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E000 EU- Recht allgemeinNorm
AVG §56Rechtssatz
Nach der bisherigen Rechtsprechung des VwGH musste die Eigenschaft als Familienangehöriger iSd § 2 Abs. 1 Z 9 NAG 2005 im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde bzw. des VwG vorliegen. Bestand sie zwar im Zeitpunkt der Antragstellung, ging sie aber vor der Entscheidung des VwG durch Erreichen der Volljährigkeit verloren, so war die besondere Erteilungsvoraussetzung der Eigenschaft als Familienangehöriger im aufgezeigten Sinn nicht mehr gegeben (vgl. VwGH 9.8.2018, Ra 2017/22/0071). Der EuGH hat im Urteil vom 16. Juli 2020, B.M.M. et al., C-133/19, C-136/19 und C-137/19, zur Auslegung des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2003/86/EG nunmehr ausgesprochen, dass Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG dahin auszulegen ist, dass der Zeitpunkt, auf den abzustellen ist, um zu bestimmen, ob ein unverheirateter Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser ein minderjähriges Kind im Sinne dieser Bestimmung ist, derjenige Zeitpunkt ist, zu dem der Antrag auf Einreise und Aufenthalt zum Zwecke der Familienzusammenführung für minderjährige Kinder gestellt wird, und nicht derjenige Zeitpunkt, zu dem durch die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, gegebenenfalls nachdem ein Rechtsbehelf gegen die Ablehnung eines solchen Antrags eingelegt wurde, über den Antrag entschieden wird. Vor dem Hintergrund dieses Urteils und der dadurch klargestellten Rechtslage hält der VwGH seine bisherige Rechtsprechung, wonach die Minderjährigkeit eines Kindes für die Bejahung der Eigenschaft als Familienangehöriger iSd § 2 Abs. 1 Z 9 NAG 2005 auch im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde bzw. des VwG vorliegen muss, nicht mehr aufrecht. Vielmehr ist bei der Beurteilung der Minderjährigkeit eines Kindes auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen.
Gerichtsentscheidung
EuGH 62019CJ0133 Belgischer Staat VORABSchlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Gemeinschaftsrecht Auslegung des Mitgliedstaatenrechtes EURallg2 Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3 Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2017220021.L04Im RIS seit
10.11.2020Zuletzt aktualisiert am
10.11.2020