TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/25 W115 2234246-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.08.2020
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Entscheidungsdatum

25.08.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch

W115 2234246-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, Staatsangehöriger von Afghanistan, gelangte unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet und stellte am XXXX einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.    Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX wurde die Unterbringung des Beschwerdeführers für vier Wochen in der Abteilung Psychiatrie 1 des Landeskrankenhauses XXXX wegen erheblicher Selbst- und Fremdgefährdung angeordnet.

1.2.    Die LPD XXXX verhängte über den Beschwerdeführer mit Amtsvermerk vom XXXX ein Betretungsverbot gemäß § 38a SPG für den Bereich des Wohnortes seiner (mittlerweile geschiedenen) Ehefrau und seiner Kinder.

1.3.    Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB wegen der Zufügung eines Traumas der Epiphyse eines Fingers an der linken Hand seiner zum Tatzeitpunkt minderjährigen Tochter zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, rechtskräftig verurteilt.

1.4.    Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom XXXX wurde dem Beschwerdeführer der Verlust des Aufenthaltsrechtes im Bundesgebiet gemäß § 13 Abs. 2 AsylG 2005 mitgeteilt.

1.5.    Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.); der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.); ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.); gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX verloren hat (Spruchpunkt VIII.). Weiters wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IX).

1.6.    Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben.

1.7.    Mit (Teil-)Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde in Stattgabe der Beschwerde Spruchpunkt VI. des Bescheides des Bundesamtes vom XXXX ersatzlos behoben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

1.8.    Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Das Bundesverwaltungsgericht traf in seiner Entscheidung folgende Feststellungen zu den Familienverhältnissen des Beschwerdeführers in Österreich und seinem Gesundheitszustand (Auszug aus dem angeführten Erkenntnis; Schreibfehler korrigiert; BF = Beschwerdeführer; BFA = Bundesamt):

„II.1.3.1 Zu Familie, Beschäftigung und Deutschkenntnissen

In Österreich leben seine mittlerweile geschiedene Ehefrau, Frau XXXX , mit seinen vier Kindern, davon eines volljährig. Das Scheidungsverfahren wurde mit einem Scheidungsvergleich abgeschlossen. Nach Auskunft der in der Verhandlung anwesenden Rechtsvertreterin des BF wurde dem BF ein Besuchsrecht für seine Kinder eingeräumt, beide Elternteile sind zur gemeinsamen Obsorge berechtigt. Zu seiner geschiedenen Ehefrau und den Kindern steht der BF seit mehr als einem Jahr nicht in Kontakt. Aufgrund des verhängten Betretungsverbotes und seines insgesamt siebenmonatigen Aufenthaltes in Untersuchungshaft ist sein Familienleben in seiner Intensität erheblich herabgesetzt.

[…]

Weiters leben in Österreich seine Stiefmutter und drei, teilweise noch minderjährige Halbbrüder, zu denen er ebenfalls keinen Kontakt hat.

[…]

II.1.4. Zur gesundheitlichen Situation des Beschwerdeführers

Der BF leidet unter einer paranoiden Schizophrenie, einer Scabies Infektion der Haut und einer sog. Sackniere, einer Erweiterung und Aussackung des Nierenbeckens und der Nierenkelche durch Abflussstörungen der ableitenden Harnwege.

Der BF unterliegt zwar einer Intelligenzminderung von leichtgradigem Ausmaß, es sind aber weder inhaltliche noch formale Denkstörungen erkennbar. Ein allenfalls zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegenes „psychotisches Zustandsbild“ war bereits ab XXXX (Tag der Untersuchung durch Dr. XXXX , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie) nicht mehr gegeben.

Der BF befindet sich nicht in medizinischer Behandlung bzw. Therapie und nimmt derzeit keine Medikamente. Der BF kann einer Einvernahme folgen, sämtliche an ihn gerichtete Fragen beantworten und sinnzusammenhängende klare Antworten geben. Wenn Fragen zu vielschichtig sind, muss er rückfragen und versteht nicht auf Anhieb deren Sinn. In diesen Fällen ist es notwendig, dem BF die Frage in kleinere Teile aufzuteilen und zu wiederholen. Unter diesen Voraussetzungen versteht der BF die an ihn gerichteten Fragen und kann diese auch zusammenhängend und logisch nachvollziehbar beantworten.

Der Gedankengang des BF ist grundsätzlich geordnet und nachvollziehbar. Eindeutige inhaltliche Denkstörungen sind nicht explorierbar und nach außen auch nicht erkennbar. Die Folgen der bestehenden Intelligenzminderung machen sich im Alltag insofern bemerkbar, als dem BF die Notwendigkeit medizinischer Heilbehandlungen, wie sie grundsätzlich notwendig wären, nicht einsichtig sind. Der Beurteilung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens vom XXXX zu Folge benötigt der BF primär für diese Bereiche (medizinische Heilbehandlung) eine Hilfe durch einen Sachwalter. Zur Durchführung des Ehescheidungsverfahrens des BF von seiner Ehefrau wurde RA Mag. XXXX als Erwachsenenvertreter bestellt. Die Vertretung hat sich weder auf medizinische Heilbehandlungen noch auf das Asylverfahren erstreckt und hat auch nicht eine generelle Bestellung als Sachwalter umfasst.

[…]“

Beweiswürdigend ging das Bundesverwaltungsgericht dabei von folgenden Erwägungen aus:

„[…]

II.2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers

[…]

Die Feststellungen zu den Familienangehörigen des BF ergeben sich aus seinen schlüssigen Angaben im Rahmen des Verfahrens vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung. Der Umstand, dass der BF mittlerweile von seiner Ehefrau geschieden ist, dem BF ein Besuchsrecht für seine Kinder eingeräumt wurde und beide Elternteile zur gemeinsamen Obsorge berechtigt sind, lässt sich aus der von der Rechtsvertreterin des BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG telefonisch eingeholten Auskunft seines für das Scheidungsverfahren bestellten Erwachsenenvertreters in der Beschwerdeverhandlung ableiten (VHS S. 15). Dass der BF seit über einem Jahr keinen Kontakt mehr zu seinen Kindern hat, ergibt sich aus seiner eigenen Aussage in der Verhandlung vor dem BVwG. Vor der belangten Behörde erklärte der BF ausdrücklich, dass er seit seinem Aufenthalt in der Justizanstalt XXXX (die Festnahme erfolgte am XXXX ) keinen persönlichen - auch nicht telefonischen - Kontakt mehr zu seinen Kindern gehabt habe (AS. 377). In der mündlichen Verhandlung gab er zwar zunächst an, dass Kontakt zu seinen Kindern bestehe, näher dazu befragt antwortete er dann jedoch an, dass der letzte Kontakt zu seinen Kindern schon ein gutes Jahr her sei. Die Frage des Behördenvertreters, ob er zu irgendeinem Familienmitglied, inklusive seiner Kernfamilie, Kontakt habe, verneinte der BF. Er führte aus, dass er überhaupt keine Telefonnummern in seinem Handy gespeichert habe und über kein Guthaben verfüge. Über Rückfrage seiner Rechtsvertreterin brachte der BF dann anschließend vor, dass er Videoanrufe an seine Kinder aus seiner Unterkunft tätigen würde. Dies ist jedoch, in Anbetracht seiner bisherigen Äußerungen zum Kontaktabbruch zu seinen Kindern, als reine Schutzbehauptung zu sehen (VHS S. 8, 11, 12).

[…]

II.2.4. Zu den Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF und zu seiner Glaubwürdigkeit

Aus dem vom BF seiner Beschwerde beigelegten neurologisch-psychiatrischen Gutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie ergibt sich, dass der BF unter einer paranoiden Schizophrenie, einer Scabies Infektion der Haut und einer sog. Sackniere (einer Erweiterung und Aussackung des Nierenbeckens und der Nierenkelche durch Abflussstörungen der ableitenden Harnwege) leidet. Auch der Umstand, dass der BF einer Intelligenzminderung von leichtgradigem Ausmaß unterliegt, ergibt sich aus diesem Gutachten. Schon Dr. XXXX kommt in seinem Gutachten aber zum Ergebnis, dass ein allenfalls in einem früheren Zeitpunkt vorgelegenes „psychotisches Zustandsbild“ bereits ab XXXX (Tag der Untersuchung durch Dr. XXXX ) nicht mehr gegeben war.

Der BF konnte der Einvernahme vor dem BVwG problemlos folgen, sämtliche an ihn gerichtete Fragen beantworten und sinnzusammenhängende klare Antworten geben. Vielschichtige Fragen mussten zwar in kleinere Teile aufgeteilt werden, sie konnten dann aber vollständig und für sich betrachtet logisch beantwortet werden.

[…]

Bei allen Konzessionen an die festgestellten verminderten intellektuellen Fähigkeiten und einer damit allenfalls verbundenen eingeschränkten Ausdrucksfähigkeit des BF ergab das Beweisverfahren - gestützt auf die fachgutachterliche Beurteilung durch das vom BF selbst vorgelegte Gutachten von Dr. XXXX (AS 663 ff) - für sich betrachtet logisch nachvollziehbare Aussagen des BF, die der Entscheidung zugrunde gelegt werden konnten.

[…]“

1.9.    Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs diese in weiterer Folge in Rechtskraft.

1.10.   In der Folge reiste der Beschwerdeführer trotz Verpflichtung nicht freiwillig aus dem Bundesgebiet aus. Stattdessen tauchte er unter und war für die Behörden im Verfahren zur Außerlandesbringung nicht mehr greifbar.

1.11.   Am XXXX stellte der Beschwerdeführer in Deutschland unter falscher Identität einen Antrag auf internationalen Schutz. Eine Rücküberstellung nach Österreich scheiterte daran, dass der Beschwerdeführer in Deutschland ebenfalls untertauchte.

1.12.   Am XXXX stellte der Beschwerdeführer in der Schweiz unter falscher Identität einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz.

1.13.   Am XXXX wurde der Beschwerdeführer aufgrund der vorliegenden Zuständigkeit Österreichs gemäß der Dublin-III Verordnung aus der Schweiz nach Österreich rücküberstellt.

1.14.   Am XXXX stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Asylfolgeantrag).

1.15.   Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen gemäß § 207 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung gemäß § 202 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten rechtskräftig verurteilt.

1.16.   Am XXXX , am XXXX und am XXXX wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines Rechtsberaters und eines Dolmetschers für die Sprache Dari vor dem Bundesamt betreffend die Stellung seines Asylfolgeantrages niederschriftlich einvernommen. Weiters wurde am XXXX vom Bundesamt zur Überprüfung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers ein medizinisches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Neurologie, eingeholt. Laut diesem Gutachten leidet der Beschwerdeführer an einer leichtgradigen Intelligenzminderung mit Verhaltensstörung sowie an einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion, welche keine dauerhafte Behandlungsbedürftigkeit erforderlich macht.

1.17.   Mit Bescheid vom XXXX ordnete das Bundesamt über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme an. Dieser Bescheid wurde nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft am XXXX in Vollzug gesetzt und der Beschwerdeführer wird seither in Schubhaft angehalten.

1.18.   Weiters wurde dem Beschwerdeführer vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung für ein etwaiges Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der angeordneten Schubhaft amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

1.19.   Gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes sowie die Anhaltung in Schubhaft wurde vom Beschwerdeführer in weiterer Folge keine Beschwerde erhoben.

1.20.   Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der dem Beschwerdeführer gemäß § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben.

1.21.   Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 iVm § 22 BFA-VG rechtmäßig gewesen ist. Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs diese in weiterer Folge in Rechtskraft.

1.22.   Das Bundesamt führte am XXXX , am XXXX , am XXXX und am XXXX Schubhaftprüfungen gemäß § 80 Abs. 6 FPG durch.

2.       Am XXXX legte das Bundesamt den Verwaltungsakt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Im Zuge der Vorlage wurde vom Bundesamt nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten sei. Es bestehe weiterhin aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Zudem stelle der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Der Beschwerdeführer sei untergetaucht, habe unrechtmäßig Österreich verlassen und unter falscher Identität in Deutschland und in der Schweiz ebenfalls Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Zudem sei der Beschwerdeführer in Österreich massiv straffällig gewesen. Aufgrund der neuerlichen Asylantragstellung in Österreich und dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer in Strafhaft befunden habe, habe eine Außerlandesbringung nicht vorangetrieben werden können. Nach Rechtskraft der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes habe trotz des Vorliegens eines bis XXXX gültigen Reisepasses noch kein Abschiebetermin festgelegt werden können, da aufgrund der COVID-19 Situation keine Flüge in den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers möglich gewesen seien. Die afghanischen Behörden hätten in diesem Zusammenhang um Aussetzung der Abschiebungen bis Ende September ersucht. Diesem Ersuchen sei von Österreich entsprochen worden. Laut Auskunft des ho. Koordinationsbüros sei davon auszugehen, dass mit Oktober 2020 Abschiebungen nach Afghanistan durchgeführt werden könnten.

2.1.    Auf Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes nach dem Gesundheitszustand des Beschwerdeführers wurde am XXXX von der Landespolizeidirektion XXXX , Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug (AFA), unter Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens vom XXXX mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer weiterhin haftfähig sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

1.2.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger Staatsangehöriger Afghanistans. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er verfügt über einen gültigen afghanischen Reisepass.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung gemäß § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, rechtskräftig verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen gemäß § 207 Abs. 1 StGB und des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung gemäß § 202 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten rechtskräftig verurteilt.

Mit Bescheid vom XXXX ordnete das Bundesamt über den Beschwerdeführer die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme an. Dieser Bescheid wurde nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft am XXXX in Vollzug gesetzt und der Beschwerdeführer wird seit XXXX in Schubhaft angehalten.

Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vor. Der Beschwerdeführer leidet an einer paranoiden Schizophrenie, einer leichtgradigen Intelligenzminderung mit Verhaltensstörung (ohne inhaltliche und formale Denkstörungen), einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion (ohne dauerhafte Behandlungsbedürftigkeit), einer Scabies Infektion der Haut sowie einer sog. Sackniere (Erweiterung und Aussackung des Nierenbeckens und der Nierenkelche durch Abflussstörungen der ableitenden Harnwege). Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Eine signifikant erhöhte Gefahr einer Infektion mit COVID-19 besteht im Polizeianhaltezentrum, wo der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten wird, nicht.

1.3.    Zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Der Beschwerdeführer stellte am XXXX seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.); der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.); ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.); gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG wurde festgestellt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VII.). Gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem XXXX verloren hat (Spruchpunkt VIII.). Weiters wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von vier Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IX).

Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben.

Mit (Teil-)Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde in Stattgabe der Beschwerde Spruchpunkt VI. des Bescheides des Bundesamtes vom XXXX ersatzlos behoben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom XXXX mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs diese in weiterer Folge in Rechtskraft.

In der Folge reiste der Beschwerdeführer trotz Verpflichtung nicht freiwillig aus dem Bundesgebiet aus. Stattdessen tauchte der Beschwerdeführer unter, indem er am XXXX seine Unterkunft verließ und sich ab diesem Zeitpunkt unbekannten Ortes aufhielt und für die österreichischen Behörden nicht greifbar war.

In weiterer Folge verließ der Beschwerdeführer Österreich unrechtmäßig und reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Deutschland und stellte dort am XXXX unter falscher Identität einen Antrag auf internationalen Schutz. Eine Rücküberstellung von Deutschland nach Österreich scheiterte daran, dass der Beschwerdeführer in Deutschland ebenfalls untertauchte.

Anschließend reiste der Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Schweiz ein und stellte dort am XXXX ebenfalls unter falscher Identität einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am XXXX wurde der Beschwerdeführer aufgrund der vorliegenden Zuständigkeit Österreichs gemäß der Dublin-III Verordnung aus der Schweiz nach Österreich rücküberstellt.

Am XXXX stellte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Asylfolgeantrag).

Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der dem Beschwerdeführer zukommende faktische Abschiebeschutz aufgehoben. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig gewesen ist. Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs diese in weiterer Folge in Rechtskraft. Es liegt somit eine rechtskräftige Anordnung zur Außerlandesbringung vor.

Der Beschwerdeführer will weiterhin nicht freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung mitwirken. Er ist nicht ausreisewillig.

Der Beschwerdeführer ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten in besonders ausgeprägtem Maß nicht vertrauenswürdig. Der Beschwerdeführer achtet die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht. Er ist nicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen. Der Beschwerdeführer wurde in Österreich zweimal strafrechtlich verurteilt. Zudem hat der Beschwerdeführer in der Vergangenheit seine Ausreiseverpflichtung missachtet und seine Abschiebung durch Untertauchen und Aufenthalt im Verborgenen verhindert. Er hat sich unrechtmäßig nach Deutschland bzw. in die Schweiz abgesetzt und dort jeweils unter falscher Identität einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, um so einer Beendigung seines Aufenthaltes in Österreich zuvorzukommen. Der Beschwerdeführer hat seit seinem Aufenthalt in Österreich zumindest seit XXXX über keine Meldeadresse außerhalb von Justizanstalten oder Polizeianhaltezentren verfügt. Seit diesem Zeitpunkt befindet er sich auch nicht mehr in Freiheit.

Aufgrund dieses Verhaltens bestehen aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird der Beschwerdeführer untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten, um sich einer Abschiebung zu entziehen, dies auch vor dem Hintergrund des Vorliegens eines gültigen afghanischen Reisepasses und der daraus resultierenden Möglichkeit der raschen Abschiebung in den Herkunftsstaat.

Mit der Anordnung eines gelinderen Mittels kann wegen der gänzlichen Vertrauensunwürdigkeit des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden.

In Österreich leben die Ex-Frau und die vier gemeinsamen Kinder des Beschwerdeführers. Ihnen wurde jeweils der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Weiters halten sich in Österreich noch die Stiefmutter und drei Halbbrüder des Beschwerdeführers auf. Ein aufrechtes, gefestigtes Familienleben des Beschwerdeführers zu seinen in Österreich lebenden Familienmitgliedern besteht nicht.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach, hat in Österreich kein Einkommen und verfügt über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen. Weiters verfügt er über keine gesicherte Unterkunft.

Das Bundesamt ist seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen. Mit mündlich verkündetem Bescheid des Bundesamtes vom XXXX wurde der dem Beschwerdeführer zukommende faktische Abschiebeschutz aufgehoben. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX wurde festgestellt, dass die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes rechtmäßig gewesen ist. Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs diese in weiterer Folge in Rechtskraft. Da der Beschwerdeführer über einen gültigen afghanischen Reisepass verfügt, ist die Ausstellung eines Heimreisezertifikats nicht erforderlich und seine Abschiebung nach Afghanistan innerhalb kurzer Zeit möglich. Eine Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat konnte bis dato aufgrund der vorherrschenden COVID-19 Pandemie noch nicht durchgeführt werden. Es ist aber damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 zumindest innerhalb der Schubhafthöchstdauer soweit gelockert sind, dass Abschiebungen innerhalb dieses Zeitraumes durchführbar sind.

Der der laufenden Schubhaft ursprünglich zugrundeliegende Bescheid ist durch den Beschwerdeführer nicht in Beschwerde gezogen worden. Eine (relevante) Änderung der Umstände für die Verhängung der Schubhaft und des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes bzw. der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft hat sich seither nicht ergeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vor gegeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, den gegenständlichen Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes die vorangegangenen Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren des Beschwerdeführers betreffend (Geschäftszahlen XXXX und XXXX ), in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.1.    Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalten der vorgelegten Verwaltungsakte und der vorliegenden Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2.    Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines vorliegenden gültigen afghanischen Reisepasses fest. Es steht daher fest, dass der Beschwerdeführer ein volljähriger Staatsangehöriger Afghanistans ist. Anhaltspunkte dafür, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des Bundesamtes noch in den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes. Gegenteiliges wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet und ist in den bisherigen Verfahren auch nicht hervorgekommen.

Aus der Einsichtnahme in das Strafregister ergeben sich die strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers.

Dass der Beschwerdeführer seit XXXX in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer haftfähig ist und keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen, ergibt sich zum einen aus einer Einsichtnahme in die Akten seiner vorangegangenen Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren. Aus den sich in diesen Akten einliegenden Sachverständigengutachten Dris. XXXX , Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, und Dris. XXXX , Facharzt für Neurologie, geht zwar hervor, dass der Beschwerdeführer an einer paranoiden Schizophrenie, einer leichtgradigen Intelligenzminderung mit Verhaltensstörung (ohne inhaltliche und formale Denkstörungen), einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion (ohne dauerhafte Behandlungsbedürftigkeit), einer Scabies Infektion der Haut sowie einer sog. Sackniere (Erweiterung und Aussackung des Nierenbeckens und der Nierenkelche durch Abflussstörungen der ableitenden Harnwege) leidet, diese Erkrankungen erreichen jedoch nicht die Schwere, dass daraus eine Haftunfähigkeit resultiert. Zum anderen hat die Landespolizeidirektion XXXX , Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug (AFA), auf Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes am XXXX unter Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens vom selben Tag mitgeteilt, dass beim Beschwerdeführer auch aktuell keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in der Schubhaft auch Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung hat. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass keine Haftunfähigkeit vorliegt. Hinweise, dass der Beschwerdeführer einer signifikant erhöhten Gefahr einer Infektion mit COVID-19 im Polizeianhaltezentrum, wo er in Schubhaft angehalten wird, ausgesetzt ist, haben sich im gegenständlichen Verfahren nicht ergeben.

2.3.    Zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Der Stand des Asylverfahrens und der fremdenrechtliche Status des Beschwerdeführers ergeben sich aufgrund der Aktenlage.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung im Jahr XXXX untergetaucht ist und in weiterer Folge Österreich unrechtmäßig verlassen hat und unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Deutschland bzw. in die Schweiz eingereist ist und dort am XXXX (Deutschland) bzw. am XXXX (Schweiz) jeweils unter falscher Identität einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ergibt sich unzweifelhaft aus den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten, insb. aus den im Zentralen Fremdenregister protokollierten EURODAC-Treffern.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seit seinem Aufenthalt in Österreich zumindest seit XXXX über keine Meldeadresse außerhalb von Justizanstalten oder Polizeianhaltezentren verfügt hat und sich seit diesem Zeitpunkt auch nicht mehr in Freiheit befunden hat, ergibt sich aus einem im Akt einliegenden Auszug des Zentralen Melderegisters und der Einsichtnahme in das Strafregister.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer die österreichischen Gesetze und die österreichische Rechtsordnung nicht achtet, nicht zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu bewegen ist, nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und in besonders ausgeprägtem Maß nicht vertrauenswürdig ist, ergeben sich aus dem festgestellten und aktenkundigen bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere aus seinen strafrechtlichen Verurteilungen, der Missachtung der Ausreiseverpflichtung, der Verhinderung der Abschiebung durch Untertauchen und Aufenthalt im Verborgenen sowie seiner unrechtmäßigen Ausreise aus Österreich im Jahr XXXX und Stellung von Anträgen auf internationalen Schutz unter falscher Identität in Deutschland und in der Schweiz.

Dass der Beschwerdeführer nicht bereit ist, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung ausreichend mitzuwirken, geht unzweifelhaft aus den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten hervor. So hat der Beschwerdeführer wiederholt angegeben, nicht freiwillig nach Afghanistan zurückkehren zu wollen.

Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer sein bisher gezeigtes Verhalten ändern wird. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher zusammenfassend weiter davon aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten wird. In einer Gesamtschau ergibt sich daher, dass der Beschwerdeführer nach wie vor nicht vertrauenswürdig ist und aktuell Fluchtgefahr sowie Sicherungsbedarf bestehen. Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen liegen auch die Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels aktuell nicht vor.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer über kein aufrechtes, gefestigtes Familienleben zu seinen in Österreich lebenden Familienmitgliedern verfügt, beruhen auf den unter Punkt I.1.8. zitierten Auszügen aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX in dem Verfahren zur Geschäftszahl XXXX So wurde dem Beschwerdeführer zwar im Rahmen des Scheidungsvergleiches ein Besuchsrecht für seine Kinder eingeräumt und beide Elternteile sind zur gemeinsamen Obsorge berechtigt, ein Kontakt zu seiner geschiedenen Ehefrau und den Kindern besteht jedoch keiner. So hat der Beschwerdeführer auch im Rahmen der Einvernahmen vor dem Bundesamt im Verfahren bezüglich der Stellung seines Asylfolgeantrages wiederholt angegeben, in Österreich über keine Familienmitglieder zu verfügen, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht. Einem in den Verwaltungsakten einliegenden Bericht einer näher genannten Polizeidirektion im Zusammenhang zu dem gegen den Beschwerdeführer ausgesprochenen Betretungsverbot lässt sich zudem entnehmen, dass der Beschwerdeführer gegenüber seiner nunmehrigen Ex-Frau gewalttätig wurde. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX wegen des Vergehens der Körperverletzung wegen der Zufügung eines Traumas der Epiphyse eines Fingers an der linken Hand an einer seiner minderjährigen Töchter rechtskräftig verurteilt. Zudem verfügt der Beschwerdeführer seit Anfang XXXX über keine Meldeadresse außerhalb von Justizanstalten oder Polizeianhaltezentren und findet sich auch in der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres kein Eintrag über Besuche von Familienangehörigen während seiner Anhaltung in Schubhaft. Unter Zugrundelegung dieser Umstände kann somit nicht von einem aufrechten, gefestigten Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich ausgegangen werden.

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet verfügt, hier keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgeht, kein Einkommen hat und über kein zur Sicherung seiner Existenz ausreichendes Vermögen verfügt, ergeben sich aus der Aktenlage und den bisherigen Ausführungen des Beschwerdeführers in seinen Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren.

Das Vorliegen eines gültigen afghanischen Reisepasses für den Beschwerdeführer ergibt sich eindeutig aus dem Verwaltungsakt des Bundesamtes.

Dass es aufgrund der zum Entscheidungszeitpunkt aktuell vorherrschenden COVID-19 Pandemie zu Verzögerungen hinsichtlich der Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat wegen der vorherrschenden Mobilitätsbeschränkungen kommt, steht für das Bundesverwaltungsgericht außer Streit. Es ist aber davon auszugehen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 aufgrund der damit verbundenen massiven Belastungen für Privatpersonen und Wirtschaft realistischer Weise in absehbarer Zeit - jedenfalls innerhalb der Schubhafthöchstdauer - wieder substantiell gelockert werden und eine Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat spätestens dann erfolgen kann. Abschiebungen nach Afghanistan auf dem Luftweg sind bereits vor Ausbruch der COVID-19 Pandemie regelmäßig durchgeführt worden. Sobald der Flugverkehr nach Afghanistan wieder aufgenommen wird, steht einer Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat nichts entgegen, zumal der Beschwerdeführer auch im Besitz eines gültigen afghanischen Reisepasses ist. Zudem geht aus der im Zuge der Vorlage vom XXXX erstatteten Stellungnahme des Bundesamtes hervor, dass mit Oktober 2020 wieder Abschiebungen nach Afghanistan durchgeführt werden können. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auch die Möglichkeit besteht, den Beschwerdeführer mittels Charterabschiebung nach Afghanistan zu verbringen, womit das Bundesamt nicht an die Wiederaufnahme der Linienflüge gebunden ist. Eine bereits jetzt bestehende faktische Unmöglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers ist aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes nicht ersichtlich.

Eine Änderung der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft seit XXXX ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen. Die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers ist weiterhin gegeben - es gibt auch in dieser Hinsicht keinerlei Hinweis für diesbezügliche Änderungen. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Zu Spruchteil A) - Fortsetzung der Schubhaft:

3.1.1.  Gesetzliche Grundlagen:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1.         dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2.         dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3.         die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1.         ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a.         ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2.         ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3.         ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4.         ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5.         ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6.         ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a.         der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b.         der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c.         es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7.         ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8.         ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9.         der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,
1.         in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,
2.         sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder
3.         eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 FPG lautet:

„§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich
1.         drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;
2.         sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil
1.         die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,
2.         eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,
3.         der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder
4.         die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

3.1.2.  Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647; 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; 23.09.2010, 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, 2007/21/0512 und 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmä

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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