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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §17 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der (am 3. Jänner 1956 geborenen) ÜK, vertreten durch Dr. Alexander Kragora, Rechtsanwalt in Wien I, An der Hülben 4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 30. September 1996, Zl. Fr 2042/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) wurde die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, gemäß § 17 Abs. 1 FrG ausgewiesen.
Die Beschwerdeführerin sei am 13. Juli 1993 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Sie habe gewußt, daß sie für die Einreise nach und den Aufenthalt in Österreich einen Sichtvermerk benötige, habe jedoch keinen beantragt. Am 19. November 1993 habe sie einen türkischen Staatsangehörigen geheiratet. Sie habe über ihren Ehegatten ein "Familienvisum" beantragen wollen. Da sie jedoch noch kein "Familienbuch" gehabt habe, ihr Ehegatte arbeitslos und daher mittellos gewesen sei, habe sich die Antragstellung hinausgezögert.
Am 28. Juni 1994 sei die Beschwerdeführerin wegen Übertretung des Meldegesetzes angezeigt worden, weil sie sich seit April 1994 an einer Anschrift aufgehalten habe, ohne der gesetzlichen Meldepflicht nachzukommen. Bereits am 15. April 1996 sei sie angezeigt worden, weil sie sich seit 1993 im Bundesgebiet aufhalte, ohne einen Sichtvermerk oder eine Aufenthaltsbewilligung zu besitzen; auch damals sei sie wegen Übertretung des Meldegesetzes angezeigt worden. Sie habe einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz gestellt, das Verfahren sei darüber jedoch noch nicht abgeschlossen.
Der Ehegatte der Beschwerdeführerin halte sich legal in Österreich auf. Die Beschwerdeführerin habe am 2. August 1995 ein eheliches Kind zur Welt gebracht.
Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin sei ein rechtswidriger, der als Übertretung des Fremdengesetzes von nicht unerheblicher Bedeutung sei. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde bleibt die Ansicht der belangten Behörde, daß sich die Beschwerdeführerin unrechtmäßig in Österreich aufhalte, unbekämpft. Auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid bestehen gegen die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde keine Bedenken. Die Ausweisung ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht deswegen unzulässig, weil das Verfahren auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz noch anhängig ist. Ausgehend von den unbestrittenen Feststellungen handelt es sich um einen Erstantrag nach dem Aufenthaltsgesetz, sodaß § 17 Abs. 4 FrG unanwendbar ist.
Die Beschwerde hält die Ausweisung für rechtswidrig, weil auf § 19 FrG nicht hinlänglich Bedacht genommen worden sei. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin sei ganztägig berufstätig und könne daher nicht auf das etwa einjährige Kind, welches in Österreich aufenthaltsberechtigt sei, aufpassen. Da es sonst niemanden gäbe, der die Haushaltsführung und die Kindesbetreuung übernehmen könne, stelle die Ausweisung einen unangemessenen Eingriff nicht nur in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin, sondern auch in das ihres Ehegatten und ihres Kindes dar.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Die belangte Behörde hat die privaten und familiären Verhältnisse der Beschwerdeführerin im Rahmen der Abwägung nach § 19 FrG zu ihren Gunsten berücksichtigt und zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in ihr Privat- und Familienleben angenommen. Sie hat diesem Eingriff das nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. Februar 1997, Zl. 97/18/0043, und vom 21. Mai 1997, Zlen. 97/21/0199, AW 97/21/0159) gegenübergestellt. Wenn sie dem genannten öffentlichen Interesse den Vorrang eingeräumt hat, so vermag der Verwaltungsgerichtshof darin keine Rechtswidrigkeit zu erblicken. Das öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens wurde nämlich durch das Fehlverhalten der Beschwerdeführerin gravierend beeinträchtigt, weil sowohl ihre Einreise als auch der anschließende Aufenthalt rechtswidrig sind.
Demgegenüber ist das Interesse der Beschwerdeführerin an einem Verbleiben im Bundesgebiet zwar durchaus gewichtig. Es ist aber keineswegs so stark ausgeprägt, daß das maßgebliche gegenläufige öffentliche Interesse in den Hintergrund zu treten hätte. Das Gewicht der Ehe der Beschwerdeführerin wird dadurch relativiert, daß sie während des unrechtmäßigen Aufenthaltes geschlossen wurde und die Beschwerdeführerin nicht davon ausgehen konnte, allein dadurch den weiteren Aufenthalt in Österreich zu erreichen. Die öffentliche Ordnung wird nämlich schwerwiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die Ausweisung ist in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 21. Februar 1996, Zl. 95/21/1256).
Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996211005.X00Im RIS seit
20.11.2000