TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/9 I403 2211882-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.07.2020
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Entscheidungsdatum

09.07.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I403 2211882-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX StA. Guinea, vertreten durch Mag. Julia KOLDA, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Landstrasser Hauptstrasse 95/1/4, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.03.2020 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I., II. und III. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

II. In Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz von XXXX vom 23.02.2016 vorübergehend unzulässig ist.

III. Spruchpunkte V. und VI. des angefochtenen Bescheides werden behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Guineas, reiste gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder in das Bundesgebiet ein und stellte am 23.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er im Wesentlichen damit begründete, in Guinea aufgrund seines Engagements für die Oppositionspartei „Union des forces démocratiques de Guinée“ (im Folgenden: UFDG) der Gefahr einer politischen Verfolgung durch Anhänger der Regierungspartei „Rassemblement du Peuple Guinéen“ (im Folgenden: RPG) ausgesetzt zu sein.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) vom 30.11.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs.1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Guinea abgewiesen (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Guinea zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde dem Beschwerdeführer eine Frist für eine freiwillige Ausreise von sechs Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 21.12.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

Am 05.03.2020 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle XXXX , eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers abgehalten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos, Staatangehöriger von Guinea, Angehöriger der Volksgruppe der Fula und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Seine Identität steht nicht fest.

Er leidet an keiner lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung und ist erwerbsfähig.

Er stammt aus Matoto in Conakry, wo er 6 Jahre die Grundschule besucht und Berufserfahrung als Marktverkäufer gesammelt hat. Seine Mutter sowie eine jüngere Schwester des Beschwerdeführers halten sich nach wie vor in Matoto auf und steht der Beschwerdeführer in Kontakt zu ihnen.

Ein minderjähriger Bruder des Beschwerdeführers, der am XXXX 2002 geborene S.S. (IFA-Zl.: XXXX ), hält sich in Österreich auf. S.S. leidet an einer Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik und an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Er steht unter der Obsorge des XXXX Kinder- und Jugendhilfeträgers und lebt in einer betreuten Einrichtung. Der Beschwerdeführer ist die wichtigste Bezugsperson für seinen minderjährigen Bruder, sieht diesen mehrmals wöchentlich und unterstützt ihn bei diversen Alltagsaktivitäten. Über den Antrag von S.S. auf internationalen Schutz vom 23.02.2016 bzw. über die gegen den abweisenden Bescheid des BFA vom 30.11.2018 erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht bislang noch nicht entschieden.

Ein älterer Bruder des Beschwerdeführers lebt in Spanien. Zu diesem steht er sporadisch in Kontakt und besteht weder ein Abhängigkeitsverhältnis noch ein Naheverhältnis von maßgeblicher Intensität.

Der Beschwerdeführer spricht Deutsch auf B1-Niveau, hat in Österreich den Pflichtschulabschluss erfolgreich abgelegt und die 2. Klasse einer dreieinhalbjährigen Fachschule für Bautechnik mit Betriebspraxis einer HTL als Klassenbester abgeschlossen. Er hat in Österreich, insbesondere aufgrund seiner regelmäßigen Schulbesuche seit dem Schuljahr 2017/18, Freundschaften geschlossen. Zudem hat er diverse weitere Kurse und Workshops besucht.

Er ist strafgerichtlich unbescholten und bestreitet seinen Lebensunterhalt in Österreich durch die staatliche Grundversorgung.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus Guinea geflüchtet ist, da er aufgrund seines Engagements für die Oppositionspartei UFDG der Gefahr einer politischen Verfolgung durch Anhänger der Regierungspartei RPG ausgesetzt ist. Das entsprechende Vorbringen ist nicht glaubhaft.

Es besteht auch keine reale Gefahr, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr nach Guinea einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat:

Zur aktuellen Situation in Guinea werden folgende Feststellungen getroffen:

Politische Lage

Die Republik Guinea ist geprägt von einem demokratischen Aufbruch nach dem kurzzeitigen Militärregime unter Moussa Dadis Camara (2008-2010). Zuvor war Guinea trotz politischer Öffnung unter dem autoritären Regime von Präsident Lansana Conté bestimmt (AA 28.6.2019a). Die ersten freien Präsidentschaftswahlen 2010 endeten in der Stichwahl mit einem sehr knappen Ergebnis zwischen Regierungs- und Oppositionspartei. Der teilweise erbittert geführte Wahlkampf von 2010 war Ausgangspunkt für eine Lagerbildung in der guineischen Politik ("Regierungsmehrheit" gegen "Opposition"), die in den folgenden Jahren immer wieder zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen führte und bis heute die innenpolitische Situation beeinflusst. Staatspräsident Condé setzte sich bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2015 erneut durch. Aktuell wird in Guinea von Seiten der Regierung eine Verfassungsänderung zugunsten einer bisher verfassungsrechtlich ausgeschlossenen 3. Amtszeit des Präsidenten erwogen (AA 28.6.2019a; vgl. USDOS 13.3.2019).

Die ersten freien Parlamentswahlen fanden nach Verzögerungen am 28.9.2013 statt. Die Nationalversammlung tagt in mindestens zwei Sitzungsperioden im Jahr. Die nächsten Parlamentswahlen hätten schon Anfang 2019 stattfinden sollen, wurden aber aufgeschoben: das Parlament ist per präsidentiellem Dekret in Amtsverlängerung getreten (AA 28.6.2019a). Die ersten demokratischen Kommunalwahlen fanden am 4.2.2018 statt (AA 28.6.2019a; vgl. USDOS 13.3.2019), deren Ergebnis jedoch noch nicht vollständig umgesetzt ist. Im Rahmen von Dezentralisierungsbemühungen soll die Autonomie der Gebietskörperschaften längerfristig gestärkt werden (AA 28.6.2019a).

Das Parteiensystem war zwischen den beiden Präsidentschaftswahlen 2010 und 2015 weitgehend von einer Orientierung in zwei Lagern bestimmt: Die Regierungsmehrheit unter Führung der dominierenden RPG (Rassemblement du Peuple de Guinée), zusammen mit mehreren Kleinstparteien in einem Bündnis RPG-Arc-en-Ciel; und die Opposition, innerhalb derer die UFDG (Union des Forces Démocratiques de Guinée) die mit Abstand stärkste Partei stellt, sowie einer Reihe von kleineren und kleinsten Parteien. Beide Gruppen bilden in der Nationalversammlung jeweils einen Fraktionsverbund. Zur Opposition gehört auch die kleinere UFR (Union des Forces Républicaines), die zwischenzeitlich (Jänner 2016 bis Mai 2018) an der Regierung beteiligt war und in der Nationalversammlung eine eigene Fraktion bildet. Das bisher bestimmende Lagergefüge der Parteipolitik ist seitdem in Bewegung gekommen (AA 5.7.2019).

Laut Verfassung müssen die Parteien national aufgestellt sein; dies trifft auf jeden Fall auf die großen Parteien zu. Trotzdem haben auch diese ethnisch-regionale Hochburgen (AA 5.7.2019).

In Guinea wurden bei der Umsetzung der politischen Vereinbarung vom 12.10.2016 schrittweise Fortschritte erzielt. Das politische Umfeld polarisierte sich jedoch zunehmend nach der Verschiebung der anstehenden Parlamentswahlen, die für Jänner auf November 2019 verschoben wurden. Es wird befürchtet, dass das Präsidentenlager auf eine Erneuerung der Verfassung von 2010 drängt, um Präsidenten Alpha Condé den Weg für eine mögliche dritte Amtszeit zu ebnen (UNSC 5.7.2019).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (28.6.2019a): Guinea - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/guinea-node/innenpolitik/206132, Zugriff 19.7.2019

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Guinea Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427387/488291_en.pdf, Zugriff 25.7.2019

-        CIA - Central Intelligence Agency (USA) (10.7.2019): The World Factbook - Guinea, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 25.7.2019

-        UNSC - UN Security Council (5.7.2019): Activities of the United Nations Office for West Africa and the Sahel; Report of the Secretary-General, https://www.ecoi.net/en/file/local/2013221/S_2019_549_E.pdf, Zugriff 8.8.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004162.html, Zugriff 25.7.2019

Sicherheitslage

In Guinea bestehen soziale und politische Spannungen, die sich auch zu Sicherheitsrisiken ausweiten können. In Conakry sowie im Inneren des Landes kommt es regelmäßig zu Demonstrationen, die zum Teil zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen und politischen Gruppen und den Sicherheitskräften führen. Immer wieder werden zahlreiche Menschen verletzt oder getötet (EDA 14.8.2019; vgl. BMEIA 14.8.2019). So haben die Proteste im Zusammenhang mit den Lokalwahlen im Februar 2018 mehrere Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 14.8.2019). Die Kriminalitätsrate hat sowohl in Conakry, als auch im Landesinneren stark zugenommen. Bewaffnete Raubüberfälle und Diebstähle sind häufig (BMEIA 14.8.2019; vgl. EDA 14.8.2019; FD 14.8.2019). Aufgrund der für den Großteil der Bevölkerung sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage gibt es in Conakry, aber auch im Landesinneren, immer wieder Akte des Vandalismus und Straßenblockaden. Vor allem im städtischen Milieu sind nächtliche Überfälle auf Passanten, Wohnhäuser und Geschäfte verbreitet. Bewaffnete nächtliche Überfälle auf Fahrzeuge werden von Zeit zu Zeit auf einzelnen Überlandstraßen gemeldet. Auch aus diesem Grund wird von nächtlichen Überlandfahrten abgeraten. Besonders zu beachten ist, dass die Täter teilweise uniformiert sind (AA 14.8.2019). Die südlichen Grenzgebiete zu Liberia, Sierra Leone und Côte d'Ivoire sind aufgrund ethnischer Spannungen gefährlich (BMEIA 14.8.2019).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (14.8.2019): Guinea - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/guinea-node/guineasicherheit/206098, Zugriff 14.8.2019

-        BMEIA - Europa, Integration und Äußeres (14.8.2019): Guinea - Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/guinea/, Zugriff 14.8.2019

-        EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (Schweiz) (14.8.2019): Reisehinweise für Guinea, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/laender-reise-information/guinea/reisehinweiseguinea.html, Zugriff 14.8.2019

-        FD - France Diplomatie (Frankreich) (14.8.2019): Conseils aux voyageurs - Guinée - Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/guinee/, Zugriff 14.8.2019

Sicherheitsbehörden

Die dem Verteidigungsministerium unterstellte Gendarmerie und die nationale Polizei unter dem Ministerium für Sicherheit teilen sich die nur unzulänglich definierte Verantwortung für die innere Sicherheit. Die Armee ist für die Sicherheit nach außen verantwortlich, spielt jedoch auch im Bereich der inneren Sicherheit eine Rolle. Per Gesetz sind das Militär, die Gendarmerie und die Polizei dazu befugt, Verhaftungen durchzuführen. Gesetzlich ist allerdings nur die Gendarmerie dazu ermächtigt, Verhaftungen von Angehörigen des Militärs und der Polizeikräfte durchzuführen. Es gibt auch spezielle Polizei- und Gendarmerie-Einheiten (USDOS 13.3.2019).

Die Polizei bleibt weiterhin unterbezahlt, inadäquat ausgerüstet und ineffizient. Es gibt mehrere Berichte über Sicherheitsbehörden, die Befehle ignorieren und auf übermäßige Gewalt zurückgreifen (USDOS 13.3.2019). Es gibt zahlreiche Vorwürfe über unprofessionelles Verhalten, Diebstahl und Erpressung (HRW 17.1.2019; BS 2018). Straffreiheit bleibt ein verbreitetes Problem (AA 5.7.2019; vgl. USDOS 13.3.2019; HRW 17.1.2019). Im Feber 2018 wurde erstmals ein hoher Armeeoffizier für Ausschreitungen des Militärs gegen die Zivilbevölkerung verurteilt und erhielt eine Bewährungsstrafe; seine Soldaten dagegen Haftstrafen (AA 5.7.2019).

Sicherheitskräfte folgen nur selten dem Strafgesetzbuch, die zivile Kontrolle über die Polizei ist ineffektiv (USDOS 13.3.2019). Disziplin innerhalb der und zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte scheinen sich aber zu verbessern (HRW 17.1.2019).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Guinea Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427387/488291_en.pdf, Zugriff 30.7.2019

-        HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002173.html, Zugriff 30.7.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004162.html, Zugriff 30.7.2019

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechte sind zwar gesetzlich garantiert, werden aber von einer noch schwachen Justiz bisher nicht ausreichend geschützt. Besondere Sorgen macht die Einschränkung von Menschenrechten durch die konservativ-traditionelle gesellschaftliche Praxis. Dies betrifft insbesondere die Rechte von Frauen und von Kindern. Kritisch sind dabei vor allem die Praxis der Zwangsverheiratung von Minderjährigen, erzwungene Kinderarbeit und die verbreitete Genitalverstümmelung (AA 28.6.2019a).

Seit Amtsantritt der Regierung Condé Ende 2010 kommt dem institutionalisierten Menschenrechtsschutz verstärkte Bedeutung zu. Die Bemühungen der Regierung werden insbesondere in der Schaffung eines eigenen Ministeriums für Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten (seit 2016) deutlich, stoßen in der Praxis jedoch immer wieder an Grenzen (AA 5.7.2019). Obwohl sich das Verhalten der Sicherheitskräfte in den letzten Jahren verbessert hat, sind Polizei und Gendarmerie an übermäßiger Gewalt, Korruption und Kriminalität beteiligt (HRW 17.1.2019). Bei Übergriffen herrscht Straflosigkeit, es ist allenfalls mit internen Disziplinarmaßnahmen zu rechnen. Diese Straflosigkeit ist ein zentrales Manko in der Menschenrechtsbilanz Guineas (AA 5.7.2019; vgl. HRW 17.1.2019).

Nationale und internationale Menschenrechtsgruppen berichten zudem von Folter, mit der Gefangene eingeschüchtert oder Geständnisse erzwungen werden (HRW 17.1.2019). Die gravierendsten Menschenrechtsprobleme im Land sind u.a. die übermäßige Anwendung von Gewalt und Folter gegen Zivilisten durch die Sicherheitskräfte, willkürliche Verhaftungen, endemische Korruption auf allen Ebenen der Regierung, Vergewaltigungen und Gewalt gegen Frauen und Mädchen und Zwangs- und Frühehen (USDOS 13.3.2019).

Obwohl die Verfassung und die Gesetze Meinungs- und Pressfreiheit gewährleisten (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 5.7.2019), schränkt die Regierung diese Freiheiten ein. Staatliche Fernseh- und Rundfunkmedien berichten überwiegend aus Regierungssicht (AA 5.7.2019). Unabhängige und oppositionseigene Medien sind aktiv und drücken ein weites Spektrum von Ansichten aus. Wichtigstes Medium bleibt aber noch – auch angesichts der hohen Analphabetenrate (41%) – das Radio (AA 28.6.2019b; vgl. USDOS 13.3.2019). Neben dem öffentlichen, regierungsgelenkten Rundfunk der RTG (Radio Television Guinéenne) gibt es seit 2006 zahlreiche private Radiosender im ganzen Land (ROG 2019; USDOS 13.3.2019). FM-Radio-Call-in-Shows bleiben beliebt und erlaubten den Bürgern, ihre Unzufriedenheit mit der Regierung auszudrücken. Die Zunahme der Online-Nachrichten-Websites spiegelt die wachsende Nachfrage nach unterschiedlichen Ansichten wider (USDOS 13.3.2019).

Allerdings können Verleumdungen und Anschuldigungen zu Vergeltungsmaßnahmen durch die Regierung führen (USDOS 13.3.2019). Die Bedrohung der Medienfreiheit hat in den letzten Jahren zugenommen. 2018 wurden mehrere Journalisten wegen regierungskritischer Berichterstattung verhaftet und dann wieder freigelassen. Außerdem kam es zu Übergriffen auf Medieninstitutionen oder Journalisten (HRW 17.1.2019). Es gibt Berichte über physische Angriffe, Belästigung und Einschüchterung (USDOS 13.3.2019) Nach anderen Angaben hat sich das Klima für Journalisten in den letzten Jahren etwas verbessert (FH 4.2.2019).

Es kam auch zur willkürlichen Schließung von Radio- und Fernsehsendern und Journalisten arbeiten weiterhin in einem Klima von Unsicherheit und Gewalt (ROG 2019). Das Strafgesetzbuch, das 2016 verabschiedet wurde, sieht Strafen von bis zu fünf Jahren Gefängnis wegen Diffamierung oder Beleidigung von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens vor (FH 4.2.2019).

Im World Press Freedom Index 2019 belegt Guinea Platz 107 von 180 (ROG 2019). Die Pressefreiheit ist grundsätzlich gewahrt, Eingriffe durch staatliche Zensur finden im Ausnahmefall statt, wurden bisher aber nach scharfer Kritik der Zivilgesellschaft wieder zurückgenommen (AA 28.6.2019b).

Die Verfassung sieht Versammlungsfreiheit vor, die Regierung schränkt dieses Recht jedoch ein (USDOS 13.3.2019). 2017/2018 kam es zu einer Zunahme von Demonstrationen, die teilweise in gewaltsamen Konfrontationen mit Sicherheitskräften mündeten. Seit Ende 2018 werden Straßendemonstrationen aus Sicherheitsgründen regelmäßig untersagt (AA 5.7.2019). Das Gesetz verbietet jedes Treffen, das ethnischen Charakter hat, sowie jede Versammlung, die die nationale Einheit bedrohen könnte. Für öffentliche Versammlungen ist eine Anmeldung einzuholen. Lokale Behörden können Demonstrationen verbieten, wenn sie der Ansicht sind, dass die öffentliche Ordnung bedroht ist (USDOS 13.3.2019). In der Praxis werden Versammlungen, die ohne Ankündigung abgehalten werden, oft gewaltsam aufgelöst (FH 4.2.2019). Die Regierung untersagt häufig Demonstrationen der Opposition (HRW 17.1.2019; vgl. BS 2018) und es kommt zum Einsatz von Tränengas und Wasserwerfer durch die Sicherheitskräfte (HRW 17.1.2019).

Die Verfassung und Gesetze gewährleisten Vereinigungsfreiheit, und die Regierung respektiert dieses Recht in der Praxis (USDOS 13.3.2019). Es sind über 150 politische Parteien zugelassen, von denen aber nur 6 über eine nennenswerte Mitgliederzahl und über mehr als einen Abgeordneten in der Nationalversammlung verfügen. Staatliche Einschränkungen von oppositionellen Aktivitäten haben in den vergangenen Jahren abgenommen. Guineas Oppositionsparteien sind im Parlament stark vertreten. Bei den Kommunalwahlen am 4.2.2018 konnten Oppositionsparteien erstmals die Mehrheit in zahlreichen Städten und Gemeinden gewinnen und politische Verantwortung übernehmen (AA 5.7.2019).

Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen Hilfsorganisationen um Flüchtlingen, Staatenlosen und Asylwerbern Schutz und Hilfe zu bieten (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (28.6.2019a): Guinea - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/guinea-node/innenpolitik/206132, Zugriff 31.7.2019

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (28.6.2019b): Guinea - Kultur und Bildungspolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/guinea-node/kultur-bildung/206134, Zugriff 31.7.2019

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Guinea Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427387/488291_en.pdf, Zugriff 31.7.2019

-        FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Guinea, h https://www.ecoi.net/de/dokument/2008159.htm l, Zugriff 31.7.2019

-        HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002173.html, Zugriff 31.7.2019

-        ROG - Reporter ohne Grenzen (2019): Rangliste der Pressefreiheit - Guinea, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/guinea/, Zugriff 31.7.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004162.html, Zugriff 31.7.2019

Ethnische Minderheiten

Guinea ist ein multiethnisches Land mit drei großen und mehreren kleineren Sprachgruppen, die sich mit bestimmten Regionen identifizierten (USDOS 13.3.2019). Die drei zahlenmäßig größten Ethnien sind die Peulh (Fulani) (32%-40%), die Malinké (ca. 30%) und die Sussu (ca. 20%) (AA 5.7.2019; vgl. CIA 10.7.2019).

Die Verfassung Guineas führt den Grundsatz der Gleichbehandlung auch hinsichtlich der ethnischen Zugehörigkeit mehrfach auf (Gleichstellungs- bzw. Gleichbehandlungsgebot in Art. 8); eine ethnisch diskriminierende Gesetzgebung oder Verwaltungspraxis besteht nicht. Eine das gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Leben beherrschende Ethnie gibt es nicht. Alle drei großen Ethnien sind in Parlament, Kabinett und in hohen Verwaltungsämtern (wenn auch nicht immer proportional zu ihrer Bevölkerungsstärke) vertreten. Eine systematische Diskriminierung der über 20 kleineren Ethnien, insbesondere der zahlreichen, meist animistisch-christlichen Glaubens geprägten Ethnien Waldguineas (Guerzé, Toma, Kissi) ist nicht erkennbar (AA 5.7.2019). Während das Gesetz rassistische oder ethnische Diskriminierung verbietet, kommt es durch Angehörige aller großen Ethnien zu Diskriminierung, z.B. bei der Einstellung von Mitarbeitern im privaten Sektor; es kann auch die ethnische Trennung von Stadtvierteln attestiert werden (USDOS 13.3.2019; vgl. BS 2018). Die ethnische Diskriminierung erstreckt sich beispielsweise auch auf Gerichte. Obwohl Bürger über ethnische oder regionale Vetternwirtschaft klagen, die sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor praktiziert wird, gibt es insgesamt keine ausgeprägten ethnisch oder religiös konstituierten Hindernisse hinsichtlich der Chancengleichheit (BS 2018).

Im Laufe des Jahres 2018 kam es zu ethnisch motivierter Gewalt (USDOS 13.3.2019; vgl. BS 2018). In den letzten Jahren traten immer wieder inter-ethnische Spannungen auf, und die wichtigste politische Spaltung bleibt die ethnische. Trennungen sind v.a. zwischen ethnischen Maninka (Malinke, Mandingo) und Peulh/Fulani zu beobachten (BS 2018; vgl. AA 5.7.2019). Die politischen Eliten Guineas neigen nach wie vor dazu, ethnische Identität zu instrumentalisieren. Politische Loyalitäten und Parteien werden noch immer auch ethnisch konstituiert wahrgenommen (AA 5.7.2019). Die ethnische Spaltung ist auch mit der politischen Spaltung zwischen Regierung und Oppositionskräften verflochten; Konfrontationen zwischen Regierung und Opposition werden manchmal gewalttätig (BS 2018). So sehen sich Angehörige der Ethnie der Peulh, die mehrheitlich die Oppositionspartei UFDG wählen, politisch benachteiligt gegenüber den Malinké, die mehrheitlich für die Regierungspartei RPG stimmen. Eine systematische Diskriminierung der Peulh auf Basis ihrer ethnischen Zugehörigkeit ist damit jedoch nicht verbunden (AA 5.7.2019).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Guinea Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427387/488291_en.pdf, Zugriff 5.8.2019

-        CIA - Central Intelligence Agency (USA) (10.7.2019): The World Fact Book - Guinea, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 5.8.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004162.html, Zugriff 5.8.2019

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz garantiert uneingeschränkte Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr, und die Regierung respektiert diese Rechte auch üblicherweise in der Praxis. Die Regierung fordert von allen Bürgern, die älter als 18 Jahre sind, einen Ausweis mitzuführen, welchen sie auf Verlangen an den Checkpoints vorzuweisen haben. Polizei und Sicherheitskräfte halten weiterhin Personen an Straßensperren an, um Bestechungsgeld zu verlangen und schränken dadurch die Reisefreiheit und die Sicherheit der Reisenden ein (USDOS 13.3.2019). In Conakry und auch im Landesinneren gibt es Straßensperren; Schikanen durch Zoll, Militär und Polizei sind häufig (BMEIA 8.8.2019).

Quellen:

-        BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (8.8.2019): Guinea, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/guinea/, Zugriff 8.8.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/en/document/2004162.html, Zugriff 8.8.2019

Grundversorgung

Guinea rangiert laut einem Bericht der Vereinten Nationen über die menschliche Entwicklung, derzeit auf Platz 182 von 188 Ländern (BS 2018). Trotz großer wirtschaftlicher Ressourcen (größte Bauxitvorkommen der Welt, reiche Vorkommen an Eisenerz, Nickel, Gold, Diamanten, Wasserkraft, großes landwirtschaftliches Anbaupotenzial), gehört Guinea zu den ärmsten Ländern der Welt (AA 25.6.2019c; vgl. BS 2018). Die schnell wachsende Bauxit-Minenindustrie Guineas bedroht jedoch die Lebensgrundlage von Tausenden von Guineern. Der Bergbau hat z.B. alte Ackerflächen zerstört und Wasserquellen beschädigt. Das Versäumnis der Regierung, die Landrechte zu schützen, nutzen Bergbauunternehmen, um alte Ackerflächen ohne Entschädigung zu nutzen. Damit werden dortige Bewohner ihrer Ernährungsgrundlage beraubt (HRW 2.10.2018).

Seit 2010 geht die Politik unter der Regierung von Präsident Alpha Condé den Weg einer verstärkten Investition in die Infrastruktur und der Suche nach internationalen Partnern. Defizite des Rechtsstaates, schwache staatliche Strukturen und unzureichende Ausbildungssysteme verschlechtern die Investitionsbedingungen neben mangelhafter Regierungsführung, Vetternwirtschaft und der nach wie vor weit verbreiteten Korruption. Umfangreiche Wirtschaftsreformmaßnahmen der Regierung trugen aber zu einer verbesserten Wahrnehmung Guineas in internationalen Rankings bei. Im Doing-Business-Index 2018 der Weltbank rangiert Guinea auf Platz 152 von 190 (AA 25.6.2019c).

Das BIP-Wachstum Guineas wurde durch die jüngste Ebola-Epidemie gebremst. Diese hat dazu geführt, dass die zahlreiche Bergbau- und andere Auslandsgeschäfte dauerhaft eingestellt wurden.

Während die ausländischen Direktinvestitionen 2011 19% des BIP und 2012 11% des BIP ausmachten, sanken sie 2014 und 2015 auf nur 1%. Nach mehreren Jahren des Wachstums zwischen 2,3% und 3,9% brach dieses 2014 auf 0,4% und 2015 auf 0,1% ein. Dies ist zum Teil auf die Ebola-Krise, aber auch auf den Einbruch der Rohstoffpreise zurückzuführen. Das BIP pro Kopf, bereinigt um die Kaufkraft, ist in den letzten zehn Jahren stagniert und liegt zwischen 1.100 und 1.200 US-Dollar. Die Inflation ist von über 30% im Jahr 2005 auf etwa 8% im Jahr 2016 stetig zurückgegangen. Die Arbeitslosigkeit wird von der Weltbank auf etwa 2% geschätzt, aber die Unterbeschäftigung ist sicherlich viel höher (BS 2018).

Soziale Sicherheitsnetze sind unzureichend bzw. kaum vorhanden und decken nur eine begrenzte Anzahl von Risiken für relativ wenige Begünstigte ab. Die Caisse Nationale de Sécurité Sociale (CNSS; Nationaler Fonds für soziale Sicherheit) ist die staatliche Einrichtung, die für die Bereitstellung von Sozialhilfe zuständig ist, aber nicht ausreichend finanziert wird (BS 2018).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (12.2016c): Guinea – Wirtschaft, http://www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Wirtschaft_node.html, Zugriff 8.8.2019

-        BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 - Guinea Country Report, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427387/488291_en.pdf, Zugriff 8.8.2019

-        HRW - Human Rights Watch (4.10.2018): Guinea: Bauxite Mining Boom Threatens Rights, https://www.ecoi.net/en/document/2012037.html, Zugriff 13.8.2019

Rückkehr

Gesetze und Verfassung sehen Grundlagen für Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes sowie Reisefreiheit, Auswanderung und Wiedereinbürgerung vor. Diese Rechte werden im Allgemeinen respektiert. Das Strafgesetzbuch von 2016 enthält keine Bestimmungen, die einen Staatsbürger kriminalisieren, der illegal das Land verlassen, internationalen Schutz beantragt und/oder sich im Ausland aufgehalten hat (CEDOCA 2.7.2019; vgl. USDOS 13.3.2019).

Rückgeführte guineische Staatsangehörige haben bei ihrer Rückkehr keine aus dem Auslandsaufenthalt resultierenden Nachteile zu befürchten (AA 5.7.2019). Bisher hatten Rückkehrer keine Probleme mit den nationalen Behörden (CEDOCA 2.7.2019). Es sind keine Fälle bekannt, in denen Personen festgenommen oder misshandelt wurden. Staatliche Einrichtungen zur Aufnahme von Minderjährigen sind nicht vorhanden (AA 5.7.2019). IOM Guinea arbeitet weiterhin an Rückkehr- und Reintegrationsprojekten, um eine große Zahl an Rückkehrern aus Guinea zu unterstützen. Seit April 2017 hat IOM mit Unterstützung der EU die Rückkehr von mehr als 11.000 Guineern unterstützt, von denen 7.000 Unterstützung erhalten haben, darunter 2.500 begünstigt durch sozioökonomische Wiedereingliederungsprojekte und 500 psychosoziale Folgemaßnahmen (CEDOCA 2.7.2019).

Am 18.4.2019 wurde in Conakry von IOM und ihren Partnern das erste Aufnahme-, Transit- und Orientierungszentrum eingeweiht. Es wird von Guinea verwaltet, von IOM technisch und finanziell unterstützt. Dieses Zentrum mit einer Kapazität von 300 Plätzen bietet Migranten, die freiwillig nach Guinea zurückgekehrt sind, freiwillige Rückkehrunterstützung und grundlegende Hilfe zur Deckung ihres unmittelbaren Bedarfs. Es gibt auch vorgesehene Plätze für Frauen und Kinder. Die Reintegrationshilfe beinhaltet ein Willkommenspaket mit Hygieneartikeln, eine Mahlzeit und den Anspruch auf psychosoziale und/oder medizinische Versorgung. Weiters werden Rückkehrer über die verschiedenen sozialen und wirtschaftlichen Wiedereingliederungsmöglichkeiten informiert und Informationsveranstaltungen zum Unternehmertum angeboten. Für die am stärksten gefährdeten Menschen (Kinder, Opfer von Menschenhandel, kranke Migranten, Mütter mit Kindern, schwangere Frauen, ältere Menschen) wird ein geeigneter Wiedereinbürgerungssplan entwickelt (CEDOCA 2.7.2019).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (Deutschland) (5.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Guinea, mit Zugriffsberechtigung verfügbar auf: https://www.ecoi.net/en/file/local/2014266/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Guinea_%28Stand_Mai_2019%29%2C_05.07.2019.pdf, Zugriff 14.8.2019

-        CEDOCA - Documentation and Research Department of the Commissioner General for Refugees and Stateless Persons (Belgien) (2.7.2019): GUINEE; Le traitement réservé par les autorités nationales à leurs ressortissants de retour dans le pays, https://www.ecoi.net/en/file/local/2012148/coi_focus_guinee._le_traitement_reserve_par_les_autorites_nationales_a_leurs_ressortissants_de_retour_dans_le_pays_20190702.pdf, Zugriff 7.8.2019

-        USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Guinea, https://www.ecoi.net/en/document/2004162.html, Zugriff 8.8.2019

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt. Zudem wurde am 05.03.2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle XXXX , eine mündliche Beschwerdeverhandlung abgehalten.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht fest.

Die Feststellungen zu seiner Volljährigkeit, seiner Herkunft, seiner Schulbildung und Berufserfahrung in Guinea, seinen Lebensumständen, seinen Familienverhältnissen, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Volksgruppenzugehörigkeit sowie zu seiner Konfession ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer an keiner lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung leidet, ergibt sich aufgrund dessen, dass dieser im Verfahren – abgesehen von seiner Behauptung im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 05.03.2020, wonach er sich aufgrund von Stottern einer logopädischen Therapie unterziehe – keinerlei Gesundheitsbeeinträchtigungen geltend gemacht hat. Auch ist keine Minderung seiner Erwerbsfähigkeit ersichtlich.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des minderjährigen Bruders des Beschwerdeführers, S.S., sowie zu dessen Lebensumständen ergeben sich aus einem dem Bundesverwaltungsgericht übermittelten Schreiben der für ihn obsorgeberechtigten Kinder- und Jugendhilfe der Stadt XXXX vom 09.03.2020, welchem zudem ein Arztbrief vom 15.01.2020 sowie ein fachärztlicher Kurzbefund vom 07.08.2018 angeschlossen waren. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer für S.S. eine wichtige Bezugsperson ist und ihn mehrmals wöchentlich sieht und bei diversen Alltagstätigkeiten unterstützt, ergibt sich ebenfalls aus dem genannten Schreiben sowie aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren, zuletzt in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 05.03.2020. Die Feststellungen zum Asylverfahren des S.S. in Österreich ergeben sich aus einer Einsichtnahme in den betreffenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zl. I407 2212410-1.

Die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers auf B1-Niveau ergeben sich aus einem diesbezüglich in Vorlage gebrachten ÖSD-Zertifikat vom 21.07.2017. Der Umstand, dass er in Österreich den Pflichtschulabschluss erfolgreich abgelegt hat, ergibt sich aus einem diesbezüglich vorgelegten Zeugnis einer Neuen Mittelschule vom 20.06.2018.

Die Feststellungen zum aktuellen Besuch des Beschwerdeführers der 10. Schulstufe einer dreieinhalbjährigen Fachschule für Bautechnik mit Betriebspraxis einer HTL ergeben sich aus diversen, in Vorlage gebrachten Schulnachrichten und Jahreszeugnissen, erstmalig für das Schuljahr 2017/18, zuletzt das Jahreszeugnis für die 10. Schulstufe vom 03.07.2020. Dass er „Klassenbester“ ist, ergibt sich aus dem Schriftsatz seiner Rechtsvertreterin.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer insbesondere aufgrund seiner regelmäßigen Schulbesuche diverse Bekanntschaften in Österreich geschlossen hat, ergibt sich aus einem Konvolut an vorgelegten Unterstützungsschreiben, vorwiegend von Lehrpersonal der von ihm besuchten Schule. Der Umstand, dass er diverse weitere Kurse und Workshops in Österreich besucht hat, ergibt sich aus diesbezüglich in Vorlage gebrachten Bestätigungsschreiben.

Der Umstand, dass er seinen Lebensunterhalt aus Mitteln der staatlichen Grundversorgung bestreitet, ergibt sich aus einer Abfrage in der Applikation Betreuungsinformation (Grundversorgung) vom 10.04.2020.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage im Strafregister der Republik Österreich vom 10.04.2020.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer begründete seinen verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen damit, dass er im Jahr 2015 in seinem Heimatbezirk in Conakry begonnen habe, sich gemeinsam mit seinem älteren Bruder für die Oppositionspartei UFDG zu engagieren. Sein Bruder habe Werbeartikel wie T-Shirts von der Partei nach Hause gebracht, welche der Beschwerdeführer mit einem geringen Gewinnaufschlag auf dem Markt in Matoto verkauft habe. Überdies hätten die Brüder öffentlich um Stimmen für die UFDG geworben und Menschen erklärt, wie man die Stimmzettel bei der Präsidentschaftswahl 2015 korrekt ausfüllen würde. Eines Tages habe ihn während einer Verkaufsaktion auf dem Markt ein namentlich nicht näher bezeichneter Mann zu sich gerufen, welcher dem Beschwerdeführer gesagt habe, dass er Mitglied der Regierungspartei RPG (sowie Angehöriger der Volksgruppe der Malinke, aus welchen sich die RPG primär zusammensetze) sei. Er habe dem Beschwerdeführer Fotos von Personen gezeigt, deren Hände und Kopf abgeschnitten worden seien und behauptet, dass er diese Personen während seiner Tätigkeit als Rebell in Sierra Leone sowie in Liberia getötet habe. Nunmehr würden „sie“ (Anm.: der Beschwerdeführer meinte hierbei wohl die Anhänger der Regierungsparten RPG) alle töten, welche gegen „sie“ seien. Der Beschwerdeführer sei nach Hause gelaufen und habe seinem älteren Bruder von dem Vorfall erzählt, woraufhin ihn dieser aufgefordert habe, sich nie wieder öffentlich auf dem Markt für die UFDG zu engagieren oder Werbeartikel für diese zu verkaufen. Fortan habe der Beschwerdeführer die Werbeartikel lediglich in seinem Rucksack mitgeführt und bei Bedarf an Leute verkauft.

Unabhängig von der angeblichen Drohung seitens des unbekannten Mannes auf dem Markt schilderte der Beschwerdeführer als fluchtauslösendes Ereignis darüber hinaus einen weiteren Vorfall, welcher sich im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im Oktober 2015 ereignet habe. Hierbei sei der Parteichef der UFDG, Cellou Dalein DIALLO, für eine Wahlveranstaltung nach Conakry gekommen, und der Beschwerdeführer habe gemeinsam mit seinem Bruder im Bezirk „Leute organisiert“, welche ihn zu einer Wahlveranstaltung in einem Stadion begleiten hätten sollen. Auf dem Markt in Madina sei es zu Zusammenstößen zwischen Anhängern der UFDG und der RPG gekommen. Geschäfte seien angezündet worden und die Streitparteien hätten sich gegenseitig mit Steinen beworfen. Der Beschwerdeführer sei hierbei am Kopf sowie am Rücken von Steinen getroffen und in weiterer Folge von der Polizei festgenommen worden, als er sich in eine Ecke zurückgezogen habe, um sich auszuruhen. Im Gefängnis habe ihm ein namentlich nicht näher bezeichneter Mann erzählt, dass die RPG während der Inhaftierung des Beschwerdeführers das Haus seiner Familie „zerstört“ und seinem kleinen Bruder auf den Kopf geschlagen hätten, sodass dieser im Koma liege. Die Angreifer hätten Messer mit sich geführt und hätten den Beschwerdeführer sowie seinen älteren Bruder töten wollen, es wären jedoch lediglich sein jüngerer Bruder sowie seine kleine Schwester zu Hause gewesen. Der Mann habe dem Beschwerdeführer überdies seine Telefonnummer gegeben. Nach 13 Tagen sei der Beschwerdeführer wieder aus dem Gefängnis entlassen worden, nachdem ein Wachmann, welcher seinen älteren Bruder gekannt habe, für seine Freilassung interveniert habe. Der Beschwerdeführer habe jenen Mann kontaktiert, welcher ihm im Gefängnis seine Telefonnummer gegeben habe. Dieser habe den Beschwerdeführer informiert, dass sich seine gesamte Familie nunmehr bei einer Freundin seiner Mutter aufhalte. Der Beschwerdeführer habe sich ebenfalls zu dieser Freundin begeben und dort seine gesamte Familie vorgefunden. Die Mutter des Beschwerdeführers habe zu ihm gesagt, er und seine Brüder müssten das Land verlassen, da sie bekannt seien und man sie suchen würde. Einige Monate später – im Jänner 2016 – habe der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinen beiden Brüdern die Ausreise aus Guinea angetreten.

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Gegenständlich ist eingangs festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner polizeilichen Erstbefragung am 24.02.2016 das soeben skizzierte Fluchtvorbringen nicht einmal rudimentär erwähnte. Von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu den Gründen seiner verfahrensgegenständlichen Asylantragstellung befragt, gab er lediglich an, sein älterer Bruder habe beschlossen, aufgrund von Armut und der schlechten wirtschaftlichen Situation Guinea gemeinsam mit dem Beschwerdeführer und dem jüngeren Bruder zu verlassen. Die Brüder hätten wenig Geld gehabt und sich keine Schulbildung finanzieren können, sodass sie Guinea mit dem Schiff in Richtung Europa verlassen hätten. Wenngleich das Bundesverwaltungsgericht nicht verkennt, dass die polizeiliche Erstbefragung eines Asylwerbers iSd § 19 AsylG 2005 insbesondere der Ermittlung seiner Identität und Reiseroute dient, so ist der Verweis im Beschwerdeschriftsatz auf das „Verbot einer näheren Befragung zu den Fluchtgründen“ gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 im vorliegenden Fall unangebracht, da eine solche gegenständlich keineswegs erfolgt ist. Wie dem Protokoll zu entnehmen ist, wurde der Beschwerdeführer – wie im Rahmen einer derartigen Erstbefragung üblich – in einem Satz aufgefordert, von sich aus zu schildern, warum er sein Land verlassen habe, ohne dass im Anschluss ergänzende oder „nähere“ Fragen seitens des Einvernahmeleiters gestellt wurden. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer hierbei ausschließlich wirtschaftliche Fluchtgründe geltend machte, ohne jeglichen Verweis auf sein späteres, zentrales Fluchtvorbringen im Verfahren, ist nicht zugunsten der Glaubhaftigkeit seiner Angaben auszulegen und ergibt sich auch aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu U98/12 vom 27.06.2012 - auf welches im Beschwerdeschriftsatz verwiesen wird – auch keineswegs ein grundsätzliches Verbot, in diesem Zusammenhang beweiswürdigende Erwägungen vorzunehmen. Auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt die Ansicht, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann. Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250). Daran ändert auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erstbefragung noch minderjährig war und eine lediglich sechsjährige Schulbildung in seinem Herkunftsstaat aufwies, nichts. Die Erstbefragung des Beschwerdeführers erfolgte gesetzeskonform, erst am Folgetag nach seiner Asylantragstellung sowie in Anwesenheit eines Rechtsberaters, welchem zu diesem Zeitpunkt ex lege die gesetzliche Vertretungsmacht für den Beschwerdeführer zukam (vgl. § 19 Abs. 5 AsylG 2005 iVm § 10 Abs. 3 BFA-VG). Auch ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 21.08.2018, wonach er den Französisch-Dolmetscher im Rahmen seiner Erstbefragung nicht gut verstanden habe, sodass die Angaben zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Rückkehrbefürchtung gänzlich falsch protokolliert worden seien und er niemals wirtschaftliche Fluchtgründe geltend gemacht habe (weitere Protokollierungsfehler wurden hingegen nicht gerügt), entgegenzuhalten, dass dem Befragungsprotokoll ausdrücklich zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer eingangs im Rahmen seiner Erstbefragung noch ausdrücklich bestätigt hatte, den Dolmetscher zu verstehen, am Ende wiederum bestätigte, alles im Rahmen der Erstbefragung Gesagte verstanden zu haben, und auch die inhaltliche Richtigkeit des Protokolls durch deren Unterfertigung bestätigte, ebenso wie sein anwesender Rechtsberater und die Dolmetscherin.

Ungeachtet der sich ergebenden, eklatanten Widersprüche zwischen den Angaben in der Erstbefragung und im weiteren Verlauf des Verfahrens ist das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers im Hinblick auf die behauptete Gefahr einer politischen Verfolgung jedoch auch für sich betrachtet nicht glaubhaft.

Zunächst ist festzuhalten, dass das gesamte Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers über die bloße Behauptungsebene nicht hinausgeht und durch keinerlei Bescheinigungsmittel untermauert werden konnte.

Generell verharrte der Beschwerdeführer in detailarmen, vagen sowie oberflächlichen Schilderungen, welche sich im Wesentlichen in einer allgemein gehaltenen Rahmengeschichte erschöpfen, aus welcher im Hinblick auf die Person des Beschwerdeführers insbesondere aus aktueller Sicht auch keinerlei konkrete Verfolgungsgefahr von maßgeblicher Intensität abgeleitet werden kann. Sofern der Beschwerdeführer zunächst behauptete, einmalig im Jahr 2015 von einem einzelnen, namentlich nicht näher bezeichneten Mann auf einem Markt angesprochen und mit Fotos von getöteten Personen eingeschüchtert worden zu sein ergibt sich daraus selbst bei hypothetischer Wahrunterstellung keineswegs eine systematische politische Verfolgung des Beschwerdeführers aufgrund seines Engagements in der UFDG, sondern allenfalls die kriminelle Handlung einer Einzelperson – unabhängig davon, ob es sich bei diesem nun um ein Mitglied der RPG oder einen Angehörigen der Volksgruppe der Malinke gehandelt haben soll. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256). Ausgehend von den Ausführungen im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Guinea liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass die Behörden eine derartige Bedrohung nicht verfolgen würden. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0233; 28.10.2009, 2006/01/0793, mwN). Dem entsprechenden Vorbringen des Beschwerdeführers würde somit selbst bei hypothetischer Wahrunterstellung keine Asylrelevanz zukommen, zumal er selbst ausdrücklich vorgebracht hat, gar nicht erst den Versuch unternommen zu haben, sich mit seinem Anliegen an die guineischen Behörden zu wenden.

Was den zweiten seitens des Beschwerdeführers behaupteten Vorfall hinsichtlich seiner Verhaftung im Rahmen von Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der RPG und der UFDG anbelangt, so wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht verkannt, dass es im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen 2015 in Guinea – wie sich auch aus den einschlägigen Länderberichten ergibt (siehe dazu die Ausführungen unter Punkt A) 1.2.) – tatsächlich zu Zusammenstößen zwischen Vertretern der beiden Parteien sowie auch zu Verhaftungen von oppositionellen Aktivisten gekommen ist, doch gestalteten sich auch die Schilderungen des Beschwerdeführers hinsichtlich seines angeblichen Gefängnisaufenthaltes bis zuletzt in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht derart diffus und unschlüssig, dass auch diesen jegliche Glaubhaftigkeit zu versagen war. So ist für das Bundesverwaltungsgericht ausgehend von den aufgestellten Behauptungen zunächst nicht ersichtlich, weshalb es überhaupt zu seiner Verhaftung gekommen wäre. Beim Beschwerdeführer hätte es sich keineswegs um einen exponierten Vertreter der UFDG in führender Funktion gehandelt, sondern um einen Jugendlichen, welcher – wie er selbst mehrfach im Verfahren betonte – gar kein offizielles Mitglied der UFDG gewesen sei. Er sei lediglich in seinem Bezirk bekannt gewesen, da er „die rechte Hand seines großen Bruders“ gewesen sei. Die Verhaftung des Beschwerdeführers sei jedoch abseits seines Heimatbezirkes, auf dem Markt in Madina, erfolgt, als sich der Beschwerdeführer in eine Ecke zurückgezogen habe, nachdem er von Steinen getroffen worden sei. Auf die Frage der erkennenden Richterin, welche Funktion sein Bruder denn in der UFDG innegehabt hätte, gab der Beschwerdeführer an, „eine wichtige“, er wisse jedoch nicht genau, welche. Seine diesbezügliche Unwissenheit lässt erhebliche Zweifel daran aufkommen, dass der Beschwerdeführer oder sein Bruder tatsächlich in einem wie auch immer gearteten Naheverhältnis zur UFDG standen, insbesondere wenn man bedenkt, dass diese, wie vom Beschwerdeführer behauptet, noch Monate bis zu ihrer Ausreise sowie die gesamte Überfahrt von Guinea nach Spanien zusammen verbrachten und sich bei lebensnaher Betrachtung wohl intensiv über die ausreisekausalen Vorfälle ausgetauscht hätten. Wenig plausibel sind auch seine Behauptungen, wonach er zufällig einen namentlich nicht näher bezeichneten Mann im Gefängnis getroffen habe, welcher ihn darüber informierte, dass das Haus seiner Familie „zerstört“ worden sei, während man seinen Bruder ins Koma geschlagen habe (dieser sei nach 5 Tagen wieder aufgewacht; seiner kleinen Schwester habe man nichts getan, während seine Mutter und sein großer Bruder nicht zu Hause gewesen seien). So legte der Beschwerdeführer nicht schlüssig dar, wer denn jener Mann gewesen sei und in welcher Beziehung dieser zur Familie des Beschwerdeführers gestanden habe, sodass dieser derart detailliert über sämtliche Vorgänge die Familie betreffend oder deren Aufenthaltsort nach dem Gefängnisaufenthalt des Beschwerdeführers informiert gewesen sei. Nicht zuletzt erscheint es aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes wenig schlüssig, dass man den Beschwerdeführer zwar als Aktivisten der UFDG im Zuge von Auseinandersetzungen mit Vertretern der RPG verhaftet habe, er jedoch ausgerechnet aufgrund der Intervention eines Wachmannes, welcher mit seinem älteren Bruder befreundet gewesen sei, laut den Angaben des Beschwerdeführers seinerseits ein wichtiger Funktionär der UFDG, wieder freigelassen worden sei.

Darüber hinaus ist auch kein unmittelbarer zeitlicher Konnex zwischen den angeblichen Vorfällen im Oktober 2015 (die Präsidentschaftswahlen in Guinea fanden am 11.10.2015 statt – sodass sich die angeblich fluchtauslösenden Ereignisse im Vorfeld dieser Wahl und damit vor diesem Zeitpunkt ereignet hätten) und der Ausreise des Beschwerdeführers und seiner Brüder im Jänner 2016 ersichtlich und räumt der Beschwerdeführer auch selbst im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ein, dass sowohl seine Mutter als auch seine jüngere Schwester nach wie vor unbehelligt in Guinea leben würden, es würden lediglich manchmal Personen in der Öffentlichkeit auf seine Mutter zeigen und sagen, dies wäre „die Mutter der UFDG Anhänger“. Auch ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar, weshalb der kleine Bruder des Beschwerdeführers – nachdem dieser selbst nie einen Bezug zur UFDG hatte – ebenfalls mit seinen Brüdern die Ausreise aus Guinea angetreten haben sollte. Das diesbezügliche Argument des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht, wonach seine Mutter gesagt habe, „dass wir als Männer das Land verlassen sollen“, mutet wenig überzeugend an.

Ein derart vages und unschlüssiges Vorbringen reicht auch unter Berücksichtigung seines Alters (wenngleich er zum Zeitpunkt seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 21.08.2018 sowie der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 05.03.2020 bereits volljährig war) und seiner lediglich sechsjährigen Schulbildung in seinem Herkunftsstaat – Umstände, welche seitens des Bundesverwaltungsgerichte nicht verkannt werden - nicht aus, um glaubhaft zu machen, dass er tatsächlich in Guinea eine wie auch immer geartete Verfolgung zu erwarten hat.

Bei der UFDG handelt es sich um die mit Abstand größte Oppositionspartei Guineas und geht aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation auch keinerlei systematische Verfolgung oder Diskriminierung von ihren Mitgliedern – weder seitens der Regierung noch ausgehend von anderen Akteuren – hervor. Vielmehr haben staatliche Einschränkungen von oppositionellen Aktivitäten in den vergangenen Jahren abgenommen (vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt A) 1.2.), und ist die UFDG in der guineischen Nationalversammlung („National Assembly“) mit 37 Sitzen (von 114) vertreten (vgl. http://ipu.org/parline/reports/2131.htm; Zugriff am 08.04.2020).

Auf das seitens des Beschwerdeführers ergänzend getätigte Vorbringen, wonach es in seiner Familie im Jahr 2010 – nach dem Tod seines Vaters – zu Grundstückstreitigkeiten und Drohungen gekommen sei, muss an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden, zumal der Beschwerdeführer explizit vor dem BFA am 21.08.2018 sowie dem Bundesverwaltungsgericht am 05.03.2020 erklärt hatte, dass sich aus diesem Sachverhalt für ihn aktuell keine Verfolgungsgefahr mehr ergebe.

Aus dem Gesagten liegt für das Bundesverwaltungsgericht - insbesondere angesichts des initialen Vorbringens des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Erstbefragung in einer Zusammenschau mit seinem Vorbringen im Beschwerdeschriftsatz, in welchem abermals explizit auf die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse in Guinea hingewiesen wird - der Schluss nahe, dass der Beschwerdeführer und seine Brüder ihren Herkunftsstaat gemeinsam aus rein wirtschaftlichen Erwägungen verlassen haben. Dieser Eindruck wurde angesichts der Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 05.03.2020 noch verstärkt, wo er die schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Familie in Guinea schilderte. So habe er nach dem Tod seines Vaters die Schule verlassen, um als Marktverkäufer zu arbeiten und auch seine Mutter habe wieder beginnen müssen, als Marktverkäuferin zu arbeiten, während sein kleiner Bruder nicht gearbeitet habe und sein älterer Bruder, welcher keine Ausbildung habe, „einfache Tätigkeiten“ erledigen habe müssen.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich dennoch auch den tragenden Erwägungen des BFA hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten an. Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und arbeitsfähig, überdies hat er bereits Berufserfahrung als Marktverkäufer gesammelt und hat insbesondere auch durch seinen beachtlichen Bildungserfolg in Österreich seine Selbstständigkeit und Zielstrebigkeit unter Beweis gestellt. Er sollte im Falle seiner Rückkehr durch die Aufnahme einer Tätigkeit, selbst wenn es sich dabei um eine Hilfstätigkeit handelt, seinen Lebensunterhalt bestreiten können. Zudem steht er nach wie vor in Kontakt zu seiner Mutter und seiner Schwester in Guinea, was den Aufbau einer neuen Existenz erheblich erleichtert.

Es ist letztlich davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer als arb

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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