wäre, da er zum einen zur Ausreise verpflichtet war und diese nicht selbständig vorgenommen hat, aber zum anderen auch zwar die freiwillige Rückkehr bekannt gegeben hat, aber auch dieser nicht nachgekommen ist. Zusätzlich ist auch das kürzlich gesetzte Verhalten des Beschwerdeführers – die Stellung eines zweiten Folgeantrages während aufrechter Schubhaft in Missbrauchsabsicht – ein Zeichen dafür, dass der Beschwerdeführer gerade nicht ausreisewillig ist und mit allen Mitteln versucht, seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu verlängern bzw. eine allfällige Abschiebung hinauszuzögern. Ebenso ist der Widderruf der freiwilligen Rückkehr durch den VMÖ mit 26.08.2020 zu werten. Zudem hat der Beschwerdeführer selbst auch bei der Befragung vor dem Bundesamt am 13.03.2020 angegeben, dass er nach Spanien reisen wolle.
Der Beschwerdeführer verfügt über keine nennenswerten familiären Kontakte in Österreich. Zu der Mutter seines Kindes bzw zu seinem Kind hat er schon länger keinen Kontakt mehr. Seit 19.01.2019 befindet sich der Beschwerdeführer fast ausschließlich in Anhaltung – zunächst in Strafhaft und anschließend in Schubhaft. Zudem verfügt der Beschwerdeführer über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach, ist mittellos und verfügt über keine gesicherte Unterkunft. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer am 22.06.2020 eine Bestätigung vorgelegt hat, dass er an einer Adresse in Wien wohnen könne, wenn er aus der Schubhaft entlassen werde, belegt nur, dass der Beschwerdeführer nicht unterstandslos wäre, würde man ihn aus der Schubhaft entlassen. Es belegt hingegen keine familiären Beziehungen oder ein entsprechend soziales Netz, dass den Beschwerdeführer auffangen würde und davon auszugehen wäre, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung abwarten würde und nicht untertauchen würde.
Am 20.04.2020 war der Beschwerdeführer im AHZ Vordernberg in einen Raufhandl verwickelt.
Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer in der Vergangenheit mehrfach straffällig geworden und weist insbesondere wiederholte Verurteilungen, insgesamt drei, im Zusammenhang mit dem Suchtmittelgesetz auf. Der Beschwerdeführer hat dabei seit Februar 2011, sohin nicht einmal sechs Monate, nachdem er seinen ersten Asylantrag gestellt hatte, bereits Suchtgift, nämlich Kokain, an Abnehmer gewerbsmäßig verkauft. 2014 wurde der Beschwerdeführer abermals durch den Verkauf von Kokain, dass er an Abnehmer verkauft hat, und durch den er sich eine gewinnbringende fortlaufende beträchtliche Einnahmequelle verschafft hat, verurteilt. 2019 hat der Beschwerdeführer nicht nur gewinnbringend und gewerbsmäßig, sondern Kokain auch in der Straßenbahn, somit an einem öffentlichen Ort an Abnehmer verkauft und wurde mit 51 Kugeln Kokain angetroffen. Auch diese Steigerung – sowohl in quantitativer Hinsicht, als auch der Verkauf in der Öffentlichkeit – rechtfertigen ein baldiges Interesse an einer Abschiebung des Beschwerdeführers. Die wiederholte Straffälligkeit des Beschwerdeführers seit Februar 2011 im Zusammenhang mit der Suchtgiftdelinquenz und auch die soeben dargestellte Steigerung lassen auch auf eine Wiederholungsgefahr des Beschwerdeführers schließen, da der Beschwerdeführer all dies Straftaten seit Februar 2011 gewerbsmäßig begangen hat. Auch seine familiären Beziehungen im Bundesgebiet, konnten ihn nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände bleibt im Zuge der durchzuführenden Abwägung festzuhalten, dass aufgrund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens (insbesondere der missbräuchlichen Asylantragstellung am 17.08.2020 nachdem bereits zwei Asylanträge negativ entschieden wurden und des wiederholten Verkaufs von Kokain an Abnehmer seit Februar 2011), das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung und eines geordneten Fremdenwesens den Schutz der persönlichen Freiheit des Beschwerdeführers weiterhin überwiegt und auch der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers der weiteren Anhaltung in Schubhaft nicht entgegensteht.
Insgesamt kommt den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung.
Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die seit 29.04.2020 durchgehende Anhaltung in Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken. S