TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/9 W283 2231158-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.09.2020
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Entscheidungsdatum

09.09.2020

Norm

BFA-VG §18
BFA-VG §22a Abs1 Z1
BFA-VG §22a Abs1 Z3
BFA-VG §22a Abs3
BFA-VG §34 Abs3 Z1
BFA-VG §40
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
FPG §77
VwG-AufwErsV §1 Z1
VwGVG §35 Abs1
VwGVG §35 Abs2

Spruch

W283 2231158-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. RUMÄNIEN, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Wolfgang VACARESCU gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.05.2020, Zl. 1220890510/200388354, die Festnahme am 15.05.2020, sowie die Anhaltung in Schubhaft von 15.05.2020 bis 21.05.2020 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG stattgegeben, der Schubhaftbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.05.2020, Zl. 1220890510/200388354 sowie die Anhaltung in Schubhaft von 15.05.2020 bis 21.05.2020 für rechtswidrig erklärt.

II. Der Beschwerde gegen die Festnahme am 15.05.2020 wird gemäß § 22a Abs. 1 Z 1 BFA-VG stattgegeben und die Festnahme am 15.05.2020 für rechtswidrig erklärt.

III. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wird zurückgewiesen.

IV. Der Antrag auf Ausspruch, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen, wird zurückgewiesen.

V. Gemäß § 35 Abs. 1 und 2 VwGVG iVm § 1 Z 1 VwG-AufwErsV hat der Bund dem Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Vertreters Aufwendungen in Höhe von € 767,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Der darüberhinausgehende Antrag auf Kostenersatz wird als unbegründet abgewiesen.

VI. Der Antrag der Behörde auf Kostenersatz wird gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Rumänien. Seit 31.10.2018 war der Beschwerdeführer in Österreich gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und seinen beiden minderjährigen Kindern behördlich gemeldet. Am 14.10.2019 wurde ihm eine Anmeldebescheinigung unbefristet erteilt wurde.

Am 16.01.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten schweren, teils gewerbsmäßigen Diebstahls, teils im Rahmen einer kriminellen Vereinigung festgenommen und am 18.01.2020 die Untersuchungshaft verhängt.

Am 19.02.2020 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) einvernommen. Dabei gab der Beschwerdeführer an, erstmals Ende September 2018 nach Österreich gekommen zu sein, um mit seiner Familie hier zu arbeiten und seinen Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Der Beschwerdeführer habe eineinhalb Monate als Hilfsarbeiter gearbeitet und verfüge über 110 Euro an Barmitteln. Seine Lebensgefährtin, seine zwei minderjährigen Kinder und seine Schwester seien in Österreich aufhältig. Er sei gesund und bedauere seine Straffälligkeit, die im Vergleich zu anderen eine kleine Tat gewesen sei. Er wolle nicht abgeschoben werden, da seine Frau und Kinder in Österreich seien.

Der Beschwerdeführer wurde von einem Landesgericht am 15.04.2020 rechtskräftig verurteilt.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 07.05.2020 wurde über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zwei Jahren verhängt und kein Durchsetzungsaufschub erteilt und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Am 11.05.2020 wurde über den Beschwerdeführer ein Festnahmeauftrag erlassen, am 15.05.2020 wurde der Beschwerdeführer nach seiner Entlassung aus der Strafhaft aufgrund dieses Festnahmeauftrages festgenommen und bis zur Verhängung der Schubhaft angehalten.

Mit Bescheid des Bundeamtes vom 15.05.2020 wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Mit Schriftsatz vom 20.05.2020 wurde Beschwerde gegen die Anordnung der Schubhaft, die Festnahme und die Anhaltung in Schubhaft erhoben und der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gestellt. Der Bescheid, die Schubhaft, Festnahme und Anhaltung seien rechtswidrig. Das Bundesamt habe mit Bescheid vom 07.05.2020 erst die für die Schubhaftverhängung erforderliche Voraussetzung einer bestehenden Ausreiseverpflichtung in rechtswidriger Weise geschaffen und damit „konstruiert“, da das Bundesamt einen Durchsetzungsaufschub nicht erteilt habe und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt habe. Die Nichterteilung des Durchsetzungsaufschubes und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich des Bescheides vom 07.05.2020 seien rechtswidrig. Daher hätte weder die Festnahme noch die Schubhaftverhängung erfolgen dürfen und bestand eine Ausreiseverpflichtung aufgrund der krassen Fehlbeurteilung gerade nicht. Gegen diesen Bescheid sei ein Rechtsmittel eingebracht worden.

Überdies habe sich das Bundesamt in antizipierender Beweiswürdigung und ausschließlich mit substanzlosen Floskeln im Bescheid bedient, um eine Fluchtgefahr zu „konstruieren“. Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden könne die Verhängung der Schubhaft nicht rechtfertigen. Bei der Prüfung des Sicherungsbedarfs sei auch das Fehlen ausreichender familiärer, soziale oder beruflicher zu beachten, wobei der Beschwerdeführer seit 31.10.2018 durchgehend in Österreich sei und gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und zwei minderjährigen Kindern wohne. Der Beschwerdeführer sei bisher unbescholten gewesen und habe ein reumütiges allumfassendes Geständnis abgelegt, wie dies aus dem Strafurteil ersichtlich sei. Für die Dauer der Probezeit sei Bewährungshilfe angeordnet worden und gerichtliche Weisungen erteilt worden. Auch sei seitens des Landesgerichts aufgrund des bedingten Nachsehens der restlichen Freiheitsstrafe von einer positiven Zukunftsprognose ausgegangen wurden. All das spreche kategorisch gegen ein Untertauchen oder allenfalls eine Flucht. Auch unter Berücksichtigung der familiären und sozialen Umstände im Sinne einer familiären und sozialen Integration sei nicht von Fluchtgefahr auszugehen gewesen.

Auch sei das Bundesamt im Bescheid die Begründung hinsichtlich des Vorliegens von Verhältnismäßigkeit schuldig geblieben und habe sich einer Scheingründung mit substanzlosen Floskeln, die offenkundig wiederholt als Textbausteine verwendet wurden bedient. Eine Interessensabwägung im Einzelfall unter Berücksichtigung der Gesamtumstände lässt sich zur Frage des Vorliegens der Verhältnismäßigkeit nicht einmal ansatzweise entnehmen.

Hinsichtlich des Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde wurde auf die dargelegten rechtlich relevanten Rechtsverletzungen hingewiesen und stelle der Antrag die einzige gegenwärtige Möglichkeit dar, den Beschwerdeführer vor auch in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Sphäre eingreifenden Rechtsverletzungen zu schützen. Auch sei die beantragte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde nicht unverhältnismäßig und stehen der Zuerkennung weder tatsächliche noch rechtliche Hindernisse entgegen. Ebenso wenig stellte bisher der Beschwerdeführer eine Gefahr für die Sicherheit oder die Ordnung der Republik Österreich darf.

Es wurde die Stattgebung der Beschwerde beantragt, sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, der Ausspruch, dass die Anordnung der Schubhaft rechtswidrig erfolgt ist, sowie dass die Voraussetzung für die Fortsetzung nicht mehr vorliegen, dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stattzugeben, sowie der Behörde den Ersatz der verzeichneten Aufwendungen aufzuerlegen.

Der Beschwerdeführer wurde am 21.05.2020 abgeschoben.

Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.05.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 07.05.2020 die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als unzulässig zurückgewiesen. Der Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde Folge gegen und der betreffende Spruchpunkt III. ersatzlos behoben. Der Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wurde am 15.05.2020, um 07:45 Uhr festgenommen und bis 15.05.2020, 11:00 Uhr angehalten. Die Schubhaft wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 15.05.2020 zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der Beschwerdeführer wurde von 15.05.2020 bis 21.05.2020 in Schubhaft angehalten. Der Beschwerdeführer wurde am 21.05.2020 abgeschoben.

Es war daher die behauptete Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme und der Anhaltung gemäß § 22a Abs. 1 Z 1, Z 2 und 3 BFA-VG zu prüfen.

Ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde gestellt und war über diesen, sowie über die beantragten Kosten gemäß § 35 VwGVG abzusprechen.

1. Feststellungen:

1.1. Zum bisherigen Verfahren

1.1.1. Der Beschwerdeführer hielt sich seit 31.10.2018 durchgehend in Österreich auf und wurde ihm am 14.10.2019 eine unbefristete Anmeldebescheinigung (Sonstiger Angehöriger) ausgestellt (SIM Verfahren: AS 7). Im Jahr 2019 weist der Beschwerdeführer Beschäftigungen im Ausmaß von 33 Tagen auf (SIM Verfahren: AS 19). Der Beschwerdeführer lebte mit seiner Lebensgefährtin und seinen beiden minderjährigen Söhnen gemeinsam in Österreich (Melderegister).

1.1.2. Am 19.02.2020 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich einvernommen.

1.1.3. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil eines Landesgerichts vom 08.04.2020 zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von sechs Monaten verurteilt. Der Beschwerdeführer wurde nachdem er einen Teil von vier Monaten verbüßt hat, unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen (OZ 7).

1.1.4. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 07.05.2020 wurde üben den Beschwerdeführer ein zweijähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.) (G310 2231121-1: OZ 1).

1.1.5. Am 11.05.2020 wurde vom Bundesamt ein Festnahmeauftrag erlassen. Der Beschwerdeführer wurde am 15.05.2020, um 07:45 Uhr aufgrund dieses Festnahmeauftrages festgenommen und bis 15.05.2020, 11:00 Uhr angehalten (DEF Verfahren: AS 5 f, AS 9 f).

1.1.6. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 15.05.2020 wurde üben den Beschwerdeführer Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der Beschwerdeführer wurde von 15.05.2020, 11:00 Uhr bis zu seiner Abschiebung am 21.05.2020 in Schubhaft angehalten (SIM Verfahren: AS 5 ff, AS 47; DEF Verfahren: AS 37; Anhaltedatei).

1.1.7. Am 21.05.2020 wurde der Beschwerdeführer abgeschoben (DEF Verfahren: AS 37; Anhaltedatei).

1.1.8. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.05.2020 wurde der III. Spruchpunkt des Bescheides des Bundesamtes vom 07.05.2020 hinsichtlich der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ersatzlos behoben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt (G310 2231121-1/4Z).

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft, Festnahme und Anhaltung

1.2.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Rumänien. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Der Beschwerdeführer ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter (G310 2231121-1: OZ 5).

1.2.2. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 07.05.2002 wurde gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zwei Jahren erlassen und kein Durchsetzungsaufschub erteilt. Der Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (G310 2231121-1: OZ 1).

Der dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.05.2020 Folge gegeben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt (G310 2231121-1/4Z).

1.2.3. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 15.05.2020 wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Von 15.05.2020 bis 21.05.2020 wurde der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten (SIM Verfahren: AS 5 ff, AS 47; Anhaltedatei).

1.2.4. Am 11.05.2020 wurde mit Festnahme- und Überstellungsauftrag die Festnahme des Beschwerdeführers am 15.05.2020, um 07:45 Uhr gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG „Voraussetzung für Schubhaft“ durch das Bundesamt angeordnet (DEF Verfahren: AS 5 f).

1.2.5. Der Beschwerdeführer wurde am 15.05.2020, um 07:45 Uhr aufgrund des Festnahmeauftrages vom 11.05.2020 festgenommen. Der Beschwerdeführer wurde bis 15.05.2020, um 11:00 Uhr angehalten (DEF Verfahren: AS 9 f; Anhaltedatei; SIM Verfahren: AS 47).

1.2.6. Der Beschwerdeführer war haftfähig. Es lagen keine die Haftfähigkeit ausschließenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen beim Beschwerdeführer vor. Der Beschwerdeführer hatte in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung (Anhaltedatei).

1.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

1.3.1. Gegen den Beschwerdeführer lag mit Erlassung des Bescheides vom 07.05.2020 eine durchsetzbare aufenthaltsbeende Maßnahme vor (G310 2231121-1: OZ 1).

1.3.2. Der Beschwerdeführer hält sich seit 31.10.2018 durchgehend in Österreich auf und wurde ihm am 14.10.2019 eine unbefristete Anmeldebescheinigung (Sonstiger Angehöriger) ausgestellt (SIM Verfahren: AS 7). Der Beschwerdeführer lebte seit 31.10.2018 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und seinen zwei minderjährigen Kindern an der gemeinsamen Meldeadresse in Österreich und war dort auch behördlich gemeldet (Melderegister). Der Beschwerdeführer verfügt über einen eigenen gesicherten Wohnsitz. Die Schwester des Beschwerdeführers lebt ebenfalls in Österreich (G310 2231121-1: OZ 5).

Im Jahr 2019 weist der Beschwerdeführer lediglich kurzfriste Beschäftigungszeiten im Ausmaß von 33 Tagen auf im Bundesgebiet auf (SIM Verfahren: AS 19).

1.3.3. Der Beschwerdeführer achtet die österreichische Rechtsordnung nicht (Strafregister; Strafurteil; OZ 7).

Der Beschwerdeführer weist in Österreich folgende Verurteilung auf:

1.3.3.1. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 08.04.2020 wurde der Beschwerdeführer gemeinsam mit zwei weiteren Mittätern wegen des Vergehens des teils versuchten, teils vollendeten schweren, teils gewerbsmäßigen Diebstahls, teils im Rahmen einer kriminellen Vereinigung (§§ 127, 128 Abs. 1 Z 5, teils iVm § 130 Abs. 1 erster und zweiter Fall StGB, teils iVm § 15 Abs. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt.

Der Verurteilung lagen Tathandlungen im Zeitraum von Anfang Dezember 2019 bis 16.01.2020 zugrunde. In diesem Zeitraum hat der Beschwerdeführer zum Teil im bewussten und gewollten gemeinsamen Zusammenwirken als unmittelbare Täter und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung Berechtigten von Lebensmittelgeschäften fremde bewegliche Sachen in einem € 5.000,-- nicht aber € 300.000,-- übersteigenden Gesamtwert von zumindest € 13.880,85 mit dem Vorsatz teils weggenommen, teils wegzunehmen versucht (hinsichtlich eines Faktums) sich oder einen Dritten durch deren Zugeignung unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Spirituosendiebstählen eine längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, wobei, sie ab der dritten Tierhandlung bereits zwei solche Taten begangen haben, indem sie in zahlreichen Angriffen Lebensmittelgeschäfte aufsuchten und hochwertige Spirituosen ohne Bezahlung des Kaufpreises an sich nahmen, wobei der Beschwerdeführer das Fluchtfahrzeug lenkte und zwar in 46 Angriffen.

Beim Beschwerdeführer wurden bei der Strafbemessung erschwerend die mehrfache Qualifikation (schwere gewerbsmäßige kriminelle Vereinigung), das zweifache Übersteigen der € 5.000,-- Grenze, die zahlreichen, nämlich 46 Angriffe, die Tatbegehung in Gesellschaft gewertet. Mildernd wurden die Unbescholtenheit, der teilweise Versuch und das Geständnis ins Kalkül gezogen. Ein diversionelles Vorgehen war ausgeschlossen, da aufgrund der ganzheitlichen Abwägung aller unrechts- und schuldrelevanten Tatumstände fallbezogen bereits eine schwere Schuld begründet war. Es waren ein hoher Gesinnungsunwert, nämlich die Verwerflichkeit der inneren Einstellung des Beschwerdeführers und der Handlungsunwert, nämlich mit erheblicher Intensität ausgeführte Tatbegehungsweise, gegeben. Fallbezogen standen spezialpräventive Überlegungen entgegen, weil dem Beschwerdeführer Tatwiederholung zur Last lag, bzw. er eine solche ankündigte.

Mit Beschluss eines Landesgerichts vom 27.04.2020 wurde die bedingte Entlassung des Beschwerdeführers nach Verbüßung der Hälfte der über ihn verhängten Freiheitsstrafe abgelehnt. Begründend wurde auf die großteils gewerbsmäßigen sowie im Rahmen einer kriminellen Vereinigung erfolgten Tatbegehung rekurriert, der planvoll organisierten Vorgehensweise sowie der überaus zahlreichen, nämlich 46 Angriffe ein solch hoher sozialer Störwert der Anlasstaten attestiert, welcher den Vollzug eines Strafteils von mehr als drei Monaten bedurfte.

Mit dem Beschluss wurde zudem der Rest der Freiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Monaten bedingt nachgesehen, nachdem der Beschwerdeführer einen Teil der Freiheitsstrafe im Ausmaß von vier Monaten verbüßt hat. Eine Probezeit im Ausmaß von drei Jahren wurde bestimmt und die Bewährungshilfe angeordnet. Zudem wurden die Weisung erteilt, in einem sozialversicherungspflichtigen Ausmaß einer Beschäftigung nachzugehen oder sich für den Fall der Unmöglichkeit zumindest beim Arbeitsmarkservice als arbeitssuchend zu melden und dem Gericht die Aufnahme einer Beschäftigung oder Meldung beim Arbeitsmarkservice bis längstens 15.06.2020 unaufgefordert schriftlich nachzuweisen. Ab dem Zeitpunkt der Verbüßung von zwei Dritteln der Strafzeit haben generalpräventive Aspekte außer Betracht zu bleiben. Der Beschwerdeführer befindet sich erstmalig im Strafvollzug, wobei dem Erstvollzug ein besonderer Läuterungseffekt nicht aberkannt werden kann. Zudem wies der Beschwerdeführer ein tadelloses Vollzugsverhalten auf und ist sozial integriert. Die Anordnung der Bewährungshilfe soll den Beschwerdeführer bei seiner Resozialisierung unterstützen. Die Erteilung der Weisung, in einem sozialversicherungspflichtigen Ausmaß einer Beschäftigung nachzugehen, war erforderlich, um den Bestand einer das redliche Fortkommen sicherstellenden wirtschaftlichen Lebensgrundlage herbeizuführen und die Begehung weiterer Vermögensdelikte hintanzuhalten.

1.3.4. Die Abschiebung des Beschwerdeführers wurde am 21.05.2020 durchgeführt (Anhaltedatei; DEF Verfahren: AS 37).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt, in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes das fremdenbehördliche Verfahren des Beschwerdeführers betreffend (G310 2231121-1), in das Strafregister, in das Zentrale Fremdenregister, in das Zentrale Melderegister sowie in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres.

2.1. Zum bisherigen Verfahren

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes, dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes das fremdenbehördliche Verfahren des Beschwerdeführers betreffend (G310 2231121-1) und die Einsichtnahme in die zitierten Register.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers und zu den allgemeinen Voraussetzungen der Schubhaft, Festnahme und Anhaltung

2.2.1. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt sind im Verfahren nicht hervorgekommen, im Gerichtsakt befindet sich eine Kopie des rumänischen Reisepasses (G310 2231121-1: OZ 5). Ebenso wenig besteht ein Zweifel an der Volljährigkeit des Beschwerdeführers. Mangels Anhaltspunkten im Akt war ebenfalls festzustellen, dass der Beschwerdeführer weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter ist.

2.2.2. Die Feststellungen zum Bescheid des Bundesamtes mit welchem ein Aufenthaltsverbot erlassen, kein Durchsetzungsaufschub erteilt und die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, ergeben sich aus dem im Gerichtsakt aufliegenden Bescheid (G310 2231121-1: OZ 1).

Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit Teilerkenntnis war aufgrund der Einsichtnahme in den Gerichtsakt festzustellen (G310 2231121-1/4Z).

2.2.3. Dass gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesamtes vom 15.05.2020 gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet wurde sowie die Anhaltung des Beschwerdeführers von 15.05.2020 bis 21.05.2020 in Schubhaft, war aufgrund der Einsichtnahme in die Anhaltedatei und des im Akt aufliegenden Schubhaftbescheides festzustellen (SIM Verfahren: AS 5 ff, AS 47; Anhaltedatei).

2.2.4. Die Feststellungen zum Festnahme- und Überstellungsauftrag des Bundesamtes gründen auf dem im Akt aufliegenden Auftrags vom 11.05.2020 (DEF Verfahren: AS 5 f).

2.2.5. Dass der Beschwerdeführer am 15.05.2020, um 07:45 Uhr aufgrund des Festnahmeauftrages vom 11.05.2020 festgenommen wurde, war aufgrund des im Akt aufliegenden Polizeiberichtes festzustellen. Dass der Beschwerdeführer in weiterer Folge bis zur Verhängung von Schubhaft am 15.05.2020, um 11:00 Uhr angehalten wurde, regbit sich aus dem Akteninhalt und der Einsicht in die Anhaltedatei (DEF Verfahren: AS 9 f; SIM Verfahren: AS 47).

2.2.6. Es haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach beim Beschwerdeführer eine Haftunfähigkeit vorliegen würde, weshalb die diesbezügliche Feststellung zu treffen war (Anhaltedatei). Dass der Beschwerdeführer Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Behandlung hat, ist unzweifelhaft.

2.3. Zum Sicherungsbedarf, zur Fluchtgefahr und zur Verhältnismäßigkeit

2.3.1. Dass gegen den Beschwerdeführer mit Erlassung des Bescheides vom 07.05.2020 eine durchsetzbare aufenthaltsbeenden Maßnahme vorlag, war aufgrund der Einsichtnahme in den Gerichtsakt festzustellen. Aus dem Bescheidspruch (III. Spruchpunkt) ergibt sich, dass einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde (G310 2231121-1: OZ 1). Erst durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.05.2020 wurde die aufschiebende Wirkung zuerkannt (G310 2231121-1/4Z).

2.3.2. Dass sich Beschwerdeführer seit 31.10.2018 durchgehend in Österreich aufgehalten hat und ihm am 14.10.2019 eine unbefristete Anmeldebescheinigung ausgestellt wurde ergibt sich aufgrund der Einsichtnahme in das Melderegister und dem vom Bundesamt zugrunde gelegten Verfahrensgang im Schubhaftbescheid (SIM Verfahren: AS 7). Dass der Beschwerdeführer in Österreich seit 31.10.2018 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und seinen zwei minderjährigen Kindern an der gemeinsamen Meldeadresse lebte, ergibt sich aufgrund seiner Angaben bei seiner Einvernahme vom 19.02.2020 und der Einsichtnahme in das Melderegister. Dass der Beschwerdeführer über einen eigenen gesicherten Wohnsitz verfügte, war festzustellen, da der Beschwerdeführer seit dem 31.10.2018 durchgehend in Österreich gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und seinen beiden Kindern behördlich gemeldet war. Es sind im Verfahren keinerlei Hinweise zu Tage getreten, wonach der Beschwerdeführer nach seiner Haftentlassung dort nicht wieder Unterkunft nehmen konnte. Dass die Schwester des Beschwerdeführers ebenfalls in Österreich lebt, war aufgrund seiner eigenen Angaben bei seiner Einvernahme vom 19.02.2020 festzustellen (G310 2231121-1: OZ 5).

Dass der Beschwerdeführer lediglich kurzzeitige Beschäftigungszeiten im Jahr 2019 aufweist, war aufgrund seiner eigenen Angaben bei seiner Einvernahme vom 19.02.2020 und den unbestrittenen Feststellungen im Bescheid des Bundesamtes festzustellen (SIM Verfahren: AS 19).

2.3.3. Dass der Beschwerdeführer die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, war aufgrund seiner rechtskräftigen Verurteilung festzustellen.

Die rechtskräftige Verurteilung ergibt sich aufgrund der Einsichtnahme in das Strafregister und das im Akt aufliegenden Strafurteil (OZ 7).

2.3.4. Dass die Abschiebung des Beschwerdeführers am 21.05.2020 durchgeführt wurde, ergibt sich aufgrund der Einsichtnahme in die Anhaltedatei und des im Akt aufliegenden Polizeiberichts (DEF Verfahren: AS 37).

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A) Spruchpunkt I. – Schubhaftbescheid, Anhaltung in Schubhaft

3.1. Gesetzliche Grundlagen

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lauten (auszugsweise):

Der mit „Begriffsbestimmungen“ betitelte § 2 FPG lautet:

§ 2 (4) Im Sinn dieses Bundesgesetzes ist

1. Fremder: wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt.

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 FPG lautet:

§ 76 (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

§ 77 (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 lautet:

§ 80 (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1.

drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2.

sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1.

die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2.

eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3.

der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4.

die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.

3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lauten (auszugsweise):

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-VG lautet:

§ 22a (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.

Der mit „Festnahmeauftrag“ betitelte § 34 BFA-VG lautet:

(1) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden anordnen (Festnahmeauftrag), wenn dieser

1. Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt, oder

2. sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Fremden auch ohne Erlassung eines Schubhaftbescheides anordnen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vorliegen und

1. der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, nicht Folge geleistet hat oder

2. der Aufenthalt des Fremden nicht festgestellt werden konnte.

(3) Ein Festnahmeauftrag kann gegen einen Fremden auch dann erlassen werden,

1. wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt;

2. wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§§ 52 Abs. 8 und 70 Abs. 1 FPG) nicht nachgekommen ist;

3. wenn gegen den Fremden ein Auftrag zur Abschiebung (§ 46 FPG) erlassen werden soll oder

4. wenn eine aufgrund eines Bescheides gemäß § 46 Abs. 2b FPG erlassene Vollstreckungsverfügung nicht vollzogen werden konnte oder der Fremde ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zu eigenen Handen zugestellten Ladung gemäß § 46 Abs. 2b FPG, in der dieses Zwangsmittel angedroht war, zur Befragung zur Klärung seiner Identität und Herkunft, insbesondere zum Zweck der Einholung einer Bewilligung gemäß § 46 Abs. 2a FPG bei der zuständigen ausländischen Behörde durch die Behörde, nicht Folge geleistet hat.

(4) Das Bundesamt kann die Festnahme eines Asylwerbers anordnen, wenn er sich dem Verfahren entzogen hat (§ 24 Abs. 1 AsylG 2005).

(5) Der Festnahmeauftrag ergeht in Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt; er ist aktenkundig zu machen. Die Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrages darf 72 Stunden nicht übersteigen und ist nach Durchführung der erforderlichen Verfahrenshandlungen zu beenden.

(6) In den Fällen der Abs. 1 bis 4 ist dem Beteiligten auf sein Verlangen sogleich oder binnen der nächsten 24 Stunden eine Durchschrift des Festnahmeauftrages zuzustellen.

(7) Die Anhaltung eines Fremden, gegen den ein Festnahmeauftrag erlassen wurde, ist dem Bundesamt unverzüglich anzuzeigen. Dieses hat mitzuteilen, ob der Fremde in eine Erstaufnahmestelle oder Regionaldirektion vorzuführen ist.

(8) Ein Festnahmeauftrag ist zu widerrufen, wenn

1. das Verfahren zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten eingestellt wurde und die Fortsetzung des Verfahrens nicht mehr zulässig ist (§ 24 Abs. 2 AsylG 2005) oder

2. der Asylwerber aus eigenem dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht seinen Aufenthaltsort bekannt gibt und nicht auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er werde sich wieder dem Verfahren entziehen.

(Anm.: Z 3 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2015)

(9) Das Bundesamt hat die Erlassung und den Widerruf eines Festnahmeauftrags den Landespolizeidirektionen bekannt zu geben.

Der mit „Festnahme“ betitelte § 40 des BFA-VG lautet:

§ 40. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,

1. gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,

2. wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt oder

3. der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Asylwerber oder Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Zwecke der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, wenn

1. dieser Fremde nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist,

2. gegen diesen eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde,

3. gegen diesen nach § 27 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde,

4. gegen diesen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde oder

5. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

(3) In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann die Festnahme unterbleiben, wenn gewährleistet ist, dass der Fremde das Bundesgebiet unverzüglich über eine Außengrenze verlässt.

(4) Das Bundesamt ist ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 bis zu 48 Stunden und in den Fällen des Abs. 1 Z 1 bis zu 72 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur gemäß § 77 Abs. 5 FPG oder in Schubhaft gemäß § 76 FPG möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.

(5) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 einen Antrag auf internationalen Schutz, kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 gelten dabei sinngemäß.

(6) Während der Zulässigkeit der Sicherung der Zurückweisung im Flughafenverfahren sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, zu verhindern, dass ein zurückgewiesener Asylwerber in das Bundesgebiet einreist, soweit es ihm nicht gestattet ist.

3.2. Zur Judikatur

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, vgl. auch VwGH vom 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

3.3. Allgemeine Voraussetzungen

Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG. Er ist volljährig und weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Daher war die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – möglich.

Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft sind das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes hinsichtlich der Durchführung der Abschiebung, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kommt darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.

Im vorliegenden Fall wurde Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG angeordnet. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Schubhaftbescheides am 15.05.2020 lag eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. Die Abschiebung des Beschwerdeführers war mit 21.05.2020 geplant. Insofern war dem Vorbringen in der Beschwerde, wonach das Bundesamt die Ausreiseverpflichtung erst mit Bescheid vom 07.05.2020 „konstruiert“ habe, nichts abzugewinnen.

Das Bundesamt ging im Schubhaftbescheid auf Grund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 1, 3 und 9 FPG vom Vorliegen einer Fluchtgefahr aus und begründet dies im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet geringe soziale Beziehung pflege und ohne Beschäftigung und finanzielle Mittel sei und rekurrierte auf das Vorverhalten sowie die Straffälligkeit des Beschwerdeführers. Die Beschwerde zeigt dazu zutreffend auf, dass es dem Bescheid an einer rechtskonformen Begründung fehlt. Insbesondere ist es im Hinblick auf die familiären Bindungen des Beschwerdeführers aktenwidrig, dass das Bundesamt von geringen sozialen Beziehung ausgegangen ist. Da unter Zugrundelegung der vom Bundesamt aktenwidrig nicht berücksichtigten Sachverhaltselemente der familiären Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers jedoch nicht ausgeschlossen werden kann, dass sowohl eine andere Beurteilung der Fluchtgefahr an Hand der Kriterien des § 76 Abs. 3 FPG erfolgen konnte als auch die Möglichkeit, mit der Anordnung eines gelinderen Mittels das Auslangen zu finden, wurde im vorliegenden Fall sowohl bei der Beurteilung der Fluchtgefahr als auch bei der Begründung des Ausschlusses eines gelinderen Mittels keine Einzelfallbeurteilung vorgenommen. Insofern ist die Begründung insgesamt nicht geeignet die angeordnete Schubhaft zu rechtfertigen. Es liegt daher ein wesentlicher Begründungsmangel vor, weshalb der Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG stattzugeben und der angefochtene Bescheid für rechtswidrig zu erklären war.

War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die auf den Schubhaftbescheid gestützte Anhaltung gelten (VwGH vom 11.06.2013, 2012/21/0114). Die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft von 15.05.2020 bis 21.05.2020 war daher rechtswidrig.

Zu Spruchteil A) Spruchpunkt II. – Festnahme und Anhaltung

Gemäß § 40 Abs. 1 Z 1 BFA-VG sind Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht.

Gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG kann gegen einen Fremden ein Festnahmeauftrag auch dann erlassen werden, wenn die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG oder zur Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 Abs. 1 FPG vorliegen und nicht aus anderen Gründen die Vorführung vor das Bundesamt erfolgt.

Gegen den Beschwerdeführer wurde am 11.05.2020 ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG „Voraussetzung für Schubhaft“ erlassen. Der Beschwerdeführer wurde am 15.05.2020, um 07:45 Uhr aufgrund dieses Festnahmeauftrages festgenommen und bis zur Verhängung der Schubhaft am 15.05.2020, um 11:00 Uhr angehalten.

Dem Festnahmeauftrag fehlt es am Erfordernis, dass die Voraussetzungen zur Verhängung der Schubhaft nach § 76 FPG vorliegen, wie dies unter 3.3. bereits dargelegt wurde. Schon deshalb erweist sich der gegenständliche Festnahmeauftrag als rechtswidrig, was auch die darauf gründende Festnahme mit Rechtswidrigkeit belastet.

Der Beschwerde war daher stattzugeben.

Zu Spruchteil A) Spruchpunkt III. – Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

§ 18 BFA-VG normiert unter dem Titel „Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde“:

(1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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