TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/8 96/21/0738

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Veröffentlicht am 08.10.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §6 Abs1;
AsylG 1991 §7 Abs1;
AsylG 1991 §9 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs2 Z4;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §54;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des (am 2. Jänner 1972 geborenen) AS, vertreten durch Dr. Mario Schiavon, Rechtsanwalt in Wien I, Georg-Coch-Platz 3/4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 15. März 1996, Zl. Fr 552/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Ghana, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 FrG ausgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer am 28. Dezember 1995 illegal in das Bundesgebiet eingereist sei. Er sei nicht im Besitze eines Reisedokumentes bzw. einer Aufenthaltsberechtigung. Da mit Ghana kein Sichtvermerksabkommen bestehe, sei der Beschwerdeführer zur sichtvermerksfreien Einreise in das Bundesgebiet nicht berechtigt. Der Beschwerdeführer sei innerhalb eines Monats nach seiner Einreise betreten worden. Der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG sei erfüllt.

Der am 5. Jänner 1996 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers sei gemäß § 3 Asylgesetz 1991 abgewiesen worden. Nach dieser Bestimmung sei einem Asylantrag nur dann stattzugeben, wenn es sich bei dem Asylwerber um einen Flüchtling handelt und der Tatbestand der direkten Einreise vorliege. Beim Beschwerdeführer liege eine direkte Einreise nicht vor. Der rechtskräftige Abschluß des Asylverfahrens sei für die Zuständigkeit der belangten Behörde nicht erforderlich.

Die Behörde erster Instanz habe festgestellt, daß der Beschwerdeführer die Mittel zu seinem Unterhalt nicht besitze. In der Berufung gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer ausgeführt, daß ihm die Caritas Unterhalt und Unterkunft gewähre. Dieser Umstand sei nach Auffassung der belangten Behörde für die Erbringung des Nachweises der Mittel zum Unterhalt nicht als ausreichend anzusehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht, sich rechtmäßig bis zur endgültigen Entscheidung über seinen Asylantrag in Österreich aufzuhalten und bis zu diesem Zeitpunkt auch nicht aus Österreich ausgewiesen zu werden, verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes darin erblickt, daß die belangte Behörde von einem rechtskräftigen negativen Abschluß des Asylverfahrens ausgegangen sei, ist er auf die gegenteiligen Feststellungen im angefochtenen Bescheid (Seite 3) zu verweisen, wonach die belangte Behörde ausdrücklich ausführt, daß der rechtskräftige Abschluß des Asylverfahrens nicht erforderlich ist.

Die Ausführungen des Beschwerdeführers, daß er "sehr wohl der Paß- und Sichtvermerkspflicht im Hinblick auf seine besondere Situation entspreche, sich der Grenzkontrolle gestellt habe und daher sich rechtmäßig in Österreich aufhalte", sind nicht nachvollziehbar. Der Beschwerdeführer hat nach Ausweis der Verwaltungsakten angegeben, ohne Reisepaß und auch ohne erforderliche Aufenthaltsberechtigung in das Bundesgebiet eingereist zu sein. Ausgehend von diesen unstrittigen Tatsachen ist die unsubstantiierte gegenteilige Behauptung in der Beschwerde nicht recht verständlich.

Ausgehend von der Einreise ohne erforderliche Aufenthaltsberechtigung und Reisepaß ist die Auffassung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG erfüllt ist, dem Gesetz entsprechend.

Die belangte Behörde hat bei Anwendung des § 17 Abs. 2 FrG Ermessen zu üben. Die Ermessensübung der Behörde hat sich aber davon leiten zu lassen, von welchem Gewicht die Störung der öffentlichen Ordnung ist. Andere Umstände hat die Behörde bei der Ermessensübung nicht zu berücksichtigen, insbesondere ist es ihr verwehrt, auf allenfalls für den Fremden sprechende Umstände im Sinne der §§ 19 und 20 FrG Bedacht zu nehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1996, Zl. 96/21/0008). Bereits aufgrund der Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG ist die Ausweisung unter Berücksichtigung des hohen Stellenwertes, der den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten zukommt, gerechtfertigt. Konnte die belangte Behörde die Ausweisung zutreffend auf § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG stützen, kann es dahingestellt bleiben, ob auch der weitere herangezogene Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 4 FrG erfüllt ist.

Gemäß § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 sind die Bestimmungen des § 17 FrG auf den Beschwerdeführer anwendbar, wenn ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 nicht zukommt. Die Auffassung im angefochtenen Bescheid, daß dem Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 nicht zukommt, ist entgegen der Ansicht in der Beschwerde unbedenklich: Der Beschwerdeführer reiste nach seinen eigenen Angaben über Nigeria, Togo, Benin, Bulgarien und Tschechien nach Österreich, er gelangte daher weder "direkt" aus einem Gebiet, wo sein Leben oder seine Freiheit im Sinne des Art. 1 der Genfer Flüchtingskonvention bedroht war (Art. 31 Z. 1 der Konvention), noch "direkt" aus dem Staat, in dem er behauptete, insoweit Verfolgung befürchten zu müssen nach Österreich (§ 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991); ferner liegt auch kein Anhaltspunkt für die Annahme vor, er hätte gemäß § 37 Fremdengesetz wegen Vorliegens der dort genannten Gründe nicht in den Staat, aus dem er direkt einreiste (Tschechien) zurückgewiesen werden dürfen und es wäre ihm die Einreise gestattet worden oder zu gestatten gewesen (§ 6 Abs. 2 zweiter Fall Asylgesetz 1991). Ein allenfalls fristgerechter Asylantrag konnte daher dem Beschwerdeführer keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 verschaffen.

Soweit der Beschwerdeführer die ihm in seinem Heimatland drohenden Gefahren aufzeigt, ist er auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Bescheid zu verweisen, wonach dies nicht Gegenstand des Ausweisungsverfahrens ist. Die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in seinen Heimatstaat ist in einem gesonderten Verfahren nach § 54 FrG zu prüfen, welches nach Ausweis der Aktenlage über Antrag des Beschwerdeführers bereits eingeleitet wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996210738.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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