RS Vfgh 2020/10/6 G166/2020 ua (G166-168/2020, V340/2020)

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 06.10.2020
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Index

L0060 Volksabstimmung, Volksbefragung, Volksbegehren

Norm

B-VG Art43
B-VG Art117 Abs8
B-VG Art118 Abs5
B-VG Art 141 Abs1 lith
Vlbg Landesverfassung Art76
Vlbg GdG 1985 §22 Abs1
Vlbg Landes-VolksabstimmungsG §58, §59, §60, §61, §62, §63, §64 Abs1 litc, §69 Abs3
V des Bürgermeisters der Gemeinde Ludesch vom 26.08.2019 über die Anordnung der Volksabstimmung "Widmung von Flächen in Neugut"
VfGG §7 Abs1, §68 Abs1

Leitsatz

Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen des Vlbg GemeindeG und der Landes-VolksabstimmungsG betreffend die Verbindlichkeit einer Gemeindevolksabstimmung gegen den Willen des Gemeinderats in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs und Gesetzwidrigkeit der Verordnung einer Volksabstimmung in der Gemeinde Ludesch; Unzulässigkeit des Eingriffs in das repräsentativ-demokratische System der Gemeindeselbstverwaltung durch Bindung des Gemeinderats als oberstes Organ der Selbstverwaltung an eine Gemeindevolksabstimmung; keine Aufhebung einer Bestimmung der Vlbg Landesverfassung betreffend eine – der Willensbildung des Gemeinderates zugrunde liegenden – Volksabstimmung; Aufhebung der Anordnung der Volksabstimmung betreffend die Widmung von Flächen wegen Wegfalls der gesetzlichen Grundlagen

Rechtssatz

Aufhebung der Wortfolge "oder es mindestens von einer Zahl an Stimmberechtigten der Gemeinde (§20) verlangt wird, die wie folgt zu ermitteln ist: a) für die ersten bis zu 1.500 Stimmberechtigten: 20 % davon; zuzüglich b) für die nächsten bis zu 1.500 Stimmberechtigten: 15 % davon; zuzüglich c) für die darüber hinausgehende Zahl von Stimmberechtigten: 10 % davon" in §22 Abs1 Vbg GemeindeG (GG) idF LGBl 4/2012, sowie der §§58 bis 63 und §64 Abs1 litc Vbg Landes-Volksabstimmungsgesetz (LVAG) idF LGBl 34/2018; Inkrafttreten der Aufhebung mit 31.12.2021. Aufhebung der Verordnung des Bürgermeisters der Gemeinde Ludesch vom 26.08.2019 über die Anordnung der Volksabstimmung "Widmung von Flächen in Neugut".

Keine Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "entschieden oder verfügt (Volksabstimmung) und" in Art76 Vbg Landesverfassung (LV) idF LGBl 2/2012, des ersten Satzes des §22 Abs1 Vbg GG idF LGBl 4/2012, sowie des §69 Abs3 Vbg LVAG idF LGBl 21/2014.

In seiner bisherigen Rsp hat der VfGH, soweit bundesgesetzliche Regelungen fehlen, die Legitimationsvoraussetzungen für die Anfechtung direkt-demokratischer Ereignisse unmittelbar aus Art141 B-VG selbst abgeleitet. Dabei wurde auf Gemeindeebene im Fall von Gemeinden mit einer geringen Anzahl an Stimmberechtigten bereits die Anfechtung durch mindestens zwei Stimmberechtigte für zulässig befunden. Diese Überlegungen sind auch auf den vorliegenden Fall der Volksabstimmung in der Gemeinde Ludesch übertragbar. Die Legitimation zur Anfechtung dieser Volksabstimmung ist bei einer Anfechtung durch 15 stimmberechtigte Gemeindemitglieder jedenfalls gegeben.

Nach Rsp des VfGH sind auch jene Bestimmungen präjudiziell, die der VfGH selbst anzuwenden hätte, obgleich sie von der belangten Behörde weder angewendet wurden noch anzuwenden waren. Die Bestimmung des Art76 LV beschränkt ihrem Wortlaut nach die Zulässigkeit der einfachgesetzlich vorzusehenden Gemeindevolksabstimmungen auf den Bereich der Landesvollziehung. Sie ist daher im Anlassverfahren insofern anzuwenden, als bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Volksabstimmung auch zu klären ist, ob §22 Abs1 GG und §§58 ff LVAG im Sinn der genannten Bestimmung auszulegen sind und, sofern dies der Fall ist, ob sich der Gegenstand der angefochtenen Volksabstimmung in diesem Rahmen hält. Unabhängig vom Ergebnis dieser Beurteilung ist Art76 LV somit präjudiziell. Auch die übrigen (§22 Abs1 erster Satz und zweiter Satz dritter Fall GG, §64 Abs1 litc LVAG, Verordnung des Bürgermeisters der Gemeinde Ludesch vom 26.08.2019 über die Anordnung der Volksabstimmung "Widmung von Flächen im Neugut" und §§58 bis 63 und 69 Abs3 LVAG) in Prüfung gezogenen Bestimmungen erweisen sich als präjudiziell.

Verstoß der in Prüfung gezogenen Bestimmungen gegen Art117 Abs8 B-VG:

Die Ermächtigung des Art117 Abs8 B-VG ist im Gesamtgefüge des zuvor genannten repräsentativ-demokratischen Systems auszulegen. Dem Gemeinderat kommt in diesem System nach Art118 Abs5 B-VG die zentrale Stellung zu. Er wird nach Art117 Abs2 B-VG vom Gemeindevolk gewählt und ihm sind nach Art118 Abs5 B-VG alle anderen Gemeindeorgane bei der Erfüllung ihrer dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehörigen Aufgaben verantwortlich; er ist insofern das oberste Organ der Gemeinde. Vor diesem Hintergrund bestehen zwar grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen verbindliche Gemeindevolksabstimmungen, denen eine Willensbildung des Gemeinderates zugrunde liegt - etwa indem der Gemeinderat die Volksabstimmung selbst eingeleitet hat oder diese für verbindlich erklärt. Die besondere Stellung des Gemeinderates schließt es jedoch jedenfalls aus, Art117 Abs8 B-VG so zu verstehen, dass eine Volksabstimmung den Gemeinderat auch gegen dessen Willen zur Erlassung von verbindlichen Rechtsakten (wie beispielsweise Verordnungen) und zur Unterlassung entgegenstehender Rechtsakte verpflichten kann.

Diese Überlegungen sind im Hinblick darauf, dass im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gemäß Art118 Abs5 B-VG letztlich alle Gemeindeorgane dem Gemeinderat verantwortlich, diesem gegenüber also weisungsgebunden sind, generell auf verbindliche Entscheidungen des Gemeindevolkes anstelle von Gemeindeorganen in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zu übertragen. Die Verbindlichkeit einer Volksabstimmung für das jeweils zuständige Gemeindeorgan konkurriert mit der Bindung dieses Organs an Weisungen des Gemeinderates nach Art118 Abs5 B-VG. Daher hat Art117 Abs8 B-VG auch keine Grundlage dafür geschaffen, dass ein Gemeindeorgan, das an Weisungen des Gemeinderates gebunden ist, auch gegen dessen Willen durch eine vom Gemeindevolk eingeleitete Volksabstimmung zur Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes und zur Unterlassung entgegenstehender Rechtsakte verpflichtet werden kann.

Die Bundesverfassung gestaltet sowohl das System der Landesgesetzgebung als auch jenes der Gemeindeselbstverwaltung als repräsentativ-demokratisches System aus. Der von der Vlbg LReg erhobene Einwand, dass ein Vergleich mit VfSlg 16241/2001 schon deshalb nicht in Betracht komme, weil die Rechtsetzung im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde weder Gesetzgebung im formellen noch im materiellen Sinn sei, sondern als Verwaltungshandeln dem Legalitätsprinzip unterworfen sei und der Aufsicht des Bundes und des Landes unterliege, ist nicht nachvollziehbar. Der Gemeinde kommt bei der Erlassung von Verordnungen mitunter ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu. Die formelle Zurechnung dieses Bereiches zur Verwaltung ändert nichts daran, dass die Bundesverfassung wie zuvor dargelegt auch für die Gemeindeselbstverwaltung ein repräsentativ-demokratisches System vorsieht; allein auf dieses kommt es in diesem Zusammenhang an. Der in VfSlg 16241/2001 hervorgehobene Ausnahmecharakter direkt-demokratischer Elemente in der Bundesverfassung ist daher insbesondere im Hinblick auf die Stellung des Gemeinderates als direkt-demokratisch legitimiertes oberstes Organ auch bei der Auslegung entsprechender Bestimmungen für die Gemeindeselbstverwaltung zu berücksichtigen.

An diesem Ergebnis kann auch eine Betrachtung der Entstehungsgeschichte nichts ändern. Durch die Einführung des Art117 Abs8 B-VG (damals Abs7) mit BGBl 490/1984 sollte eine verfassungsgesetzliche Grundlage für direkt-demokratische Einrichtungen auch auf Gemeindeebene geschaffen werden.

Aus den Erläuterungen der Regierungsvorlage (446 BlgNR 16. GP, 7) kann nicht geschlossen werden, dass sämtliche Modelle direkt-demokratischer Einrichtungen, die bereits zum Zeitpunkt der Erlassung der Bestimmung des Art117 Abs8 B-VG landes(verfassungs)gesetzlich vorgesehen waren, schlechthin bundesverfassungskonform sind. Für eine solche Annahme bieten die zitierten Erläuterungen keinen Hinweis. Ihnen lässt sich keine eindeutige Aussage zur zulässigen Reichweite direkt-demokratischer Einrichtungen entnehmen. Nach den Erläuterungen soll die "unmittelbare Teilnahme" darin bestehen, dass dem Volk "die Entscheidung anstelle der an sich zuständigen Gemeindeorgane" überlassen wird. Der Begriff "anstelle" lässt sich so verstehen, dass dem Volk die Möglichkeit zur letztgültigen Entscheidung eingeräumt werden kann. Aus ihm kann jedoch nicht ohne weiteres abgeleitet werden, dass auch Fälle erfasst sein sollten, in denen das Gemeindevolk eine Volksabstimmung einleitet, die eine eigene Willensbildung des sonst zuständigen Gemeindeorgans ausschließt und dieses zur Erlassung eines Rechtsaktes mit einem bestimmten Inhalt verpflichtet. Dass eine Absicherung aller bereits bestehenden Formen direkter Demokratie durch die genannte B-VG-Novelle nach den Materialien "unzweifelhaft" sei, kann daher nicht erkannt werden. Den Materialien zu Art117 Abs8 B-VG ist zur Frage, welche Formen der direkten Demokratie über die im B-VG selbst vorgesehenen hinaus im Bereich der Gemeindeselbstverwaltung zulässig sind, daher insgesamt keine Aussage dahingehend zu entnehmen, dass direkt-demokratische Modelle auf Gemeindeebene schlechthin bundesverfassungskonform wären.

Das in §22 Abs1 zweiter Satz dritter Fall GG und §§58 ff, §64 Abs1 litc und §69 Abs3 LVAG vorgesehene System ermöglicht eine Volksabstimmung auf Initiative des Gemeindevolkes, mit der in einer Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches verbindlich entschieden wird. Demnach sind die Gemeindeorgane durch das (je nach Fragestellung positive oder negative) Ergebnis einer solchen Volksabstimmung dazu verpflichtet, den damit vorgegebenen Inhalt durch einen entsprechenden Rechtsakt umzusetzen und entgegenstehende Rechtsakte bis dahin zu unterlassen. In diesem Verfahren haben weder das jeweils zuständige Gemeindeorgan noch der weisungsbefugte Gemeinderat die Möglichkeit, über die Abhaltung der Volksabstimmung einen eigenständigen Beschluss zu fassen oder hinsichtlich des umzusetzenden Inhalts eine eigene Willensbildung vorzunehmen. Dieses Modell einer Gemeindevolksabstimmung ist mit dem zuvor dargelegten Verständnis von Art117 Abs8 B-VG nicht vereinbar.

An diesem Ergebnis kann auch der Einwand der Vlbg LReg, dass die entsprechenden Regelungen des GG und des LVAG "zahlreiche Einschränkungen und Hürden für die Durchführung einer Volksabstimmung" enthalten würden, nichts ändern.

Die Bedenken, dass grundsätzlich in jeder Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches im Wege einer Volksabstimmung entschieden werden kann, können auch nicht durch eine (landes)verfassungskonforme Interpretation ausgeräumt werden. Die Verpflichtung des sonst zuständigen Gemeindeorgans, die erforderlichen Entscheidungen zu treffen, wird ausdrücklich in §69 Abs3 LVAG angeordnet. Diese Bestimmung differenziert nicht danach, auf welche der in §21 Abs1 GG bzw §64 Abs1 LVAG vorgesehenen Arten eine Volksabstimmung eingeleitet wurde. Schon insofern scheidet es daher aus, selektiv für den Fall einer vom Gemeindevolk unmittelbar durch einen Antrag eingeleiteten Volksabstimmung vom Fehlen einer Bindungswirkung auszugehen.

Das im Prüfungsbeschluss dargelegte Verständnis von §69 Abs3 LVAG, nach dem die darin vorgesehene Bindungswirkung auch zur Folge habe, dass vom Ergebnis einer Volksabstimmung selbst durch einen neuerlichen Beschluss eines Gemeindeorgans wiederum nur nach Durchführung einer Volksabstimmung abgewichen werden könne, lässt sich hingegen nicht aufrechterhalten. Mit diesem Inhalt würde §69 Abs3 LVAG zwar die zuvor dargelegte Grenze des Art117 Abs8 B-VG auch insofern überschreiten, als die Bindungswirkung der Volksabstimmung in diesem Fall über die verpflichtende Erlassung eines Rechtsaktes hinausgehen und dem sonst zuständigen Gemeindeorgan die Zuständigkeit für die konkrete Angelegenheit gleichsam entziehen würde. §69 Abs3 LVAG ist diesbezüglich jedoch einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich, nach der die darin angeordnete Bindungswirkung nur bis zur vollständigen Umsetzung des Ergebnisses der Volksabstimmung besteht. Diese Bestimmung verpflichtet die Gemeindeorgane somit zwar den Rechts- oder Tatsachenzustand herzustellen, der dem Ergebnis der Volksabstimmung entspricht, und gegenläufige Handlungen zu unterlassen. Sie schließt es jedoch nicht aus, dass nach der Erfüllung dieser Pflicht ein Akt ergeht, der diesen Zustand wieder - in welche Richtung auch immer - abändert.

Die dargelegte Verfassungswidrigkeit ergibt sich aus dem Zusammenspiel der Bestimmungen des §22 Abs1 zweiter Satz dritter Fall GG sowie des §64 Abs1 litc und des §69 Abs3 LVAG. Demgegenüber erweisen sich die in Prüfung gezogene Wortfolge des Art76 LV und der erste Satz des §22 Abs1 GG nicht als verfassungswidrig, weil sich aus diesen Bestimmungen - insbesondere aus der jeweiligen Anordnung, dass durch eine Volksabstimmung "entschieden oder verfügt" wird - nicht zwingend das aus den dargelegten Gründen verfassungswidrige Modell einer Volksabstimmung ergibt. Die zuletzt genannten Bestimmungen lassen sich nämlich auf jene Fälle reduzieren, in denen der Volksabstimmung eine Willensbildung des Gemeinderates zugrunde liegt. Sie können insofern bundesverfassungskonform interpretiert werden.

Zur Herstellung eines Rechtszustandes, gegen den die dargelegten Bedenken nicht bestehen, genügt es, die Wortfolge "oder es mindestens von einer Zahl an Stimmberechtigten der Gemeinde (§20) verlangt wird, die wie folgt zu ermitteln ist: a) für die ersten bis zu 1.500 Stimmberechtigten: 20 % davon; zuzüglich b) für die nächsten bis zu 1.500 Stimmberechtigten: 15 % davon; zuzüglich c) für die darüber hinausgehende Zahl von Stimmberechtigten: 10 % davon" in §22 Abs1 zweiter Satz GG sowie §64 Abs1 litc LVAG aufzuheben, weil diese Bestimmungen es ermöglichen, dass eine Volksabstimmung mit der beschriebenen Bindungswirkung auch ohne Zustimmung des Gemeinderates auf Grund eines Antrages des Gemeindevolkes eingeleitet werden kann und in der Folge auch zwingend durchzuführen ist. Eine Aufhebung bloß bzw auch der Bestimmung des §69 Abs3 LVAG, aus der sich die genannte Bindungswirkung ergibt, könnte zwar ebenfalls die verfassungsrechtlichen Bedenken beseitigen. Sie würde jedoch einerseits das Wesen der in §22 Abs1 GG vorgesehenen Volksabstimmung über die Beseitigung der Verfassungswidrigkeit hinaus maßgeblich verändern, weil dadurch die Volksabstimmung im Ergebnis an eine Volksbefragung angeglichen wäre. Andererseits wäre damit nicht nur die Bindungswirkung einer vom Gemeindevolk eingeleiteten Volksabstimmung beseitigt, sondern auch jene der anderen in §22 Abs1 GG vorgesehenen Arten der Volksabstimmungen, weil §69 Abs3 LVAG insofern nicht differenziert und alle Fälle des §22 Abs1 GG gleichermaßen erfasst. Vor diesem Hintergrund bewirkt die Aufhebung im zuvor dargelegten Umfang die weniger weitreichende Veränderung. Dabei kann schließlich unbeachtet bleiben, ob gegen die so angeordnete Bindungswirkung nach §69 Abs3 LVAG auch im Hinblick auf die anderen in §22 Abs1 GG bzw §64 Abs1 LVAG vorgesehenen Arten der Volksabstimmung verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. Solche würden sich nämlich erst aus dem Zusammenspiel des §69 Abs3 LVAG mit den genannten Bestimmungen ergeben, die jedoch hier schon insofern keiner verfassungsrechtlichen Prüfung unterzogen werden können, als sie im Anlassverfahren nicht präjudiziell sind. Durch die Aufhebung im zuvor dargelegten Umfang wird jedenfalls für das Anlassverfahren eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtslage geschaffen.

§§58 bis 63 LVAG stehen mit diesen Bestimmungen insofern in einem untrennbaren Zusammenhang, als sie das Verfahren zur Entscheidung über einen Antrag regeln, mit dem eine Volksabstimmung vom Gemeindevolk eingeleitet werden kann. Sie sind daher ebenfalls aufzuheben.

Die Verordnung des Bürgermeisters der Gemeinde Ludesch vom 26.08.2019 über die Anordnung der Volksabstimmung "Widmung von Flächen im Neugut" stützt sich auf §22 Abs1 zweiter Satz dritter Fall GG iVm §64 Abs1 litc LVAG. Aus der Aufhebung dieser Bestimmungen folgt demnach die Gesetzwidrigkeit und Aufhebung der genannten Verordnung gemäß Art139 Abs3 Z1 B-VG.

(Anlassverfahren: WIII2/2019&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True">W III 2/2019, E v 06.10.2020, Aufhebung des Verfahrens zur Volksabstimmung betreffend die "Widmung von Flächen im Neugut" in der Gemeinde Ludesch vom 10.11.2019).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Volksabstimmung, Gemeinderat, Bindung, Selbstverwaltung, Grundprinzipien der Verfassung, demokratisches Grundprinzip, Wirkungsbereich eigener, VfGH / Verwerfungsumfang, VfGH / Fristsetzung, VfGH / Legitimation, VfGH / Präjudizialität, Auslegung verfassungskonforme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:G166.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.04.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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