TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/29 I421 2231434-1

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Veröffentlicht am 29.06.2020
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Entscheidungsdatum

29.06.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs4 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I421 2231434-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin Steinlechner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Nordmazedonien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom 06.05.2020, Zl. 217294808/171423025, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als im Spruchpunkt II. des bekämpften Bescheides festgestellt wird, dass die Abschiebung nach Nordmazedonien zulässig ist und im Spruchpunkt IV das Einreiseverbot befristet auf die Dauer von 10 Jahren erlassen wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 06.05.2020, Zl. 217294808/171423025 wurde gegen XXXX (im Folgenden: BF) gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wurde gegen den BF ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) und gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG wurde einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Der Bescheid wurde dem BF am 09.05.2020 zugestellt.

Der BF erhob durch seine rechtliche Vertretung am 19.05.2020 fristgerecht Beschwerde.

Die gegenständliche Beschwerde wurde mit dem maßgeblichen Verwaltungsakt am 12.06.2020 dem Bundesverwaltungsgericht Außenstelle Innsbruck vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität ( XXXX , geb. XXXX ) und ist mazedonischer Staatsangehöriger.

Der BF reiste zusammen mit seiner Familie im Alter von 8 Jahren in Österreich ein und seit April 2001 in Österreich gemeldet. Er war mit einer Österreicherin verheiratet, die Ehe ist mittlerweile geschieden. Der BF hat keine Kinder und es treffen ihn keine Sorgepflichten. Der BF führt mittlerweile wieder eine Beziehung mit seiner Ex-Frau.

Am 25.04.2006 wurde dem BF von der BH XXXX ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG", gültig bis 25.04.2011, ausgestellt.

Mit Urteil XXXX des Landesgerichts XXXX vom 15.05.2012, rechtskräftig seit 31.08.2012, wurde der BF wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes unter Verwendung einer Waffe nach § 15 StGB §§ 142 (1), 143 2. Fall StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Jahren als junger Erwachsener verurteilt. Am 10.07.2014 wurde der BF aus der Freiheitsstrafe bedingt bei Setzung einer Probezeit von drei Jahren entlassen, zudem wurde Bewährungshilfe angeordnet. Mit 11.01.2018 wurde die Freiheitsstrafe endgültig erlassen (044 BE 131/2014i). Dem Urteil lag ein versuchter bewaffneter Raubüberfall auf ein Juweliergeschäft unter Tatbeteiligung zweier jugendlicher Mittäter (zum Tatzeitpunkt 23.02.2012) zugrunde, wobei der Schöffensenat als mildernd gewertet hat, dass die Tat beim Versuch geblieben ist, als besonders erschwerend beim Beschwerdeführer „eine enorme kriminelle Energie“ wertete (AS 207).

Am 21.10.2014 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EG", dabei erfolgte eine Rückstufung auf den Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“, befristet bis 13.10.2015.

Am 09.10.2015 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels " Rot-Weiß-Rot-Karte plus ", welcher ihm befristet bis 06.10.2016 erteilt wurde.

Am 17.10.2016 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels " Rot-Weiß-Rot-Karte plus ", welcher ihm befristet bis 13.07.2019 erteilt wurde.

Mit Urteil XXXX des Landesgerichts XXXX vom 11.12.2017, rechtskräftig seit 20.03.2018, wurde der BF wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 (1) StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt, wobei die Freiheitsstrafe auf vier Jahre und vier Monate herabgesetzt wurde. Dem Urteil lag neuerlich ein Raubüberfall mit einem Mittäter auf ein Wettlokal zugrunde. Mildernd wurde das Geständnis gewertet, erschwerend wurde die massive spezifisch einschlägige Vorstrafe gewertet. Seit nunmehr 23.08.2018 befindet sich der BF aufgrund seiner zweiten strafrechtlichen Verurteilung in der Justizvollzugsanstalt XXXX , im Zeitraum vom 13.09.2017 bis zum 22.08.2018 war er in der Justizvollzugsanstalt XXXX untergebracht.

Am 12.07.2019 stellte der BF wiederum einen Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“, welcher aber noch nicht erledigt wurde.

Der BF ist seit 24.04.2001 durchgehend in Österreich gemeldet.

In Österreich war der BF im Zeitraum von August 2014 bis September 2017 als Arbeiter tätig, er hat weder Arbeitslosengeld noch Leistungen aus der Grundversorgung bezogen.

Der BF hat sehr gute Deutschkenntnisse.

Der BF verfügt über Verwandte in Österreich, Norwegen, Deutschland und der Schweiz. In Nordmazedonien lebt die Großmutter des BF.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Identität des BF steht aufgrund des vorliegenden mazedonischen Reisepasses fest.

Die Angaben zum Familienstand, der Ehe und Scheidung ergeben sich aus seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 05.12.2019. Dass der BF keine Kinder hat, ergibt sich ebenfalls aus der niederschriftlichen Einvernahme, ebenso die Feststellung zur Führung einer erneuten Beziehung mit der Ex-Frau.

Die Angaben über die Aufenthaltsdauer und -titel des BF in Österreich ergeben sich aus einem Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister, einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie aus seiner niederschriftlichen Einvernahme und seiner Beschwerde.

Die Feststellungen zu den strafrechtlichen Verurteilungen des BF ergeben sich aus dem Strafregisterauszug sowie aus dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom 15.05.2012 und dem vom 11.12.2017.

Die Feststellung zur Erwerbstätigkeit des BF ergibt sich aus dem Sozialversicherungsdatenauszug, ebenso wie die Nichtinanspruchnahme von Arbeitslosengeld. Dass der BF keine Leistungen aus der Grundversorgung bezogen hat, ergibt sich aus dem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.

Die sehr guten Deutschkenntnisse konnte der BF im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme unter Beweis stellen und sind diese auch dem seit nunmehr April 2001 durchgehenden Aufenthalt in Österreich geschuldet.

Die Feststellungen zum Aufenthalt der Verwandten in Europa ergeben sich aus der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde, ebenso, dass die Großmutter in Nordmazedonien ansässig ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Zur Rückkehrentscheidung:

Die maßgeblich gesetzliche Bestimmung für gegenständlichen Sachverhalt ist § 52 Abs. 4 FPG

Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1.         nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2.         nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1.         nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,
1a.         nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,
2.         ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3.         ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4.         der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5.         das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Gemäß § 11 Abs 2 NAG dürfen Fremden nur Aufenthaltstitel erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen wiederstreitet (Ziffer 1) und ist das der Fall, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde (Abs 4 Ziffer 1 leg.cit).

Wie sich aus dem Sachverhalt unbestritten ergibt, hat der Beschwerdeführer zweimal zusammen mit Mittätern Raubüberfälle begangen, wobei einmal eine Waffe und einmal eine Waffenattrappe verwendet wurde. Der Beschwerdeführer zeigte sich auch vom Vollzug der ersten Strafhaft völlig unbeeindruckt und keinesfalls geläutert. In den Strafurteilen wird dem Beschwerdeführer eine erhebliche kriminelle Energie konstatiert. Es brauch keiner weiteren Erklärung, dass die Begehung von Raubüberfällen die öffentliche Ordnung und Sicherheit massiv gefährdet. Auf Grundlage des Sachverhalts hat die belangte Behörde zu Recht eine Rückkehrentscheidung erlassen und ist diese auch als Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Ordnung und deren Verteidigung, zur Verhinderung von Straftaten und zum Schutz der Rechte und Freiheit anderer notwendig, wird doch durch Begehung von Raubüberfällen rechtswidrig in das Eigentum Dritter eingegriffen und die körperliche und psychische Unversehrtheit der Raubopfer massiv gefährdet, oftmals auch dauerhaft geschädigt. Es wird durch die Rückkehrentscheidung zwar in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen, aber ist dieser Eingriff zulässig, weil zur Erreichung der im Art. 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.

Zur Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Nordmazedonien:

Wenn im diesbezüglichen Spruch des bekämpften Bescheides der Herkunftsstaat auch nicht angeführt ist, wie dies das erkennende Gericht schon mehrfach bei derartigen Bescheiden festgestellt hat, so ist offensichtlich, dass dies aus einem Versehen der belangten Behörde geschah und ergibt sich aus Spruch und Gründen des Bescheides zweifelsfrei, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nordmazedonien als zulässig festgestellt wurde. Durch diese wird das Recht auf Leben des Beschwerdeführers nicht gefährdet und wird dieser dadurch auch nicht der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung ausgesetzt. Der Spruch des Bescheides in diesem Punkt war daher zu berichtigen, die Beschwerde aber als unbegründet abzuweisen. Auch wurde in der Beschwerde dieser Spruchpunkt inhaltlich nicht bekämpft.

Zur Zulässigkeit der Erlassung eines Einreiseverbots:

Die maßgebliche Bestimmung im Fremdenpolizeigesetz lautet:

Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1.         wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2.         wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3.         wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4.         wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5.         wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6.         den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7.         bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8.         eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9.         an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1.         ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2.         ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3.         ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4.         ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5.         ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6.         auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7.         auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;
8.         ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9.         der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.

Wie festgestellt wurde der Beschwerdeführer zweimal wegen des Verbrechens des Raubes rechtskräftig verurteilt und zwar wegen des versuchten bewaffneten Raubes im Jahr 2012 zu vier Jahren Freiheitsstrafe und wegen Raubes im Jahr 2017, bei Verwendung einer täuschend echt aussehenden Waffenattrappe, zu einer Freiheitsstrafe von (letztlich) vier Jahren und vier Monaten.

Aus dem Erstvollzug wurde der Beschwerdeführer am 10.07.2014 bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren und Anordnung der Bewährungshilfe entlassen. Die zweite Verurteilung gründet auf die Straftat vom 19.07.2017, wurde also kurz nach Ablauf der dreijährigen Probezeit der bedingten Haftentlassung begangen. Daraus zeigt sich, dass die Unbill der Freiheitsstrafe, das Privileg der Haftentlassung, die Bewährungshilfe und auch die verstrichene Zeit von fünf Jahren zwischen erster und zweiter Straftat, beim Beschwerdeführer keinen nachhaltigen Gesinnungswandel hin zur Rechtstreue und zu sozialadäquatem Verhalten bewirkt hat. Vielmehr hat der Beschwerdeführer neuerlich das Verbrechen des Raubes als Haupttäter begangen. Der Beschwerdeführer hat den Tatplan zum zweiten Raubüberfall auf das Wettlokal ersonnen, er weihte den späteren Zweitangeklagten S. S. in den Tatplan ein und vereinbarte mit diesem bei der Tatbegehung ein eine Spielzeugpistole, die einer echten Waffe täuschend ähnelte, zu verwenden. Der Beschwerdeführer übernahm die unmittelbare Tatausführung, sein Mittäter die Aufpasserdienste und das Fluchtfahrzeug. Der Beschwerdeführer hielt dem Mitarbeiter im Wettlokal die Waffenattrappe vor, wodurch dieser eine unmittelbare Gefährdung seiner körperlichen Unversehrtheit, ja sogar seines Lebens, erfuhr und ertragen musste. Der so bedrohte Mitarbeiter des Wettlokals, wurde durch den Raubüberfall derart in Furcht und Unruhe versetzt, dass er psychologische Hilfe in Anspruch nehmen musste, keine Nachtdienste mehr versehen konnte und schließlich sogar gezwungen war die Arbeitsstätte zu wechseln, weil ihn die weitere Tätigkeit in diesem Wettlokal zu sehr belastete (siehe dazu Urteil XXXX , AS 111ff). Bereits im Urteil des Jugendschöffensenats des LG XXXX zu XXXX dem der Raub vom 23.02.2012 zugrunde lag, wird dem Beschwerdeführer eine „enorme kriminelle Energie“ konstatiert.

Die beiden schweren Verbrechen und die erheblichen nachteiligen Folgen für die Tatopfer sind unleugbar bestimmte Tatsachen, die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt. Die Gefährdungsprognose ist auch zum Nachteil des Beschwerdeführers, hat doch schon der erste Strafvollzug, die bedingte Haftentlassung und Bewährungshilfe, nicht verhindert, dass der Beschwerdeführer neuerlich das Verbrechen des Raubes begeht. Die Erlassung des Einreiseverbots im bekämpften Bescheid erfolgte daher (grundsätzlich) zu recht. Unter Berücksichtigung der Schul- und Berufsausbildung des Beschwerdeführers, seines jungen Alters bei beiden Tathandlungen und unter Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers in Österreich (vgl Ra 2019/21/0244) erachtet der erkennende Richter im konkreten Einzelfall ein Einreiseverbot auf die Dauer von zehn Jahren befristet für gerade noch ausreichend, um der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers entgegenzuwirken, ein unbefristetes Einreiseverbot aber für unverhältnismäßig, weshalb Spruchpunkt hinsichtlich des Einreiseverbotes in diesem Sinn zu modifizieren war.

Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung und Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise:

Oben wurde bereits ausgeführt, dass vom Beschwerdeführer eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht und ein Einreiseverbot zu erlassen ist. Aus den genannten Gründen ist die Voraussetzung zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gem. § 18 Abs. 2 Ziff 1 BFA-VG erfüllt. Aus § 55 Abs 4 FPG folgt weiters, dass in einem solchem Fall keine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren ist. Die Beschwerde war auch in diesen Bescheidpunkten als unbegründet abzuweisen.

Die beantragte mündliche Verhandlung war nicht abzuführen, da der Sachverhalt auf Grundlage des Aktes vollständig geklärt ist, die Einwendungen in der Beschwerde in dieser Entscheidung Berücksichtigung fanden und auch eine mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Gericht an der Tatsache, dass der Beschwerdeführer zwei schwere Verbrechen mit erheblichen nachteiligen Folgen für die Tatopfer begangen hat, nichts ändern kann.

Die Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung in die Muttersprache des Beschwerdeführers konnte unterbleiben, da der Beschwerdeführer über die erforderlichen Kenntnisse der Deutschen Sprache in Wort und Schrift verfügt (vgl. sein Vorbringen AS 55 und in der Beschwerde AS 345).

B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Haft Haftstrafe Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Raub Rückkehrentscheidung schwere Straftat Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Verbrechen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I421.2231434.1.00

Im RIS seit

03.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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