TE Vwgh Beschluss 1997/10/8 97/21/0374

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Veröffentlicht am 08.10.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;

Norm

MRK Art5;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Neumair, in der Beschwerdesache des VD (geboren am 4. Oktober 1974), vertreten durch Dr. Christine Riess und Dr. Bruno Bernreitner, Rechtsanwälte in Waidhofen/Ybbs, Oberer Stadtplatz 20, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 27. März 1997, Zl. Fr 646/97, betreffend Unzulässigkeit der Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird für gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 27. März 1997 wurde über den Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 54 des Fremdengesetzes (FrG) festgestellt, daß keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, daß er in Jugoslawien bzw. in Kroatien gemäß § 37 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG bedroht sei. Die Behandlung der dagegen zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde von diesem mit Beschluß vom 10. Juni 1997, B 1287/97, abgelehnt und die Beschwerde zugleich dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof forderte den Beschwerdeführer mit Verfügung vom 27. Juni 1997 gemäß § 34 Abs. 2 VwGG auf, das Recht, in dem die beschwerdeführende Partei verletzt zu sein behauptet, gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG bestimmt zu bezeichnen. Innerhalb der hiefür gesetzten Frist wurde vom Beschwerdeführer ein Schriftsatz erstattet, der folgende zum als verletzt behaupteten Recht gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG zuordenbare Ausführungen enthält:

"Das Recht, in dem sich die beschwerdeführende Partei verletzt fühlt, ist die Bestimmung des Art. 9 (1) B-VG, wo die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes als Bundesrecht gelten und daher auch Art. 5 EMRK zur Behandlung dieser Beschwerde heranzuziehen ist."

Der Beschwerdeführer macht weiters Ausführungen dazu, daß Art. 5 EMRK eine Garantie von Freiheit und Sicherheit enthalte. Der Begriff der Sicherheit habe nur dann eine eigenständige Bedeutung, wenn er im Zusammenhang mit dem Begriff der Freiheit genannt werde. Er richte sich gegen willkürliche Eingriffe seitens staatlicher Gewalt in die Freiheitsrechte des einzelnen Menschen. Im Bereich des Art. 5 EMRK getroffene Entscheidungen müßten mit den jeweiligen formellen und materiellen Erfordernissen des bestehenden nationalen Rechts in Einklang stehen.

Mit diesen Ausführungen hat der Beschwerdeführer kein Recht benannt, dessen Verletzung gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG mit Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof geltend gemacht werden könnte. Soweit der Beschwerdeführer nämlich Art. 9 Abs. 1 B-VG, nach welcher Verfassungsbestimmung die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes als Bestandteile des Bundesrechtes gelten, benennt, verweist er hiebei bloß auf den Rechtsquellentypus des Völkergewohnheitsrechts. Zwar ist nicht auszuschließen, daß der Beschwerdeführer aus dem kraft Art. 9 Abs. 1 in das Bundesrecht transformierten Völkergewohnheitsrecht subjektive Rechte im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ableiten kann. Kraft der ausdrücklichen Anordnung des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG wäre es jedoch ihm selbst oblegen, insoferne ein bestimmtes materielles Recht zu bezeichnen.

Soweit sich der Beschwerdeführer jedoch in dem gemäß Art. 5 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht für verletzt erachtet, ist er darauf hinzuweisen, daß zur Behandlung von Beschwerden, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt zu sein behauptet, gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG der Verfassungsgerichtshof zuständig ist. Eine diesbezügliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ist durch Art. 133 Z. 1 B-VG ausdrücklich ausgeschlossen.

Durch die von der beschwerdeführenden Partei vorgenommene Bezeichnung des Beschwerdepunktes wird der Prozeßgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Bescheides gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung sie behauptete (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 11. Juni 1997, Zl. 97/21/0216). Diese Voraussetzungen erfüllt die vorliegende Beschwerde auch nach ihrer Ergänzung nicht.

Da der Beschwerdeführer somit verabsäumt hat, die eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes begründende Behauptung über die Verletzung eines bestimmten (nicht verfassungsgesetzlich gewährleisteten) Rechtes trotz Erteilung eines ausdrücklichen Ergänzungsauftrages fristgerecht nachzutragen, hat er den ihm erteilten Ergänzungsauftrag nicht zur Gänze erfüllt. Auch die bloß teilweise Nichterfüllung eines Ergänzungsauftrages führt zum Eintritt der in § 34 Abs. 2 VwGG normierten Fiktion der Zurückziehung der Beschwerde (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 523, wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Das Beschwerdeverfahren war daher gemäß § 33 Abs. 1 letzter Satz VwGG einzustellen.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Gegenseitige Beziehung: VwGH - VfGH Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Erklärung und Umfang der Anfechtung Anfechtungserklärung Mängelbehebung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997210374.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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