Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Martin Brenner und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. C*****, vertreten durch Gruböck & Lentschig Rechtsanwälte OG in Baden, 2. B*****, wegen 9.150 EUR sA (Revisionsinteresse 4.575 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 30. März 2020, GZ 58 R 86/19y-29, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 14. Juni 2019, GZ 8 C 416/17d-25, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung nunmehr zu lauten hat:
„Der Erstbeklagte ist schuldig, der Klägerin 9.150 EUR samt 4 % Zinsen seit 9. 1. 2017 binnen 14 Tagen zu zahlen, und zwar zur ungeteilten Hand mit der Zweitbeklagten (Zahlungsbefehl des Bezirksgerichts Baden vom 14. 7. 2017, GZ 8 C 416/17d-2).
Das Mehrbegehren, der Erstbeklagte sei schuldig, der Klägerin 9.150 EUR samt 4 % Zinsen seit 9. 1. 2017 binnen 14 Tagen ohne Berücksichtigung dieser Solidarhaftung mit der Zweitbeklagten zu zahlen, wird abgewiesen.
Der Erstbeklagte ist weiters schuldig, der Klägerin die mit 4.070,66 EUR (darin 570,86 EUR Umsatzsteuer und 645,50 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen, und zwar hinsichtlich eines Teilbetrags von 1.622,14 EUR (darin 140,74 EUR Umsatzsteuer und 777,70 EUR Barauslagen) zur ungeteilten Hand mit der Zweitbeklagten (Zahlungsbefehl des Bezirksgerichts Baden vom 14. 7. 2017, GZ 8 C 416/17d-2).“
Der Erstbeklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 2.675,14 EUR (darin 314,77 EUR Umsatzsteuer und 786,50 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagten waren jeweils Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ *****, Katastralgemeinde *****, mit der Adresse *****, auf der ein Einfamilienhaus errichtet ist. Sie wollten die Liegenschaft verkaufen und wendeten sich deshalb im Jahr 2016 zum Zwecke der Vermittlung des Verkaufs an die klagende Immobilienmaklerin.
Am 25. 8. 2016 kam es zu einem Treffen zwischen der Zweitbeklagten und einer Mitarbeiterin der Klägerin, bei dem die Zweitbeklagte einen Alleinvermittlungsauftrag gültig bis 24. 2. 2017 unterfertigte. Als Vermittlungsobjekt ist darin „EFH“ (= Einfamilienhaus) in T***** zu einem Kaufpreis von 320.000 EUR angeführt und die Abgeberprovision mit 2,5 % zzgl 20 % Umsatzsteuer des im Kaufvertrag vereinbarten Kaufpreises festgehalten. Unter „Besondere Provisionsvereinbarungen“ wird unter anderem vereinbart, dass der Auftraggeber für die Dauer des Alleinvermittlungsauftrags die genannte Provision auch zu zahlen hat, falls er den Alleinvermittlungsauftrag vertragswidrig ohne wichtigen Grund vorzeitig auflöst. Am 27. 9. 2016 unterfertigte auch der Erstbeklagte den Alleinvermittlungsauftrag.
Vor der Unterfertigung durch den Erstbeklagten hatte die Mitarbeiterin mitgeteilt, dass sie den Wert der Liegenschaft auf 260.000 bis 270.000 EUR schätze, und hatte der Erstbeklagte gemeint, dass es schön wäre, wenn ein Verkaufspreis von 300.000 EUR erzielt werden könnte. Der Erstbeklagte und die Mitarbeiterin hatten außerdem darüber gesprochen, dass die Liegenschaft mit 320.000 EUR im Internet zum Verkauf angeboten werden solle. Auch in weiterer Folge trat im Verhältnis der Vertragsteile zueinander bei allen Gesprächen, Telefonaten und Terminen für die Klägerin die Mitarbeiterin und für die Beklagten als Auftraggeber der Erstbeklagte in Erscheinung.
Die Mitarbeiterin brachte daraufhin am Zaun der Liegenschaft ein Verkaufsschild an, auf dem der Schriftzug „Haus zu verkaufen“, ein Hinweis auf die Klägerin als beauftragte Immobilienmaklerin und deren Kontaktdaten aufschienen. Der Erstbeklagte händigte der Mitarbeiterin Schlüssel für den Zutritt zur Liegenschaft und zum Haus aus, damit diese in der Lage war, die Liegenschaft mit potentiellen Käufern zu besichtigen.
Die Klägerin bot die Liegenschaft auf ihrer Webseite für 320.000 EUR zum Verkauf an, woraufhin bei ihr mehrere Kaufangebote einlangten, in denen Kaufpreise von 260.000 bis 290.000 EUR und in einem Fall von 300.000 EUR angeboten wurden. Die Mitarbeiterin leitete diese Kaufanbote an den Erstbeklagten weiter und führte zahlreiche Liegenschaftsbesichtigungen mit potentiellen Käufern durch. Zum Kaufanbot über 300.000 EUR meinte der Erstbeklagte gegenüber der Mitarbeiterin, dass es schön wäre, wenn ein um ein paar tausend Euro höherer Verkaufspreis erzielt werden könnte.
Die Mitarbeiterin der Klägerin kontaktierte den Erstbeklagten spätestens am 23. 11. 2016 telefonisch und teilte ihm mit, dass sie die bislang eingelangten Angebote gerne persönlich mit ihm besprechen würde, worauf man sich auf ein Treffen am 24. 11. 2016 einigte. Spätestens bei diesem Telefonat sagte der Erstbeklagte zur Mitarbeiterin, dass er sich mit dem Gedanken trage, die Liegenschaft nicht zu verkaufen, weshalb die Mitarbeiterin dem Erstbeklagten noch am 23. 11. 2016 eine E-Mail sandte, die auszugsweise lautet:
[...]
Ich habe Rücksprache mit der Geschäftsleitung gehalten: Für den Fall, dass Sie das Haus nicht mehr verkaufen möchten, benötige ich zu allererst eine offizielle schriftliche Kündigung des Alleinvermittlungsauftrags durch Sie und durch [die Zweitbeklagte]. Des weiteren ergäbe sich durch Ihre Entscheidung ein Verlust für die [Klägerin] von insgesamt 17.000 EUR netto, insofern müssten wir Ihnen die volle Abgeberprovision in Höhe von 3 % (bei derzeit höchstem Kaufanbot: 9.000 EUR) plus Umsatzsteuer verrechnen.
[...]
Ich halte mir morgen Donnerstag um 10:00 Uhr den Termin wie vereinbart frei, damit eine Entscheidung getroffen werden kann.
Am selben Tag besserte ein Interessent den Kaufpreis auf 305.000 EUR nach und wurde ein weiteres Kaufanbot gelegt, in dem ein Interessent ebenfalls 305.000 EUR bot. Die Mitarbeiterin setzte den Erstbeklagten von einem der beiden Kaufanbote ebenfalls noch am 23. 11. 2016 per E-Mail in Kenntnis.
Bei ihrem Treffen am 24. 11. 2016 setzte die Mitarbeiterin den Erstbeklagten davon in Kenntnis, dass mittlerweile ein zweites Kaufanbot über einen Kaufpreis von 305.000 EUR eingelangt sei, worauf der Erstbeklagte meinte, dass zwar die beiden Kaufanbote höher ausgefallen seien, als er sich dies insgeheim erhofft gehabt habe, er jedoch ungeachtet dessen keines der Angebote annehmen möchte, weil er sich überlege, die Liegenschaft fortan selbst zu nutzen. Über Nachfrage der Mitarbeiterin, was der Erstbeklagte nun konkret zu tun gedenke, sagte dieser, er wolle die Liegenschaft nicht mehr verkaufen, sondern die Liegenschaft für eigene Zwecke nutzen, und forderte die Mitarbeiterin auf, das am Zaun der Liegenschaft angebrachte Verkaufsschild abzumontieren und ihm die zur Verfügung gestellten Schlüssel (für die Liegenschaft und das Haus) zurückzustellen. Daraufhin montierte die Mitarbeiterin zwar sogleich das Verkaufsschild ab und packte dieses in ihr Auto, vergaß jedoch darauf, dem Erstbeklagten die Schlüssel (für die Liegenschaft und das Haus) auszuhändigen.
Am 25. 11. 2016 sandte die Mitarbeiterin dem Erstbeklagten eine E-Mail, der das zweite Kaufanbot über 305.000 EUR angeschlossen war und die auszugsweise lautete:
[...] Der Korrektheit halber sende ich Ihnen noch das letzte Kaufanbot, welches ich gestern bei unserem Treffen auf meinem Handy erhalten habe. Bitte vergessen Sie nicht, mir rasch Ihre (und [der Zweitbeklagten]) Kündigung zu schicken!
Darauf antwortete der Erstbeklagte mit E-Mail vom selben Tag:
Danke für das Anbot, ich werde versuchen, [die Zweitbeklagte] am Wochenende zu erreichen, um sie unterschreiben zu lassen. Bevor ich ihnen eine Kündigung zuschicke, möchte ich jedoch mit ihrer Geschäftsleitung eine Einigung hinsichtlich der Provisionshöhe treffen.
PS: Bitte schmeißen Sie mir bei Gelegenheit die Hausschlüssel in den Briefkasten.
Letzterem kam die Mitarbeiterin unverzüglich nach, sandte jedoch noch am 25. 11. 2016 eine E-Mail an die Zweitbeklagte, dem die beiden Kaufanbote über 305.000 EUR angeschlossen waren und das auszugsweise lautete:
Ich hatte gestern ein persönliches Gespräch mit [dem Erstbeklagten], der mir mitgeteilt hat, [dass] er Ihre gemeinsame Liegenschaft nun doch nicht verkaufen möchte. Ich habe zuletzt (vorgestern) zwei Kaufanbote über 305.000 EUR erhalten und diese gestern [dem Erstbeklagten] auch vorgelegt.
[...]
Da sie beide grundbücherliche Eigentümer dieser Liegenschaft sind, müssen Sie beide sich über das Vorgehen, was diese Liegenschaft betrifft, einig sein. Da [der Erstbeklagte] nun nicht mehr verkaufen will, benötige ich auch von Ihnen eine schriftliche Kündigung meines Verkaufsauftrags. Leider müssen wir Ihnen aufgrund der vorzeitigen Kündigung auch die volle Abgeberprovision in Höhe von 3 % des zuletzt höchsten Kaufanbots (9.150 EUR plus Umsatzsteuer) in Rechnung stellen.
Darauf antwortete die Zweitbeklagte der Mitarbeiterin per E-Mail, dass sie die Liegenschaft weiterhin verkaufen möchte, woraufhin die Klägerin beiden Beklagten am 29. 11. 2016 eine E-Mail sandte, die auszugsweise lautete:
[...]
Um unsere Aktivitäten einstellen und die Kaufinteressenten endgültig informieren zu können, ist es notwendig, dass uns jede Partei eine schriftliche Kündigung übermittelt. Sie sind je zur Hälfte Eigentümer, haben uns beide mit dem Verkauf der Liegenschaft beauftragt und müssen sich daher auch bei der Kündigung des Auftrags einig sein.
Der Ordnung halber dürfen wir festhalten, dass Sie durch die vorzeitige Auflösung des Vermittlungsauftrags die Ausführung wider Treu und Glauben vereiteln und uns dadurch ein Gesamtschaden von netto 18.300 EUR an entgangenen Provisionen entsteht. Für Ihren Anteil in der Höhe von 9.150 EUR [plus Umsatzsteuer] sind Sie provisionspflichtig.
In der Folge gaben die Beklagten gegenüber der Klägerin zu keiner Zeit übereinstimmend an, ob sie die weitere Vermittlungstätigkeit wünschten oder nicht und ging der Klägerin weder vom Erst- noch von der Zweitbeklagten eine mündliche oder schriftliche Erklärung zu, die – bezogen auf den erteilten Alleinvermittlungsauftrag und isoliert von früheren mündlichen Aussagen oder schriftlichen Erklärungen betrachtet – als Kündigungserklärung bzw als Rücktritts- oder sonstige Auflösungs-/Beendigungserklärung hätte verstanden werden können. Die Klägerin setzte nach dem 24. 11. 2016 keine weiteren Verkaufsaktivitäten und sagte den beiden Kaufinteressenten, die ein Anbot über 305.000 EUR gelegt hatten, dass die Liegenschaft nicht mehr zum Verkauf stehe.
Seit Februar 2017 wohnt der Erstbeklagte – gemeinsam mit seiner nunmehrigen Lebensgefährtin – (wieder) auf der Liegenschaft; im Jänner 2017 hatte er mit den Umzugsarbeiten begonnen. Die Zweitbeklagte verkaufte ihren Hälfteanteil an der Liegenschaft Anfang Jänner 2019 an den Erstbeklagten.
Die Klägerin hatte dem Erstbeklagten spätestens am 29. 12. 2016 eine Rechnung übermittelt, in der sie einen Provisionsanspruch in Höhe von 9.150 EUR zuzüglich Umsatzsteuer geltend machte.
Mit Zahlungsbefehl vom 14. 7. 2017 verpflichtete das Erstgericht die Beklagten zur Zahlung von 10.980 EUR samt Zinsen an Provision aufgrund des vom Erstbeklagten überraschend und mündlich aufgekündigten Alleinvermittlungsauftrags an die Klägerin; dieser Zahlungsbefehl erwuchs gegenüber der Zweitbeklagten in Rechtskraft.
Der Erstbeklagte wendete hingegen ein, die Klägerin sei für die Beklagten nicht verdienstlich geworden, habe sie doch kein einziges Kaufanbot erzielt, das den vertraglich vereinbarten Kaufpreis von 320.000 EUR erreicht hätte. Er habe auch zu keinem Zeitpunkt eine Kündigung ausgesprochen, weder mündlich noch schriftlich; sogar nach aktiver Aufforderung der Klägerin, eine Kündigung auszusprechen, habe er den Maklervertrag nicht gekündigt. Der Erstbeklagte wäre als bloßer Hälfteeigentümer der Liegenschaft auch nicht berechtigt gewesen, den Auftrag, welcher ursprünglich von der Zweitbeklagten erteilt worden war, allein zu kündigen; eine Kündigung durch beide Auftraggeber sei jedoch nicht erfolgt. Die von der Klägerin behauptete Anscheinsvollmacht liege nicht vor; dies erhelle schon daraus, dass die Zweitbeklagte der Klägerin mitgeteilt habe, am weiteren Verkauf interessiert zu sein. Tatsächlich sei deshalb die Klägerin vertragsbrüchig geworden, indem sie ohne eine Kündigung und ohne Zustimmung des Erstbeklagten sämtliche Tätigkeiten eingestellt habe.
Das Erstgericht verpflichtete den Erstbeklagten zur Zahlung von 9.150 EUR samt Zinsen. Die vom Erstbeklagten ausgesprochene „Kündigung“ hätte zwar selbst dann keine Beendigung des Vertragsverhältnisses bewirkt, wenn sie auch durch oder im Namen der Zweitbeklagten erfolgt wäre. Der Erstbeklagte habe aber durch sein Verhalten den Alleinvermittlungsauftrag iSd § 15 Abs 2 Z 1 MaklerG „vertragswidrig ohne wichtigen Grund vorzeitig aufgelöst“ (oder besser gesagt: aufzulösen versucht) und damit bewirkt, dass die Klägerin keine weitere Vermittlungstätigkeit mehr habe setzen können; so sei es ihr etwa nach der – über Aufforderung des Erstbeklagten erfolgten – Rückstellung der Schlüssel nicht mehr möglich gewesen, die Liegenschaft mit potentiellen Käufern zu begehen, außerdem hätte eine Vermittlung der Liegenschaft auch keinen Sinn mehr gehabt, weil aufgrund der Erklärung des Erstbeklagten, nicht mehr verkaufen zu wollen, eine weitere Tätigkeit der Klägerin zu keinem Erfolg (= Verkauf der Liegenschaft) hätte führen können. Dass die „Kündigung“ nur vom Erstbeklagten, nicht jedoch auch von der Zweitbeklagten ausgesprochen wurde, sei unerheblich, weil § 15 Abs 2 Z 1 MaklerG nicht an eine wirksame Vertragsauflösung anknüpfe, sondern ganz im Gegenteil davon ausgehe, dass der Vertrag infolge unwirksamer „Kündigung“ weiter bestehe; die Bestimmung knüpfe an ein vertrags-/rechtswidriges Verhalten des Vertragspartners an, wobei es ausreiche, wenn sich einer der Auftraggeber vertragsbrüchig verhält.
Das Berufungsgericht verpflichtete den Erstbeklagten zur Zahlung von 4.575 EUR samt Zinsen zur ungeteilten Hand mit der Zweitbeklagten und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig ist; es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage eines Provisionsanspruchs nach § 15 Abs 2 Z 1 MaklerG im Fall eines von zwei Miteigentümern gemeinsam erteilten Alleinvermittlungsauftrags zur Verwertung der Gesamtliegenschaft.
In der Sache selbst vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, der Erstbeklagte habe durch seine Erklärung, nicht mehr verkaufen zu wollen, den Alleinvermittlungsauftrag iSd § 15 Abs 2 Z 1 MaklerG ohne wichtigen Grund aufgelöst. Allerdings sei eine Auflösung durch die Zweitbeklagte nicht einmal behauptet worden, sondern sei diese bis zuletzt an einem Verkauf ihres Hälfteanteils interessiert gewesen und sei dieser letztlich auch erfolgt. Damit sei zwar die Vertragsauflösung durch den Erstbeklagten nicht unwirksam gewesen, habe doch die Zweitbeklagte ohne Mitwirkung und Zustimmung des Erstbeklagten nicht die gesamte Liegenschaft verkaufen können. Eine gemeinsame Beauftragung (im Wege eines gemeinsam unterschriebenen Formulars) hindere aber nicht die gesonderte Vertragsauflösung, sei doch jeder Miteigentümer einerseits nur berechtigt, über seinen Liegenschaftsanteil zu verfügen, und andererseits nicht in der Lage, Verfügungen über fremde Liegenschaftsanteile zu treffen. Für eine Auflösung des Maklervertrags durch den Erstbeklagten auch hinsichtlich des Hälfteanteils der Zweitbeklagten habe es keinen wie immer gearteten Anschein gegeben. Der Erstbeklagte habe durch die Auflösung seines Alleinvermittlungsauftrags nur die Vermittlung seines Hälfteanteils vereiteln können, weshalb er – ungeachtet der solidarischen Haftung von Miteigentümern für die Maklerprovision – auch nur die entgangene Provision bezüglich des Hälfteanteils als Konventionalstrafe schulde.
Rechtliche Beurteilung
Die ordentliche Revision der Klägerin ist zulässig; sie ist auch teilweise berechtigt.
1. Die Klägerin stützt ihren (vollen) Provisionsanspruch (auch) im Revisionsverfahren ausschließlich auf § 15 Abs 2 Z 1 MaklerG. Nach dieser Bestimmung kann eine Leistung nach Abs 1 (Leistung eines Betrags als Entschädigung oder Ersatz für Aufwendungen und Mühewaltung auch ohne einen dem Makler zurechenbaren Vermittlungserfolg bis zur Höhe der vereinbarten oder ortsüblichen Provision) bei einem Alleinvermittlungsauftrag für den Fall vereinbart werden – und dies haben die Streitteile hier auch getan –, dass der Alleinvermittlungsauftrag vom Auftraggeber vertragswidrig ohne wichtigen Grund vorzeitig aufgelöst wird, wovon die Vorinstanzen übereinstimmend ausgegangen sind und was vom Erstbeklagten im Revisionsverfahren auch nicht (mehr) bekämpft wird. Die Argumentation der Revision der Klägerin lässt sich dahin zusammenfassen, dass im vorliegenden Fall ein von beiden Miteigentümern, den Beklagten, gemeinsam erteilter Alleinvermittlungsauftrag zur Verwertung der Gesamtliegenschaft vorgelegen habe und dass der Erstbeklagte durch sein Verhalten die Ausführung des gesamten Vermittlungsauftrags vereitelt habe, weshalb er auch für die gesamte entgangene Provision hafte.
2. Zu § 15 Abs 2 Z 1 MaklerG hat der Oberste Gerichtshof bereits klargestellt, dass dann, wenn der Auftraggeber mitteilt, keine weitere Vermittlungstätigkeit mehr zu wollen, dies als vorzeitige Auflösung des Alleinvermittlungsauftrags ohne wichtigen Grund aufzufassen ist (1 Ob 264/00f); eine solche Erklärung stellt eine Vertragsverletzung durch den Auftraggeber dar, für welche ein Provisionsanspruch des Maklers vereinbart werden kann (Kothbauer in GeKo Wohnrecht II § 15 MaklerG Rz 42) und hier auch wurde.
3. Nach der Entscheidung 1 Ob 558/92 haften bei einem Vermittlungsauftrag, der von einem Miteigentümer nicht nur im eigenen Namen, sondern auch als Stellvertreter der anderen Miteigentümer erteilt wird, sämtliche Miteigentümer für die gesamte Vermittlungsprovision solidarisch, und es schuldet nicht jeder nur einen seiner Miteigentumsquote entsprechenden Anteil. Im vorliegenden Fall unterfertigten beide Beklagte (jeweils Hälftemiteigentümer) zeitlich versetzt den Alleinvermittlungsauftrag betreffend das Vermittlungsobjekt „EFH“ mit einem Kaufpreis von 320.000 EUR.
Auch bei Teilbarkeit der geschuldeten (geforderten) Leistung kommt es entscheidend auf den Willen der Parteien an (vgl Gamerith/Wendehorst in Rummel/Lukas, ABGB4 § 889 ABGB Rz 3 f), wobei das Schuldverhältnis selbst nur in den seltensten Fällen teilbar sein wird; in Wahrheit lägen in einem solchen Fall dann überhaupt zwei selbständige Schuldverhältnisse vor (Gamerith/Wendehorst aaO Rz 11; vgl auch Perner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 888 ABGB Rz 15). Für den vorliegenden Fall ist deshalb entscheidend, ob zwei Vermittlungsaufträge jeweils über den Hälfteanteil erteilt wurden oder ob ein einheitlicher Vermittlungsauftrag über die Gesamtliegenschaft vorliegt. Dafür, dass – wie von der Klägerin behauptet und vom Erstgericht angenommen – im vorliegenden Fall Gegenstand der Vermittlung die Liegenschaft als Ganzes sein sollte und nicht die jeweiligen Miteigentumsanteile (vgl auch 3 Ob 56/10x; 4 Ob 184/07y), spricht nach Auffassung des erkennenden Senats neben dem Umstand, dass der Auftrag über das „EFH“ in einer einzigen Urkunde erteilt wurde, auch die Anführung eines (Gesamt-)Kaufpreises, wird doch die Gesamtliegenschaft bei einer einheitlichen Verwertung in aller Regel einen höheren Wert haben als die Summe von zwei Hälfteanteilen (es ist gerichtsnotorisch, dass einzelne Miteigentumsanteile generell nur schwer veräußerbar sind).
4. Der Erstbeklagte verlangte von der Mitarbeiterin der Klägerin anlässlich seines Widerrufs des Auftrags, dass sie das am Zaun der Liegenschaft angebrachte Verkaufsschild abmontieren und ihm die zur Verfügung gestellten Schlüssel zurückgeben solle, womit der Erstbeklagte im Ergebnis den Verkauf der gesamten Liegenschaft und nicht nur den seines eigenen Miteigentumsanteils vereitelte. Da – wie bereits ausgeführt – die vorzeitige Auflösung ohne wichtigen Grund eine Vertragsverletzung darstellt und damit rechtswidrig ist, überzeugen die Ausführungen des Erstgerichts, wonach der Erstbeklagte dann auch für die gesamte entgangene Provision einzustehen hat. In diesem Sinne ist auch das Argument der Revision überzeugend, wonach sich das gewünschte Geschäft – nämlich der Verkauf der Gesamtliegenschaft – nicht mehr bewerkstelligen lässt, wenn auch nur einer der Miteigentümer seine Meinung ändert und von seinem Verkaufswunsch absieht. Dass die Zweitbeklagte weiterhin an einem Verkauf interessiert gewesen sei, mag zwar zutreffen; die Erfüllung des ursprünglich erteilten Auftrags, nämlich der Verkauf der Gesamtliegenschaft, war jedoch aufgrund der Meinungsänderung des Erstbeklagten nicht mehr möglich.
5. Damit war aber die Entscheidung des Berufungsgerichts dahin abzuändern, dass der Klägerin (auch) gegenüber dem Erstbeklagten der gesamte Provisionsanspruch, dessen Höhe nicht strittig ist, zusteht. Allerdings konnte der Revision der Klägerin, die eine Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen dahin, dass dem (gemeint: eingeschränkten) Klagebegehren vollinhaltlich stattgeben werde, nicht zur Gänze gefolgt werden, ging sie selbst doch bereits im Verfahren erster Instanz zutreffend davon aus, dass die beiden Beklagten solidarisch haften; die Klägerin hat – insoweit folgerichtig – im Revisionsverfahren auch den Ausspruch einer solidarischen Haftung durch das Berufungsgericht nicht bekämpft. Damit war aber spruchmäßig klarzustellen, dass die Beklagten hinsichtlich 9.150 EUR samt 4 % Zinsen seit 9. 1. 2017 und hinsichtlich der Kosten der Mahnklage solidarisch haften.
6. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf § 43 Abs 2 ZPO, jene über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf §§ 43 Abs 2, 50 ZPO. Die Klägerin war – wie bereits dargestellt – zwar mit ihrem (eingeschränkten) Zahlungsbegehren erfolgreich, hat bei dessen Formulierung jedoch übersehen, dass die Beklagten lediglich solidarisch haften. Allerdings konnte sich die dadurch notwendig gewordene verhältnismäßig geringfügige Teilabweisung des Klagebegehrens kostenmäßig nicht zu ihrem Nachteil auswirken.
Textnummer
E129571European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0060OB00157.20M.0916.000Im RIS seit
10.11.2020Zuletzt aktualisiert am
17.06.2021