TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/22 W221 2184363-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.07.2020
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Entscheidungsdatum

22.07.2020

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W221 2184363-1/10E

Schriftliche Ausfertigung des am 01.07.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. über die Beschwerde des XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch RA Mag. Robert IGALI-IGALFFY (als Erwachsenenvertreter), dieser vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.12.2017, Zl. 1001339100-14069264, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 01.07.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte am 31.01.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 01.02.2014 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers (AS 5-15) statt. Dabei gab er an, aus Borujerd in Iran zu stammen und vor circa 6 Jahren mit dem Flugzeug legal in die Türkei gereist zu sein. Er sei Christ bzw. Zeuge Jehovas. Die Eltern des Beschwerdeführers seien bereits verstorben. Eine Schwester befinde sich noch in Iran. Er gab zudem an, keine Familienangehörigen in Österreich oder einem sonstigen EU-Staat zu haben. Befragt, warum er seinen Herkunftsstaat verlassen habe, antwortete der Beschwerdeführer, dass er wegen seines Glaubens nicht akzeptiert worden sowie von seiner Schwester bedroht worden sei.

Am 06.08.2014 gab der Beschwerdeführer dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden als BFA bezeichnet) bekannt, dass mit Beschluss des BG XXXX vom 16.07.2014 zu XXXX (AS 247 ff.) ein einstweiliger Sachwalter für seine Person bestellt worden sei (AS 245 f.).

Am 20.07.2016 gab der Beschwerdeführer dem BFA bekannt, dass RA Mag. Robert IGALI-IGALFFY zum Sachwalter des Beschwerdeführers mittels Beschluss des BG XXXX zu GZ XXXX bestellt worden sei. Anbei übermittelte der Beschwerdeführer zudem einen psychiatrischen Befund (AS 329 ff.).

Am 27.06.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem BFA im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Farsi, seines Sachwalters sowie einer Vertrauensperson niederschriftlich einvernommen (AS 405-412). Der Beschwerdeführer erklärte weiterhin Christ, jedoch nicht mehr Zeuge Jehovas zu sein. Er sei nicht getauft und gehöre keiner bestimmten Kirche an. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er in der Türkei missioniert habe und im Zuge dessen auf einen iranischen Revolutionswächter getroffen sei. Dieser habe ihm seinen Reisepass abgenommen. Seine Ausreise aus Iran in die Türkei habe hingegen keinen bestimmten Grund gehabt.

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA vom 21.12.2017 (AS 413-498), zugestellt am 28.12.2017, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 18.12.2019 erteilt (Spruchpunkt III.).

Das BFA traf umfassende herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage in Iran, stellte die Identität des Beschwerdeführers mangels geeigneter Dokumente nicht fest und begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft habe machen können. Es habe insbesondere nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer einen ernsthaften, inneren und stabilen Glaubenswechsel vollzogen habe.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 22.12.2017 (AS 509 f.) wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberaterin für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden als BVwG bezeichnet) zur Seite gestellt.

Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde fristgerecht Beschwerde erhoben (AS 511-543), welche am 23.01.2018 beim BFA einlangte. In dieser wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die psychische Erkrankung des Beschwerdeführers im Hinblick auf konstatierte Unstimmigkeiten in dessen Aussageverhalten zu berücksichtigen sei. Bei entsprechender Berücksichtigung hätte die Behörde zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers den Tatsachen entspreche.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom BFA vorgelegt und sind am 26.01.2018 beim BVwG eingelangt.

Am 01.07.2020 fand die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem BVwG in Anwesenheit des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers statt, in welcher der Beschwerdeführer ausführlich befragt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1.    Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger, iranischer Staatsangehöriger. Er wurde in Borudscherd, Iran, geboren, wo er des Weiteren auch aufwuchs und die Schule besuchte. Seine Identität steht nicht fest.

Die Eltern des Beschwerdeführers sind bereits verstorben. Eine Schwester des Beschwerdeführers lebt weiterhin in Borudscherd, Iran. Der Beschwerdeführer hat zu dieser Schwester keinen Kontakt mehr. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer leidet unter massiven psychischen Beeinträchtigungen (Klaustrophobie, schizotype Störung und posttraumatische Belastungsstörung), sodass in Österreich ein Erwachsenenvertreter für seine Person bestellt wurde. Der Beschwerdeführer war in der Verhandlung klar und konnte mit regelmäßigen Pausen problemlos seine Aussage tätigen.

Der Beschwerdeführer lebt in Österreich als subsidiär Schutzberechtigter.

1.2.    Zum Fluchtvorbringen

1.2.1. Zu den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Vorfällen in Iran

Der Beschwerdeführer hat Iran circa im Jahr 2008 legal mit dem Flugzeug Richtung Istanbul, Türkei verlassen. Der Beschwerdeführer wurde in Iran weder von staatlichen Behörden noch von Privatpersonen, insbesondere nicht wegen Apostasie oder Konversion zum Christentum, verfolgt.

Der Beschwerdeführer wandte sich in Iran weder dem Christentum zu, noch missionierte er für den christlichen Glauben. Es wird festgestellt, dass dies dem Beschwerdeführer von iranischen Behörden oder Privatpersonen auch nicht unterstellt wird.

Der Beschwerdeführer kam erstmals nach seiner Ausreise aus Iran mit dem Christentum in Kontakt. Er hat von diversen Gemeinden in Griechenland und Rumänien Hilfe erhalten.

1.2.2. Zu den vom Beschwerdeführer in Österreich gesetzten Aktivitäten

Der Beschwerdeführer reiste am 31.01.2014 illegal nach Österreich ein und stellte am selben Tag in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht besteht nicht.

Der Beschwerdeführer bekennt sich in Österreich zu keiner Kirche, ist nicht getauft und möchte sich auch nicht taufen lassen. Der Beschwerdeführer hält nicht viel von Religionen und Kirchen, da sie aus einer Sicht nicht den richtigen Weg weisen und Versprechungen machen, die der Beschwerdeführer nicht teilt.

Der Beschwerdeführer bekennt sich zum Christentum, das er für sich auslegt und in eigenen Gebeten in seiner Unterkunft auslebt. Er verfügt über ein grundsätzliches Bibelwissen, lehnt aber die christlichen Feiertage und öffentliche Bekenntnisse in und zu einer Kirche ab. Eine individuelle Motivation und Bezugsebene zum Christentum kann demnach nicht festgestellt werden.

Es ist nicht davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Iran öffentlich zu einer Religion oder Kirche bekennen und seinen Glauben in Iran öffentlich ausleben würde.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht missionarisch tätig und beabsichtigt nicht ernsthaft dies in Zukunft zu verfolgen. Die vom Beschwerdeführer in Österreich gesetzten christlichen Aktivitäten lösen nicht mit der erforderlich maßgeblichen Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung in Iran aus. Der Beschwerdeführer bekennt sich insbesondere nicht durch bzw. über etwaige Kommunikationskanäle des Internets zum Christentum.

1.3.     Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat

Aus dem ins Verfahren eingeführten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Iran vom 14. Juni 2019 (LIB 2019) ergibt sich wie folgt:

Zur Religionsfreiheit

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha‘i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA Analyse 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten „Buchreligionen“ (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als „mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 12.1.2019, vgl. ÖB Teheran 12.2018).

Anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen - werden diskriminiert. Nicht anerkannte religiöse Gruppen - Bahal, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten - werden in unterschiedlichem Ausmaß verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Vertreter von anerkannten religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung - im Vergleich mit anderen Ländern der Region - nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten). Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa - unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke - eigene Vertreter im Parlament sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Muslime anwesend sind (ÖB Teheran 12.2018). Fünf von 290 Plätzen im iranischen Parlament sind Vertretern von religiösen Minderheiten vorbehalten (BFA Analyse 23.5.2018, vgl. FH 4.2.2019). Zwei dieser fünf Sitze sind für armenische Christen reserviert, einer für chaldäische und assyrische Christen und jeweils ein Sitz für Juden und Zoroastrier. Nichtmuslimische Abgeordnete dürfen jedoch nicht in Vertretungsorgane, oder in leitende Positionen in der Regierung, beim Geheimdienst oder beim Militär gewählt werden (BFA Analyse 23.5.2018).

Auch in einzelnen Aspekten im Straf-, Familien- und Erbrecht kommen Minderheiten nicht dieselben Rechte zu wie Muslimen. Es gibt Berichte von Diskriminierung von Nichtschiiten aufgrund ihrer Religion, welche von der Gesellschaft/Familien ausgeht und eine bedrohliche Atmosphäre kreiert. Diskriminierung geht jedoch hauptsächlich auf staatliche Akteure zurück (ÖB Teheran 12.2018).

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwingen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründet. Muslime, die keine Schiiten sind, dürfen weder für das Amt des Präsidenten kandidieren noch andere hochrangige politische Ämter bekleiden. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übertreten, können hohe Gefängnisstrafen erhalten, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichen. Es gibt weiterhin Razzien in Hauskirchen (AI 22.2.2018).

Anerkannten ethnisch christlichen Gemeinden ist es untersagt, konvertierte Christen zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache sind in Iran verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden (AA 12.1.2019).

Schiitische Religionsführer, die die Politik der Regierung oder des Obersten Führers Khamenei nicht unterstützen, können sich auch Einschüchterungen und Repressionen bis hin zu Haftstrafen gegenübersehen (US DOS 29.5.2018).

Laut der in den USA ansässigen NGO „United for Iran" waren 2017 mindestens 102 Mitglieder von religiösen Minderheiten aufgrund ihrer religiösen Aktivitäten inhaftiert, 174 Gefangene wegen „Feindschaft gegen Gott", 23 wegen „Beleidigung des Islam" und 21 wegen „Korruption auf Erden" (US DOS 15.8.2017).

Personen, die sich zum Atheismus bekennen, können willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie laufen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 22.2.2018).

Zu Christen

Glaubwürdige Schätzungen sprechen von 100.000 bis 300.000 Christen in Iran, von denen der Großteil den armenischen Christen angehört. Diese leben hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Die armenischen Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten, die in der Verfassung genannt werden. Ihnen stehen zwei der 290 Sitze im iranischen Parlament zu. Laut den konsultierten Quellen können armenische Christen - solange sie sich an die Gesetze der Islamischen Republik Iran halten - ihren Glauben relativ frei ausüben. Es gibt Kirchen, die auch von außen als solche erkennbar sind. Sie haben das Recht, religiöse Riten und Zeremonien abzuhalten, Ehen nach den eigenen religiösen Gesetzen zu schließen und auch Privatschulen zu betreiben. Persönliche Angelegenheiten und religiöse Erziehung können dem eigenen religiösen Kanon nach geregelt werden. Es gibt aber auch Einschränkungen, mit denen auch anerkannte religiöse Minderheiten zu leben haben, beispielsweise Nachteile bei der Arbeitssuche, islamische Bekleidungsvorschriften und Benachteiligungen insbesondere im Familien- und Erbrecht. Eine wichtige Einschränkung ist das Proselytismusverbot, das für alle religiösen Minderheiten gilt. Missionierung kann im Extremfall mit dem Tod bestraft werden (BFA Analyse 23.5.2018). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Christentum ist in der iranischen Verfassung als Religion anerkannt. Den historisch ansässigen Kirchen, die vorwiegend ethnische Gruppierungen abbilden (die armenische, assyrische und chaldäische Kirche) wird eine besondere Stellung anerkannt. Religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste auf Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten (ÖB Teheran 2018), ebenso die Verbreitung christlicher Schriften (AA 12.1.2019). Sonstige zahlenmäßig bedeutende Gruppen stellen Katholiken und Protestanten, die ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes haben. Die Mitglieder sind meist Konvertiten aus dem Islam. Grundrechtlich besteht „Kultusfreiheit“ innerhalb der Mauern der Gemeindezentren und der Kirchen. Jedoch haben Nichtmuslime keine Religionsfreiheit in der Öffentlichkeit, weder Freiheit der Meinungsäußerung noch Versammlungsfreiheit (Proselytismusverbot). Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten und wird streng bestraft. Das Strafgesetz sieht für Proselytismus die Todesstrafe vor. Infolge des Proselytismusverbots wird gegen evangelikale Gruppen („Hauskirchen“) oft hart vorgegangen (Verhaftungen, Beschlagnahmungen, vor ein paar Jahren auch angeblich vollstreckte Todesurteile). Autochthone Kirchen halten sich meist penibel an das Verbot (ÖB Teheran 12.2018).

Da Konversion vom Islam zu einer anderen Religion verboten ist, erkennt die Regierung nur armenische oder assyrische Christen an [abgesehen von Juden und Zoroastriern], da diese Gruppen schon vor dem Islam im Land waren, bzw. es sich um Staatsbürger handelt, die beweisen können, dass ihre Familien schon vor 1979 [Islamische Revolution] Christen waren. Sabäer- Mandäer werden auch als Christen geführt, obwohl sie sich selbst nicht als Christen bezeichnen. Staatsbürger, die nicht den anerkannten Religionsgemeinschaften angehören, oder die nicht beweisen können, dass ihre Familien schon vor der Islamischen Revolution Christen waren, werden als Muslime angesehen. Mitglieder der anerkannten Minderheiten müssen sich registrieren lassen (US DOS 29.5.2018).

Im Weltverfolgungsindex 2019 von Christen von Open Doors befindet sich Iran auf dem neunten Platz. Im Beobachtungszeitraum wurden 67 Christen verhaftet (Open Doors 2019).

Zu Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen

Apostasie (d.h. Religionswechsel weg vom Islam) ist im Iran zwar nicht im Strafgesetzbuch aber aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten islamischen Jurisprudenz verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht (ÖB Teheran 12.2018). Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel „mohareb" („Waffenaufnahme gegen Gott"), „mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" („Verdorbenheit auf Erden"), oder „Handlungen gegen die nationale Sicherheit". In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten zehn Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie ein bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen gab es mehrere Exekutionen wegen „mohareb" (ÖB Teheran 12.2018, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen (Open Doors 2019). Anklagen lauten meist auf „Organisation von Hauskirchen“ und „Beleidigung des Heiligen", wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden (AA 12.1.2019). Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Fälle von Konversion gelten daher als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen (10 und mehr Jahre) verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation: Verurteilungsgrund unklar] (AA 12.1.2019, vgl. AI 22.2.2018). Laut Weltverfolgungsindex 2019 wurden im Berichtszeitraum viele Christen, besonders solche mit muslimischem Hintergrund, vor Gericht gestellt und zu langen Gefängnisstrafen verurteilt bzw. warten noch auf ihren Prozess. Ihre Familien sind während dieser Zeit öffentlichen Demütigungen ausgesetzt (Open Doors 2019).

Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Trotz des Verbots nimmt die Konversion weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 12.1.2019). Laut der iranischen NGO Article 18 wurden von Jänner bis September 2018 37 Konvertiten zu Haftstrafen wegen „Missionsarbeit“ verurteilt (HRW 17.1.2019). In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 12.2018).

Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben) (ÖB Teheran 12.2018).

Es liegen keine Daten bzw. Details zu Rechtsprechung und Behördenpraxis im Zusammenhang mit „Konversion“ vom Schiitentum zum Sunnitentum vor. Diese „Konversion“ ist auch nicht als Apostasie zu werten; bislang wurde noch kein solcher Fall als Apostasie angesehen. Aufgrund von Diskriminierung von Sunniten im Iran könnten öffentlich „konvertierte“ Sunniten jedoch Nachteile in Beruf und Privatleben erfahren. Außerdem werden Personen, die vom schiitischen zum sunnitischen Glauben übertreten und dies öffentlich kundtun, zunehmend verfolgt. Im derzeitigen Parlament sind Sunniten (vorwiegend aus Sistan-Belutschistan) vertreten. Gewisse hohe politische Ämter sind jedoch de facto Schiiten vorbehalten. Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 12.2018).

Die Schließungen der „Assembly of God“-Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Dieser Anstieg bei den Hauskirchen zeigt, dass sie - obwohl sie verboten sind - trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren, deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da man zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen will, wer in der Gemeinschaft welche Aufgaben hat. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es kann jedoch nicht klargestellt werden, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018).

In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet (FH 4.2.2019). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018).

Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen „Verbrechen gegen Gott“ angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagt eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch „low- profile“ Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen, und wenn es ein prominenter Fall ist, werden diese Personen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen, mit der Bedingung, dass sie sich vom Missionieren fernhalten. Eine Vorgehensweise gegen Hauskirchen wäre, dass die Anführer verhaftet und dann wieder freigelassen werden, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden i.d.R. aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen (DIS/DRC 23.2.2018).

Bei Razzien in Hauskirchen werden meist die religiösen Führer zur Verantwortung gezogen, vor allem aus politischen Gründen. Aufgrund der häufigen Unterstützung ausländischer Kirchen für Kirchen in Iran und der Rückkehr von Christen aus dem Ausland lautet das Urteil oft Verdacht auf Spionage und Verbindung zu ausländischen Staaten und Feinden des Islam (z.B. Zionisten), oder Bedrohung für die nationale Sicherheit. Diese Urteile sind absichtlich vage formuliert, um ein größtmögliches Tätigkeitsspektrum abdecken zu können. Darüber hinaus beinhalten die Urteile auch den Konsum von Alkohol während der Messe (obwohl der Alkoholkonsum im Rahmen der religiösen Riten einer registrierten Gemeinschaft erlaubt ist), illegale Versammlung, Respektlosigkeit vor dem Regime und Beleidigung des islamischen Glaubens. Den verhafteten Christen werden teilweise nicht die vollen Prozessrechte gewährt - oft werden sie ohne Anwaltsberatung oder ohne formelle Verurteilung festgehalten bzw. ihre Haft über das Strafmaß hinaus verlängert. Berichten zufolge sollen auch Kautionszahlungen absichtlich sehr hoch angesetzt werden, um den Familien von Konvertiten wirtschaftlich zu schaden. Im Anschluss an die Freilassung wird Konvertiten das Leben erschwert, indem sie oft ihren Job verlieren bzw. es ihnen verwehrt wird, ein Bankkonto zu eröffnen oder ein Haus zu kaufen (ÖB Teheran 12.2018). Die Regierung nutzt Kautionszahlungen, um verurteilte Christen vorsätzlich verarmen zu lassen, und drängt sie dazu, das Land zu verlassen (Open doors 2019).

Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten, und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder andere Personen im Glauben zu unterrichten, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018).

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, dann wäre eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Konvertiten, die ihre Konversion aber öffentlich machen, können sich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang würde davon abhängen, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein „high-profile“-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, wird der Konvertit wohl keine harsche Strafe bekommen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein, würde nicht zu einer Verfolgung führen, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, würde er/sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden (DIS/DRC 23.2.2018).

Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung habe, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran darüber unsicher; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte (DIS/DRC 23.2.2018).

Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein, und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Auch Publikationen, die sich mit dem Christentum beschäftigen und schon auf dem Markt waren, wurden konfisziert, obwohl es von der Regierung genehmigte Übersetzungen der Bibel gibt. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (US DOS 29.5.2018).

2. Beweiswürdigung:

2.1.    Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers

Die Feststellungen zur Volljährigkeit, zur Herkunftsregion, zur schulischen Ausbildung und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aufgrund der diesbezüglich konsistenten und wiederholt glaubhaft vorgetragenen Angaben des Beschwerdeführers, insbesondere in Form von entsprechenden Landeskenntnissen, im Verfahren als auch auf Basis dessen im Zuge des Verfahrens gewonnenen persönlichen Eindrucks. Die Identität des Beschwerdeführers kann mangels entsprechender Dokumente nicht festgestellt werden.

Die Feststellungen zu den Eltern des Beschwerdeführers sowie dem Aufenthaltsort seiner Schwester, inklusive jener zum Kontaktverhalten des Beschwerdeführers hinsichtlich dieser Schwester, ergeben sich gleichermaßen wie der Familienstand des Beschwerdeführers aufgrund seiner während des gesamten Verfahrens gleichbleibenden, einschlägigen Aussagen. Diese geben dem BVwG keinen Anlass an deren Richtigkeit und Vollständigkeit zu zweifeln.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aufgrund des entsprechenden Strafregisterauszuges.

Die Feststellungen bezüglich des psychischen Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers basieren auf den einschlägigen medizinischen bzw. psychiatrischen Befunden (Beilage 1 zum Verhandlungsprotokoll). Dass für den Beschwerdeführer ein Erwachsenenvertreter bestellt wurde, stützt sich auf den Beschluss des BG XXXX , XXXX , vom 02.02.2015 (AS 293).

Dass der Beschwerdeführer als subsidiär Schutzberechtigter in Österreich lebt, ergibt sich aufgrund des gegenständlich angefochtenen Bescheids des BFA.

2.2.    Zu den Feststellungen des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers

2.2.1.  Zu den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Vorfällen in Iran

Die Feststellungen hinsichtlich der Ausreise des Beschwerdeführers aus Iran stützen sich auf dessen diesbezüglich konsistente und nachvollziehbare Angaben (AS 9 f. sowie Seite 4 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung). Dass der Beschwerdeführer in Iran nicht verfolgt wurde, ergibt sich maßgeblich aufgrund seiner wiederkehrenden Angaben (AS 410 sowie Seite 4 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung), in denen der Beschwerdeführer ausdrücklich angab, dass er keinen besonderen Grund für seine Ausreise aus Iran gehabt habe. Seine Rückkehrbefürchtungen aufgrund seiner illegalen Ausreise aus Iran stellen sich aufgrund der Widersprüchlichkeit seiner diesbezüglichen Angaben als nicht glaubhaft dar. Letztlich erklärte der Beschwerdeführer diesen Widerspruch selbst derart, dass er aus Iran legal ausgereist sei, aber die Weiterreise aus der Türkei illegal gewesen sei.

Bei der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer noch an, dass ihn seine Schwester aufgrund seiner vermeintlichen Konversion zu den Zeugen Jehovas (AS 13) an die Behörden habe verraten wollen. Dieses Fluchtvorbringen erstattete er in der mündlichen Verhandlung mit keinem Wort mehr, viel mehr gab er an, dass er seit 13 oder 14 Jahren keinen Kontakt mehr zu seiner Schwester habe. Eine Verfolgungsgefahr lässt sich daraus somit – auch vor dem Hintergrund, dass sich der Beschwerdeführer nicht mehr zu den Zeugen Jehovas bekennt – nicht ableiten.

Andererseits äußerte der Beschwerdeführer die Befürchtung, dass er aufgrund seiner langen Abwesenheit in Iran befragt werden würde (Seite 11 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung) und er durch den iranischen Geheimdienst in Istanbul, Türkei verfolgt worden sei (insbesondere AS 407). Seine diesbezüglichen Angaben und Befürchtungen blieben jedoch vage und unschlüssig. Vielmehr gab der Beschwerdeführer an späterer Stelle von sich aus an, dass er sich nicht sicher sei, dass die Person, welche er in Istanbul getroffen habe, überhaupt dem iranischen Geheimdienst zuzurechnen sei (Seite 11 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung). Der Beschwerdeführer konnte auch mit überhaupt nicht erklären, warum er vom Geheimdienst verfolgt werden sollte, wo er doch in Iran nicht ins Blickfeld der Behörden geraten ist und legal – ohne besonderen Grund – ausgereist ist.

Dass der Beschwerdeführer erstmals nach seiner Ausreise aus Iran mit dem Christentum in Kontakt kam und sich folglich nicht in Iran dem Christentum zuwandte (inklusive der weiteren damit einhergehenden Feststellungen) ergibt sich aufgrund seiner einschlägigen Schilderungen im Laufe des Verfahrens. So gab der Beschwerdeführer einerseits an, dass er im Laufe seiner Zeit in der Türkei eine armenische Kirche kennengelernt und besucht habe. So sei der Beschwerdeführer zum Christentum gekommen. Andererseits gab der Beschwerdeführer divergierend an, dass er in Iran über armenische Nachbarn vom Christentum erfahren habe bzw. dass er sich über das Buch „Ben Hur“ für das Christentum interessiert habe (AS 407 f. sowie Seite 6 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung). Das BVwG hält es folglich für realistisch, dass der Beschwerdeführer in einer geringfügigen Art und Weise Kenntnis über das Christentum in Iran erlangte, eine nähere Hinwendung bzw. Kontaktaufnahme erscheint jedoch unglaubhaft. Außerdem gab der Beschwerdeführer selbst an, dass die armenische Kirche die erste Religion bzw. Kirche gewesen sei, welcher er sich zugewandt habe (Seite 6 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung). Die Feststellungen hinsichtlich der fehlenden missionarischen Tätigkeiten des Beschwerdeführers in Iran stützen sich auf die diesbezüglich fehlenden Angaben des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren. Dass dem Beschwerdeführer eine Hinwendung zum Christentum sowie missionarische Tätigkeiten in Iran auch nicht von Dritten unterstellt werde, ergibt sich als Konsequenz der bisherigen Beweiswürdigung sowie mangels gegenläufiger, überzeugender Darstellungen.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer von diversen Gemeinden in Griechenland und Rumänien Hilfe erhielt, stützt sich auf seine diesbezüglich ausführlichen, unmissverständlichen und konsistenten Angaben (AS 11 sowie Seite 6 f. der Niederschrift der mündlichen Verhandlung).

2.2.2.  Zu den vom Beschwerdeführer in Österreich gesetzten Aktivitäten

Der Zeitpunkt der Einreise nach Österreich, das Datum der Antragstellung, das Nichtbestehen eines Aufenthaltsrechtes abseits des Asylgesetzes und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen, dass sich der Beschwerdeführer in Österreich zu keiner Kirche bekennt, nicht getauft ist und sich auch nicht taufen lassen möchte, basieren auf seinen diesbezüglich klaren, direkt formulierten und in Gesamtbetrachtung seiner Darstellungen nachvollziehbaren Angaben (insbesondere AS 408 und Seite 5 ff. der Niederschrift der mündlichen Verhandlung). Dass der Beschwerdeführer nicht viel von Religionen und Kirchen hält, ergibt sich aufgrund seiner gleichbleibenden Aussagen, dass er der Meinung sei, dass alle Religionen gleich seien. Sie hätten alle das gleiche Buch, würden jedoch untereinander kämpfen. Er habe jedoch gelesen, dass es nur einen Gott gebe und dieser nicht aufgeteilt werden dürfe. Dies sei der Grund gewesen, warum er sich von allem ferngehalten habe und Jesus so verehre, wie er es möge (Seite 7 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung). Damit in Einklang stehend gab der Beschwerdeführer an, dass Religionen den Kontakt zu Gott und Jesus hindern würden. Er akzeptiere alle Religionen, möchte sich jedoch von diesen fernhalten (Seite 9 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung). Zudem äußerte der Beschwerdeführer, dass er eine Kirche finden wolle, welche weder zu den Katholiken, Protestanten noch Orthodoxen gehöre und wo lediglich Gott angepriesen werde (AS 409). Der Beschwerdeführer macht anhand seiner diesbezüglich unmissverständlichen und stetigen Aussagen deutlich, dass er sich im Herzen zum Christentum bekennt (AS 408 und Seite 5 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung). Dass der Beschwerdeführer diesen Glauben für sich selbst auslegt und auslebt stützt sich sowohl auf die bisherige Beweiswürdigung als auch einschlägige Foto-Dokumentationen seines individuellen Gebetsbereiches in seiner Unterkunft (Beilage 2 zum Protokoll). Der Beschwerdeführer schilderte diesbezüglich in einer kohärenten Art, dass Zeichen wie das Abendmahl oder Kreuzzeichen keine allzu große Bedeutung für ihn hätten (Seite 7 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung). Laut seinen eigenen Angaben nimmt der Beschwerdeführer nicht an Gottesdiensten teil und betet ausschließlich bei sich zuhause und habe seinen eigenen Glauben (Seite 5, 8 f. der Niederschrift der mündlichen Verhandlung). Der Beschwerdeführer äußerte zudem, dass er die christlichen Feiertage nicht feiere und an diese Feste nicht glaube (Seite 9 f. der Niederschrift der mündlichen Verhandlung). Der Beschwerdeführer zeigte auch einen gewissen Widerwillen bei der Beantwortung der Fragen, indem er gleich zu Beginn der Fragen ausführte, dass seine Religion nichts mit seinem Fluchtgrund zu tun habe und er sie auch nicht ausnutzen wolle. Der Beschwerdeführer vermochte es auch nicht, einen persönlichen Hintergrund für eine Abkehr vom Islam darzulegen.

Die Feststellung bezüglich des Bibelwissens des Beschwerdeführers begründet sich durch dessen grundlegend korrekte Antworten auf einschlägige Fragen im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.

Die Feststellung, dass nicht davon auszugehen ist, dass sich der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Iran öffentlich zu einer Religion oder Kirche bekennen und seinen Glauben in Iran öffentlich ausleben würde, begründet sich infolge der bisherigen einschlägigen Beweiswürdigung. Von einer Person, welche ihren christlich orientierten Glauben in Österreich trotz umfassender Möglichkeiten in keiner Weise öffentlich auslebt und sich auch nicht zu offiziellen Feierlichkeiten, Symbolen oder Einrichtungen bekennt, ist nicht zu erwarten, dass sie derlei Verhaltensweisen bei Rückkehr nach Iran an den Tag legen würde. Zwar gab der Beschwerdeführer an, dass er seinen Glauben nicht verleugnen werde, jedoch lieferte der Beschwerdeführer keine einschlägige Begründung auf die Folgefrage, in welcher Form er seinen Glauben bei einer hypothetischen Rückkehr nach Iran ausleben würde (Seite 10 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung). Es erscheint unwahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer mit seiner individuellen Form der Glaubensauslegung und Verfolgung seiner Glaubensüberzeugung in Iran Aufmerksamkeit erlangen würde.

Die Feststellungen zur fehlenden missionarischen Tätigkeit des Beschwerdeführers stützen sich auf dessen einschlägige Aussagen in Verbindung mit der bisherig dargelegten Beweiswürdigung. Der Beschwerdeführer behauptete zwar aus freien Stücken, dass er versuche Personen, die es möchten, zu missionieren. Jedoch gab der Beschwerdeführer auf die Frage, wie er missioniert, vage und allgemein gehalten an, dass er durch sein Leben und sein Benehmen versuche, das Interesse anderer Personen zu wecken (AS 409). Es erscheint unglaubhaft, dass eine Person, welche ihre eigene Form des Glaubens ausschließlich im privaten Bereich für sich selbst auslebt, missionarischen Tätigkeiten (in der Öffentlichkeit) nachgehen würde. Auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er gemeinsam mit anderen Heimbewohnern bete, vermag das BVwG nicht zu einer gegenläufigen Beurteilung zu bewegen. Dies da der Beschwerdeführer hinsichtlich dieser Aussage vielmehr den Eindruck vermittelt, soziale Kontakte an sich zu pflegen und gerne Menschen bei sich aufzunehmen. Diese Einschätzung folgt aus seinen weiteren Ausführungen, wonach er mit den anderen Heimbewohnern vor allem gemeinsam esse und trinke sowie über Probleme genereller Art spreche und es sich bei seinem Freunden nicht um Konvertiten, sondern Muslime handle, die noch nicht so weit seien, das Christentum anzunehmen (Seite 9 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung).

Mangels entsprechender Angaben des Beschwerdeführers bezüglich allfälliger weiterer öffentlich wahrnehmbarer Bekenntnisse zum christlichen Glauben, im Speziellen einschlägiger Bekenntnisse im Internet, gelangt das BVwG in Zusammenschau mit den sonstigen einschlägigen Ausführungen der gegenständlichen Beweiswürdigung zur unzweifelhaften und logisch nachvollziehbaren Überzeugung, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Iran keiner Verfolgung wegen christlichen Gedankenguts oder entsprechender Handlungen, wie im Besonderen der Weitergabe oder Verbreitung von christlichen Glaubensinhalten, ausgesetzt sein wird. Derlei Tätigkeiten erscheinen, wie bereits dargelegt, auch aufgrund seiner mangelnden persönlichen Identifikation mit der christlichen Kirche und Religion im engeren Sinn ausgeschlossen. Folglich geht das BVwG davon aus, dass die vom Beschwerdeführer in Österreich gesetzten christlichen Aktivitäten, in Form von rein privaten und individuellen Gebeten, nicht das erforderliche Ausmaß erreichen, sodass dem Beschwerdeführer ein entsprechendes asylrelevantes Risikoprofil in Iran attestiert werden könnte. Zusätzlich geht das BVwG davon aus, dass die entsprechenden Verhaltensweisen des Beschwerdeführers in Iran unbekannt sind.

2.2.3.  Zur Situation in Iran

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aus den unter Punkt 1.3. genannten Länderberichten samt darin zitierten Quellen. Die aktuellen Länderberichte beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von staatlichen und nichtstaatlichen Stellen und bieten dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, weshalb im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass besteht, an der Richtigkeit dieser Berichte zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (in Folge: AsylG 2005), ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich „aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen;“

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.11.2003, 2003/20/0389, ausführte, ist das individuelle Vorbringen eines Asylwerbers ganzheitlich zu würdigen und zwar unter den Gesichtspunkten der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit und der objektiven Wahrscheinlichkeit des Behaupteten.

Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an (vgl. etwa VwGH 27.06.2019, Ra 2018/14/0274). Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. VwGH 29.05.2019, Ra 2019/20/0230; 23.01.2019, Ra 2018/19/0453 und Ra 2018/19/0260). Es kommt nicht entscheidend darauf an, ob der Fremde schon im Iran mit dem Christentum in Berührung gekommen ist (vgl. VwGH 17.09.2008, 2008/23/0675); ebenso wenig, ob der Religionswechsel durch die Taufe erfolgte oder bloß beabsichtigt ist (VwGH 29.05.2019, Ra 2019/20/0230). Die Behauptung eines „Interesses am Christentum“ reicht zur Darlegung einer inneren Glaubensüberzeugung nicht aus (VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453).

In Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum ist entscheidend, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden (vgl. VwGH 29.05.2019, Ra 2019/20/0230; 07.05.2018, Ra 2018/20/0186). Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergehende Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel (VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0455).

Aus Art. 10 Abs. 1 lit. b RL 2011/95/EU (Statusrichtlinie) folgt, dass die Ausübung einer Glaubensüberzeugung nicht auf das sog. „forum internum“ beschränkt werden darf, sondern vielmehr auch der öffentliche Bereich umfasst ist.

In der gegenständlichen Beschwerde wurde keine Zeugeneinvernahme beantragt. Trotz konkreter Aufforderung in der Ladung zur mündlichen Verhandlung, alle verfügbaren Beweismittel mitzubringen, legte der Beschwerdeführer keine weiteren Beweismittel vor, beantragte keine Zeugeneinvernahme und machte bei der Verhandlung auch keine Zeugen, welche ein öffentliches Ausleben des Glaubens des Beschwerdeführers belegen hätten können, stellig (vgl. VwGH 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, 23.01.2019, Ra 2018/19/0453 mwN). In der Verhandlung wurde kein Beweisantrag gestellt. Es ist vor dem Hintergrund dieser Judikatur nicht Aufgabe des BVwG Nachforschungen zu tätigen.

Die aktuelle innere Glaubensüberzeugung und religiöse Praxis des Beschwerdeführers sind mangels weiterer Beweismittel wie insbesondere Zeugen anhand dessen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung zu prüfen.

Im gegenständlichen Fall konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer weder aufgrund von Apostasie noch Konversion zum Christentum im Herkunftsstaat verfolgt wurde, noch in Iran mit dem Christentum in Kontakt kam und auch nicht bei einer Rückkehr deshalb verfolgt werden würde. Der Beschwerdeführer beschränkt seine Ausübung seiner Glaubensüberzeugung selbst auf das „forum internum“ und würde in Iran seinen Glauben nicht öffentlich ausleben, da er schon in Österreich keine Gemeinde besucht und eine Taufe ablehnt.

Hinzu kommt, dass die vorgebrachte Verfolgungsgefahr aktuell auch vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen nicht objektivierbar ist, weil die vom Beschwerdeführer in Österreich gesetzten christlichen Aktivitäten nicht mit der erforderlich maßgeblichen Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung in Iran auslösen. Verfolgungsgefahr setzt in der Regel voraus, dass zur Apostasie weitere Umstände hinzutreten, z. B. missionarische Aktivitäten oder Organisation von Hauskirchen. Derartig exponierte Tätigkeiten hat der Beschwerdeführer jedoch nicht verrichtet und können auch für die Zukunft nicht angenommen werden. Es wird im konkreten Fall festgestellt, dass dem Beschwerdeführer keine entsprechende Konversion von iranischen Behörden unterstellt wird und dieser über keine persönlich relevante Verbindung zum Christentum in Iran verfügt. Der Beschwerdeführer ist insbesondere vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat nicht ins Blickfeld der iranischen Behörden geraten. Selbst eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook, welche in concreto nicht festgestellt werden kann, würde für sich alleine genommen nicht zu einer Verfolgung führen. Außerdem können Konvertiten problemlos zum Islam zurückkehren. Dazu genügt es, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen.

Eine asylrelevante Verfolgungsgefahr durch nichtstaatliche Akteure ist gleichfalls nicht ersichtlich.

Da die Glaubhaftmachung ein wesentliches Tatbestandsmerkmal für die Gewährung von Asyl ist und es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine aus einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Grund aktuell drohende Verfolgung maßgeblicher Intensität glaubhaft zu machen, liegt somit im Falle des Beschwerdeführers weder ein Flucht- noch ein Nachfluchtgrund vor. Die belangte Behörde hat daher den Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zu Recht abgewiesen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und ist folglich abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter A) angeführte Judikatur); Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen war eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Prüfung vorzunehmen und waren Fragen der Beweiswürdigung entscheidend.

Schlagworte

Apostasie Glaubwürdigkeit Intensität mangelnde Asylrelevanz Religion staatliche Verfolgung Verfolgungsgefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W221.2184363.1.00

Im RIS seit

05.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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