Entscheidungsdatum
26.06.2020Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L525 2133322-4/29E
Beschluss
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über den Antrag des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Pakistan, vertreten durch Dr. Martin Dellasega, Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, der gegen das am 6.12.2019 mündlich verkündeten und am 30.12.2019 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, Zl. L525 2133322-4/17E erhobenen außerordentliche Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen:
Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß § 30 Abs 2 VwGG nicht stattgegeben.
Text
BEGRÜNDUNG:
1. Verfahrensgang:
Der Revisionswerber – ein pakistanischer Staatsbürger – reiste zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt in das Bundesgebiet ein und stellte am 25.4.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher nach Nichtstattgebung durch die belangte Behörde mit hg Erkenntnis vom 10.1.2017, Zl. L525 2133322-1 als unbegründet abgewiesen wurde. Das Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.
Der Revisionswerber verblieb daraufhin weiterhin im Bundesgebiet und stellte am 17.11.2017 seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Die belangte Behörde wies den Antrag mit Bescheid vom 17.1.2018 gemäß § 68 AVG zurück, erließ aber keine Rückkehrentscheidung. Mit rechtskräftigem hg Erkenntnis vom 23.8.2018, Zl. L516 2133322-3 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen den Bescheid vom 17.1.2018 erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Eine dagegen erhobene außerordentliche Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 13.5.2019, Zl. Ra 2018/18/0506-6 zurück.
Mit dem nunmehr gegenständlichen Bescheid des BFA vom 12.10.2018 erteilte die belangte Behörde keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt I.) und wurde gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen. (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Mit Schriftsatz vom 17.10.2018 erhob der Revisionswerber fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 9.11.2018 und am 6.12.2019 jeweils eine mündliche Verhandlung durch, zu welcher der Revisionswerber erschien. Mit dem nunmehr gegenständlichen am 6.12.2019 mündlich verkündeten und am 30.12.2019 schriftlich ausgefertigten Erkenntnis Zl. L525 2133322-4/17E wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass der Revisionswerber zwar grundsätzlich über ein Privatleben in Österreich verfügt, dies jedoch im massiv unsicheren Aufenthaltsstatus begründet wurde und das Interesse der Republik auf Einhaltung der fremdenrechtlichen Bestimmungen ein höheres Interesse beizumessen sei, als dem Interesse des Beschwerdeführers auf einen asylrechtlichen Aufenthaltstitel.
Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber wiederum Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 4.3.2020, Zl. E 305/2020-14 ablehnte und dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung abtrat.
Der Revisionswerber richtete zunächst einen Antrag auf Verfahrenshilfe zur Verfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 7.5.2020, Zl. Ra 2020/21/0156-2 abgewiesen wurde.
Der Revisionswerber erhob nach Abweisung der Verfahrenshilfe mit Schriftsatz vom 22.6.2020 außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof und beantragte unter anderem der außerordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die Revision führte im Wesentlichen zum Antrag auf aufschiebende Wirkung aus, dass das die Abschiebung des Revisionswerbers betreffende Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vollstreckbar sei. Ein Vollzug dieser Entscheidung würde bedeuten, dass der Revisionswerber trotz eventueller Behebung des Erkenntnisses bereits in Pakistan wäre und seine Berufsausbildung als Tischler ohne gesetzliche Grundlage abgebrochen worden wäre. Dies würde eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Die Abschiebung stelle einen unverhältnismäßigen schweren Nachteil für den Revisionswerber dar, es sei dem österreichischen Staat eher zumutbar, bis zum Abschluss des Revisionsverfahrens in Österreich die Anwesenheit des Revisionswerbers zu dulden und ihm den Lehrabschluss zu ermöglichen. Der Revisionswerber habe am Verfahren mitgewirkt, habe auch seine Zustimmung erteilt, dass in Pakistan ermittelt werden könne und habe er Beweismittel vorgelegt. Sollte es der Behörde gelingen die Abschiebung durchzuführen, würde sich der Revisionswerber in einem Land mit notorisch bekannter prekärer Sicherheitslage wiederfinden. Es drohe dem Beschwerdeführer damit auch eine reale Verletzung von Art. 3 EMRK. Der Revisionswerber habe sich immer wohl verhalten, zwingende öffentliche Interessen würden einer Bewilligung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegenstehen.
2. Feststellungen/Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang wird zum Sachverhalt erhoben und ergibt sich dieser unzweifelhaft aus den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Akten. Es wurden keine Einwände, dass der Akt unvollständig oder unrichtig wäre, erhoben. Dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Hinweise aufgefallen, dass der Akt unvollständig oder bedenklich wäre. Der Sachverhalt ist damit aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die Revision hat gemäß § 30 Abs 1 Satz 1 VwGG keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat jedoch bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Gemäß § 30a Abs 3 VwGG hat das Verwaltungsgericht über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden. Nach § 30a Abs 7 VwGG sind Abs 1 bis 6 leg cit nicht anzuwenden, wenn das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis oder Beschluss ausgesprochen hat, dass die Revision nicht gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Das Verwaltungsgericht hat den anderen Parteien sowie im Fall des § 29 VwGG dem zuständigen Bundesminister bzw. der Landesregierung eine Ausfertigung der außerordentlichen Revision samt Beilagen zuzustellen und dem Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision samt Beilagen unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen.
Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass das Verwaltungsgericht (auch) in Fällen außerordentlicher Revisionen zur Entscheidung über die aufschiebende Wirkung so lange zuständig ist, bis die Revision dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt wird (vgl. etwa den B des VwGH vom 20.04.2017, Ra 2017/19/0113).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist im Verfahren über einen Antrag auf aufschiebende Wirkung nach § 30 VwGG die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu überprüfen, sondern – wenn das in der Revision selbst erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen ist – zunächst, im Provisorialverfahren, von den Annahmen in der angefochtenen Entscheidung auszugehen. Demnach ist die aufschiebende Wirkung nur zuzuerkennen, wenn der Fehler in der angefochtenen Entscheidung nicht bloß ein potenzieller, sondern ein evidenter ist (vgl. mwN VwGH 31.10.2019, Ra 2019/19/0493).
In dieser Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof ferner zum wiederholten Male ausgesprochen, dass der Revisionswerber – um die vom Gesetz geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können – schon im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darzulegen hat, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falls die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne Weiteres erkennen lassen.
Mit seinem Beschluss vom 04.11.2019, Ra 2019/21/0244, gab der Verwaltungsgerichtshof dem Antrag, der Revision gegen ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts, betreffend insbesondere Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt unbefristetem Einreiseverbot, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, nicht statt. Der Verwaltungsgerichtshof begründete seine Entscheidung damit, dass die für den Revisionswerber mit dem Abwarten der Entscheidung über die Revision in seinem Herkunftsstaat Türkei verbundenen Konsequenzen - nach der unter Bedachtnahme auf alle Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere auch darauf, dass in Österreich kein Familienleben im Sinne des Art 8 EMRK bestand, vorgenommenen Abwägung der wechselseitigen Interessen - keinen „unverhältnismäßigen Nachteil“ im Sinne des § 30 Abs 2 VwGG darstelle.
Schließlich kommt dem gewichtigen öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens für die nach § 30 Abs 2 VwGG vorzunehmende Interessenabwägung wesentliche Bedeutung zu; vgl. abermals VwGH 31.10.2019, Ra 2019/19/0493. In diesem Sinne sprach der Verwaltungsgerichtshof am 30.05.2019, Ra 2019/22/0104, bei der Interessenabwägung nach § 30 Abs 2 VwGG aus, die dortige Revisionswerberin beinträchtige durch ihren unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet das große öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, und gab dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht statt.
Zunächst sei der Revisionswerber darauf verwiesen, dass mit der Ausführung, ihm drohe im Falle der Abschiebung aufgrund der notorisch bekannten prekären Sicherheitslage mit außerordentlicher Wahrscheinlichkeit eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK eben nicht konkret dargelegt wird, worin diese reale Gefahr erblickt wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich im in Revision gezogenen Erkenntnis mit der Sicherheitslage auseinandergesetzt und ist eben zum Ergebnis gelangt, dass eine Verletzung nicht droht. Abgesehen davon, dass ein solches Vorbringen auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht konkret behauptet wurde, legt die Revision auch nicht dar, dass sich die Lage seit der Erlassung des Erkenntnisses wesentlich geändert hätte. Der Verweis auf eine notorisch bekannte prekäre Sicherheitslage in Pakistan erweist sich als derart wenig substantiiert um konkret darzulegen, dass im Falle der Abschiebung tatsächlich eine reale Gefahr der Verletzung von Art. 3 EMRK drohe bzw. dass dies einer Überprüfung oder Nachvollziehbarkeit zugänglich wäre.
Wie bereits dargestellt begründet der Revisionswerber seinen Antrag auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung in erster Linie damit, dass seine Abschiebung nach Pakistan einen unverhältnismäßigen Nachteil darstelle, da er sonst seine Berufsausbildung nicht abschließen könne. Dem ist bereits das öffentliche Interesse entgegenzuhalten, dass der Revisionswerber sich bereits zwei Rückkehrentscheidungen nicht fügte, wobei die erste bereits Anfang 2017 rechtskräftig wurde und der Revisionswerber seine Anträge auch auf gefälschte Beweismittel stützte. Der Feststellung, dass der Revisionswerber kein Familienleben führt, tritt die Revision nicht entgegen und wurde dies auch vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht behauptet. Das Interesse des Revisionswerbers den Verfahrensausgang im Bundesgebiet abzuwarten muss im gegenständlichen Fall hinter das öffentliche Interesse auf Einhaltung der fremdenrechtlichen Bestimmungen zurücktreten und sind keine Gründe ersichtlich, weswegen der Revisionswerber den Ausgang des Verfahrens nicht in Pakistan abwarten kann.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall außerordentliche Revision Berufsausbildung reale Gefahr Sicherheitslage VerwaltungsgerichtshofEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L525.2133322.4.00Im RIS seit
05.11.2020Zuletzt aktualisiert am
05.11.2020