TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/17 I421 2232888-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.07.2020
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Entscheidungsdatum

17.07.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs2 Z2
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §53 Abs2 Z7
FPG §55 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I421 2232888-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (Alias XXXX ), geb. XXXX , StA. Albanien, vertreten durch: RA Dr. Julia Ecker, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Wien (BAW) vom 01.06.2020, Zl. 1264979008-200444394, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat:

"III. Es wird gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Albanien zulässig ist."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 23.05.2020 um 22:50 wurde der Beschwerdeführer von Polizisten der Landespolizeidirektion XXXX wegen des Verdachts auf Alkoholisierung einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen. Aufgrund eines in Italien verhängten und bestehenden Einreise- bzw. Aufenthaltsverbotes im Schengener Gebiet wurde der Beschwerdeführer am 31.05.2020 festgenommen.

2. Am 01.06.2020 wurde der Beschwerdeführer unter Anwesenheit einer Dolmetscherin für die albanische Sprache von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen und aus der Haft entlassen.

3. Mit Bescheid vom 01.06.2020, Zl.1264979008-200444394, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG keine Aufenthaltsberechtigung „besonderer Schutz“ erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG erlassen (Spruchpunkt II.) und zugleich gemäß § 52 Abs 9 festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG „nach“ (ohne Anführung des Zielstaates) zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs 2 Z 1, 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.). Ferner wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6, 7 FPG ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle.

4. Gegen diesen dem Beschwerdeführer am 01.06.2020 zugestellten Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 29.06.2020 (bei der belangten Behörde eingelangt am 02.07.2020). Der Beschwerde wurden einige Unterlagen angehängt.

In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die belangte Behörde keine ordnungsgemäße Feststellung gemäß § 52 Abs 9 FPG getroffen habe, da kein bestimmter Staat genannt worden sei, sich nicht näher mit dem sozialen Netzwerk des Beschwerdeführers in Österreich auseinandergesetzt und ebenso unterlassen habe, sich näher mit der Intensität des bestehenden Familienlebens des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen.

Darüber hinaus sei eine Fortführung des Familienlebens im Falle der Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat Albanien für die Familienangehörigen nicht möglich und die von der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen würden sich nicht ausreichend auf aktuelle Entwicklungen stützen, insbesondere werde völlig ausgeklammert, welche Auswirkungen das SARS-CoV-2-Virus auf das albanische Gesundheits- und Wirtschaftssystem zeitige.

5. Mit Schriftsatz vom 03.07.2020, beim BVwG eingelangt am 10.07.2020, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Akt vor, gab eine Stellungnahme ab und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Im Wesentlichen führte das Bundesamt in der Stellungnahme an, dass zwar im Spruch des Bescheides bei Punkt III. das Land der Abschiebung vergessen wurde, jedoch aus der gesamten Bescheidbegründung deutlich Albanien als Land der Abschiebung zu erkennen sei.

Dem Beschwerdevorbringen, die Behörde habe sich nicht mit dem Familienleben des Beschwerdeführers auseinandergesetzt, könne nicht beigepflichtet werden, da der Beschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Einvernahme zu seiner Familie befragt wurde und das Familienleben des Beschwerdeführers auch im Bescheid angeführt worden sei. Das öffentliche Interesse an der Ausreise wiege jedoch mehr als dessen privates Interesse an einem Verbleib in Österreich.

Der Beschwerdeführer sei kein begünstigter Drittstaatsangehöriger, da er nicht mit seiner Lebensgefährtin verheiratet ist, halte sich illegal im Bundesgebiet auf und das Familienleben sei auf einer unsicheren Aufenthaltsbasis gegründet worden. Die Covid 19 Pandemie sei nicht dazu geeignet, eine Abschiebung als unzulässig festzustellen, zumal es sich um eine weltweite Virusverbreitung handle und der Beschwerdeführer nicht gezwungen sei, in ein einzelnes Risikogebiet in seinem Heimatland zu reisen.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus wird festgestellt:

1. Feststellungen:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Albanien. Er ist gesund und arbeitsfähig. Seine Identität steht fest. Unter der Identität XXXX besteht gegen den Beschwerdeführer ein Einreiseverbot für den Schengenraum. Der Beschwerdeführer wusste auch, dass gegen ihn ein Einreiseverbot erlassen wurde.

Der Beschwerdeführer hält sich seit Mitte 2019 unrechtmäßig im Bundesgebiet auf und wohnt bei seiner Lebensgefährtin XXXX . Mit seiner Lebensgefährtin hat er einen Sohn, der am XXXX zur Welt kam. Seine Lebensgefährtin ist eine italienische Staatsangehörige mit aufrechtem Wohnsitz in Österreich, die sich wegen ihrer Schwangerschaft gerade in Karenz befindet. Der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin wollten nach Albanien fahren, wenn ihr Sohn ein Jahr alt ist. Sie wollten in Albanien heiraten und legal nach Österreich kommen.

In Albanien lebt der Großteil seiner Familie bestehend aus seinen Eltern und einem Bruder. Zu seinen Angehörigen in Albanien steht er in Kontakt und wenn er sich in Albanien befindet, lebt er im Haus seiner Familie. In Albanien arbeitete er als Kellner in einem Lokal, das seinem Onkel gehört.

Bei seiner Einreise ins Bundesgebiet verfügte der Beschwerdeführer über EUR 2.000,--. Mit Stand 01.06.2020 verfügte er über EUR 1.180,--. Weitere liquide Mittel wurden weder behauptet noch bescheinigt. Er ist nicht in der Lage, seinen Unterhalt mit legalen Mitteln zu finanzieren.

Seit er nach Österreich kam, arbeitete er ohne bei der Sozialversicherung angemeldet zu sein ca. zwei bis drei Mal die Woche als Hilfsarbeiter auf Baustellen für EUR 10,-- bis EUR 12,-- die Stunde. Dem Beschwerdeführer war und ist bewusst, dass er in Österreich nicht arbeiten darf.

Der Beschwerdeführer weist im Bundesgebiet keine Meldung eines Wohnsitzes im Zentralen Melderegister und keine Meldung zur Sozialversicherung auf. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht.

1.2 Zu Albanien und zur Rückkehrsituation:

Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle Länderinformationsblatt zu Albanien mit Stand 29.1.2019 angeführt.

Bei Albanien handelt es sich um einen sicheren Herkunftsstaat.

Gründe, die einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Albanien entgegenstehen, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Covid-19 Pandemie steht einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Albanien nicht entgegen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser, in den bekämpften Bescheid sowie in den Beschwerdeschriftsatz.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Da der Beschwerdeführer eine albanische ID-Card mit der Nr. XXXX vorlegen konnte, steht seine Identität fest. Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer nicht gesund oder nicht arbeitsfähig wäre, sind im Verfahren nicht aufgetaucht.

Dass gegen den Beschwerdeführer ein aufrechtes Einreiseverbot unter der Identität XXXX besteht und ihm dies auch bewusst ist, ergibt sich aus der Meldung der Landespolizeidirektion XXXX vom 01.06.2020, den Feststellungen der belangten Behörde (AS 57 bzw. S. 9 des Bescheids vom 01.06.2020), einer Abfrage aus dem zentralen Fremdenregister vom 10.07.2020 und aus den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme, wonach es stimme, dass von italienischen Behörden gegen ihn ein Einreiseverbot erlassen wurde und er den Namen XXXX früher führte (AS 26 bzw. Protokoll S. 3).

Die Feststellung zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich beruht auf den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme am 01.06.2020, wonach er angab, dass sein Kind vor zehn Monaten in Österreich auf die Welt gekommen und er seither durchgehend in Wien sei (AS 26 bzw. Protokoll S. 3).

Die Feststellungen zu seiner Familie in Albanien sowie seiner Tätigkeit als Kellner im Lokal seines Onkels, zu seinem Sohn und zu seiner Frau ergeben sich aus seinen diesbezüglichen Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme und aus den übermittelten Unterlagen, die der Beschwerde angehängt waren (Kopie der Geburtsurkunde seines Sohnes und Kopie der italienischen Identity Card seiner Lebensgefährtin). Dass die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers über einen aufrecht gemeldeten Wohnsitz in Österreich verfügt, ergibt sich aus der ZMR Abfrage vom 01.06.2020 (AS 37).

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin nach Albanien fahren wollten, wenn ihr Sohn ein Jahr alt ist, in Albanien heiraten und legal nach Österreich kommen wollten, basiert auf den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme (AS 27).

Die Feststellungen zu den liquiden Mitteln des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme (AS 27). Da er weder über einen Aufenthaltstitel noch über eine Arbeitserlaubnis verfügt, ist er nicht in der Lage, seinen Unterhalt mit legalen Mitteln zu finanzieren. Die Feststellung, dass er seit er nach Österreich kam, ohne bei der Sozialversicherung angemeldet zu sein, zwei bis drei Mal die Woche als Hilfsarbeiter auf Baustellen für EUR 10,-- bis EUR 12,-- die Stunde gearbeitet hat und ihm bewusst ist/war, dass er nicht arbeiten gehen darf, ergibt sich ebenfalls aus den Angaben des Beschwerdeführers in der niederschriftlichen Einvernahme vom 01.06.2020 (AS 27).

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet weder eine Meldung im Zentralen Melderegister noch eine Meldung zur Sozialversicherung aufweist und in Österreich strafgerichtlich unbescholten ist, beruhen auf den Abfragen vom 01.06.2020 aus dem zentralen Melderegister, dem AJ-WEB Auskunftsverfahren und dem Strafregister.

Konkrete Anhaltspunkte für eine Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht liegen nicht vor, daher war die diesbezügliche Feststellung zu treffen, dass er über keine wesentlichen Integrationsmerkmale in Österreich verfügt. Der Beschwerdeführer hält sich erst seit kurzem in Österreich auf, geht keiner regelmäßigen erlaubten Erwerbstätigkeit nach und spricht nicht Deutsch. Die bloße Behauptung, er habe Freunde in Österreich, legt auch keine soziale Integration nahe.

2.2 Zu Albanien und zur Rückkehrsituation:

Albanien ist unter § 1 Z 7 der Herkunftsstaaten Verordnung (BGBl. 177/2009 zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 145/2019) gelistet. Es handelt sich daher um einen sicheren Herkunftsstaat. Gründe, die gegen eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Albanien sprechen, tauchten im Verfahren nicht auf.

Die Feststellung, dass die Corona Krise einer Rückkehr des Beschwerdeführers nach Albanien nicht entgegensteht, beruht auf folgenden Gründen:

Zunächst ist, wenn gewisse (eigenverantwortliche) Verhaltensweisen bzw. Maßnahmen wie Abstand halten oder das Tragen einer Mund- sowie Nasenschutzmaske gesetzt werden, das Risiko einer Infektion mit dem Corona Virus gering. Der typische Krankheitsverlauf des Corana Virus zeigt zudem, dass Infizierte in der Regel keine Symptome haben und nur in wenigen Ausnahmefällen eine Intensivbehandlung notwendig ist oder Infizierte sterben. Außerdem handelt es sich beim Beschwerdeführer um eine gesunde sowie junge Person, die nicht zur Risikogruppe gehört. Des Weiteren handelt es sich – wie bereits die belangte Behörde zu Recht ausführte – um eine weltweite Pandemie und dementsprechend besteht auch in Österreich ein gewisses Infektionsrisiko. Der Beschwerdeführer ist insgesamt sohin im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht einer Gefahr im Sinne des Art. 2 bzw. 3 EMRK ausgesetzt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1.    Zur Nichtgewährung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

3.1.1.  Rechtslage

Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs 3 AsylG). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

3.1.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen. Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz 2005 nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.2.    Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

3.2.1.  Rechtslage

Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden (§ 10 Abs 2 AsylG 2005).

Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.2.2.  Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

Da der Beschwerdeführer trotz Einreiseverbot ins Bundesgebiet eingereist ist und sich somit unrechtmäßig in Österreich aufhält, war eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG zu erlassen.

Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Der Beschwerdeführer verfügt über keinen Aufenthaltstitel, reiste trotz bestehendem Einreiseverbot ins Bundesgebiet ein, hält sich unrechtmäßig in Österreich auf, verstieß gegen die Bestimmungen des Meldegesetzes und ist auch nicht zur legalen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit berechtigt. Zudem ging der Beschwerdeführer einer Schwarzarbeit nach.

Zwar führt der Beschwerdeführer ein Familienleben mit seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn, jedoch musste ihm bewusst sein, dass er sich wegen dem gegen ihn erlassenen Einreiseverbot unrechtmäßig in Österreich aufhält und auch nicht im Bundesgebiet verweilen durfte. Da das Familienleben während eines unrechtmäßigen Aufenthaltes entstand, erweist es sich nicht als derart schützenswert und kann starke öffentliche Interesse wie das Interesse an einem geregelten Fremdenwesen und die Respektierung eines bestehenden Einreiseverbots nicht überwiegen.

Außerdem ist die Fortführung des Familienlebens – entgegen dem Beschwerdevorbringen – in Albanien möglich, denn es ist kein Grund ersichtlich, warum beispielsweise seine Lebensgefährtin sowie sein Sohn nicht auch vorübergehend im Haus der Familie des Beschwerdeführers unterkommen können. Zudem sagte der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme dezidiert, dass er und seine Lebensgefährtin ohnehin nach Albanien fahren wollten, wenn ihr Sohn ein Jahr alt ist. Ansonsten ist es selbst während der Corona Epidemie auch möglich und zumutbar, dass seine Lebensgefährtin ihn regelmäßig in Albanien besucht, damit ein persönlicher Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und seinen Kindern besteht.

Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt sohin das öffentliche Interesse an der Verhinderung von Schwarzarbeit und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung (eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses) ein hoher Stellenwert zukommt, schwerer als die schwach ausgeprägten privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG nicht in Betracht kommt.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.

3.3. Zur Feststellung, dass die Abschiebung nach Albanien zulässig ist (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

3.3.1. Rechtslage

Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.3.2 Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Betreffend die mit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 9 FPG gleichzeitig festzustellenden Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat, ist auszuführen, dass keine Gründe vorliegen, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat Albanien gemäß § 50 Abs 1 FPG unzulässig wäre. Bei Albanien handelt es sich um einen sicheren Herkunftsstaat.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Albanien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (zur "Schwelle" des Art. 3 EMRK vgl. das Erk. des VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund und daher erwerbsfähig.

Dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht durch die Aufnahme einer adäquaten Hilfstätigkeit oder Gelegenheitsarbeiten wird bestreiten können, gibt es keine Hinweise. Der Großteil der Familie des Beschwerdeführers lebt in Albanien, die ihn vorübergehend unterstützen kann. Der Beschwerdeführer kann auch im Haus seiner Familie wohnen.

Auch wenn in Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides der Zielstaat einer Abschiebung (Herkunftsstaat) nicht angeführt wurde, so war aufgrund der eindeutigen Begründung des Bescheides unzweifelhaft davon auszugehen, dass es sich dabei offenbar um ein Versehen handelt. So stellte die belangte Behörde in Bezug auf den Herkunftsstaat einerseits fest, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Albanien ist, andererseits wurden die allgemeinen herkunftsstaatsbezogenen Feststellungen ausschließlich zu Albanien getroffen. Letztlich wurde auch im Bescheid in der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt III. ausdrücklich die Abschiebung "nach Albanien" für zulässig erklärt.

Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Albanien erfolgte daher zu Recht.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden war.

3.4.    Zum Ausspruch, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 55 Abs 4 FPG 2005 hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde mit Spruchpunkt V. des Bescheides vom 01.06.2020 die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt.

Zu Recht hat daher die belangte Behörde § 55 Abs 4 FPG 2005 zur Anwendung gebracht. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.

3.5.    Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 und Z 2 BFA-VG kann vom BFA einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist (Z 1) und der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist (Z 2).

Da der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt und trotz eines bestehenden Einreiseverbotes ins Bundesgebiet eingereist ist, war die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen den gegenständlichen bekämpften Bescheid zulässig.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.

3.6. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):

3.6.1   Rechtslage:

Gemäß § 53 Abs 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Gemäß § 53 Abs 2 ist Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.Bei der Bemessung eines Einreiseverbotes nach § 53 FPG ist eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, bei der die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen hat, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchem zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Z 1 bis 9 des § 53 Abs. 2 FPG anzunehmen. Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FPG indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet (vgl. VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349, mwN).

Bei der Festsetzung der Dauer eines Einreiseverbotes ist immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, bei der nicht nur auf das bisherige Verhalten des Fremden und das deshalb prognostizierte Vorliegen der von ihm ausgehenden Gefährdung, sondern auch auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen ist (vgl. VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0009).

Die Erfüllung eines Tatbestandes nach § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 indiziert, dass der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit nicht nur geringfügig gefährdet. Diese Gefährdungsannahme ist beim Tatbestand des § 53 Abs. 2 Z 7 FrPolG 2005 auch bereits bei einmaliger Verwirklichung berechtigt (vgl. VwGH 20.12.2013, 2013/21/0047, mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 60 Abs. 2 Z 7 FPG (vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. VwGH 13.09.2012, 2011/23/0156; 22.01.2013, 2012/18/0191).

Es trifft nicht zu, dass dem in § 53 Abs. 2 Z 6 FrPolG 2005 enthaltenen Tatbestand kein eigenständiger Bedeutungsgehalt beizumessen wäre. So hat der VwGH im Erkenntnis vom 20. September 2018, Ra 2018/20/0349, ausgeführt, dass aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft resultiert, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung iSd § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 gerechtfertigt ist. Dies gilt auch für ein in einem Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz erlassenes Einreiseverbot (VwGH 12.07.2019, Ra 2018/14/0282).

3.6.2   Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall

Der Beschwerdeführer reiste trotz Einreiseverbot ins Bundesgebiet ein, verstieß gegen das Meldegesetz und arbeitete unerlaubt auf Baustellen. Durch sein Verhalten zeigte der Beschwerdeführer ausdrücklich, sich nicht an die österreichische Rechtsordnung halten zu wollen und erbrachte den Beweis für eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.

Der Beschwerdeführer ist auch nicht in der Lage, seinen Unterhalt aus legalen Mitteln zu decken und ist daher mittelos. Er ging bewusst einer Schwarzarbeit nach und wird auch weiterhin unrechtmäßig eine Erwerbstätigkeit ausüben, da ihm mangels Arbeitserlaubnis keine Möglichkeit auf einen legalen regelmäßigen Einkommenserwerb offensteht, um seinen Aufenthalt in Österreich zu finanzieren. In dem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass an der Verhinderung von Schwarzarbeit ein großes öffentliches Interesse besteht (vgl. VwGH vom 28.02.2002, 99/21/0256). Verfügt ein Fremder über keine für die Ausübung einer Tätigkeit notwendige arbeitsmarktbehördliche Berechtigung, darf dieses Fehlverhalten nicht bagatellisiert werden. Deshalb kann auch nicht gesagt werden, der Fremde weise bereits eine nachhaltige Integration in den österreichischen Arbeitsmarkt auf (vgl. VwGH 22.8.2019, Ra 2018/21/0134, 0135).

Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände besteht eine Gefährdung von öffentlichen Interessen. Es kann daher der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich macht.

In Hinblick auf die dargelegten Erwägungen ist unter Betrachtung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers zum Entscheidungszeitpunkt auch die von der belangten Behörde festgesetzte Dauer des Einreiseverbotes von drei Jahren nicht zu beanstanden, da die 3 Jahre in Relation zu dem vom Beschwerdeführer gesetzten Fehlverhalten und zu seinen persönlichen bzw. familiären Interessen angemessen erscheinen.

Die Beschwerde war daher letztendlich auch hinsichtlich Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Revisionswerbers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG 2014 erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn – wie im vorliegenden Fall – deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das ausführliche Beschwerdevorbringen wirft keine neuen oder noch zu klärenden Sachverhaltsfragen auf und richtet sich hauptsächlich gegen die rechtliche Beurteilung. Er ist aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb keine neuen Beweise aufzunehmen waren.

Das Bundesverwaltungsgericht musste sich auch keinen persönlicher Eindruck vom Beschwerdeführer im vorliegenden Fall trotz des Vorliegens einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verschaffen, da selbst unter Berücksichtigung aller zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Fakten auch dann für den Beschwerdeführer kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft, weshalb eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 bis 0423, Ra 2017/19/0424).

Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Zudem liegt ein Verfahren nach § 18 BFA-VG vor, welches das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet innert 7 Tagen zu entscheiden, es sei denn es lägen Gründe vor, die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs 5 VFA-VG zuzuerkennen. Dies war im gegenständlichen Fall – wie oben dargelegt – aber nicht gegeben.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die gegenständliche Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Im vorliegenden Fall wurde unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur insbesondere eine Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG durchgeführt und eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose bezüglich des erlassenen Einreiseverbotes erstellt.

Im Allgemeinen ist die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG und die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und die Bemessung der Dauer eines Einreise- oder Aufenthaltsverbots nicht revisibel.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose illegale Beschäftigung illegaler Aufenthalt Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I421.2232888.1.00

Im RIS seit

03.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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