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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §34 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über den Antrag der J Gesellschaft mbH in W, vertreten durch Dr. Peter Riedelsberger, Rechtsanwalt in Linz, Kaarstraße 2, auf Wiederaufnahme des mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1997, Zl. 97/11/0103, abgeschlossenen Verfahrens, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Dem Antrag wird nicht stattgegeben.
Begründung
In der zur hg. Zl. 97/11/0103 erhobenen, am 7. Mai 1997 zur Post gegebenen Beschwerde wurde ausgeführt, der angefochtene Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. März 1997 sei der Beschwerdeführerin am 25. März 1997 zugestellt worden.
Diese Beschwerde wurde mit hg. Beschluß vom 26. Juni 1997 gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückgewiesen.
Die seinerzeitige Beschwerdeführerin beantragt nunmehr die Wiederaufnahme dieses Beschwerdeverfahrens und führt aus, die den Bescheid vom 20. März 1997 enthaltende Sendung sei am 25. März 1997 zur Post gegeben und ihr erst am 26. März 1997 zugestellt worden. Zu der unrichtigen Angabe des Zustelldatums sei es dadurch gekommen, daß die Konzipientin des Beschwerdevertreters einen Beschwerdeentwurf (vom 29. April 1997) erstellt habe, der dem Beschwerdevertreter zur Kontrolle vorgelegt worden sei. Dieser habe alle Daten und Zahlen in diesem Entwurf sorgfältig geprüft und u.a. das mit 25. März 1997 angegebene Zustelldatum auf 26. März 1997 korrigiert. Das von der Konzipientin angenommene Datum "25.03.1997" sei damit erklärbar, daß der Beschwerdevertreter auf dem Bescheid vom 20. März 1997 "aufg. 25.03.1997 (zug. 26.03.1997)" vermerkt habe. Eine Überprüfung des berichtigten Beschwerdeschriftsatzes (vom 2. Mai 1997) habe ergeben, daß die Korrekturen tatsächlich durchgeführt worden seien. In der Folge seien am 5. Mai 1997 in der Beschwerde Änderungen vorgenommen worden, und zwar durch den Hinweis auf Lichtbilder und Korrektur der Zahl der Beilagen sowie der verzeichneten Stempelgebühren. Vor Unterfertigung der berichtigten Beschwerde (vom 5. Mai 1997) habe der Beschwerdevertreter diese Änderungen überprüft und darauf vertraut, daß der sonstige Beschwerdetext laut überprüftem Entwurf vom 2. Mai 1997 in der EDV unveränderbar abgespeichert worden sei. Irrtümlich seien die Änderungen des ausgedruckten Beschwerdeentwurfes vom 2. Mai 1997 nicht abgespeichert worden, sodaß beim neuerlichen Ausdruck der Beschwerde am 5. Mai 1997 wiederum der Text gemäß dem Entwurf vom 29. April 1997 aufgeschienen sei. Den Beschwerdevertreter (und die Beschwerdeführerin) treffe an der unrichtigen Angabe des Zustelldatums kein Verschulden, insbesondere da eine sorgfältige Kontrolle der Entwürfe bzw. der Überarbeitungen erfolgt sei. Es seien daher die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG gegeben.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn das Erkenntnis oder der Beschluß auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht. Maßgebend für die Entscheidung über den vorliegenden Wiederaufnahmeantrag ist demnach, ob die irrige Annahme der Versäumung der Beschwerdefrist von der Antragstellerin (der seinerzeitigen Beschwerdeführerin) verschuldet wurde, wobei ein Verschulden des anwaltlichen Vertreters einem solchen der Partei gleichzuhalten und dieser zuzurechnen ist (siehe den hg. Beschluß vom 22. September 1992, Zl. 92/08/0143, mwN).
Es kann dahinstehen, ob die im Wiederaufnahmeantrag enthaltenen Behauptungen den Tatsachen entsprechen - dem Antrag ist bloß ein Kuvert des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung angeschlossen, aus dem sich der Aufgabetag 25. März 1997 ergibt, nicht vorgelegt wurden hingegen die Beschwerdeentwürfe vom 29. April 1997 und vom 2. Mai 1997 und es wird zudem nicht aufgeklärt, warum sich auf der mit der Beschwerde vorgelegten Ablichtung des Bescheides nicht der im Wiederaufnahmeantrag genannte Vermerk des Beschwerdevertreters über den Zustelltag befindet -, denn selbst wenn man den behaupteten Sachverhalt der Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag zugrunde legt, kann diesem wegen des den Beschwerdevertreter treffenden Verschuldens an der unrichtigen Angabe des Zustelltages kein Erfolg beschieden sein. Einen anwaltlichen Vertreter einer beschwerdeführenden Partei trifft die Pflicht, vor der Unterfertigung der Beschwerde deren Inhalt zu kontrollieren (siehe dazu u.a. die hg. Beschlüsse vom 20. Mai 1981, VwSlg. Nr. 10.456/A, vom 25. März 1992, Zlen. 91/13/0051, 0052, vom 15. September 1992, Zl. 92/04/0185, vom 22. September 1992, Zl. 92/08/0143, und vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/20/0402). Im vorliegenden Fall war diese Kontrolle vor allem auch deshalb erforderlich, weil dem Beschwerdevertreter bewußt war, daß seine Konzipientin einen unrichtig ermittelten Zustelltag in den Beschwerdeentwurf aufgenommen hatte, und aufgrund der in der Kanzlei des Beschwerdevertreters verwendeten Textverarbeitung - folgt man den Angaben im Wiederaufnahmeantrag - nicht gewährleistet war, daß in einem Text bereits vorgenommene Änderungen in einem späteren Ausdruck auch tatsächlich wiedergegeben werden.
Da nach dem Gesagten den Beschwerdevertreter ein Verschulden an der unrichtigen Angabe des Zustelltages getroffen hat - auf den Grad des Verschuldens kommt es (anders als nach § 46 Abs. 1 VwGG) nicht an (siehe dazu u.a. die hg. Beschlüsse vom 22. Mai 1990, Zlen. 90/14/0067, 0068, und vom 9. November 1994, Zlen. 93/13/0089, 0090) -, war dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht stattzugeben.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997110197.X00Im RIS seit
20.11.2000