TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/7 96/11/0216

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Veröffentlicht am 07.10.1997
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Index

44 Zivildienst;

Norm

ZDG 1986 §5a Abs3 Z2;
ZDG 1986 §5a Abs4;
ZDG 1986 §76a Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in Wien IX, Nußdorferstraße 10-12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Oktober 1995, Zl. 195.794/2-IV/10/95, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens in Angelegenheit Feststellung der Zivildienstpflicht, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. September 1994 wurde gemäß § 5 Abs. 4 iVm § 5a Abs. 3 Z. 2 des Zivildienstgesetzes in der Fassung BGBl. Nr. 187/1994 (ZDG) festgestellt, daß die Zivildiensterklärung des Beschwerdeführers "vom 14. April 1994" wegen Fristversäumnis gemäß § 76a Abs. 2 Z. 1 ZDG Zivildienstpflicht nicht eintreten lassen könne.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, welche mit dessen Beschluß vom 22. November 1994, Zl. 94/11/0327, zurückgewiesen wurde. Dieser Beschluß wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters am 30. Jänner 1995 zugestellt. Daraufhin erhob der Beschwerdeführer am 7. Februar 1995 gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 21. September 1994 Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, verbunden mit dem Antrag, ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu bewilligen. Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 1995, B 358/95-3 (und andere Zahlen), wurde der Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers (und anderer) abgewiesen und die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen. Der Verfassungsgerichtshof führte in seiner Entscheidung im wesentlichen aus, daß sich die Beschwerdeführer über die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hätten informieren müssen, sodaß ihnen hätte bekannt sein müssen, daß ihre Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof von diesem nicht als zulässig angesehen werden würden, sodaß sie "Parallelbeschwerden" - oder eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde - innerhalb offener Frist einbringen hätten müssen. Von einem "unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignis" könne daher keine Rede sein.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Oktober 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 7. Februar 1995 auf Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 21. September 1994 abgeschlossenen Verfahrens "gemäß § 69 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AVG" abgewiesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher ihre Behandlung mit Beschluß vom 11. Juni 1996, B 3805/95-5, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In seiner Beschwerdeergänzung an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde bringt vor, daß der Originalakt in Verstoß geraten sei, legte eine "Teilrekonstruktion" des Aktes vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer seinen Wiederaufnahmeantrag vom 7. Februar 1995 damit begründet habe, daß er die Zivildiensterklärung innerhalb der im § 67 Abs. 2 Z. 1 ZDG genannten Monatsfrist, nämlich am 7. April 1994, beim Postamt 1015 Wien, gerichtet an das Bundesministerium für Inneres, eingebracht habe. Demnach liege seiner Ansicht nach ein Lesefehler zum Postaufgabedatum vor. Dem Beschwerdeführer habe aber spätestens nach Zustellung "des oa. Mangelbescheides" (gemeint offensichtlich Zustellung des Bescheides vom 21. September 1994) auffallen müssen, daß die Behörde vom Einbringungsdatum "14.4.1994" ausging. Der Beschwerdeführer hätte den Wiederaufnahmeantrag gemäß § 69 Abs. 2 AVG binnen zwei Wochen ab Zustellung des genannten Bescheides

(27. September 1994) einbringen müssen. Der erst am "7.2.1995 datierte" Wiederaufnahmeantrag sei somit verspätet. Eine Wiederaufnahme von Amts wegen komme nicht in Betracht. Es lägen auch die Voraussetzungen des "§ 69 Abs. 1 lit. b AVG" nicht vor.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Wiederaufnahme des mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. September 1994 abgeschlossenen Verfahrens verletzt und bringt im wesentlichen vor, es habe über sein Ersuchen sein Vater Erkundigungen über eine abzugebende Zivildiensterklärung beim Bundesministerium für Inneres eingeholt. Ihm sei die Mitteilung gemacht worden, daß die Zivildiensterklärung beim Bundesministerium für Inneres einzureichen sei. Dementsprechend sei auch die Zivildiensterklärung des Beschwerdeführers an das Bundesministerium für Inneres "direkt" aufgegeben worden. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. September 1994 sei zwar festgestellt worden, daß die Zivildiensterklärung des Beschwerdeführers wegen Fristversäumnis Zivildienstpflicht nicht eintreten lassen könne, in der Begründung sei aber lediglich angeführt worden, daß sein Antrag verspätet abgegeben worden sei, ohne jedoch auszuführen, warum. Erst anläßlich einer Akteneinsicht durch den Beschwerdevertreter "am 7. April 1995" und einer danach gepflogenen Rücksprache mit dem Vater des Beschwerdeführers wurde aufgeklärt, warum es zur Fristversäumnis gekommen sei, nämlich aufgrund einer offensichtlich falschen Auskunft einer Beamtin der belangte Behörde. Dies sei auch mit Schreiben vom 18. April 1995 der belangten Behörde mitgeteilt worden, worin auch ausgeführt worden sei, daß ohne Verschulden des Beschwerdeführers er bisher nicht in der Lage gewesen sei, diese Umstände vorzubringen. Wäre der Beschwerdeführer in der Begründung des Bescheides vom 21. September 1994 über die Gründe der Verspätung aufgeklärt worden, hätte er nach Zustellung dieses Bescheides einen entsprechenden Wiederaufnahmeantrag mit der Begründung, daß seinem Vater eben die falsche Auskunft erteilt worden sei, einbringen können. Bis zur Akteneinsichtnahme durch seinen ausgewiesenen Vertreter sei er davon ausgegangen, daß er den Antrag bei der richtigen Behörde eingebracht habe, und er sei der Meinung gewesen "daß es sich um einen Postfehler gehandelt" habe. So habe er aber erst nach der Akteneinsicht durch seinen Vertreter "am 7.4.1995" dieses Vorbringen erstatten können. Davor sei er ohne sein Verschulden gehindert gewesen, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten bzw. Beweise vorzulegen. Für den Fall daß die übermittelten schriftlichen Unterlagen nicht ausgereicht hätten, wäre die Behörde verpflichtet gewesen, den Vater des Beschwerdeführers als Zeugen zu vernehmen. Aufgrund der Unterlagen sei einwandfrei erwiesen, daß im gegenständlichen Fall der Wiederaufnahmsgrund "gemäß § 69 Abs. 1 lit. b AVG" vorliege und es hätte die belangten Behörde zu dem Ergebnis kommen müssen, daß die Zivildiensterklärung des Beschwerdeführers rechtzeitig abgegeben worden sei bzw. ihn an der Verspätung kein Verschulden treffe.

Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Gemäß § 69 Abs. 2 leg. cit. ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich vom Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung oder mündlichen Verkündung des Bescheides bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1996, Zl. 95/11/0329) die Postaufgabe der Zivildiensterklärung an den Bundesminister für Inneres - wenn sie innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist erfolgte - als fristwahrend anzusehen ist. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf dieses Erkenntnis hingewiesen. Unter Berücksichtigung von § 76a Abs. 2 Z. 1 ZDG und unter Bedachtnahme auf diese Rechtsprechung war daher die vom Beschwerdeführer unbestritten am 7. April 1994 zur Post gegebene Zivildiensterklärung als rechtzeitig anzusehen. Daraus ist für den Beschwerdeführer jedoch nichts gewonnen:

Es kann nämlich die Auffassung der belangten Behörde, der Wiederaufnahmsantrag sei verspätet, nicht als rechtswidrig erkannt werden: Durch nachweisliche Zustellung des Bescheides vom 21. September 1994 am 27. September 1994 war dem Beschwerdeführer die Auffassung der Behörde bekanntgeworden, seine Zivildiensterklärung sei verspätet. In diesem Bescheid ging die belangte Behörde von einer Zivildiensterklärung "vom 14. April 1994" aus. Somit war dem Beschwerdeführer bereits mit Zustellung dieses Bescheides die Differenz zwischen dieser Annahme der belangten Behörde und der Tatsache, daß der Beschwerdeführer seine Zivildiensterklärung mit "6.4.1994" datiert und am 7. April 1994 zur Post gegeben hatte, bekannt. Es hat daher bereits mit dem Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides der belangten Behörde vom 21. September 1994 für den Beschwerdeführer die Frist zur Erhebung eines allfälligen Wiederaufnahmsantrages zu laufen begonnen. Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob der vom Beschwerdeführer herangezogene Grund als Wiederaufnahmsgrund tauglich gewesen wäre.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist - und der Beschwerdeführer auch keinen Rechtsanspruch auf amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1993, Zl. 93/11/0043, mwH), beispielsweise wegen unrichtiger Rechtsauffassung im Bescheid, mit dem das wiederaufzunehmende Verfahren abgeschlossen wurde, hat - war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996110216.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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