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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ÄrzteausbildungsO 1994 §28 Abs1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde der Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 23. April 1996, Zl. Vd-San-2150/4, betreffend Anerkennung einer Zusatzausbildung,(mitbeteiligte Partei: Dr. H), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Das Kostenbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde - in Abänderung des negativen erstinstanzlichen Bescheides vom 10. April 1995 (richtig: 1996) - dem Antrag der mitbeteiligten Partei vom 16. August 1995 auf Zuerkennung des Rechtes auf Führung der Zusatzbezeichnung "(Gastroenterologie und Hepatologie)" stattgegeben, die Österreichische Ärztekammer angewiesen, das von der mitbeteiligten Partei angestrebte Diplom als Facharzt für Innere Medizin (Gastroenterologie und Hepatologie) auszustellen, sowie die entsprechende Eintragung in die Österreichische Ärzteliste bewilligt.
Die belangte Behörde führte in der Begründung aus, die mitbeteiligte Partei besitze seit 23. September 1992 die Berufsberechtigung als Facharzt für Innere Medizin. Sie habe gemäß § 29 Abs. 1 Ärzte-Ausbildungsordnung im Rahmen von Arbeitsverhältnissen, insbesondere als Assistenzarzt des Bundes an der Universitätsklinik für Innere Medizin Innsbruck, eine ergänzende spezielle Ausbildung auf dem Teilgebiet Gastroenterologie und Hepatologie des Sonderfaches Innere Medizin absolviert. Die Österreichische Ärztekammer habe laut Schreiben vom 1. Februar 1996 die einschlägige ärztliche Tätigkeit der mitbeteiligten Partei an einem näher genannten medizinischen Zentrum in den USA im Ausmaß von 14 Monaten (vom 1. August 1992 bis 30. September 1993) für die vorgeschriebene dreijährige ergänzende spezielle Ausbildung auf dem Teilgebiet Gastroenterologie und Hepatologie anerkannt. Für die fehlende restliche Zeit von 22 Monaten lägen drei Zeugnisse vor, die bestätigten, daß die mitbeteiligte Partei an der Universitätsklinik für Innere Medizin Innsbruck die Ausbildung in Gastroenterologie und Hepatologie mit Erfolg absolviert habe. Aus dem zuletzt ausgestellten Zeugnis vom 15. Februar 1996 gehe eindeutig hervor, daß sich die mitbeteiligte Partei vom 1. März 1994 bis auf weiteres an der Universitätsklinik für Innere Medizin Innsbruck der Ausbildung in Gastroenterologie und Hepatologie mit Erfolg unterzogen habe. Dieses Zeugnis sei vom Leiter der Universitätsklinik, der stellvertretenden Leiterin der Krankenanstalt und vom Ausbildungsverantwortlichen, Universitätsprofessor Dr. J, unterfertigt. An der Beweiskraft dieser öffentlichen Urkunde könne eine nachträgliche, der Österreichischen Ärztekammer gegenüber abgegebene schriftliche Äußerung des Ausbildungsverantwortlichen, die die in der Urkunde dokumentierte Feststellung in Frage zu stellen scheine, schon aus grundsätzlichen Erwägungen betreffend die Beweiskraft von ärztlichen Ausbildungszeugnissen nichts ändern. Die gegenteilige Auffassung der Erstbehörde werde nicht geteilt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf § 11b Ärztegesetz 1984 gestützte Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht und dessen Aufhebung beantragt wird. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt. Auch die mitbeteiligte Partei hat in einer Gegenschrift zur Beschwerde Stellung genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die mit 5. März 1994 in Kraft getretene Ärzte-Ausbildungsordnung BGBl. Nr. 152/1994 (im folgenden: ÄAO 1994) sieht in § 28 Abs. 1 Z. 3 die Möglichkeit einer ergänzenden speziellen Ausbildung auf dem Teilgebiet Gastroenterologie und Hepatologie des Sonderfaches Innere Medizin vor. Die Mindestdauer einer solchen Ausbildung beträgt drei Jahre (ÄAO 1994 Anlage 14 Buchstabe F). In der davor in Geltung gestandenen Ärzte-Ausbildungsordnung, BGBl. Nr. 36/1974, war eine solche Ausbildung noch nicht vorgesehen.
Gemäß § 5 Abs. 1 letzter Satz Ärztegesetz 1984 (idF der Novelle BGBl. Nr. 100/1994) ist eine ergänzende spezielle Ausbildung auf einem Teilgebiet eines Sonderfaches in den für das jeweilige Teilgebiet des betreffenden Sonderfaches anerkannten Ausbildungsstätten und im bezeichnungsrelevanten Teilgebiet des betreffenden Sonderfaches auf einer genehmigten Ausbildungsstelle zu absolvieren.
Der Nachweis über eine mit Erfolg zurückgelegte ergänzende spezielle Ausbildung auf einem Teilgebiet eines Sonderfaches ist gemäß § 8 Abs. 1 Ärztegesetz 1984 (in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 461/1992) durch ein Rasterzeugnis zu erbringen, in dem auf Inhalt, Art und Dauer des Ausbildungsfaches entsprechend Bedacht genommen wird. Das Rasterzeugnis ist von den ausbildenden Ärzten der anerkannten Ausbildungsstätten, Lehrpraxen und Lehrambulatorien zu unterfertigen und hat die Feststellung zu enthalten, daß die Ausbildung im jeweiligen Ausbildungsfach mit oder ohne Erfolg zurückgelegt worden ist (Abs. 2).
Über eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung ist gemäß § 11 Ärztegesetz 1984 von der Österreichischen Ärztekammer ein Diplom auszustellen. Mit der Eintragung in die gemäß § 11a Ärztegesetz 1984 von der Österreichischen Ärztekammer zu führende Ärzteliste erwirbt der Arzt gemäß § 18 Ärztegesetz 1984 die Berechtigung zur Führung der entsprechenden Berufsbezeichnung wie auch eines auf eine spezielle Ausbildung im Rahmen eines Sonderfaches hinweisenden Zusatzes (Abs. 4 Z. 3).
Die beschwerdeführende Partei hält die Annahme der belangten Behörde, durch die vorgelegten Zeugnisse sei der Nachweis erbracht, daß sich die mitbeteiligte Partei erfolgreich einer ergänzenden speziellen Ausbildung in Gastroenterologie und Hepatologie unterzogen habe, für unzutreffend. In den weitwendigen Ausführungen wird zum einen geltend gemacht, daß eine Anrechnung gemäß § 9 Ärztegesetz 1984 von Ausbildungszeiten an der Universitätsklinik für Innere Medizin Innsbruck vor dem Inkrafttreten der ÄAO 1994 mangels einer anerkannten Ausbildungsstätte nicht in Betracht komme. Die Anerkennung der Organisationseinheit für Gastroenterologie der Universitätsklinik für Innere Medizin Innsbruck als Ausbildungsstätte für Gastroenterologie und Hepatologie sei erst mit Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 31. Oktober 1995, rückwirkend ab 5. März 1994, erfolgt. Zum anderen sei die belangte Behörde, was die Zeit ab 5. März 1994 anlange, in Anbetracht des Schreibens des Ausbildungsverantwortlichen vom 11. März 1996 zu Unrecht von der vollen Beweiskraft des Ausbildungszeugnisses vom 15. Februar 1996 ausgegangen.
Die Auffassung, in Ansehung inländischer Ausbildungszeiten der mitbeteiligten Partei vor dem 5. März 1994 komme mangels einer anerkannten Ausbildungsstätte eine Anrechnung im Sinne des § 9 Ärztegesetz 1984 nicht in Betracht, ist verfehlt. Nach dieser Bestimmung sind unter anderem im Inland absolvierte ärztliche Ausbildungszeiten unter der Voraussetzung der Gleichwertigkeit auf die für eine ergänzende spezielle Ausbildung auf einem Teilgebiet eines Sonderfaches vorgesehene Dauer anzurechnen. Die Anrechnung von Ausbildungszeiten gemäß § 9 Ärztegesetz 1984 als gleichwertig mit einer Ausbildung nach diesem Gesetz und der ÄAO 1994 kommt begrifflich nur bei Ausbildungen außerhalb einer nach dem Ärztegesetz 1984 anerkannten Ausbildungsstätte in Betracht. Bei Ausbildungen auf einer anerkannten Ausbildungsstätte stellt sich die Frage ihrer Anerkennung als gleichwertig gar nicht. (Bemerkt sei, daß im Beschwerdefall die Übergangsbestimmung des § 38 ÄAO 1994 nicht zum Tragen kommt, weil diese Bestimmung nur die - hier nicht vorliegenden - Fälle einer vor dem 5. März 1994 zurückgelegten einschlägigen Ausbildung oder zumindest dreijährigen Tätigkeit erfaßt. Daß darin von einer Anrechnung von Teilzeiten nicht die Rede ist, ist entgegen der offenbar gegenteiligen Ansicht der beschwerdeführenden Partei ohne Belang, weil es angesichts der Anrechnungsermächtigung des § 9 Ärztegesetz 1984 einer entsprechenden Ermächtigung durch die ÄAO 1994 nicht bedarf.)
Was den Nachweis der erfolgreich absolvierten Ausbildung der mitbeteiligten Partei in Gastroenterologie und Hepatologie nach dem 5. März 1994 anlangt, hat sich die belangte Behörde entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei zu Recht auf die Beweiskraft des Ausbildungszeugnisses vom 15. Februar 1996 gestützt. In diesem Zeugnis, das unter anderem vom Leiter der Universitätsklinik für Innere Medizin und vom Ausbildungsverantwortlichen, Universitätsprofessor Dr. J, gefertigt ist, wird iSd § 8 Abs. 1 Ärztegesetz 1984 ausdrücklich bestätigt, daß sich die mitbeteiligte Partei einer praktischen Ausbildung in Gastroenterologie und Hepatologie mit Erfolg unterzogen hat. Daß hiebei noch das "alte" Zeugnisformular (Anlage 24 zur Ärzte-Ausbildungsordnung 1974 statt der Anlage 50 zur ÄAO 1994, die die in der Anlage 14 Buchstabe F zu dieser Verordnung genannten Ausbildungsziele anführt) verwendet wurde, ist für die Beweiskraft dieser öffentlichen Urkunde ohne Belang. Diese Urkunde begründet zwar, wie die beschwerdeführende Partei zu Recht ausführt, bloß die - widerlegbare - Vermutung der Richtigkeit des Bezeugten. Die belangte Behörde hat aber im Ergebnis zu Recht im Schreiben des Ausbildungsverantwortlichen vom 11. März 1996 keine taugliche Widerlegung des Ausbildungszeugnisses vom 15. Februar 1996 erblickt. In diesem Schreiben findet sich kein ausdrücklicher Widerruf des im Ausbildungszeugnis Bezeugten und es wird darin auch nicht etwa dezidiert erklärt, die mitbeteiligte Partei habe sich der ergänzenden speziellen Ausbildung "ohne Erfolg" unterzogen. Dementsprechend finden sich in diesem Schreiben auch keinerlei Ausführungen dahin, daß die mitbeteiligte Partei in einzelnen Bereichen nicht über die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfüge und aus welchen Gründen der Ausbildungsverantwortliche nunmehr zu dieser im Widerspruch zur Feststellung im Ausbildungszeugnis stehenden Auffassung gelangt sei. Einer solchen detaillierten Begründung hätte es aber im gegebenen Zusammenhang zur Widerlegung der mit dem Zeugnis vom 15. Februar 1996 gegebenen Vermutung der erfolgreichen Ausbildung der mitbeteiligten Partei in Gastroenterologie und Hepatologie bedurft. Für deren Richtigkeit spricht überdies die von der beschwerdeführenden Partei außer acht gelassene, das Mindesterfordernis von drei Jahren erheblich übersteigende Dauer der Tätigkeit der mitbeteiligten Partei in Gastroenterologie und Hepatologie (insgesamt mehr als dreieinhalb Jahre ab dem Beginn der einschlägigen Tätigkeit in den USA bis 15. Februar 1996).
Dazu kommt, daß Prof. J. (ungeachtet der Rückwirkungserklärung) tatsächlich erst aufgrund des Anerkennungsbescheides der beschwerdeführenden Partei vom 31. Oktober 1995 als Ausbildungsverantwortlicher feststand. Bei Erlassung dieses Bescheides hatte die mitbeteiligte Partei aber bereits eine längere als die vorgeschriebene dreijährige einschlägige Tätigkeit aufzuweisen. Was die Zeit vor dem 5. März 1994 anlangt, ist zum einen Prof. J. nicht als Ausbildungsverantwortlicher anzusehen und war zum anderen noch kein verbindlicher Ausbildungsraster für das gegenständliche Teilgebiet festgelegt. Auch aufgrund dieser besonderen Umstände ist dem Schreiben des Prof. J. vom 11. März 1996, mit dem der Sache nach der Versuch einer Beurteilung der vom Genannten überblickten Tätigkeit der mitbeteiligten Partei anhand des Ausbildungsrasters unternommen wird, keine maßgebliche Bedeutung beizumessen.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 47 Abs. 4 VwGG findet u.a. in den Fällen des Art. 131 Abs. 2 B-VG für den Beschwerdeführer und die belangte Behörde kein Aufwandersatz statt.
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996110161.X00Im RIS seit
11.07.2001