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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §7 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des (am 1. August 1965 geborenen) SS, vertreten durch Dr. Michaela Tulipan, Rechtsanwalt in Wien X, Keplerplatz 13, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 26. Jänner 1996, Zl. Fr 40/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) wurde der Beschwerdeführer, ein iranischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 FrG ausgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen aus, daß der Beschwerdeführer am 23. November 1995 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt sei. Er sei weder im Besitze eines gültigen Reisedokumentes noch einer Aufenthaltsberechtigung gewesen.
Der Beschwerdeführer habe am 23. November 1995 (laut Akteninhalt am 22. November 1995) sein Heimatland verlassen und sei nach Dubai in die Vereinigten Arabischen Emirate gereist. Von dort sei er am 23. November 1995 mit einem Luftfahrzeug der Swiss Air nach Zürich geflogen, von wo er seine Reise mit den Austrian Airlines nach Österreich fortgesetzt habe. Der Beschwerdeführer komme somit nicht direkt aus dem Land, in dem er behaupte, verfolgt zu werden. Es komme ihm demnach kein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz 1991 zu. Der vom Beschwerdeführer gestellte Asylantrag sei abgewiesen worden.
Anläßlich seiner Einvernahme am 5. Dezember 1995 bei der Behörde erster Instanz habe der Beschwerdeführer angegeben, völlig mittellos zu sein. In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid habe er hiezu ausgeführt, er werde von der evangelischen Kirche betreut und versorgt. Die vorgelegte Bestätigung der evangelischen Kirche reiche aber für die Erbringung des Nachweises der Mittel zum Unterhalt des Beschwerdeführers nicht aus.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet gegen die Auffassung der belangten Behörde, der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG sei erfüllt, ein, er sei weder unter Mißachtung des zweiten Teiles des Fremdengesetzes, noch unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist, vielmehr sei ihm anläßlich der durchgeführten Grenzkontrolle als Asylwerber die Einreise ins Bundesgebiet formlos gestattet worden und darüber hinaus sei die in jedem Falle notwendige Voraussetzung des "Betreten werdens" nicht erfüllt.
Mit seiner letztgenannten Behauptung ist der Beschwerdeführer auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach für die Erfüllung des Tatbestandes des § 17 Abs. 2 Z. 6 (erster wie auch zweiter Fall) FrG entscheidend ist, daß der Fremde nach rechtswidrig erfolgter Einreise (in der dort umschriebenen Art) im Zustand des unrechtmäßigen Aufenthaltes (§ 15 Abs. 1 FrG) innerhalb eines Monats nach einer solchen Einreise entdeckt wird. Der Anlaß des Entdecktwerdens ist hingegen ohne rechtliche Bedeutung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1996, Zl. 96/21/0396).
Nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid erfolgte die Einreise des Beschwerdeführers am 23. November 1995 und stellte der Beschwerdeführer am 24. November 1995 den Antrag auf Gewährung von Asyl. Die belangte Behörde ist daher zutreffend von einem Betretenwerden innerhalb der Monatsfrist der genannten Bestimmung ausgegangen.
Mit der bloßen Behauptung, es sei ihm die Einreise ins Bundesgebiet formlos gestattet worden, entfernt sich der Beschwerdeführer von der durch die Aktenlage gedeckten Feststellung im angefochtenen Bescheid, ohne eine dem Gesetz entsprechende Rüge der Beweiswürdigung vorzubringen, weil er nicht aufzeigt, warum die von der belangten Behörde getroffene Feststellung unrichtig sein soll. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten führte der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt zu seiner Einreise nach Österreich folgendes aus:
"In den frühen Morgenstunden des 23.11.1995 reisten wir in Begleitung des Schleppers mit einem Luftfahrzeug der "Swissair" von Dubai nach Zürich. Nach einem Transitaufenthalt reisten wir am Vormittag des 23.11.1995 mit einem Luftfahrzeug der "Austrian Airlines" in Begleitung des Schleppers von Zürich nach Wien. Am Flughafen Wien übergab ich dem Schlepper über Aufforderung den Familienreisepaß und die Flugtickets. Der Schlepper erwähnte, den Paß und die Tickets zur Erledigung von Formalitäten bei einer Bank zu benötigen. Er werde zurückkehren. Wir warteten vergeblich. Am Nachmittag meldeten wir uns bei der Polizei."
Diese Angabe enthält keine Aussage darüber, ob und gegebenenfalls auf welcher Weise die Grenzkontrollstelle am Flughafen passiert wurde. Sie enthält lediglich die Schilderung des Verhaltens des Beschwerdeführers nach erfolgter Einreise am Flughafen. Wenn die Behörde daher aufgrund dieser Schilderung im Zusammenhang mit der unbestrittenen Tatsache, daß der Beschwerdeführer weder über ein Reisedokument noch über eine Berechtigung zur Einreise und zum Aufenthalt ins Bundesgebiet verfügt, den Schluß zog, der Beschwerdeführer sei unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt, so kann dies nicht im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung als unschlüssig angesehen werden.
Da die Auffassung der belangten Behörde, der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG sei verwirklicht, zutreffend ist, kann es dahinstehen, ob auch der weitere von der belangten Behörde herangezogene Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 4 FrG erfüllt ist.
Der Beschwerdeführer weist zutreffend darauf hin, daß die belangte Behörde bei Anwendung des § 17 Abs. 2 FrG Ermessen zu üben hat. Die Ermessensübung der Behörde hat sich aber davon leiten zu lassen, von welchem Gewicht die Störung der öffentlichen Ordnung ist. Andere Umstände hat die Behörde bei der Ermessensübung nicht zu berücksichtigen, insbesondere ist es ihr aufgrund des Wortlautes dieser Bestimmung verwehrt, auf allenfalls für den Fremden sprechende Umstände im Sinne der §§ 19 und 20 FrG Bedacht zu nehmen (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1996, Zl. 95/21/1208). Bereits aufgrund der Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG ist die Ausweisung unter Berücksichtigung des hohen Stellenwertes, der den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten zukommt, gerechtfertigt.
Im Falle einer Ausweisung gemäß § 17 Abs. 2 FrG ist - anders als im Falle einer Ausweisung nach § 17 Abs. 1 leg. cit. - auf § 19 leg. cit. nicht Bedacht zu nehmen (vgl. auch hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1996, Zl. 95/21/1208). Aus diesem Grunde ist der in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrüge der Boden entzogen.
Schließlich bekämpft der Beschwerdeführer die Auffassung der belangten Behörde, es komme ihm kein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz 1991 zu. Er bringt hiezu vor, daß er sein Heimatland aus den Gründen, aufgrund derer er die Gewährung von Asyl beantragte, verlassen habe und auch Verfolgungsunsicherheit hinsichtlich der Durchreisestaaten behauptet habe. Auf die Auskunft des Schleppers hin, daß in den genannten Durchreisestaaten kein Asyl gewährt werde, habe er von einer Asylantragstellung in diesen Ländern abgesehen.
Gemäß § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 sind die Bestimmungen des § 17 FrG auf den Beschwerdeführer anwendbar, wenn ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zukommt. Die Auffassung im angefochtenen Bescheid, daß dem Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 nicht zukommt, ist unbedenklich:
Nach den unbestrittenen Feststellungen gelangte der Beschwerdeführer weder "direkt" aus einem Gebiet, wo sein Leben oder seine Freiheit im Sinne des Art. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention bedroht war (Art. 31 Z. 1 der Konvention), noch "direkt" aus dem Staat, in dem er behauptete, insoweit Verfolgung befürchten zu müssen (§ 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991), nach Österreich; ferner bietet der gesamte Akteninhalt keinen Anhaltspunkt für die Annahme, der Beschwerdeführer hätte gemäß § 37 FrG wegen Vorliegens der dort genannten Gründe nicht in den Staat, aus dem er direkt einreiste (Schweiz) zurückgewiesen werden dürfen und es wäre ihm die Einreise gestattet worden oder zu gestatten gewesen (§ 6 Abs. 2 zweiter Fall Asylgesetz 1991). Ein allenfalls fristgerechter Asylantrag konnte daher dem Beschwerdeführer keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 verschaffen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996210465.X00Im RIS seit
20.11.2000