TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/7 97/11/0152

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Veröffentlicht am 07.10.1997
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Index

L94059 Ärztekammer Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

ABGB §1438;
ABGB §1439;
ÄrzteG 1984 §62;
ÄrzteG 1984 §75 Abs1;
ÄrzteG 1984 §81 Abs1;
Satzung Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1995 §11 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dr. R in W, vertreten durch Dr. Ingo Gutjahr, Rechtsanwalt in Wien VIII, Wickenburggasse 5, gegen den Bescheid des (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Dr. Armenak Utudjian, Rechtsanwalt in Wien I, Gonzagagasse 9, vertretenen) Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 17. April 1997, Zl. B 37/97, betreffend Rückzahlung von Fondsbeiträgen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Ärztekammer für Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurden die dem Beschwerdeführer nach der Befreiung von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien mit Bescheid des Verwaltungsausschusses vom 29. Juli 1996 mit Wirkung vom 1. Juli 1996 rückzuzahlenden Beiträge mit einem näher bezifferten Betrag bemessen. Dieser Betrag errechnete sich aus der Hälfte der Beiträge des Beschwerdeführers für Grund- und Ergänzungsleistung abzüglich der offenen Forderungen des Fonds auf Beitragszahlungen des Beschwerdeführers, aufgeschlüsselt nach den Jahren 1994, 1995 und 1996, sowie eines Postens "Vorschreibung Todesfallbeihilfe u. Krankenunterstützung".

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem ersten Satz des § 11 Abs. 3 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien in der seit 1. Jänner 1995 geltenden, im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung werden einem Fondsmitglied, das die Ausübung seines Berufes einstellt oder seinen Wohnsitz dauernd in das Ausland verlegt, sofern es die Fondsmitgliedschaft nicht freiwillig fortsetzt, auf seinen Antrag sowohl 50 v.H. der für die Grund- und Ergänzungsleistung (unter sinngemäßer Anwendung des Abs. 1 lit. a) als auch der volle auf seinem Konto ausgewiesene Beitrag für die Zusatzleistung rückerstattet.

Zunächst ist festzuhalten, daß in der im angefochtenen Bescheid zitierten Satzungsbestimmung nur von der Rückerstattung von Beiträgen, nicht aber auch davon die Rede ist, ob und wie bei dieser Gelegenheit offene Beitragsforderungen des Fonds zu berücksichtigen sind. Die grundsätzliche Vorgangsweise, die Rückerstattung von Beiträgen zum Anlaß zu nehmen, bestehende Beitragsschulden hereinzubringen, wird vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt und begegnet auch keinen prinzipiellen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes.

Ferner ist vorauszuschicken, daß der Verwaltungsgerichtshof aufgrund des Vorbringens der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davon ausgeht, daß in den dem Beschwerdeführer rückzuerstattenden und den vom Beschwerdeführer geschuldeten Beiträgen keine Beiträge für die Zusatzleistung enthalten sind.

Der Beschwerdeführer bringt gegen die Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Bescheides zwei Argumente vor:

1. Die Vorgangsweise, die Beiträge des Beschwerdeführers nur zur Hälfte, die offenen Forderungen des Fonds jedoch zur Gänze zu berücksichtigen, entspreche nicht der maßgeblichen Rechtslage. Es hätte vielmehr einer Halbierung des gesamten Saldos seines Beitragskontos bedurft.

Der Verwaltungsgerichtshof kann mangels einer entsprechenden Begründung die Art der Berücksichtigung der Beitragsschulden des Beschwerdeführers nicht nachvollziehen. Fest steht offenbar nur, daß die Beitragsschulden von einer zahlenmäßig ermittelten Größe zur Gänze abgezogen wurde. Diese Größe - im § 11 Abs. 3 der Satzungen mit "50 v.H. der für die Grund- und Ergänzungsleistung ... auf seinem Konto ausgewiesene Beitrag" umschrieben - wird im Erstbescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 24. Jänner 1997 lediglich mit "50 v.H. für die Grund- und Ergänzungsleistung" bezeichnet. Es ist daher unklar, ob es sich dabei um 50 v.H. der vom Beschwerdeführer tatsächlich geleisteten Beiträge oder zusätzlich um die vom Beschwerdeführer geschuldeten (von ihm noch nicht geleisteten) Beiträge handelt. Für eine Vorgangsweise nach der erstgenannten Variante spricht, daß in der Gegenschrift ausgeführt wird, die Beitragsschulden seien vom "Auszahlungsbetrag gemäß § 11 Abs. 3" und nicht vom "100%-igen Guthabensbetrag" abzuziehen.

Ist die belangte Behörde nach der erstgenannten Variante vorgegangen, hätte sie also nur die vom Beschwerdeführer bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides tatsächlich entrichteten Beiträge berücksichtigt, diese halbiert und davon die Beitragsschulden abgezogen, hätte sie den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt. Hätte sie hingegen die vom Beschwerdeführer noch geschuldeten Beiträge zu den tatsächlich entrichteten Beiträgen hinzugerechnet, begegnete der Abzug der Beitragsschulden in voller Höhe keinen Bedenken. Nur so wäre nämlich gewährleistet, daß Fondsmitglieder mit offenen Beitragsschulden und Fondsmitglieder, die die Beiträge bereits in voller Höhe entrichtet haben, wirtschaftlich gleich behandelt werden. Nur so würde verhindert werden, daß ein Fondsmitglied zur Tragung seiner Beitragsschulden in voller Höhe verhalten wird, obwohl ihm die Erstattung von 50 v.H. zugestanden wäre, hätte es seine Schulden bereits beglichen.

Wenn die Behörde hingegen nur vom "Guthabensbetrag", also von der Summe der tatsächlich geleisteten Beiträge ausgegangen und diesen halbiert hätte, hätte sie - um zu einem rechtmäßigen Ergebnis zu gelangen, tatsächlich (mit den Worten des Beschwerdeführers) auch die Beitragsschulden nur in halber Höhe abziehen dürfen, weil der Beschwerdeführer bei bereits erfolgter Bezahlung Anspruch auf Erstattung der Hälfte dieses Betrages gehabt hätte.

Da der Verwaltungsgerichtshof - wie bereits ausgeführt - nicht beurteilen kann, woraus sich der mit "50 v.H. für die Grund- und Ergänzungsleistung" bezeichnete Betrag zusammensetzt, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

2. Der Beitragsschulder macht ferner geltend, seine Beitragsschuld für das (Rumpf)Jahr 1996 sei noch nicht mit Beitragsbescheid festgesetzt worden.

Die belangte Behörde bestreitet die Richtigkeit dieses Beschwerdevorbringens nicht. Unter der Voraussetzung, daß es tatsächlich zutreffend ist, daß ein Beitragsbescheid für das (Rumpf-)Jahr 1996 noch nicht ergangen gewesen ist, erweist sich der Abzug der Beitragsschuld für dieses Jahr als rechtswidrig. Mangels bescheidmäßiger Festsetzung des Beitrages wäre keine Fälligkeit gegeben. Nur fällige Schulden können aber bei Rückerstattung von Beiträgen in Abzug gebracht werden. Die Anführung eines entsprechenden Betrages im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vom 24. Jänner 1997 ersetzt eine bescheidmäßige Festsetzung nicht. Auch dies hat gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, nämlich der Begründungspflicht, zu führen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997110152.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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