Entscheidungsdatum
10.09.2020Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
W117 2234712-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. DRUCKENTHANER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang:
Am 13.01.2020 wurde dem Beschwerdeführer der gegenständliche Schubhaftbescheid, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: 1102845608/200205560, vom 08.05.2020 während seiner Anhaltung in Strafhaft zugestellt. Unmittelbar nach Entlassung aus der Strafhaft am 12.05.2020 wurde er auf der Grundlage des angeführten Schubhaftbescheides in Schubhaft genommen und befindet sich seither in Schubhaft.
Die Verwaltungsbehörde begründete ihre Entscheidung wie folgt:
„Verfahrensgang
(...)
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2016 Zl.:1102845608-160101761 wurde Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 20.01.2016 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Ziffer 13 AsylG in Bezug auf Ihren Herkunftsstaat Marokko (Spruchpunkt II.) abgewiesen, Ihnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung nach Marokko gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gegen diesen Bescheid erhoben Sie fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
Mit Verbesserungsauftrag vom 10.06.2016 wies das Bundesverwaltungsgericht Sie darauf hin, dass Sie in der Beschwerde hinsichtlich der Beschwerdegründe lediglich auf das Ergebnis des gegenständlichen Bescheides verwiesen sowie auf das bisher im Asylverfahren vorgebrachte und den Umstand, dass die Entscheidung aus Ihrer Sicht nicht zutreffend sei. Daher ist die Beschwerde insofern mangelhaft, als aus ihr nicht hervorgeht, inwiefern der Inhalt des angefochtenen Bescheides rechtswidrig ist. Ihnen wurde unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 13 Abs. 3 AVG die Behebung dieser Mängel innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Verbesserungsauftrages aufgetragen.
Der Verbesserungsauftrag wurde von Ihnen nicht behoben.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14.07.2016, zu I406 2127712-1/7E, wurde die Beschwerde gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 9 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen und die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
Mit Schreiben vom 12.12.2016 wurde dem Bundesamt mitgeteilt, dass Sie unter den im Betreff angeführten Personendaten von den marokkanischen Behörden, als marokkanischer Staatsbürger, identifiziert wurden.
Sie reisten am 19.12.2016 unrechtmäßig aus Österreich aus und stellten am 05.01.2017 in Deutschland einen Antrag auf internationalen Schutz. Deutschland ersuchte am 23.01.2017 um Rückübernahe Ihrer Person iSd Dublin-III-VO.
Mit Schreiben vom 26.01.2017 wurde dem Gesuch von Deutschland zugestimmt.
In den Jahren 2017 und 2019 hätten Sie jeweils im Rahmen eines „Dublin-In-Verfahren“ nach Österreich rückgeführt werden sollen, wobei Sie sich der Rückführung im Jahr 2017 durch Untertauchen entzogen.
Am 10.01.2019 stellten Sie neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Außenstelle Büdingen (Deutschland), abgelehnt. Ihnen wurde bereits am 04.04.2020 die Abschiebung angedroht.
Mittels Verbalnote vom 27.06.2019 wurde dem Bundesamt die Ausstellung eines Heimreisezertifikates (kurz „HRZ“) zugesichert.
Am 15.01.2020, um 19:08 Uhr, wurde die Streife „Saggen 3“ in die Angerzellgasse, 6020 Innsbruck, beordert, da dort eine Dame im Rollstuhl von einer ihr unbekannten männlichen Person verfolgt worden sei und sie Angst habe. An der Einsatzörtlichkeit (Angerzellgasse Kreuzung Museumstraße) eingetroffen konnte die Anruferin, ihr Begleiter und Sie angetroffen werden. Es wurde festgestellt, dass Sie sich unrechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufhalten und zur Ausreise verhalten sind. Die in weiterer Folge durchgeführte erkennungsdienstliche Behandlung ergab folgendes Ergebnis:
GR2CHI20151222258153 21.12.2015 23:00 21.12.2015 23:00 CHIOS
AT129002294-10744914 20.01.2016 14:30 20.01.2016 14:30 PI SOELDEN
DE1161222XXX00284 22.12.2016 00:00 22.12.2016 00:00 INGELHEIM
DE1190110ING00430 10.01.2019 11:45 05.01.2017 00:00 52J AS INGELHEIM/BINGEN
In weiterer Folge wurde der zuständige Journaldienst des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl – Regionaldirektion Tirol – über den oa. Sachverhalt in Kenntnis gesetzt. Dieser ordnete die Festnahme nach § 34 Abs. 3 Z 1 BFA-VG, sowie die Überstellung in das PAZ Innsbruck an.
Sie wurden am 15.01.2020 durch ein Organ der öffentlichen Ordnung und Sicherheit einer Befragung unterzogen.
(…)
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 16.01.2020, wurde über Sie die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
Im Zuge der regelmäßigen Untersuchung stellte der Amtsarzt der LPD Steiermark fest, dass Sie an einer offenen Tuberkulose erkrankt sind. Sie wurde am 27.01.2020 aus der Schubhaft entlassen und ins LKH Hochsteiermark eingeliefert.
Sie wurden vom Landeskrankenhaus Hochsteiermark darüber in Kenntnis gesetzt, dass bei Ihnen eine offene Tuberkulose diagnostiziert wurde und Sie aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr das Krankenhaus nicht verlassen dürfen. Sie verließen entgegen ärztlichen Rates das Krankenhaus und setzten eine unbekannte Menge an Personen der Gefahr einer Ansteckung mit Ihrer offenen Tuberkulose aus.
Am 12.02.2020 wurden Sie von der Polizeiinspektion Lienz einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen und wurde Ihr unrechtmäßiger Aufenthalt festgestellt. Sie wurden gemäß den Bestimmungen des FPG festgenommen. Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft ordnete diese die Festnahme aufgrund der von Ihnen ausgehenden Ansteckungsgefahr an. Sie wurden in die Lungenheilanstalt Wilhelmshöhe eingeliefert.
Mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 13.02.2020 wurde über Sie wegen des Vergehens der vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten gemäß § 178 StGB die Untersuchungshaft verhängt.
Am 19.02.2020 teilte die Lungenheilanstalt Wilhelmshöhe fernmündlich mit, dass Sie sich weigern Ihre Medikamente zu sich zu nehmen und weiterhin eine hohe Ansteckungsgefahr von Ihnen ausgeht.
Am 21.02.2020 langte ha. Die verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen zu Ihrer Person ein.
Mit Schriftsatz vom 21.02.2020 wurde Ihnen vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz Bundesamt) eine Mitteilung zum Ergebnis der Beweisaufnahme übermittelt und damit mitgeteilt, dass das Bundesamt beabsichtigt, gegen Sie eine Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot zu erlassen. Um den Sachverhalt im Lichte Ihrer persönlichen Verhältnisse beurteilen zu können, wurde Ihnen die Möglichkeit gegeben im Sinn Ihres Rechtes auf Parteiengehör eine Stellungnahme zu der beabsichtigten Vorgangweise und Fragen zu Ihrer Person abzugeben und wurde Ihnen in gleichem Schriftsatz mitgeteilt, dass für den Fall, dass Sie zur beabsichtigten Vorgangsweise der Behörde nicht Stellung nehmen, das Verfahren ohne nochmaliger Anhörung aufgrund der Aktenlage fortgeführt und entschieden wird.
Zumal Sie durch Ihr bis dato ungenutztes verstreichen lassen der Frist von 14 Tagen ohne eine Stellungnahme abzugeben auf Ihr Recht auf Parteiengehör verzichtet haben, hatte die Behörde – wie im Schriftsatz angekündigt – aus der Aktenlage ohne nochmaliger Anhörung zu entscheiden.
Mit Schriftsatz vom 30.03.2020 2020 wurde Ihnen das Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme mitgeteilt und wurden Sie über Ihre aktuelle rechtliche Position manuduziert:
„(…)
Derzeit befinden Sie sich in Untersuchungshaft in der Justizanstalt Innsbruck. Am 20.01.2016 stellten Sie in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid vom 17.05.2016 negativ beschieden wurde und gegen Sie eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde. Da Sie über keinerlei Identitäsbezeugenden Dokumente verfügten wurde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates mit der Botschaft Marokko eingeleitet.
Am 22.12.2016 stellten Sie einen Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland und leitete Deutschland fristgerecht ein Konsultationsverfahren mit Österreich ein und ersuchte Österreich um Rückübernahme Ihrer Person. Nach zurückweisender Bescheiderlassung wurde die Überstellung Ihrer Person für den 30.03.2017 von Deutschland nach Österreich organisiert. Da Sie untertauchten konnten eine Überstellung nicht stattfinden. Ihr weiterer Aufenthaltsort entzieht sich der Kenntnis der Behörde.
Sie stellten am 10.01.2019 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland und erklärte Deutschland einen Selbsteintritt. Ihr Asylantrag in Deutschland wurde vollinhaltlich negativ beschieden. Sie reisten am 15.01.2020 neuerlich nach Österreich ein und wurde über Sie die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Aufgrund Ihrer offenen Tuberkulose wurden Sie in LKH Graz zur stationären Behandlung verbracht. Sie flüchteten aus der Klinik und wurden am 10.02.2020 im Asylheim in Lienz aufgegriffen. Über Sie wurde die Untersuchungshaft verhängt und wurden Sie in die Lungenheilanstalt Wilhelmshöhe verbracht.
Die Frist zur Einleitung eines Konsultationsverfahren ist zwischenzeitlich abgelaufen und ist Österreich nun für die Rückführung Ihrer Person zuständig.
Sie werden nun über Ihre rechtliche Position in Österreich aufgeklärt:
Das heißt nun für Sie, dass auf Grund der gesetzlichen Situation Ihr Asylverfahren iZm der Dublin-III-Verordnung nicht mehr weitergeführt werden kann. Sie verfügen somit derzeit weder in Österreich noch sonst im Schengenraum, auch nicht in Deutschland, über einen rechtmäßigen Aufenthalt, noch werden Sie als Asylwerber geführt.
Das heißt nunmehr, dass Sie sich als Drittstaatsangehöriger nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Sohin ist gegen Sie ein aufenthaltsbeendendes Verfahren (Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot) zu führen.
(…)“
Um den Sachverhalt im Lichte Ihrer persönlichen Verhältnisse beurteilen zu können, wurde Ihnen nochmals die Möglichkeit gegeben im Sinn Ihres Rechtes auf Parteiengehör eine Stellungnahme zu der beabsichtigten Vorgangweise und Fragen zu Ihrer Person abzugeben und wurde Ihnen in gleichem Schriftsatz mitgeteilt, dass für den Fall, dass Sie zur beabsichtigten Vorgangsweise der Behörde nicht Stellung nehmen, das Verfahren ohne nochmaliger Anhörung aufgrund der Aktenlage fortgeführt und entschieden wird.
Ihnen wurde eine Frist zur Stellungnahme in der Höhe von 7 Tagen gewährt und ließen Sie auch diese ungenutzt verstreichen.
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 27.04.2020, wurde Ihnen ein Aufenthaltstitel Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen.
Gemäß § 52 Absatz 9 FPG wurde festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig ist. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 7 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wird gegen Sie ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen und Ihnen gemäß § 55 Absatz 4 FPG wird eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt.
Da einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 und 3 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, wurde der Bescheid mit Zustellung am 29.04.2020 durchsetzbar.
Am 07.05.2020 wurden Sie vom Landesgericht Innsbruck wegen des Vergehens der vorsätzlichen Gefährdung durch ansteckende Krankheiten zu einer Freiheittsstrafe in der Höhe von 3 Monaten verurteilt.
Am 12.05.2020 werden Sie aus der Justizanstalt Josefstadt – Lungenheilanstalt Wilhelmshöhe entlassen.
(…)
Feststellungen
Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:
Zu Ihrer Person:
Ihre Identität steht mittlerweile fest. Sie heißen XXXX , wurden am XXXX in Casablanca geboren und sind marokkanischer Staatsangehöriger. Sie wurden unter dieser Identität von den marokkanischen Behörden identifiziert.
Festgestellt wird, dass Sie nicht österreichischer Staatsbürger Fremder iSd § 2 Absatz 4 Ziffer 1 FPG sind.
Sie sprechen Arabisch, gehören der arabischen Volksgruppe an und sind muslimischen Glaubens.
Sie sind ledig und kinderlos.
Sie leiden weder an einer schweren Krankheit noch sind Sie längerfristig pflege- oder rehabilitationsbedürftig. Sie sind jedenfalls haftfähig. Ihre Tuberkulose wurde behandelt und erhalten sie im Stande der Schubhaft die erforderliche Medikation weiterhin.
Sie wurden bereits wegen Übertretungen nach dem Suchtmittelgesetzt zur Anzeige gebracht. Weiters bestanden gegen Sie zwei Aufenthaltsermittlungen von österreichischen Gerichten (BG Innsbruck, LG Innsbruck), jeweils wegen Übertretungen nach dem Suchtmittelgesetz.
Weiters wurden Sie vom Landesgerichte Innsbruck wegen des Vergehens der vorsätzlichen Gefährdung durch ansteckende Krankheiten zu einer Freiheitsstrafe in der Höhe von 3 Monaten verurteilt.
Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:
Fest steht, dass Sie sich gegenwärtig ohne ordentlichen Wohnsitz und Barmittel in Österreich aufhalten und der deutschen Sprache nicht mächtig sind.
Sie sind mittellos und nächtigen außerhalb Ihrer Strafhaft an nicht gemeldeten Orten.
Fest steht, dass Sie keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel und keinen Reisepass besitzen.
Sie gelten als Fremder iSd. § 2 Abs. 4 Z.1 FPG, Ihr Aufenthalt ist daher nicht rechtmäßig.
Sie halten sich demnach nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Sie führten bei Ihrer Kontrolle keinen gültigen Reisepass mit sich und verfügen über keinen Aufenthaltstitel nach dem NAG.
Fest steht, dass Sie Österreich auch aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen können, da Sie über kein gültiges Reisedokument verfügen.
Eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem unbefristeten Einreiseverbot gegen Ihre Person ist durchsetzbar. Aufgrund des Vorliegens der weiteren für eine Abschiebung erforderlichen Voraussetzungen werden Sie zur Ausreise verhalten werden.
Zu Ihrem bisherigen Verhalten:
Sie reisten zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt unter Umgehung der Grenzbestimmungen und ohne über die dafür benötigten Unterlagen zu verfügen unrechtmäßig nach Österreich ein und haben durch Ihre illegale Einreise die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Bereich des Fremdenrechts wesentlich beeinträchtigt.
Fest steht, dass Sie sich gegenwärtig ohne Wohnsitz, Barmittel und Beherrschen der deutschen Sprache in Österreich aufhalten.
Fest steht, dass Sie keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel und/oder einen Reisepass besitzen. Sie gelten als Fremder iSd. § 2 Abs. 4 Z.1 FPG, Ihr Aufenthalt ist daher nicht rechtmäßig.
Sie waren nicht im Besitz von identitätsbezeugenden Dokumenten und unterließen es sich entsprechende Dokumente bei der marokkanischen Botschaft in Österreich zu beschaffen.
Durch Ihren beharrlichen und nicht gemeldeten Verbleib im Bundesgebiet, missachteten Sie bewusst mehrere österreichische Bundesgesetze.
Fest steht, dass Sie sich bewusst nicht an die Bestimmungen des österreichischen Meldegesetzes halten. Trotz fehlender Unterkunft verfügten Sie nur sporadisch über eine Obdachlosenmeldung gem. § 19a MeldeG. (Zuletzt vor Ihrer Inhaftierung im Jahr 2017)
Fest steht, dass Sie selbst für die österreichischen Justizbehörden nicht greifbar waren. Sie waren öfters zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben.
Fest steht, dass Sie mittellos sind. Sie sind von der Unterstützung Dritter (Staat, Hilfsorganisationen, Marokkanern, etc.) abhängig.
Sie sind in Österreich in keinster Weise integriert, da Sie weder die Landessprache beherrschen, noch soziale bzw. familiäre Anbindungen in Österreich haben, sowie auch über keine grundlegenden geographischen Kenntnisse verfügen.
Fest steht, dass Sie nicht bereit sind den rechtmäßigen Zustand herzustellen und freiwillig nach Marokko auszureisen.
Zu Ihrem Privat- und Familienleben:
Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.
Sie sind in Österreich nie einer legalen Beschäftigung nachgegangen und können nicht aus eigenem für Ihren Unterhalt aufkommen.
Sie waren in Österreich nur kurze Zeit amtlich gemeldet und verfügen derzeit über keine amtliche Meldeadresse.
Sie haben weder Familie noch sonstige soziale Anknüpfungspunkte in Österreich.Etwaige Hinweise auf integrationsverstärkende Anhaltspunkte sind in Ihrem Fall nicht hervorgekommen.
Beweiswürdigung
Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus den im Bezug habenden Verwaltungsakt befindlichen Beweismitteln, insbesondere aus Ihren Einvernahmeprotokollen, aus einer Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister der Republik Österreich, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs- und das Sozialversicherungssystem.
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften Akteninhalt.
Ihre Identität wurde durch die Mitteilung des BMI festgestellt. Demnach wurden Sie über die marokkanischen Behörden identifiziert.
Anhaltspunkte dafür, dass Sie die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen oder in Österreich Asylberechtigt oder subsidiär Schutzberechtigt sind, finden sich weder im Verwaltungsakt noch wurde dies von Ihnen jemals vorgebracht.
Die Feststellungen hinsichtlich Ihrer Sprachkenntnisse, sowie Ihrer Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit ergeben sich aus Ihren eigenen Angaben im Zuge der Einvernahme vor dem Bundesamt im Rahmen Ihres Asylverfahrens, welche von der erkennenden Behörde nicht angezweifelt werden.
Alle weiteren Feststellungen ergeben sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Akteninhalt.
Rechtliche Beurteilung
(…)
Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:
Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:
Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger und sind daher Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Ziff. 1 FPG. Sie sind volljährig und weder asyl- noch subsidiär-schutzberechtigt in Österreich, weshalb die Anordnung der Schubhaft grundsätzlich - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - möglich ist. Voraussetzung für die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung ist das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes, das Bestehen von Fluchtgefahr sowie die Verhältnismäßigkeit der angeordneten Schubhaft. Zur Sicherung der Abschiebung kommt Schubhaft darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn die Abschiebung auch tatsächlich im Raum steht.
Dabei ist gemäß § 76 Abs. 3 Z 1 FPG zu berücksichtigen, ob der Fremde die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert. Sie stellten – wie bereits bei den Feststellungen ausgeführt – mehrere Asylanträge in Europa. Das in Österreich anhängige Asylverfahren warteten Sie jedoch nicht ab, sondern entzogen sich diesem, indem Sie untertauchten. In weiterer Folge hätten Sie zweimal im Rahmen eines „Dublin-In-Verfahren“ nach Österreich rücküberstellt werden sollen, die im Jahr 2017 avisierte Rückführung vermochten Sie jedoch durch Untertauchen erfolgreich zu verhindern. Auch dem Asylverfahren in Deutschland entzogen Sie sich erfolgreich durch Untertauchten. Der Ihnen auferlegten Rückkehrverpflichtung sind Sie bis dato nicht nachgekommen. Selbst nachdem Sie nach Entlassung aus der Schubhaft ins Krankenhaus aufgrund Ihrer offenen TBC überstellt wurden, flüchteten Sie aus der Krankenanstalt und gefährdeten vorsätzlich die Gesundheit der österreichischen Bevölkerung. Deshalb ist aufgrund Ihres bisherigen Gesamtverhaltens mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass Sie eine allfällige Rückführung nach Marokko umgehen bzw. zumindest behindern würden. Sie waren ja nicht einmal für die notwendige medizinische Behandlung im erforderlichen Maße greifbar. Aufgrund dieser Überlegungen erachtet die erkennende Behörde den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 1 FPG als erfüllt.
Aufgrund des Umstandes, dass Ihr Asylverfahren negativ beschieden, gegen Sie eine Rückkehrentscheidung erlassen und diese für zulässig erklärt wurde, erachtet die erkennende Behörde den Tatbestand des § 76 Abs. 3 Z 3 FPG als erfüllt an, zumal die genannte Rückkehrentscheidung durchsetzbar ist.
Der Gesichtspunkt einer „sozialen Verankerung“ in Österreich ist im Zusammenhang mit der Verhängung der Schubhaft ein wesentlicher Aspekt (VwGH 30.08.2011, 2008/21/0107). Eine soziale Verankerung in Österreich konnte in Ihrem Falle jedoch nicht festgestellt werden. Sie haben keinen aufrechten Wohnsitz, können in Österreich keiner legalen Arbeit nachgehen und verfügen nicht über die Mittel für Ihren Unterhalt. Sie haben keine Verwandten oder andere soziale Anknüpfungspunkte in Österreich und sind nicht integriert. Daher erachtet die Behörde auch die Kriterien der Ziffer 9 als erfüllt.
Unter Berücksichtigung Ihres Gesamtverhaltens gelangt die Behörde zusammenfassend zur Ansicht, dass Sie offenkundig nicht gewillt sind, sich den europäischen Asyl- bzw. Einreisebestimmungen zu unterwerfen. Sie nutzen bewusst das europäische Asyl- und Sozialsystem aus, um sich daraus Vorteile zu verschaffen. Weshalb nach Befinden der erkennenden Behörde der Schluss zulässig ist, dass Sie sich auch in Österreich einem ordentlichen Verfahren entziehen und untertauchen werden. Bereits aufgrund der oben angeführten Überlegungen geht die erkennende Behörde in Ihrem Fall von erheblicher Fluchtgefahr aus.
Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.
Gegen Sie besteht eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung. Sie wurden bereits durch die marokkanischen Behörden als marokkanischer Staatsbürger identifiziert und wurde dem Bundesamt durch Verbalnote vom 27.06.2019 die Ausstellung eines HRZ zugesichert. Die Effektuierung Ihrer Rückführung ist somit auch faktisch jedenfalls innerhalb der in § 80 FPG 2005 normierten Schubhafthöchstdauer durchführbar. Aufgrund dieser Überlegungen, sowie Ihres gesundheitlichen Zustandes und Ihrer mangelnden familiären und sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich, erachtet die Behörde die Entscheidung auch verhältnismäßig.
Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.
Bei der Prüfung der Fluchtgefahr ist auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Deliquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen
Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276).
Sie wurden in Österreich zwar noch nie wegen Gewalt- oder Vermögensdelikten verurteilt, allerdings wurden Sie mit 07.05.2020 wegen des Vergehens der vorsätzlichen Gefährdung durch ansteckende Krankheiten zu einer Freiheitsstrafe in der Höhe von 3 Monaten verurteilt. Insbesondere in Zeiten von COVID-19 kann davon ausgegangen werden, dass diese Delinquenz schwerer wiegt. Immerhin haben Sie es bewusst in Kauf genommen andere Personen aufgrund Ihrer offenen TBC anzustecken. Aufgrund dieser Delinquenz wurde das Gewicht des öffentlichen Interesses an Ihrer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößert.
Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.
Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.
Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio – Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.
Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.
Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima – ratio – Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.
Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.
Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist.
(…)“
Am 04.09.2020 legte das Bundesamt den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG unter Abgabe einer Stellungnahme vor:
„(…)
Die erkennende Behörde möchte festhalten, dass sich der Fremde niemals ein Reisedokument selbstständig besorgt hat und an den bisherigen Verfahren in keinster Weise mitwirkte.
Herr XXXX zeigte insgesamt eine anhaltende Missachtung der europäischen Fremdenrechtsordnung, indem er – offensichtlich mittellos – in verschiedenste europäische Länder reiste und zuletzt die schengenweiten Bestimmungen über die rechtmäßige Einreise und Aufenthalt ignoriert. Er stellte mehrere unbegründete Asylanträge in Europa und zeigte dadurch die von ihm ausgehende erhebliche Fluchtgefahr. In der Gesamtbetrachtung geht eindeutig hervor, dass sich der BF nicht an die Rechtsordnung hält und drängt sich gerade das gezeigte vertrauensunwürdige Gesamtverhalten in den Vordergrund. Eine Kooperationsbereitschaft des Fremden konnte dieser in keinstem Stadium des Verfahrens glaubhaft darlegen.
Auch das strafrechtlich relevante Fehlverhalten des Fremden wurde bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung der ho. Behörde in Betracht gezogen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt. Der BF hat bewusst gegen Meldebestimmungen und Bestimmungen über den Umgang mit Suchtgift verstoßen. Insbesondere ist anzuführen, dass Herr XXXX - nachdem dieser nachweislich über seine Erkrankung an TBC aufgeklärt wurde - aus dem Krankenhaus flüchtete und dieser über 14 Tage lang gefahndet wurde. Herr XXXX setzte vorsätzlich mehrere Menschen der Gefahr einer Ansteckung an TBC aus. Insbesondere nachdem die Restriktionen der COVID-19 Pandemie und das Ausmaß einer weltweiten Infektion derzeit stark spürbar sind, möchte die Behörde dieses verwerfliche Verhalten besonders hervorheben. Das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit (Gesundheit) der Bevölkerung steht nach ho. Ansicht unter besonderem Schutz!
Aufgrund des von Herr XXXX gesetzten Verhaltens ist eine weitere Verfahrensführung auf freiem Fuß nicht möglich. Herr XXXX stellte im Stande der Schubhaft einen Antrag auf freiwillige Rückkehr. Es kann - nach Ansicht der Behörde - nicht aufgeschlossen werden, dass dieser Antrag als Reaktion auf die Aussichtslosigkeit - in Anbetracht der bevorstehenden Rückführung nach Marokko - gestellt wurde. Ein ordnungsgemäßes Überstellungsverfahren kann auf freiem Fuß nicht garantiert werden, zumal der Fremde bereits früher die von ihm ausgehende Fluchtgefahr bewies. Ein gelinderes Mittel kommt aufgrund des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers als Alternative für eine Schubhaft nicht in Betracht.
Herr XXXX erweist sich aus diesen Gründen fortgesetzt als keinesfalls vertrauenswürdig und ist von einer erheblichen Fluchtgefahr auszugehen.
Fremdenpolizeiliche Maßnahmen erscheinen auch aus dem europarechtlichen Grundsatz des „effet utile” dringend geboten. Die Republik Österreich hat ihre unionsrechtliche Verpflichtung gegenüber den anderen Schengenstaaten zur Umsetzung der Aufenthalts- und Einreisebestimmungen zu wahren, woraus sich ein massives öffentliches Interesse, Personen die über kein Aufenthaltsrecht in einem Schengenstaat verfügen und sich dennoch längerfristig unrechtmäßig in den Mitgliedstaaten aufhalten, in den Herkunftsstaat zu überstellen. Dem Art. 6 iVm. Art 8 der Rückführungsrichtlinien zufolge war sowohl eine Rückkehrentscheidung zu erlassen als auch Maßnahmen zu deren Vollstreckung vorzunehmen und liegt die Anwendung europarechtlicher Normen nicht im Ermessen der Behörde.
Die Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft wurde auch in Hinblick auf das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats ausführlich geprüft. Seit dem Jahre 2018 wurde laufend bei der marokkanischen Vertretungsbehörde urgiert und wurde schließlich mit Verbalnote vom 27.06.2019 (No 329/F/03P) die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugesichert. Das Ersatzreisedokument wird mit Flugbuchung ausgestellt.
Aufgrund der weltweiten COVID-19-Pandemie konnte eine Abschiebung nach Marokko derzeit nicht durchgeführt werden. In Folge kam es zu den allgemein bekannten massiven Einschränkungen des Flugverkehrs, sodass bisher eine Abschiebung nach Marokko faktisch nicht möglich war. Wie amtsbekannt ist, hat mittlerweile die Austrian Airlines angekündigt, den Flugverkehr wieder hochzufahren. Marokko hat die eingeführte Unterbrechung der internationalen Flug- und Fährverbindungen für Passagiere laut Website des Außenministeriums noch bis 10.09.2020 verlängert (www.bmeia.gv.at). Es ist weiters auch nicht bekannt, dass Marokko von der COVID-19-Pandemie derart betroffen wäre, dass von einer noch deutlich länger andauernden vollständigen Anflugsperre auszugehen wäre. Es kann daher begründet davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung nach Marokko im Stand der Schubhaft in absehbarer Zeit und jedenfalls innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer möglich sein wird.
Abschließend darf nochmals darauf hingewiesen werden, dass für den Fremden die Zusage zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats nach wie vor aufrecht ist und folglich eine Abschiebung , sobald eine Flugverbindung besteht, erfolgen kann. Im Hinblick auf die sich abzeichnenden Lockerungen der internationalen Verkehrsbeschränkungen ist der Zweck der Anhaltung innerhalb der Höchstschubhaftdauer jedenfalls erreichbar, wenn auch derzeit nicht festgestellt werden kann, wann genau die marokkanischen Flughäfen wieder geöffnet werden.
Nach Herstellung einer Relation zwischen der Größe des Sicherungsbedarfs und den entgegenstehenden privaten Interessen ist die Aufrechterhaltung der Schubhaft weiterhin notwendig und verhältnismäßig.
Aufgrund der Bestimmungen des § 22a Abs. 4 BFA-VG wird gegenständliche Stellungnahme gemeinsam mit dem Verwaltungsakt vorgelegt. Die Darlegung warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwenig und verhältnismäßig ist, möge der oa. chronologischen Darstellung und den Ausführungen im Bescheid entnommen werden. Weiters wird nochmals darauf hingewiesen, dass mit der praktischen Durchführung der aufenthaltsbeenden Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer tatsächlich zu rechnen ist.”
Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt erwogen:
Feststellungen:
Der von der Verwaltungsbehörde im angeführten Schubhaftbescheid zugrunde gelegte Verfahrensgang und Sachverhalt, soweit im Rahmen der gegenständlichen Darstellung des Verfahrensganges zitiert, wird zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben.
Ergänzend wird (aus der Stellungnahme der Verwaltungsbehörde) folgendes festgehalten:
Aufgrund der weltweiten COVID-19-Pandemie konnte eine Abschiebung nach Marokko derzeit nicht durchgeführt werden. In Folge kam es zu den allgemein bekannten massiven Einschränkungen des Flugverkehrs, sodass bisher eine Abschiebung nach Marokko faktisch nicht möglich war. Wie amtsbekannt ist, hat mittlerweile die Austrian Airlines angekündigt, den Flugverkehr wieder hochzufahren. Marokko hat die eingeführte Unterbrechung der internationalen Flug- und Fährverbindungen für Passagiere laut Website des Außenministeriums noch bis 10.09.2020 verlängert (www.bmeia.gv.at). Es ist weiters auch nicht bekannt, dass Marokko von der COVID-19-Pandemie derart betroffen wäre, dass von einer noch deutlich länger andauernden vollständigen Anflugsperre auszugehen wäre.
Es kann daher begründet davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung nach Marokko im Stand der Schubhaft in absehbarer Zeit und jedenfalls innerhalb der höchstzulässigen Schubhaftdauer möglich sein wird.
Abschließend darf nochmals darauf hingewiesen werden, dass für den Fremden die Zusage zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats nach wie vor aufrecht ist und folglich eine Abschiebung , sobald eine Flugverbindung besteht, erfolgen kann. Im Hinblick auf die sich abzeichnenden Lockerungen der internationalen Verkehrsbeschränkungen ist der Zweck der Anhaltung innerhalb der Höchstschubhaftdauer jedenfalls erreichbar, wenn auch derzeit nicht festgestellt werden kann, wann genau die marokkanischen Flughäfen wieder geöffnet werden.
Es hat sich also keine für die Freilassung des Beschwerdeführers sprechende Änderung ergeben.
Beweiswürdigung:
Hinsichtlich der vom angeführten Schubhaftbescheid als Sachverhalt übernommenen Verfahrensgangausführungen und Feststellungen ist auf die diesbezüglich zutreffende Beweiswürdigung zu verweisen – die angeführten Sachverhaltsparameter sind unzweifelhaft der Aktenlage zu entnehmen und ist der Beschwerdeführer während seiner nachfolgenden Anhaltung den inhaltlich deckungsgleichen Erwägungen des Schubhaftbescheides in keiner wie immer gearteten Form entgegengetreten worden.
Hervorzuheben ist im Besonderen in der Frage der Möglichkeit der Abschiebung, dass wie von der Verwaltungsbehörde hingewiesen, aufgrund der erfolgten Identifizierung bereits die Zusage zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates erfolgte; die Verwaltungsbehörde hat in diesem Zusammenhang auch auf die weiterhin mangelnde Kooperation des Beschwerdeführers hingewiesen: Zu keinem Zeitpunkt hatte er sich selbst um ein Reisedokument bemüht..
Zutreffend hat die Verwaltungsbehörde auch in ihrer Stellungnahme nochmals auf die gänzliche Vertrauensunwürdigkeit des Beschwerdeführers – insbesondere im Zusammenhang mit dessen massiver Straffälligkeit – hingewiesen.
In diesem Sinne war auch die Feststellung, es habe sich bis zum heutigen Zeitpunkt keine Änderung auf Tatsachenebene ergeben, welche für eine Freilassung des Beschwerdeführers spreche, zu treffen bzw. sogar der Schluss zu ziehen, dass sich aufgrund des aktuellen Verhaltens die Gefahr des Untertauchens noch weiter vergrößert hat.
Letzterer insoweit, als die eingeführte Unterbrechung der internationalen Flug- und Fährverbindungen für Passagiere laut Website des Außenministeriums nur noch bis 10.09.2020 verlängert (www.bmeia.gv.at) wurde. Danach kann es also jederzeit zu Abschiebemöglichkeiten kommen.
In diesem Zusammenhang ist auch auf die Entwicklung diverser Impfstoffe in der dritten und entscheidenden Phase hinzuweisen; nachdem in Russland bereits Impfungen vorgenommen werden; auch in Bahgladesh wird bereits ein Impfstoff verwendet, ist alsbald weltweit mit einer entsprechenden Versorgung zu rechnen, sodass die Covid-19-Krise gerade aktuell nur als vorübergehend anzusehen ist.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt A. (Fortsetzung der Schubhaft):
Gesetzliche Grundlagen:
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:
§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß
Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm. § 80 FPG lautet:
§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.
Zur Judikatur:
Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf Art 1 Abs. 3 PersFrSchG 1988 hinzuweisen, aus dem sich das für alle Freiheitsentziehungen geltende Gebot der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ergibt, deren Prüfung im Einzelfall eine entsprechende Interessenabwägung verlangt. Für die Schubhaft ergibt sich das im Übrigen auch noch aus der Wendung "... wenn dies notwendig ist, um ..." in Art 2 Abs. 1 Z 7 PersFrSchG 1988. Dementsprechend hat der VfGH - nachdem er bereits in seinem Erkenntnis vom 24.06.2006, B 362/06, die Verpflichtung der Behörden betont hatte, von der Anwendung der Schubhaft jedenfalls Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist - in seinem Erkenntnis vom 15.06.2007, B 1330/06 und B 1331/06, klargestellt, dass die Behörden in allen Fällen des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 unter Bedachtnahme auf das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen. Der VwGH hat dazu beginnend mit dem Erkenntnis vom 30.08.2007, 2007/21/0043, mehrfach festgehalten, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein dürfe.“ (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).
Eine Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann stets nur dann rechtens sein, wenn eine Abschiebung auch tatsächlich in Frage kommt. Die begründete Annahme, dass eine Aufenthaltsbeendigung erfolgen wird, ist dabei ausreichend. Dass die Effektuierung mit Gewissheit erfolgt, ist nicht erforderlich (vgl. dazu etwa VwGH 07.02.2008, Zl. 2006/21/0389; VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/21/0039). Steht hingegen von vornherein fest, dass diese Maßnahme nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden. Anderenfalls erwiese sich die Schubhaft nämlich als für die Erreichung des Haftzweckes (der Abschiebung) "nutzlos". Umgekehrt schadet es - wie sich aus den Verlängerungstatbeständen des § 80 FPG ergibt - nicht, wenn der ins Auge gefassten Abschiebung zeitlich befristete Hindernisse entgegenstehen. Den erwähnten Verlängerungstatbeständen liegt freilich zu Grunde, dass die in Frage kommenden Hindernisse längstens innerhalb der zulässigen Schubhaftdauer beseitigt werden. Ist hingegen bereits bei Beginn der Schubhaft absehbar, dass das Abschiebehindernis nicht binnen dieser Frist zu beseitigen ist, so soll die Schubhaft nach den Vorstellungen des Gesetzgebers von Anfang an nicht verhängt werden. Dasselbe gilt, wenn während der Anhaltung in Schubhaft Umstände eintreten, aus denen erkennbar ist, dass die Abschiebung nicht in der restlichen noch zur Verfügung stehenden Schubhaftdauer bewerkstelligt werden kann. (vgl. VwGH 11.06.2013, Zl. 2013/21/0024, zum Erfordernis einer Prognosebeurteilung, ob die baldige Ausstellung eines Heimreisezertifikates trotz wiederholter Urgenzen durch das Bundesministerium für Inneres angesichts der Untätigkeit der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates zu erwarten ist; vgl. VwGH 18.12.2008, Zl. 2008/21/0582, zur rechtswidrigen Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz eines ärztlichen Gutachtens, wonach ein neuerlicher Versuch einer Abschiebung des Fremden in den nächsten Monaten aus medizinischen Gründen nicht vorstellbar sei).
Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat die Behörde nach § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung, welche über die Viermonatsfrist gehen solle, vorzulegen. Dabei hat sie darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig wäre. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass eine weitere weiter als verhältnismäßig angesehen werden kann.
Vor dem Hintergrund des aktuell unbestritten feststehenden Sachverhaltes, welcher bereits umfassend dem angeführten Schubhaftbescheid der Verwaltungsbehörde und der Aktenvorlage zugrunde gelegt wurde, waren, wie ausgeführt, keine für den Beschwerdeführer sprechenden Änderungen auf Sachverhaltsebene zu konstatieren; dies aber bedeutet, dass die im zitierten Schubhaftbescheid vorgenommene rechtliche Beurteilung, welche von erheblicher Fluchtgefahr ausgeht, weiterhin volle Gültigkeit aufweist.
In diesem Sinne wird die im Rahmen des Verfahrensganges zitierte rechtliche Beurteilung des Schubhaftbescheides zur gegenständlichen rechtlichen Beurteilung erhoben.
Damit ist jedenfalls auch aktuell von erheblicher Fluchtgefahr auszugehen und kam deswegen auch aktuell die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht in Frage.
Die Verwaltungsbehörde hat in ihrer Stellungnahme auch zutreffend die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung herausgearbeitet; diese wird gleichfalls zur gegenständlichen rechtlichen Beurteilung erhoben.
Der Vollständigkeit halber sei auch angemerkt, dass sich die vom Beschwerdeführer zu vertretende Dauer der Schubhaft immer noch im unteren Bereich der möglichen Maximaldauer von 18 Monaten (§ 80 Abs. 4 Z 1 FPG) – bei fehlender Identifikation aufgrund mangelnder Kooperation – bewegt.
Es war daher die Fortsetzung der Schubhaft auszusprechen.
Zu Spruchpunkt B – Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher in allen Spruchpunkten nicht zuzulassen.
Schlagworte
Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft Gefahr für Leib und Leben gelinderes Mittel Gesundheitsschädigung Heimreisezertifikat Kooperation Meldeverstoß öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft Untersuchungshaft Verhältnismäßigkeit Vertrauenswürdigkeit WohnsitzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W117.2234712.1.00Im RIS seit
09.11.2020Zuletzt aktualisiert am
09.11.2020