Entscheidungsdatum
15.07.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I413 2160627-1/
4
3E
I413 2160633-1/32E
I413 2160644-1/32E
I413 2160639-1/33E
I413 2160636-1/34E
I413 2160641-1/31E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA Irak, alle vertreten durch DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH, gegen die Bescheide des BFA, Regionaldirektion Niederösterreich (BAT) vom 12.05.2017,
XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 06.02.2019 und am 17.03.2020 zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 3 Abs 1 AsylG iVm § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
II.
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX , gemäß § 8 Abs 1 AsylG der Status eines/einer Asylberechtigten für den Herkunftsstaat Irak zuerkannt und gemäß § 8 Abs 4 und Abs 5 AsylG eine befristete Aufenthaltsgenehmigung bis 15.07.2021 erteilt.
III.
Die Spruchpunkte betreffend die Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels, die Rückkehrentscheidung und die Festsetzung einer Ausreisefrist werden ersatzlos aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die beiden Eheleute XXXX (in weiterer Folge „Erstbeschwerdeführer“ und „Zweitbeschwerdeführerin“) sind die Eltern der vj. XXXX (im Folgenden „Drittbeschwerdeführerin“), der mj. XXXX (im Folgenden „Viertbeschwerdeführerin“), des mj. XXXX (im Folgenden „Fünftbeschwerdeführer“), und des ebenfalls mj. XXXX (im Folgenden „Sechstbeschwerdeführer“). Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin stellten am 25.06.2017 Anträge auf internationalen Schutz, die sie gleichlautend damit begründeten, aus Angst vor dem herrschenden Krieg im Irak, wegen der unsicheren Lage und dem Krieg der Milizen ihr Heimatland verlassen zu haben.
2. Bei der niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde am 15.06.2016 gab der Erstbeschwerdeführer befragt zu den Fluchtgründen an, von der Mahdi Miliz bedroht worden zu sein. So sei am 25.04.2014 sein Auto beschossen worden, als er mit seiner Familie am Heimweg gewesen sei. Er habe für die Miliz fotografieren sollen, doch habe der Beschwerdeführer dies nicht gewollt.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab als Fluchtgrund an, dass ihr Mann bedroht worden sei und von einer bewaffneten Gruppe, die zur Mahdi Miliz gehöre, aufgefordert worden sei, für diese zu fotografieren. Sie selbst habe keine eigenen Fluchtgründe, da sie persönlich nicht angegriffen worden sei.
Die zum Zeitpunkt der Einvernahme durch die belangte Behörde noch minderjährige Drittbeschwerdeführerin gab in ihrer Einvernahme (in Anwesenheit ihrer vertretungsbefugten Mutter, der Zweitbeschwerdeführerin) an, dass sich die Fluchtgründe auf ihren Vater beziehen würden und sie keine eigenen Fluchtgründe habe. Sie sei nicht persönlich bedroht worden.
Die mj Viert- bis Sechstbeschwerdeführer wurden mangels eigener Fluchtgründe nicht einvernommen.
3. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 15.09.2017, XXXX wies die belangte Behörde die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie den Beschwerdeführern keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage (Spruchpunkt IV.).
4. Gegen die Bescheide richtet sich die gemeinsame fristgerecht erhobene vollumfängliche Beschwerde vom 21.05.2017 (bei der belangten Behörde eingelangt am 26.05.2017). In dieser wurde im Wesentlichen unrichtige Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung moniert. Die Beschwerdeführer stellten die Anträge, ihnen Flüchtlingseigenschaft zuzusprechen, allenfalls subsidiären Schutz zu gewähren, allenfalls den jeweiligen angefochtenen Bescheid aufzuheben und zur Ergänzung des Verfahrens an die 1. Instanz zurückzuverweisen, einen landeskundlichen Sachverständigen zu beauftragen, der sich mit der aktuellen Situation im Irak befasst, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, damit er Beschwerdeführer die vorgeworfene Kritik an seinem Vorbringen widerlegen kann, allenfalls eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären, allenfalls einen Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen und allenfalls festzustellen, dass die Abschiebung in den Irak unzulässig ist.
5. Mit Schriftsatz vom 02.06.2017, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 17.08.2018, legte die belangte Behörde die Beschwerden samt Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vor.
6. Am 21.01.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, in welcher XXXX als Beteiligte einvernommen wurden. Im Rahmen dieser Einvernahme brachte XXXX erstmals beiläufig vor, als Bloggerin tätig zu. Am 06.02.2019 fand zur Einvernahme von XXXX als Beteiligter erneut eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Auf die Einvernahme des am 23.10.2012 geborenen mj. XXXX wurde aufgrund seines Alters verzichtet.
7. Mit Erkenntnis vom 15.04.2019 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Beschwerdeführers und der übrigen Beteiligten als unbegründet ab.
8. Mit Erkenntnis vom 23.09.2019, E 2018-2023/2019, gab der Verfassungsgerichtshof der gegen das Erkenntnis vom 15.04.2019 erhobenen Beschwerde Folge und hob das Erkenntnis auf, weil das Bundesverwaltungsgericht zu einem wesentlichen Punkt der Frage einer drohenden Verfolgungsgefahr von XXXX auf Grund einer westlich wahrgenommenen Lebensweise als Bloggerin Ermittlungstätigkeit unterlassen und somit bei der Erlassung der angefochtenen Entscheidung Willkür geübt habe.
9. Mit Schreiben vom 31.10.2019 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht die Staatendokumentation um Beantwortung folgender Fragen: „1. Sind Vorfälle gegen Frauen im Irak bekannt, die über soziale Medien wie Instagram Make-up-Tutorials oder vergleichbare Inhalte verbreitet haben? Wenn ja, werden Sie gebeten die genaue Anzahl und Art der Vorfälle, ihre näheren Umstände, den Zeitpunkt und Ort der Vorfälle aufzulisten und darzustellen. 2. Gibt es dokumentierte Vorfälle gegen Frauen wegen "westlich wahrgenommenem Lebensstil" im Irak? Wenn ja, werden Sie um Darstellung von Zeitpunkt, Ort, Art und Anlass des Vorfalls und Zahl der Vorfälle gebeten. 3. Gibt es (Hilfs-)Organisationen im Irak, an welche sich Frauen, die einen als "westlich wahrgenommenem Lebensstil" im Irak pflegen, wenden können bzw solche Frauen unterstützen? Wenn ja, werden Sie um Auflistung solcher Organisationen und deren Wirkungsort gebeten. 4. Ist XXXX , im Internet als Bloggerin in sozialen Medien (insbesondere Instagram) tätig? Wenn ja, mit welchem Inhalt und welchem Adressaten(Follower-)Kreis? Ist Ihre Präsenz im Irak feststellbar? Wenn ja, in welcher Intensität?“
10. Mit Schreiben vom 12.11.2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer und den anderen Beteiligten das aktuelle Länderinformationsblatt für den Irak in der Gesamtaktualisierung am 20.11.2018, mit der letzten Kurzinformation eingefügt am 30.10.2019, zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme. Eine Stellungnahme langte nicht ein.
11. Mit Schreiben vom 04.12.2019 übermittelte die Staatendokumentation die Anfragebeantwortung zu den gestellten Fragestellungen.
12. Am 17.12.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer und alle übrigen Beteiligten als Beteiligte befragt und die aktuelle Lage im Irak unter Heranziehung des aktuellen Länderinformationsblattes samt Kurzinformation vom 30.10.2019, der Human Rights Special Report der UNAMI vom 25.10.-04.11.2019 sowie vom 01.-09.10.2019, die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 11.12.2019 betreffend den Zugang zum Bildungssystem im Irak und die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 04.12.2019 betreffend XXXX und betreffend Frauen in Social Media, Frauen mit als „westlich“ wahrgenommenem Lebensstil erörtert wurden. Das Bundesverwaltungsgericht beschloss zudem, das Ermittlungsverfahren gemäß § 39 Abs 3 AVG iVm § 17 VwGVG zu schließen.
13. Mit Schreiben vom 11.05.2020 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht das aktuelle Länderinformationsblatt für Irak vom 17.03.2020 und räumte den Beschwerdeführern die Möglichkeit ein, hierzu eine Stellungnahme abzugeben und sich zum Erfordernis einer allenfalls weiteren mündlichen Verhandlung zu äußern.
14. Am 25.05.2020 langte hierzu ein Fristerstreckungsantrag ein, in der mitgeteilt wird, dass ein „ordnungsgemäßes Nachkommen Ihrer Aufforderung zur Stellungnahme innerhalb der bis 25.05.2020 erstreckten Frist nicht möglich ist. Wir sind bemüht, Ihrer Aufforderung raschestmöglich nachzukommen und bitten um eine Fristerstreckung.“ Trotz Zuwartens bis zum Datum des gegenständlichen Erkanntnisses langte keine Stellungnahme ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Familienverfahren (§ 34 AsylG) gemäß § 39 Abs 2 AVG iVm § 17 VwGVG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I. im Verfahrensgang dargestellte Sachverhalt wird festgestellt. Darüber hinaus wird folgendes festgestellt:
1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:
1.1.1. Zur Person des Erstbeschwerdeführers:
Der volljährige Erstbeschwerdeführer heißt XXXX Er ist mit der Zweitbeschwerdeführerin verheiratet, hat mit der Zweitbeschwerdeführerin vier Kinder, die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer, ist Staatsangehöriger des Irak, stammt aus Al-Kut, lebte in Bagdad, wo er die überwiegende Zeit seines Lebens verbrachte, und bekennt sich zum Islam, schiitische Richtung. Er spricht arabisch und gehört der Volksgruppe der Araber an. Seine Identität steht fest.
Der Erstbeschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Der Erstbeschwerdeführer lebte mit der Zweitbeschwerdeführerin und den Dritt- bis Sechstbeschwerdeführern zuletzt in Bagdad, Bub Elshamm und reiste gemeinsam mit den anderen Beschwerdeführern Ende Oktober 2014 legal mit gültigem Reisedokument mit dem Flugzeug aus dem Irak in die Türkei nach Istanbul aus, wo er sich gemeinsam mit den anderen Beschwerdeführern einen Monat aufhielt, um sodann schlepperunterstützt über Griechenland nach Österreich zu gelangen. Er hält sich seit (mindestens) 25.06.2015 in Österreich auf.
Die Familie des Erstbeschwerdeführers bestehend aus der Mutter Makye und den Brüdern Abdekhussein, Khaled, Yass, Hamed und Asad lebt im Irak. Der Erstbeschwerdeführer ist nach arabischen Gepflogenheiten und der irakischen Kultur sozialisiert und mit den Gebräuchen, Gewohnheiten und Traditionen seines Herkunftsstaates vertraut und verbunden. Im Falle der Rückkehr in den Irak kann der Erstbeschwerdeführer mit Unterstützung durch seine im Irak verbliebenen Geschwister rechnen und mit seiner Familie auch im familieneigenen Elternhaus in Al-Kut, ca 160 km südöstlich von Bagdad oder auch in Bagdad, wo die Familie der Zweitbeschwerdeführerin lebt, Unterkunft nehmen. In Österreich verfügt der Erstbeschwerdeführer mit Ausnahme der übrigen Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.
Der Erstbeschwerdeführer besuchte zwölf Jahre lang die Grundschule und besuchte ein Institut für Automobiltechnologie. Danach arbeitete er an einem Erdölinstitut und anschließend als selbständiger Photograph mit eigenem Photostudio sowie als Betreiber eines sog. Coffeeshop, in dem Kaffee und Saft getrunken, Shisha geraucht und Billard gespielt werden konnte. Dieses Geschäft existiert nach wie vor und steht immer noch im Besitz des Erstbeschwerdeführers. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung im Irak hat er eine Chance auch hinkünftig am irakischen Arbeitsmarkt unterzukommen und kann auch wieder sein Geschäft selbst betreiben.
Der Erstbeschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.
Der Erstbeschwerdeführer geht in Österreich keiner Beschäftigung nach und bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung und lebt in gemeinsam mit den übrigen Beschwerdeführern in Horn. Er ist für die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer sorgepflichtig, leistet aber keinen Unterhalt, auch nicht in natura. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Der Erstbeschwerdeführer hat die Deutschprüfung auf dem Niveau A2 absolviert, kann aber keine einfache Konversation auf Deutsch führen. Er hat insofern bescheidene Integrationsbemühungen in sprachlicher Hinsicht gezeigt. Er besucht einmal im Monat mit den übrigen Beschwerdeführern eine Veranstaltung namens „Begegnungscafé“ und hat Freunde und soziale Kontakte in der Nachbarschaft, welche jedoch nicht als vertiefte Freundschaften zu bezeichnen sind, sodass keine maßgebliche soziale Integration in Österreich besteht. Eine berufliche und kulturelle Integration in Österreich besteht nicht.
1.1.2. Zur Person der Zweitbeschwerdeführerin:
Die volljährige Zweitbeschwerdeführerin nennt sich XXXX Sie ist Staatsangehörige des Irak und am XXXX in Bagdad, Irak geboren. Ihre Identität steht nicht fest; es handelt sich um eine Verfahrensidentität. Sie ist mit dem Erstbeschwerdeführer verheiratet, hat mit diesem vier Kinder, die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer. Sie bekennt sich zum Islam, schiitische Richtung. Sie spricht arabisch und gehört der Volksgruppe der Araberinnen an.
Die Zweitbeschwerdeführerin ist gesund und arbeitsfähig.
Die Zweitbeschwerdeführerin lebte mit dem Erstbeschwerdeführer und den Dritt- bis Sechstbeschwerdeführern zuletzt in Bagdad, Bub Elshamm und reiste gemeinsam mit den anderen Beschwerdeführern Ende Oktober 2014 legal mit gültigem Reisedokument mit dem Flugzeug aus dem Irak in die Türkei nach Istanbul aus, wo sie sich gemeinsam mit den anderen Beschwerdeführern einen Monat aufhielt, um sodann schlepperunterstützt über Griechenland nach Österreich zu gelangen. Sie hält sich seit (mindestens) 25.06.2015 in Österreich auf.
Die Familie des Zweitbeschwerdeführerin bestehend aus dem Vater Daiesh, der Mutter Zainabi, den Brüdern Saad, Raad, Waad, Abas, Amar, Ismail und Makdad sowie den Schwestern Ashwak, Resha, Alia Alter lebt im Irak. Die Zweitbeschwerdeführerin ist nach arabischen Gepflogenheiten und der irakischen Kultur sozialisiert und mit den Gebräuchen, Gewohnheiten und Traditionen ihres Herkunftsstaates vertraut und verbunden. Im Falle der Rückkehr in den Irak kann die Zweitbeschwerdeführerin neben der Unterstützung durch ihre Schwäger, den Brüdern des Erstbeschwerdeführers, auch mit Unterstützung durch ihre im Irak verbliebenen Geschwister rechnen. Sie kann mit ihrer Familie auch im familieneigenen Elternhaus des Erstbeschwerdeführers in Al-Kut, ca 160 km südöstlich von Bagdad, oder auch in Bagdad, wo die Familie der Zweitbeschwerdeführerin lebt, Unterkunft nehmen. In Österreich verfügt die Zweitbeschwerdeführerin mit Ausnahme der übrigen Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.
Die Zweitbeschwerdeführerin besuchte zwölf Jahre lang die Grundschule. Sie absolvierte die Handelsakademie im Hauptfach Buchhaltung und ist vom Beruf Schneiderin. Aufgrund ihrer Schul- und Berufsausbildung im Irak hat sie eine Chance auch hinkünftig am irakischen Arbeitsmarkt unterzukommen.
Die Zweitbeschwerdeführerin ist in Österreich nicht vorbestraft.
Die Zweitbeschwerdeführerin geht in Österreich keiner Beschäftigung nach, leistet auf freiwilliger Basis Arbeit, indem sie die Kassaabrechnung macht und die Kästen putzt. Sie bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung, welche sie für Ihre Bedürfnisse als nicht ausreichend erachtet und lebt in gemeinsam mit den übrigen Beschwerdeführern in Horn. Sie ist für die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer sorgepflichtig, leistet aber keinen Unterhalt, auch nicht in natura. Sie ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Die Zweitbeschwerdeführerin hat die Deutschprüfung auf dem Niveau A2 absolviert, die Deutschprüfung des Niveaus B1 hat sie nicht bestanden. Sie kann aber eine einfache Konversation auf Deutsch führen und zeigte insofern Integrationsbemühungen in sprachlicher Hinsicht. Sie besucht einmal im Monat mit den übrigen Beschwerdeführern eine Veranstaltung namens „Begegnungscafé“, besucht wöchentlich einen Frauenkurs und hat Freunde und soziale Kontakte in der Nachbarschaft sowie mit älteren Frauen im Altersheim, welche jedoch nicht als vertiefte Freundschaften zu bezeichnen sind, sodass keine maßgebliche soziale Integration in Österreich besteht. Eine berufliche und kulturelle Integration in Österreich besteht nicht. Die Zweitbeschwerdeführerin hat keine Lebensweise angenommen, die einen deutlichen und nachhaltigen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten im Irak darstellen würde und orientiert sich nicht an dem in Europa mehrheitlich gelebten, allgemein als „westlich“ bezeichneten Frauen und Gesellschaftsbild, selbstbestimmt leben zu wollen.
1.1.3. Zur Person der Drittbeschwerdeführerin:
Die volljährige Drittbeschwerdeführerin nennt sich XXXX Sie ist Staatsangehörige des Irak und am XXXX in Bagdad, Irak geboren. Ihre Identität steht nicht fest; es handelt sich um eine Verfahrensidentität. Sie ist Tochter des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin. Die Viert- bis Sechstbeschwerdeführer sind ihre Geschwister. Sie bekennt sich zum Islam, schiitische Richtung. Sie spricht arabisch und gehört der Volksgruppe der Araberinnen an.
Die Drittbeschwerdeführerin leidet seit ihrem ca zehnten Lebensjahr an insulinpflichtigem Diabetes. Sie ist im Übrigen gesund und arbeitsfähig.
Die Drittbeschwerdeführerin lebte mit ihren Eltern und Geschwistern zuletzt in Bagdad, Bub Elshamm und reiste gemeinsam mit den anderen Beschwerdeführern Ende Oktober 2014 legal mit gültigem Reisedokument mit dem Flugzeug aus dem Irak in die Türkei nach Istanbul aus, wo sie sich gemeinsam mit den anderen Beschwerdeführern einen Monat aufhielt, um sodann schlepperunterstützt über Griechenland nach Österreich zu gelangen. Sie hält sich seit (mindestens) 25.06.2015 in Österreich auf.
Die Familie ihrer Eltern, des Zweitbeschwerdeführerin bestehend aus ihrem Vater Daiesh, ihrer Mutter Zainabi, ihren Brüdern Saad, Raad, Waad, Abas, Amar, Ismail und Makdad sowie ihren Schwestern Ashwak, Resha, Alia Alter, sowie des Erstbeschwerdeführers bestehend aus seiner Mutter Makye und seinen Brüdern Abdekhussein, Khaled, Yass, Hamed und Asad, lebt im Irak. Die Drittbeschwerdeführerin ist nach arabischen Gepflogenheiten und der irakischen Kultur sozialisiert und mit den Gebräuchen, Gewohnheiten und Traditionen ihres Herkunftsstaates vertraut und verbunden. Im Falle der Rückkehr in den Irak kann die Drittbeschwerdeführerin neben der Unterstützung durch ihre Eltern und Geschwister auch mit der Unterstützung ihrer Großeltern, Onkel und Tanten rechnen. Sie kann mit ihren Eltern und ihren Geschwistern auch im familieneigenen Elternhaus des Erstbeschwerdeführers in Al-Kut, ca 160 km südöstlich von Bagdad, oder auch in Bagdad, wo die Familie der Zweitbeschwerdeführerin lebt, Unterkunft nehmen. In Österreich verfügt die Drittbeschwerdeführerin mit Ausnahme der übrigen Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.
Die Drittbeschwerdeführerin besuchte im Herkunftsstaat neun Jahre lang die Grundschule. Sie erlernte keinen Beruf. In Österreich besuchte sie zwei Jahre ein Gymnasium und ein Jahr eine Abendschule. Eine bestandene Matura kann die Drittbeschwerdeführerin nicht nachweisen. Seit spätestens Ende 2018 besucht die Drittbeschwerdeführerin keine Schule mehr und geht keiner Schul- oder Berufsausbildung nach. Sie hält sich zu Hause auf, ohne sich sichtlich um eine Beschäftigung zu bemühen. Dass die Drittbeschwerdeführerin einen Designkurs zwischenzeitig besucht hat, kann nicht festgestellt werden. Aufgrund ihrer Schulausbildung im Irak und in Österreich hat sie eine Chance am irakischen Arbeitsmarkt zumindest als Hilfskraft unterzukommen.
Die Drittbeschwerdeführerin ist in Österreich nicht vorbestraft.
Die Drittbeschwerdeführerin geht in Österreich keiner Beschäftigung nach. Sie bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung und lebt in gemeinsam mit den übrigen Beschwerdeführern in Horn. Sie ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Die Drittbeschwerdeführerin spricht Deutsch und ist in der Lage eine einfache Konversation in der deutschen Sprache zu führen. Sie hat die Deutschprüfung auf dem Niveau A2 absolviert. Sie zeigte insofern Integrationsbemühungen in sprachlicher Hinsicht. Sie besucht einmal im Monat mit den übrigen Beschwerdeführern eine Veranstaltung namens „Begegnungscafé“, manchmal geht sie mit Freunden in eine Shisha Bar aus oder einkaufen. Soziale Kontakte, die über bloße Bekanntschaft hinausgehen, kann die Drittbeschwerdeführerin nicht angeben. Die Drittbeschwerdeführerin ist über Instagram in sozialen Medien präsent. Über das Instagram Profil „ XXXX “ bestehen vierzehn erstellte Beiträge und 22 Abonnementen und sind 64 Instagram Profile abonniert. Das Profil ist als privat deklariert, sodass die im Profil geposteten Inhalte nur für registrierte Instagrambenutzer einsehbar sind, die über „Folgen“ eine Anfrage an die Inhaberin gestellt haben und von ihr angenommen wurden. Das Instagram Profil „ XXXX “ hat zwölf Beiträge erstellt, 241 Abonnementen und selbst 86 Instagram Profile abonniert. Auch dieses Profil ist als privat deklariert und nur von solchen „follower“ einzusehen, die die Inhaberin akzeptiert hat. Beide Profile weisen die Drittbeschwerdeführerin mit vollem Namen und dem Zusatz „from Iraq but living in Austria“ (aus dem Irak aber in Österreich lebend) sowie einem Bild, das die Drittbeschwerdeführerin mit Schleier zeigt, aus. Weitere Blogs unterhält die Drittbeschwerdeführerin nicht. Aufgrund ihrer Internetaktivitäten ist die Drittbeschwerdeführerin weder eine allgemein, noch im Irak bekannte Bloggerin. Keines ihrer Profile ist öffentlich zugänglich, zumal die Drittbeschwerdeführerin es kontrolliert, wen sie zu ihren Profilen zulässt und wen nicht. Die Drittbeschwerdeführerin hat keine Lebensweise angenommen, die einen deutlichen und nachhaltigen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten im Irak darstellen würde und orientiert sich nicht an dem in Europa mehrheitlich gelebten, allgemein als „westlich“ bezeichneten Frauen und Gesellschaftsbild, selbstbestimmt leben zu wollen. Die Drittbeschwerdeführerin ist. in Österreich nicht maßgeblich sozial integriert. Eine berufliche und kulturelle Integration in Österreich besteht nicht.
1.1.4. Zur Person der Viertbeschwerdeführerin:
Die minderjährige Viertbeschwerdeführerin nennt sich XXXX Sie ist Staatsangehörige des Irak und am XXXX in Bagdad, Irak geboren. Ihre Identität steht nicht fest; es handelt sich um eine Verfahrensidentität. Sie ist Tochter des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin. Die Drittbeschwerdeführerin und der Fünft- und Sechstbeschwerdeführer sind ihre Geschwister. Sie bekennt sich zum Islam, schiitische Richtung. Sie sprich arabisch und gehört der Volksgruppe der Araberinnen an.
Die Viertbeschwerdeführerin ist gesund und arbeitsfähig.
Die Viertbeschwerdeführerin lebte mit ihren Eltern und Geschwistern zuletzt in Bagdad, Bub Elshamm und reiste gemeinsam mit den anderen Beschwerdeführern Ende Oktober 2014 legal mit gültigem Reisedokument mit dem Flugzeug aus dem Irak in die Türkei nach Istanbul aus, wo sie sich gemeinsam mit den anderen Beschwerdeführern einen Monat aufhielt, um sodann schlepperunterstützt über Griechenland nach Österreich zu gelangen. Sie hält sich seit (mindestens) 25.06.2015 in Österreich auf.
Die Familie ihrer Eltern, jene der Zweitbeschwerdeführerin bestehend aus ihrem Vater Daiesh, ihrer Mutter Zainabi, ihren Brüdern Saad, Raad, Waad, Abas, Amar, Ismail und Makdad sowie ihren Schwestern Ashwak, Resha, Alia Alter, sowie jene des Erstbeschwerdeführers bestehend aus seiner Mutter Makye und seinen Brüdern Abdekhussein, Khaled, Yass, Hamed und Asad, lebt im Irak. Im Falle der Rückkehr in den Irak kann die Viertbeschwerdeführerin neben der Unterstützung durch ihre Eltern und Geschwister auch mit der Unterstützung ihrer Großeltern, Onkel und Tanten rechnen. Sie kann mit ihren Eltern und ihren Geschwistern auch im familieneigenen Elternhaus des Erstbeschwerdeführers in Al-Kut, ca 160 km südöstlich von Bagdad, oder auch in Bagdad, wo die Familie der Zweitbeschwerdeführerin lebt, Unterkunft nehmen. In Österreich verfügt die Viertbeschwerdeführerin mit Ausnahme der übrigen Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.
Die Viertbeschwerdeführerin besuchte im Herkunftsstaat die Grundschule. Sie erlernte keinen Beruf. In Österreich besuchte sie die Neue Mittelschule Horn, wo sie die vierte Klasse in allen Fächern positiv beurteilt abschloss. Aktuell besucht sie die EWF Horn, eine einjährige Wirtschaftsfachschule. Aufgrund ihrer Schulausbildung im Irak und in Österreich hat sie eine Chance am irakischen Arbeitsmarkt zumindest als Hilfskraft, zB im Verkauf oder in der Verwaltung unterzukommen.
Die Viertbeschwerdeführerin ist in Österreich nicht vorbestraft.
Die Viertbeschwerdeführerin geht in Österreich keiner Beschäftigung nach. Sie bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung und lebt in gemeinsam mit den übrigen Beschwerdeführern in Horn. Sie ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Die Viertbeschwerdeführerin spricht Deutsch und ist in der Lage eine einfache Konversation in der deutschen Sprache zu führen und zeigte insofern Integrationsbemühungen in sprachlicher Hinsicht. Sie besucht einmal im Monat mit den übrigen Beschwerdeführern eine Veranstaltung namens „Begegnungscafé“. Soziale Kontakte, die über bloße Bekanntschaft hinausgehen, kann die Viertbeschwerdeführerin nicht angeben. Die Viertbeschwerdeführerin ist in Österreich nicht maßgeblich sozial integriert. Eine berufliche und kulturelle Integration in Österreich besteht nicht. Die Viertbeschwerdeführerin hat keine Lebensweise angenommen, die einen deutlichen und nachhaltigen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten im Irak darstellen würde und orientiert sich nicht an dem in Europa mehrheitlich gelebten, allgemein als „westlich“ bezeichneten Frauen und Gesellschaftsbild, selbstbestimmt leben zu wollen.
1.1.5. Zur Person des Fünftbeschwerdeführers:
Der minderjährige Fünftbeschwerdeführer nennt sich XXXX . Er ist Staatsangehöriger des Irak und am XXXX in Bagdad, Irak geboren. Seine Identität steht nicht fest; es handelt sich um eine Verfahrensidentität. Er ist Sohn des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin. Die Dritt- und Viertbeschwerdeführerinnen und der Sechstbeschwerdeführer sind seine Geschwister. Er bekennt sich zum Islam, schiitische Richtung. Er spricht arabisch und gehört der Volksgruppe der Araber an.
Der Fünftbeschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig.
Der Fünftbeschwerdeführer lebte mit seinen Eltern und Geschwistern zuletzt in Bagdad, Bub Elshamm und reiste gemeinsam mit den anderen Beschwerdeführern Ende Oktober 2014 legal mit gültigem Reisedokument mit dem Flugzeug aus dem Irak in die Türkei nach Istanbul aus, wo er sich gemeinsam mit den anderen Beschwerdeführern einen Monat aufhielt, um sodann schlepperunterstützt über Griechenland nach Österreich zu gelangen. Er hält sich seit (mindestens) 25.06.2015 in Österreich auf.
Die Familie seiner Eltern, jene der Zweitbeschwerdeführerin bestehend aus ihrem Vater Daiesh, ihrer Mutter Zainabi, ihren Brüdern Saad, Raad, Waad, Abas, Amar, Ismail und Makdad sowie ihren Schwestern Ashwak, Resha, Alia Alter, sowie jene des Erstbeschwerdeführers bestehend aus seiner Mutter Makye und seinen Brüdern Abdekhussein, Khaled, Yass, Hamed und Asad, lebt im Irak. Im Falle der Rückkehr in den Irak kann der Fünftbeschwerdeführer neben der Unterstützung durch seine Eltern und Geschwister auch mit der Unterstützung seiner Großeltern, Onkel und Tanten rechnen. Er kann mit seinen Eltern und ihren Geschwistern auch im familieneigenen Elternhaus des Erstbeschwerdeführers in Al-Kut, ca 160 km südöstlich von Bagdad, oder auch in Bagdad, wo die Familie der Zweitbeschwerdeführerin lebt, Unterkunft nehmen. In Österreich verfügt der Fünftbeschwerdeführer mit Ausnahme der übrigen Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.
Der Fünftbeschwerdeführerin besuchte im Herkunftsstaat die Grundschule. er erlernte keinen Beruf. In Österreich besuchte er die Neue Mittelschule Horn, wo er die zweite Klasse mit der Verhaltensnote „wenig zufriedenstellend“ und mit „nicht beurteilt“ in allen Fächern außer bildnerischer Erziehung, Werken, Bewegung und Sport und Ernährung und Haushalt absolvierte. Die dritte Klasse beendete er mit der Verhaltensnote „wenig zufriedenstellend“ und „nicht genügend“ in den Fächern Deutsch, lebende Fremdsprache Englisch, Mathematik, Biologie und Umweltkunde, Physik und Musikerziehung. Die negativen Verhaltensnoten werden von den Eltern des Fünftbeschwerdeführers damit begründet, dass er gemobbt worden sei und Asylanten nicht gut benotet werden würden. Der Fünftbeschwerdeführer besucht gegenwärtig den polytechnischen Lehrgang. Aufgrund seiner Schulausbildung im Irak und in Österreich hat er eine Chance am irakischen Arbeitsmarkt zumindest als Hilfskraft, zB im Hoch- oder Tiefbau unterzukommen.
Der Fünftbeschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft. Es liegt aber eine Anzeige vom 10.02.2019 wegen des Verdachts der Begehung des Deliktes der gefährlichen Drohung vor, dass der Fünftbeschwerdeführer via WhatsApp XXXX damit bedroht habe ihn zu schlagen und sein Leben zu zerstören. Außerdem liegen Anzeigen wegen des Verdachtes der Begehung der Delikte der Körperverletzung gegen XXXX und des Raubes gegen den Fünftbeschwerdeführer vor. Im Zeitraum vom 16.01.2018 bis 19.06.2018 besuchte der in der Männerberatung von Caritas Rat & Hilfe Horn 10 Einheiten einer Gewaltberatung. Der Fünftbeschwerdeführer ist aber dennoch bereit Gewalt anzuwenden, wenn er sich herabgesetzt fühlt.
Der Fünftbeschwerdeführerin geht in Österreich keiner Beschäftigung nach. Er bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung und lebt in gemeinsam mit den übrigen Beschwerdeführern in Horn. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Der Fünftbeschwerdeführer spricht Deutsch und ist in der Lage eine einfache Konversation in der deutschen Sprache zu führen und zeigte insofern Integrationsbemühungen in sprachlicher Hinsicht. Er besucht einmal im Monat mit den übrigen Beschwerdeführern eine Veranstaltung namens „Begegnungscafé“. Soziale Kontakte, die über bloße Bekanntschaft hinausgehen, weist der Fünftbeschwerdeführer nicht vor. Er hat auch keine Freunde in Österreich gefunden, betreibt keinen Sport oder andere Freizeitaktivitäten, sondern lebt mit seiner Familie und ist in Österreich nicht sozial integriert. Eine berufliche und kulturelle Integration in Österreich besteht nicht.
1.1.6. Zur Person des Sechstbeschwerdeführers:
Der minderjährige Sechstbeschwerdeführer nennt sich XXXX Er ist Staatsangehöriger des Irak und am XXXX in Bagdad, Irak geboren. Seine Identität steht nicht fest; es handelt sich um eine Verfahrensidentität. Er ist Sohn des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin. Die Dritt- und Viertbeschwerdeführerinnen und der Fünftbeschwerdeführer sind seine Geschwister. Er bekennt sich zum Islam, schiitische Richtung. Er spricht arabisch und gehört der Volksgruppe der Araber an.
Der Sechstbeschwerdeführer ist gesund.
Der Sechstbeschwerdeführer lebte mit seinen Eltern und Geschwistern zuletzt in Bagdad, Bub Elshamm und reiste gemeinsam mit den anderen Beschwerdeführern Ende Oktober 2014 legal mit gültigem Reisedokument mit dem Flugzeug aus dem Irak in die Türkei nach Istanbul aus, wo er sich gemeinsam mit den anderen Beschwerdeführern einen Monat aufhielt, um sodann schlepperunterstützt über Griechenland nach Österreich zu gelangen. Er hält sich seit (mindestens) 25.06.2015 in Österreich auf.
Die Familie seiner Eltern, jene der Zweitbeschwerdeführerin bestehend aus ihrem Vater Daiesh, ihrer Mutter Zainabi, ihren Brüdern Saad, Raad, Waad, Abas, Amar, Ismail und Makdad sowie ihren Schwestern Ashwak, Resha, Alia Alter, sowie jene des Erstbeschwerdeführers bestehend aus seiner Mutter Makye und seinen Brüdern Abdekhussein, Khaled, Yass, Hamed und Asad, lebt im Irak. Im Falle der Rückkehr in den Irak kann der Sechstbeschwerdeführer neben der Unterstützung durch seine Eltern und Geschwister auch mit der Unterstützung seiner Großeltern, Onkel und Tanten rechnen. Er kann mit seinen Eltern und ihren Geschwistern auch im familieneigenen Elternhaus des Erstbeschwerdeführers in Al-Kut, ca 160 km südöstlich von Bagdad, oder auch in Bagdad, wo die Familie der Zweitbeschwerdeführerin lebt, Unterkunft nehmen. In Österreich verfügt der Sechstbeschwerdeführer mit Ausnahme der übrigen Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.
Der Sechstbeschwerdeführerin besuchte im Herkunftsstaat noch keine Schule. In Österreich besuchte er den Kindergarten und geht aktuell in die Vorschule. Im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat kann er dort seine Schulausbildung, die kostenlos angeboten wird, fortsetzen.
Der Sechstbeschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.
Der Sechstbeschwerdeführerin geht in Österreich keiner Beschäftigung nach. Er bezieht Leistungen von der staatlichen Grundversorgung und lebt in gemeinsam mit den übrigen Beschwerdeführern in Horn. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig.
Der Sechstbeschwerdeführer spricht Deutsch und ist in der Lage eine Konversation in der deutschen Sprache zu führen und zeigte insofern Integrationsbemühungen in sprachlicher Hinsicht. Er besucht einmal im Monat mit den übrigen Beschwerdeführern eine Veranstaltung namens „Begegnungscafé“. Er nahm an verschiedenen sportlichen Wettbewerben für Kinder teil, wo er auch gute sportliche Ergebnisse erzielte. Er spielt auch regelmäßig in einer Mannschaft Fußball. Abgesehen von diesen sportlichen Aktivitäten kann der Sechstbeschwerdeführer maßgebliche soziale Kontakte, die über bloße Bekanntschaften hinausgehen jedoch nicht vorweisen. Er lebt vor allem mit seiner Familie und ist in Österreich nicht maßgeblich sozial integriert. Eine kulturelle Integration in Österreich besteht nicht.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:
Entgegen seinem Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer von der Mahdi Miliz bedroht wurde oder bedroht wird und diese ihn töten möchte.
Die Zweit- bis Sechstbeschwerdeführer wurden und werden im Irak nie von der Mahdi Miliz bedroht. Sie haben keine eignen Fluchtgründe.
Die Beschwerdeführer haben den Irak weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen. Sie waren im Irak keiner Gewalt aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ausgesetzt.
Die Zweitbeschwerdeführerin, die Drittbeschwerdeführerin und die Viertbeschwerdeführerin waren nicht einer geschlechtsspezifischen Verfolgung im Irak ausgesetzt und werden es auch im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht sein.
Die Drittbeschwerdeführerin wird durch Bloggen über die Instragram-Accounts „ XXXX im Irak nicht verfolgt. Dass die Drittbeschwerdeführerin über einen weiteren Blog oder Instagram-Account öffentlich in Erscheinung tritt, kann nicht festgestellt werden. Sie hat als Bloggerin im Falle ihrer Rückkehr nicht ernstlich eine Gefahr vor Verfolgung zu befürchten.
Die Zweitbeschwerdeführerin, die Drittbeschwerdeführerin und die Viertbeschwerdeführerin haben auch eine Lebensweise angenommen, die einen deutlichen und nachhaltigen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten im Irak darstellen würde. Die Zweitbeschwerdeführerin, die Drittbeschwerdeführerin und die Viertbeschwerdeführerin sind nicht an dem in Europa mehrheitlich gelebten, allgemein als "westlich" bezeichneten Frauen und Gesellschaftsbild (selbstbestimmt leben zu wollen) orientiert.
Die Beschwerdeführer haben den Irak ausschließlich aufgrund wirtschaftlicher Gründe verlassen, um ein besseres Leben in Europa zu erreichen.
1.3 Zur möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat
1.3.1. Den Beschwerdeführern droht keine reale Gefahr, in ihrem Leben bedroht zu werden, Folter oder erniedrigende Bestrafung oder eine erniedrigende Behandlung zu erleiden oder in ihrem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt zu werden. Ihnen droht im Fall ihrer Rückkehr weder die Todesstrafe, noch besteht eine reale Gefahr, dass ihr Leben oder ihre körperliche Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in ihrem Herkunftsstaat bedroht wäre.
Die Beschwerdeführer können sich nach Rückkehr in den Irak in Bagdad, wo die Familie der Zweitbeschwerdeführerin lebt und sich das Geschäft des Erstbeschwerdeführers, das immer noch existiert, ansiedeln. Die Beschwerdeführer können zunächst bei der Familie der Zweitbeschwerdeführerin Unterkunft finden, bis sie eine Unterkunft am nunmehr wieder entspannten Wohnungsmarkt in Bagdad gefunden haben.
Die Beschwerdeführer können sich aber auch nach Rückkehr in den Irak in Al-Kut, im Elternhaus des Erstbeschwerdeführers, ansiedeln. Die Beschwerdeführer verfügen über Verwandte in Al-Kut und können nach Rückkehr in den Irak nachhaltig von diesen finanziell unterstützt werden.
Die Beschwerdeführer können Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.
Der Erstbeschwerdeführer ist gut ausgebildet und anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen. Auch die gut ausgebildete Zweitbeschwerdeführerin kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen. Sowohl die Dritt- als auch die Viertbeschwerdeführerin und der Fünftbeschwerdeführer können regelmäßiger Arbeit im Irak nachgehen. Auf diese Weise können sie für ihr Auskommen und Fortkommen sorgen und in Bagdad oder in Al-Kut einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten.
Der Sechstbeschwerdeführer kann seine schulische Ausbildung im Irak, in Bagdad wie auch in Al-Kut, fortsetzen und einen Beruf erlernen. Er kann von seinen für ihn sorgepflichtigen Eltern und seinen Geschwistern unterstützt werden, sodass für sein Aus- und Fortkommen gesorgt ist.
Nach Rückkehr in den Irak und Ansiedelung in Bagdad oder in Al-Kut können die Beschwerdeführer grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft befriedigen, ohne in eine ausweglose oder existenzbedrohende Situation zu geraten. Nach anfänglichen Schwierigkeiten ist es den Beschwerdeführern möglich in der Stadt Bagdad oder in der Stadt Al-Kut Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie dies auch andere Landsleute führen können.
1.3.2. COVID-19 ist eine durch das Corona Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gibt es Stand 14.07.2020 21:29 Uhr 18 948 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 708 Todesfälle; im Irak mit Stand 14.07.2020 21:29 wurden bislang 79 735 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 3 250 Todesfälle nachgewiesen.
Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei 80 % der Betroffenen leicht und bei ca 15 % der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca 5 % der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmethoden notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie zB Diabetes, Herzerkrankungen und Bluthochdruck) auf.
Der Erstbeschwerdeführer, die Zweitbeschwerdeführerin, die Viertbeschwerdeführerin, der Fünftbeschwerdeführer und der Sechstbeschwerdeführer sind nicht Angehörige dieser Risikogruppe.
Die Drittbeschwerdeführerin ist Angehörige der Risikogruppe der Diabetikerinnen.
1.4. Zu den Feststellungen zur Lage im Irak:
Zur aktuellen Lage im Irak werden folgende Feststellungen getroffen, soweit sie für den vorliegenden Beschwerdefall von Relevanz sind:
1.3.1.
Allgemeine Sicherheitslage
:
Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen, territorialen Sieg über den Islamischen Staat (IS) (Reuters 9.12.2017; vgl. AI 26.2.2019). Die Sicherheitslage hat sich, seitdem verbessert (FH 4.3.2020). Ende 2018 befanden sich die irakischen Sicherheitskräfte (ISF) in der nominellen Kontrolle über alle vom IS befreiten Gebiete (USDOS 1.11.2019).
Derzeit ist es staatlichen Stellen nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Insbesondere schiitische Milizen, aber auch sunnitische Stammesmilizen handeln eigenmächtig. Die im Kampf gegen den IS mobilisierten, zum Teil vom Iran unterstützten Milizen sind nur eingeschränkt durch die Regierung kontrollierbar und stellen eine potenziell erhebliche Bedrohung für die Bevölkerung dar. Durch die teilweise Einbindung der Milizen in staatliche Strukturen (zumindest formaler Oberbefehl des Ministerpräsidenten, Besoldung aus dem Staatshaushalt) verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren (AA 12.1.2019).
In der Wirtschaftsmetropole Basra im Süden des Landes können sich die staatlichen Ordnungskräfte häufig nicht gegen mächtige Stammesmilizen mit Verbindungen zur Organisierten Kriminalität durchsetzen. Auch in anderen Landesteilen ist eine Vielzahl von Gewalttaten mit rein kriminellem Hintergrund zu beobachten (AA 12.1.2019). Insbesondere in Bagdad kommt es zu Entführungen durch kriminelle Gruppen, die Lösegeld für die Freilassung ihrer Opfer fordern (FIS 6.2.2018). Die Zahl der Entführungen gegen Lösegeld zugunsten extremistischer Gruppen wie dem IS oder krimineller Banden ist zwischenzeitlich zurückgegangen (Diyaruna 5.2.2019), aber UNAMI berichtet, dass seit Beginn der Massenproteste vom 1.10.2019 fast täglich Demonstranten in Bagdad und im gesamten Süden des Irak verschwunden sind. Die Entführer werden als „Milizionäre“, „bewaffnete Organisationen“ und „Kriminelle“ bezeichnet (New Arab 12.12.2019).
Die zunehmenden Spannungen zwischen dem Iran und den USA stellen einen zusätzlichen, die innere Stabilität des Irak gefährdenden Einfluss dar (ACLED 2.10.2019a). Nach einem Angriff auf eine Basis der Volksmobilisierungskräfte (PMF) in Anbar, am 25. August (Al Jazeera 25.8.2019), erhob der irakische Premierminister Mahdi Ende September erstmals offiziell Anschuldigungen gegen Israel, für eine Reihe von Angriffen auf PMF-Basen seit Juli 2019 verantwortlich zu sein (ACLED 2.10.2019b; vgl. Reuters 30.9.2019). Raketeneinschläge in der Grünen Zone in Bagdad, nahe der US-amerikanischen Botschaft am 23. September 2019, werden andererseits pro-iranischen Milizen zugeschrieben, und im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen den USA und dem Iran gesehen (ACLED 2.10.2019b; vgl. Al Jazeera 24.9.2019; Joel Wing 16.10.2019).
Als Reaktion auf die Ermordung des stellvertretenden Leiters der PMF-Kommission, Abu Mahdi Al-Muhandis, sowie des Kommandeurs der Quds-Einheiten des Korps der Islamischen Revolutionsgarden des Iran, Generalmajor Qassem Soleimani, durch einen Drohnenangriff der USA am 3.1.2020 (Al Monitor 23.2.2020; vgl. MEMO 21.2.2020; Joel Wing 15.1.2020) wurden mehrere US-Stützpunkte durch den Iran und PMF-Milizen mit Raketen und Mörsern beschossen (Joel Wing 15.1.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020
- ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019a): Mid-Year Update: Ten Conflicts to Worry About in 2019, https://www.acleddata.com/2019/08/07/mid-year-update-ten-conflicts-to-worry-about-in-2019/, Zugriff 13.3.2020
- ACLED - The Armed Conflict Location & Event Data Project (2.10.2019b): Regional Overview – Middle East 2 October 2019, https://www.acleddata.com/2019/10/02/regional-overview-middle-east-2-october-2019/, Zugriff 13.3.2020
- AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Iraq [MDE 14/9901/2019], https://www.ecoi.net/en/file/local/2003674/MDE1499012019ENGLISH.pdf, Zugriff 13.3.2020
- Al Jazeera (24.9.2019): Two rockets 'hit' near US embassy in Baghdad's Green Zone, https://www.aljazeera.com/news/2019/09/rockets-hit-embassy-baghdad-green-zone-190924052551906.html, Zugriff 13.3.2020
- Al Jazeera (25.8.2019): Iraq paramilitary: Israel behind drone attack near Syria border, https://www.aljazeera.com/news/2019/08/iraq-paramilitary-israel-drone-attack-syria-border-190825184711737.html, Zugriff 13.3.2020
- Al Monitor (23.2.2020): Iran struggles to regain control of post-Soleimani PMU, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2020/02/iraq-iran-soleimani-pmu.html, Zugriff 13.3.2020
- Diyaruna (5.2.2019): Baghdad sees steep decline in kidnappings, https://diyaruna.com/en_GB/articles/cnmi_di/features/2019/02/05/feature-02, Zugriff 13.3.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 – Iraq, https://freedomhouse.org/country/iraq/freedom-world/2020, Zugriff 13.3.2020
- FIS - Finnish Immigration Service (6.2.2018): Finnish Immigration Service report: Security in Iraq variable but improving, https://yle.fi/uutiset/osasto/news/finnish_immigration_service_report_security_in_iraq_variable_but_improving/10061710, Zugriff 13.3.2020
- Joel Wing, Musings on Iraq (15.1.2020): Pro-Iran Hashd Continue Attacks Upon US Interests In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/01/pro-iran-hashd-continue-attacks-upon-us.html, Zugriff 13.3.2020
- Joel Wing, Musings on Iraq (16.10.2019): Islamic State Not Following Their Usual Pattern In Attacks In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/10/islamic-state-not-following-their-usual.html, Zugriff 13.3.2020
- MEMO - Middle East Monitor (21.1.2020): Iraq’s PMF appoints new deputy head as successor to Al-Muhandis, https://www.middleeastmonitor.com/20200221-iraqs-pmf-appoints-new-deputy-head-as-successor-to-al-muhandis/, Zugriff 13.3.2020
- New Arab, The (12.12.2019): 'We are not safe': UN urges accountability over spate of kidnappings, assassinations in Iraq, https://www.alaraby.co.uk/english/news/2019/12/11/un-urges-accountability-over-spate-of-iraq-kidnappings-assassinations, Zugriff 13.3.2020
- Reuters (9.12.2017): Iraq declares final victory over Islamic State, https://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-iraq-islamicstate/iraq-declares-final-victory-over-islamic-state-idUSKBN1E30B9, Zugriff 13.3.2020
- Reuters (30.9.2019): Iraqi PM says Israel is responsible for attacks on Iraqi militias: Al Jazeera, https://www.reuters.com/article/us-iraq-security/iraqi-pm-says-israel-is-responsible-for-attacks-on-iraqi-militias-al-jazeera-idUSKBN1WF1E5, Zugriff 13.3.2020
- USDOS - US Department of State (1.11.2019): Country Report on Terrorism 2018 - Chapter 1 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2019162.html, Zugriff 13.3.2020
1.3.2. Sicherheitsrelevante Vorfälle, Opferzahlen
:
Die Zahl der durch Gewalt ums Leben gekommenen ist zwischen 2017 und 2019 erheblich gesunken. Waren 2015 noch etwa 17.500 zivile Gewaltopfer im Irak zu beklagen, so ist diese Zahl im Jahr 2019 auf rund 2.300 Gewaltopfer gesunken. Im Jahr 2020 gab es nach vorläufigen Schätzungen bis April 384 zivile Todesopfer im Irak (Statista 22.05.2020).
Vom Irak-Experten Joel Wing wurden im Lauf des Monats November 2019 für den Gesamtirak 55 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 47 Toten und 98 Verletzten verzeichnet, wobei vier Vorfälle, Raketenbeschuss einer Militärbasis und der „Grünen Zone“ in Bagdad (Anm.: ein geschütztes Areal im Zentrum Bagdads, das irakische Regierungsgebäude und internationale Auslandvertretungen beherbergt), pro-iranischen Volksmobilisierungskräften (PMF) zugeschrieben werden (Joel Wing 2.12.2019). Im Dezember 2019 waren es 120 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 134 Toten und 133 Verletzten, wobei sechs dieser Vorfälle pro-iranischen Gruppen zugeschrieben werden, die gegen US-Militärlager oder gegen die Grüne Zone gerichtet waren (Joel Wing 6.1.2020). Im Jänner 2020 wurden 91 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 53 Toten und 139 Verletzten verzeichnet, wobei zwölf Vorfälle, Raketen- und Mörserbeschuss, pro-iranischen PMF, bzw. dem Iran zugeschrieben werden, während der Islamische Staat (IS) für die übrigen 79 verantwortlich gemacht wird (Joel Wing 3.2.2020). Im Februar 2020 waren es 85 Vorfälle, von denen drei auf pro-iranischen PMF zurückzuführen sind (Joel Wing 5.3.2020).
Der Rückgang an Vorfällen mit IS-Bezug Ende 2019 wird mit den Anti-Regierungsprotesten in Zusammenhang gesehen, da der IS bereits in den vorangegangenen Jahren seine Angriffe während solcher Proteste reduziert hat. Schließlich verstärkte der IS seine Angriffe wieder (Joel Wing 3.2.2020).
Quellen:
- ACCORD (26.2.2020): Irak, 4. Quartal 2018: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), https://www.ecoi.net/en/file/local/2025321/2018q4Iraq_de.pdf, Zugriff 13.3.2020
- IBC - Iraq Bodycount (2.2020): Monthly civilian deaths from violence, 2003 onwards, https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 13.3.2020
- Joel Wing, Musings on Iraq (5.3.2020): Violence Largely Unchanged In Iraq In February 2020, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/03/violence-largely-unchanged-in-iraq-in.html, Zugriff 13.3.2020
- Joel Wing, Musings on Iraq (3.2.2020): Violence Continues Its Up And Down Pattern In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/02/violence-continues-its-up-and-down.html, Zugriff 13.3.2020
- Joel Wing, Musings on Iraq (6.1.2020): Islamic State Makes Its Return In December 2019, https://musingsoniraq.blogspot.com/2020/01/islamic-state-makes-its-return-in.html, Zugriff 13.3.2020
- Joel Wing, Musings on Iraq (2.12.2019): Islamic State Waits Out The Protests In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/12/islamic-state-waits-out-protests-in-iraq.html, Zugriff 13.3.2020
- Statista Research Department - deutsches Online-Portal für Statistik (22.05.2020): Anzahl der dokumentierten zivilen Todesopfer im Irakkrieg und in den folgenden Jahren von 2003 bis 2020*, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/163882/umfrage/dokumentierte-zivile-todesopfer-im-irakkrieg-seit-2003/#professional, Zugriff 16.06.2020
1.3.3. Sicherheitslage Bagdad
:
Das Gouvernement Bagdad ist das kleinste und am dichtesten bevölkerte Gouvernement des Irak mit einer Bevölkerung von mehr als sieben Millionen Menschen. Die Mehrheit der Einwohner Bagdads sind Schiiten. In der Vergangenheit umfasste die Hauptstadt viele gemischte schiitische, sunnitische und christliche Viertel, der Bürgerkrieg von 2006-2007 veränderte jedoch die demografische Verteilung in der Stadt und führte zu einer Verringerung der sozialen Durchmischung sowie zum Entstehen von zunehmend homogenen Vierteln. Viele Sunniten flohen aus der Stadt, um der Bedrohung durch schiitische Milizen zu entkommen. Die Sicherheit des Gouvernements wird sowohl vom „Baghdad Operations Command“ kontrolliert, der seine Mitglieder aus der Armee, der Polizei und dem Geheimdienst bezieht, als auch von den schiitischen Milizen, die als stärker werdend beschrieben werden (OFPRA 10.11.2017).
Entscheidend für das Verständnis der Sicherheitslage Bagdads und der umliegenden Gebiete sind sechs mehrheitlich sunnitische Regionen (Latifiya, Taji, al-Mushahada, al-Tarmia, Arab Jibor und al-Mada'in), die die Hauptstadt von Norden, Westen und Südwesten umgeben und den sogenannten „Bagdader Gürtel“ (Baghdad Belts) bilden (Al Monitor 11.3.2016). Der Bagdader Gürtel besteht aus Wohn-, Agrar- und Industriegebieten sowie einem Netz aus Straßen, Wasserwegen und anderen Verbindungslinien, die in einem Umkreis von etwa 30 bis 50 km um die Stadt Bagdad liegen und die Hauptstadt mit dem Rest des Irak verbinden. Der Bagdader Gürtel umfasst, beginnend im Norden und im Uhrzeigersinn die Städte: Taji, Tarmiyah, Baqubah, Buhriz, Besmaja und Nahrwan, Salman Pak, Mahmudiyah, Sadr al-Yusufiyah, Fallujah und Karmah und wird in die Quadranten Nordosten, Südosten, Südwesten und Nordwesten unterteilt (ISW 2008).
Fast alle Aktivitäten des Islamischen Staate (IS) im Gouvernement Bagdad betreffen die Peripherie der Hauptstadt, den „Bagdader Gürtel“ im äußeren Norden, Süden und Westen (Joel Wing 5.8.2019; vgl. Joel Wing 16.10.2019; Joel Wing 6.1.2020; Joel Wing 5.3.2020), doch der IS versucht seine Aktivitäten in Bagdad wieder zu erhöhen (Joel Wing 5.8.2019). Die Bestrebungen des IS, wieder in der Hauptstadt Fuß zu fassen, sind Ende 2019 im Zuge der Massenproteste ins Stocken geraten, scheinen aber mittlerweile wieder aufgenommen zu werden (Joel Wing 3.2.2020; vgl. Joel Wing 5.3.2020).
Dabei wurden am 7.und 16.9.2019 jeweils fünf Vorfälle mit „Unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen“ (IEDs) in der Stadt Bagdad selbst verzeichnet (Joel Wing 16.10.2019). Seit November 2019 setzt der IS Motorrad-Bomben in Bagdad ein. Zuletzt detonierten am 8. und am 22.2.2020 jeweils fünf IEDs in der Stadt Bagdad (Joel Wing 5.3.2020).
Für den Zeitraum von November 2019 bis Jänner 2020 wurden im Gouvernement Bagdad 60 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 42 Toten und 61 Verletzten verzeichnet (Joel Wing 2.12.2019; vgl. Joel Wing 6.1.2020; Joel Wing 3.2.2020), im Februar 2020 waren es 25 Vorfälle mit zehn Toten und 35 Verletzten (Joel Wing 5.3.2020). Die meisten dieser sicherheitsrelevanten Vorfälle werden dem IS zugeordnet, jedoch wurden im Dezember 2019 drei dieser Vorfälle pro-iranischen Milizen der Volksmobilisierungskräfte (PMF) zugeschrieben, ebenso wie neun Vorfälle im Jänner 2020 und ein weiter