TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/4 W129 2225022-1

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Veröffentlicht am 04.08.2020
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Entscheidungsdatum

04.08.2020

Norm

AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W129 2225022-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2019, 751249009-190776698/BMI-BFA_STM_RD, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführerin wurde der Status eines Asylberechtigten mit im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.09.2019 aberkannt, weil sie mit 15.08.2015 das Bundesgebiet verlassen habe. Seit dieser Zeit sei sie nicht mehr im Bundesgebiet aufhältig. Nachdem sie sich über Jahre hinweg außerhalb des Bundesgebietes aufgehalten habe, sei jedenfalls von der Gründung eines neuen Lebensmittelpunktes auszugehen.

2. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde, in der sie zusammengefasst und im Wesentlichen ausführte, dass sich die Feststellungen und die Sachverhaltsermittlung als mangelhaft erweisen würden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):

1. Die Beschwerdeführerin ist eine volljährige Staatsangehörige der Russischen Föderation.

Ihr wurde nach Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz am 14.08.2005 mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 28.08.2006 Asyl im Familienverfahren gewährt. Dem Bescheid ist zu entnehmen, dass keine eigenen aktuellen Fluchtgründe für die Beschwerdeführerin im Verfahren hervorgekommen sind.

2. Am 15.08.2015 erfolgte die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführerin (zusammen mit einer Freundin) aus dem Bundesgebiet in die Türkei, um von dort nach Syrien zu gelangen.

Am 18.08.2015 erfolgte eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft XXXX wegen Verdacht auf Terroristische Vereinigung.

Am 27.08.2015 erfolgte die Ausschreibung zur Festnahme; diese Ausschreibung wurde am 17.06.2019 verlängert und ist bis zum 04.07.2021 aufrecht.

Die Beschwerdeführerin hat sich im Kampfgebiet in Syrien aufgehalten bzw. hält sich dort auf. Es ist davon auszugehen, dass sie sich dem Islamischen Staat angeschlossen hat.

3. Die Beschwerdeführerin ist seitdem nicht mehr nach Österreich zurückgekehrt und hält sich bereits seit 15.08.2015 im Ausland, vermutlich in Syrien, auf.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungs- und Gerichtsakt, insbesondere aus dem Bericht des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Dieser Bericht wurde auch im Zuge des Parteiengehörs dem Abwesenheitskurator der Beschwerdeführerin übermittelt. Diesbezüglich wurde auch eine Stellungnahme abgegeben.

Die Feststellungen zu 1. ergeben sich aus dem Antrag und dem diesbezüglichen Bescheid.

Die Feststellungen zu 2. ergeben sich aus dem im Akt aufliegenden Bericht. Diesem kann insbesondere entnommen werden, dass aufgrund der Sachlage aus Sicht der ermittelnden Beamten des LVT festgestellt werden könne, dass sich die Beschwerdeführerin im Kampfgebiet in Syrien aufgehalten habe bzw. aufhalte.

Die Feststellung zu 3. beruht auf einem aktuellen ZMR-Auszug und dem LVT-Bericht vom 09.07.2019. Aufgrund einer Gesamtschau dieser Dokumente hegt das Gericht keinen Zweifel daran, dass die Beschwerdeführerin Österreich verlassen hat und nunmehr seit rund fünf Jahren im Ausland lebt. Dem LVT-Bericht kann entnommen werden, dass sich die Beschwerdeführerin vermutlich in Syrien aufhaltet. Das Gericht schließt sich den Ausführungen der belangten Behörde, demnach in Zusammenschau mit der jahrelangen Abwesenheit der Beschwerdeführerin jedenfalls von der Gründung eines neuen Lebensmittelpunktes im Ausland auszugehen ist, an. Diese schlüssigen Ausführungen wurden von der Beschwerdeführerin auch nicht substantiiert bestritten; insbesondere wurde nicht substantiiert behauptet, dass sich die Beschwerdeführerin nicht im Ausland aufhalten würde. Dabei wird auch nicht verkannt, dass sich im LVT-Bericht findet, dass es über den derzeitigen Aufenthaltsort der Beschwerdeführerin keine Anhaltpunkte gibt. Auch erscheint es dem Gericht schlüssig, dass – wie die belangte Behörde ausführt – eine zwischenzeitliche unbemerkte Einreise ins Bundesgebiet maßgeblich auszuschließen ist, da die Beschwerdeführerin mit 27.08.2015 zur Festnahme ausgeschrieben worden ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides (Zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten):

§ 7 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (in Folge: AsylG) lautet:

„Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1.         ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;
2.         einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder
3.         der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.“

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, hat die Beschwerdeführerin vor rund 5 Jahren das Bundegebiet freiwillig verlassen. Sie ist seitdem nicht mehr zurückgekehrt und daher ist der belangten Behörde beizupflichten, dass die Beschwerdeführerin ihren Lebensmittelpunkt ins Ausland und somit in einen anderen Staat verlegt hat. Daher liegt der Aberkennungstatbestand des § 7 Abs. 1 Z 3 AsylG vor und ist somit die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des im Spruch bezeichneten Bescheides abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides (Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten):

§ 8 Abs. 1 AsylG 2005 lautet:

„Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,
1.         der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2.         dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.“

Allerdings regelt § 1 Z 1 1. Fall AsylG 2005 die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten an Fremde in Österreich.

Da sich die Beschwerdeführerin nicht mehr in Österreich befindet, kommt eine Zuerkennung des Status der Asylberechtigten nicht in Betracht. Es ist die Beschwerde daher auch diesbezüglich abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen):

§ 57 Abs. 1 AsylG 2005 lautet:

„Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ zu erteilen:
1.         wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2.         zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3.         wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.“

Da sich die Beschwerdeführerin nicht in Österreich befindet, kommt eine Zuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (arg.: „im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen“) nicht in Betracht. Darüber hinaus wurden Gründe, die für das Vorliegen der Voraussetzungen sprechen, in der Beschwerde nicht vorgebracht und sind auch vom Amts wegen nicht hervorgekommen.

Es ist die Beschwerde daher auch diesbezüglich abzuweisen.

3.4. Zur Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, ist keine Verhandlung nötig, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig und in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden und zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes immer noch aktuell und vollständig ist (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017). Die Verwaltungsbehörde muss die Beweiswürdigung in der Entscheidung offengelegt haben und das Verwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. Es darf schließlich in der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender relevanter Sachverhalt behauptet werden, ein unsubstantiiertes Bestreiten des Sachverhaltes und gegen Neuerungsverbot verstoßendes Vorbringen bleibt außer Betracht.

Gegenständlich ergibt sich der Sachverhalt aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen und ist unstrittig.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

4.1. Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

4.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aberkennung des Status des Asylberechtigten Ausreise mangelnder Anknüpfungspunkt Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W129.2225022.1.00

Im RIS seit

06.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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