TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/8 96/21/1080

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Veröffentlicht am 08.10.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des (am 14. September 1958 geborenen) DB, vertreten durch Dr. Rudolf Tobler, Dr. Karl-Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwälte in Neusiedl/See, Untere Hauptstraße 72, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 22. Oktober 1996, Zl. Fr-479/96, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer, einen rumänischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 i.V.m. § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG ein bis 19. August 2001 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens und Wiedergabe der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen aus, daß aufgrund des Akteninhaltes als erwiesen anzunehmen sei, daß der Beschwerdeführer zweimal rechtskräftig wegen Lenkens eines Fahrzeuges im alkoholisierten Zustand bestraft worden sei. Der Beschwerdeführer sei verheiratet. Seine Ehegattin und seine gesamte Familie lebten in Rumänien. Es sei davon auszugehen, daß der im § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG normierte Tatbestand verwirklicht sei. Besonders deutlich zeige der Umstand, daß die gegenständlichen "strafrechtlichen Verurteilungen" nur wenige Wochen auseinanderlägen, daß die erste rechtskräftige Bestrafung keine wie immer geartete spezialpräventive Wirkung erzielt habe, aber auch, daß die Einstellung des Beschwerdeführers zur Rechtsordnung seines Gastlandes eine solche sei, daß mehr als zu Recht davon ausgegangen werden dürfe, daß ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde.

Wenn sich die Ehegattin und die Kinder des Beschwerdeführers nicht in Österreich aufhielten, sei von einem relevanten Eingriff im Sinne des § 19 FrG in das Privat- oder Familienleben nicht zu sprechen (Hinweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0352, und vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0298). Es könne daher sowohl eine Prüfung, ob das Aufenthaltsverbot dringend geboten sei, als auch eine Interessenabwägung im Sinne des § 20 Abs. 1 FrG unterbleiben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet. Von der Erstattung einer Gegenschrift wurde Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen Bestrafungen, meint jedoch, es handle sich um keine schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG.

Mit dieser Auffassung ist der Beschwerdeführer auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 2. Oktober 1996, Zl. 96/21/0412) zu verweisen, wonach Übertretungen nach § 5 Abs. 1 StVO grundsätzlich schwerwiegende Verwaltungsübertretungen im Sinne des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG darstellen. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, warum dies nicht auch in seinem Fall gelten soll. Diese Verwaltungsübertretungen erfüllen für sich allein den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG. Bereits aufgrund dieser bestimmten Tatsache ist mit Rücksicht auf die besonderen, von alkoholisierten Kraftfahrzeuglenkern ausgehenden Gefahren für die Allgemeinheit auch die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.

Soweit der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/0534, und vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/0637, vorbringt, die belangte Behörde habe zu Unrecht die Prüfung unterlassen, ob die Verhängung des Aufenthaltsverbotes im Grunde der §§ 19 und 20 Abs. 1 FrG zulässig sei, ist er im Recht. Der Beschwerdeführer bringt hiezu in Übereinstimmung mit der Aktenlage vor, sich seit mehreren Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufzuhalten (seit sechs Jahren) und berechtigt einer Beschäftigung nachzugehen (seit fünf Jahren). Diese auf rechtmäßiger Grundlage beruhenden privaten Lebensbeziehungen sind bereits als soweit gefestigt anzusehen, daß sie als schutzwürdig im Sinne des § 19 FrG bewertet werden müssen. Es liegt somit im vorliegenden Fall ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers im Sinne des § 19 FrG vor. Bereits ein im Sinne des § 19 FrG relevanter Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers erfordert aber gerade die von der belangten Behörde unterlassenen Prüfungen. Daß mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes kein relevanter Eingriff auch in das Familienleben des Beschwerdeführers verbunden ist, vermag daran nichts zu ändern, weil nicht nur ein relevanter Eingriff in das Familienleben, sondern auch ein solcher in das Privatleben des Beschwerdeführers die Prüfung gebietet, ob das Aufenthaltsverbot im Grunde des § 19 FrG und des § 20 Abs. 1 leg. cit. zulässig ist.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Bereits aus diesem Grunde war der Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996211080.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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