TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/23 I416 2208740-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.07.2020
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Entscheidungsdatum

23.07.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I416 2208740-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Vereinigte Republik Tansania alias Somalia, vertreten durch 1.) Verein Menschenrechte Österreich, 2.) Verein Legal Focus, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 15.10.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.06.2020 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF wird XXXX der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tansania zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 idgF wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer von einem Jahr erteilt.

IV. In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt III., IV., V. und VI. ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Tansanias, reiste am 02.10.2015 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2.       Im Zuge seiner Erstbefragung am 17.10.2015 erklärte er, somalischer Staatsangehöriger zu sein und seine Heimat bereits 1992 legal, mit einem von einer tansanischen Behörde ausgestellten Reisepass, in Richtung Türkei verlassen zu haben. Dort habe er für vierzehn Jahre illegal gelebt und anschließend beschlossen, nach Europa weiterzureisen. Im Jahr 2007 sei er nach Griechenland gekommen, wo er für acht weitere Jahre illegal gelebt habe. Nachdem er von der griechischen Polizei aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt worden sei, habe er sich nach Österreich begeben. Hinsichtlich seiner Fluchtgründe gab er Folgendes an: „Ich bin seit meiner Kindheit bei meiner Großmutter aufgewachsen. Ich kenne meine Eltern nicht. Ich habe mein Heimatland verlassen, weil ich eine bessere Zukunft haben wollte.“

3.       Am 26.02.2018 wurde er durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer erklärte hierbei, gesund zu sein. Er machte geltend, somalischer Staatsbürger und 1967 in Kismaayo, Somalia, geboren zu sein. Seine Eltern seien somalische Staatsbürger sowie Angehörige der Volksgruppe der Bajuni gewesen. Als kleines Kind – wann genau, wisse er nicht – sei er mit seiner Mutter nach Tansania gezogen. Im Alter von zwölf Jahren sei seine Mutter verstorben und er habe ab diesem Zeitpunkt bei einer alten Frau gelebt, bis er im Jahr 1990 über Indien und Pakistan in die Türkei gereist sei, wo er sich 18 Jahre lang aufgehalten habe. Das Leben sei sehr schwierig gewesen, deshalb habe er die Türkei verlassen und sei nach Griechenland gegangen. Warum genau seine Eltern Somalia verlassen haben, wisse er nicht. Seine Mutter habe nur gesagt, es habe ein großes Familienproblem gegeben. Die alte Frau, bei der er aufgewachsen sei, habe erzählt, es gebe seit Generationen die gleichen Probleme. Auch sie habe dem Beschwerdeführer keine Details erzählt, sondern nur von großen Problemen gesprochen. Über Somalia könne er nichts erzählen, er habe dort nicht gelebt. Weiters habe er Probleme mit seiner Familie väterlicherseits in Tansania. Sein Onkel väterlicherseits habe ihn 1986 absichtlich mit dem Auto angefahren. Warum wisse er nicht, aber der Onkel habe Familienprobleme. Seit dem Unfall habe der Beschwerdeführer Probleme mit den Füßen. Der Beschwerdeführer fürchte, die Familie seines Onkels werde ihn im Falle einer Rückkehr vielleicht umbringen. Zu seinen persönlichen Verhältnissen erklärte er, ledig zu sein und einen im Jahr 1996 geborenen Sohn zu haben, der bei seiner Freundin in Griechenland lebe. Der Beschwerdeführer brachte überdies ein Konvolut an medizinischen Unterlagen, ein Empfehlungsschreiben seiner Betreuungseinrichtung, Bestätigungen über absolvierte und gebuchte Deutschkurse, zwei personalisierte Empfehlungsschreiben, sowie eine Zeitbestätigung der XXXX Stadtgärten vom 23.02.2018 über freiwillige Tätigkeiten in Vorlage.

4.       Mit Schreiben der belangten Behörde vom 26.03.2018 wurde ein LINGUA-Auftrag zur Herkunftsabklärung an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement EJPD übermittelt. Am 04.04.2018 wurde diesbezüglich mit dem Beschwerdeführer eine Sprachanalyse durchgeführt.

5.       Am 06.04.2018 wurde der belangten Behörde das auf Grundlage der durchgeführten Sprachanalyse erstellte, linguistische Gutachten übermittelt, in welchem zusammengefasst festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer, in Einklang mit seinem Vorbringen, sprachlich in Tansania sozialisiert worden sei. Während des gesamten Interviews seien keine Merkmale hervorgekommen, die in signifikanter Weise auf einen Einfluss einer Nicht-Standard-Varietät (wie z.B. Bajuni) auf sein Swahili hinwiesen würden. Weder die fehlenden Bajuni-Sprachkenntnisse noch der Mangel an soziokulturellen Beschreibungen zu Chula/Somalia würden jedoch gegen die Möglichkeit sprechen, dass der Beschwerdeführer seine ersten Lebensjahre dort verbracht haben könnte.

6.       Am 12.09.2018 wurde der Beschwerdeführer abermals niederschriftlich durch die belangte Behörde einvernommen. Er wiederholte, somalischer Staatsbürger zu sein, erklärte aber, keine somalischen Dokumente vorweisen zu können. Er habe nie eigene Dokumente besessen. Er habe Probleme mit seiner Familie und könne aufgrund dessen nicht zurück nach Tansania. Er komme aus Somalia, Tansania sei nicht sein Zuhause. Auch nach Somalia könne er nicht zurückkehren, da er bereits als kleines Kind aus Somalia weggegangen sei und dort Niemanden habe. Zudem gebe es auch in Somalia einen Streit zwischen seiner Familie und einer anderen Familie und er habe Angst, dass der Streit wieder anfange, wenn er zurückkehre. Befragt erklärte er, drei Männer aus seiner Verwandtschaft väterlicherseits hätten ihn 1987 in Daressalam mit einem Auto angefahren und ihm dadurch einen Fuß gebrochen. Sie hätten ihm gesagt, dass sie ihn umbringen würden und deshalb sei er auch von zuhause weggegangen. Die drei Männer hätten auch in Tansania, in Daressalam gewohnt. Auf die Frage, was dies mit Somalia zu tun habe, entgegnete der Beschwerdeführer, die drei Männer seien zurück nach Somalia gegangen. Das Motiv der Tat kenne er nicht, aber er wisse, dass es um eine „Familiengeschichte“ gehe. Seine Verwandten würden ihn überall finden, dies auch nach 30 Jahren.

7.       Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15.10.2018, Zl. XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß „§ 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs.1 Z 13 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF“ abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß „§ 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG“ wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tansania, Vereinigte Republik abgewiesen (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß „§ 57 AsylG“ nicht erteilt. Gemäß „§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF“ wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß „§ 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF“ erlassen (Spruchpunkt IV.) und es wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß „§ 46 FPG“ nach Tansania, Vereinigte Republik zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß „§ 55 Abs. 1 bis 3 FPG“ wurde ihm eine 14-tägige Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.).

8.       Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Rechtsvertretung fristgerecht am 23.10.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Inhaltlich wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei laut eigenen Angaben in Kismaayo geboren und mit seiner Mutter als Baby von Somalia nach Tansania gezogen. Er habe im Rahmen der Rechtsberatung beteuert, somalischer Staatsangehöriger zu sein und sei er seit seiner Ausreise als Baby nie mehr in Somalia gewesen. Nach Tansania könne er nicht zurückkehren, weil er dort keine Familienangehörigen mehr habe und in eine ausweglose Lage geraten würde. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den Bescheid dahingehend abändern, dass dem Antrag auf internationalen Schutz Folge gegeben werde und dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten, in eventu der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt werde; in eventu ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt werde; in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückverweisen; eine mündliche Verhandlung anberaumen.

9.       Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 02.11.2018 vorgelegt.

10.      Mit Schreiben vom 13.01.2019 übermittelte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung eine Beschwerdeergänzung. Hierbei wurde insbesondre moniert, die belangte Behörde habe zu Unrecht auf Basis einer telefonisch eingeholten Sprachanalyse die Feststellung getroffen, der Beschwerdeführer sei tansanischer Staatsangehöriger. Auch habe es die belangte Behörde unterlassen, Ermittlungen dahingehend zu tätigen, ob es dem Beschwerdeführer angesichts seines Alters von 51 Jahren, seiner gesundheitlichen Einschränkungen und einer Abwesenheit aus Tansania von 28 Jahren überhaupt möglich wäre, sich dort eine Existenz aufzubauen und so sein Überleben zu sichern. Zudem wurde die zeugenschaftliche Einvernahme von Frau Mag. S.B. beantragt, welche in einem der Beschwerdeergänzung angeschlossenen Empfehlungsschreiben vorbrachte, seit sieben Monaten eine Beziehung mit dem Beschwerdeführer zu führen.

11.      Mit Schriftsatz vom 02.06.2020 wurden dem Bundesverwaltungsgericht seitens des Vereines Menschenrechte Österreich ein Konvolut an medizinischen Unterlagen, insbesondere im Hinblick auf eine im Mai 2019 erlittene Pulmonalembolie (Anm.: Lungenembolie) des Beschwerdeführers aus dem Jahr 2019, zwei Deutsch-Kursbesuchsbestätigungen sowie die Kopie einer somalischen Geburtsurkunde übermittelt.

12.      Am 05.06.2020 erfolgte in Anwesenheit des Beschwerdeführers eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Von einer Ladung der beantragten Zeugin Mag. S.B. musste abgesehen werden, da diese bereits im April 2019 verstorben war. Im Verlauf der Verhandlung wurden seitens des Beschwerdeführers noch ein Empfehlungsschreiben der Caritas sowie seine somalische Geburtsurkunde im Original, vorgeblich ausgestellt am XXXX 1988 in Mogadishu, in Vorlage gebracht. Hinsichtlich der vorgelegten Geburtsurkunde behauptete der Beschwerdeführer, dass ihm diese sein in Griechenland lebender Sohn postalisch übermittelt habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. beschriebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Tansania und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG 2005. Er ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Seine Identität steht nicht fest.

Er ist volljährig, ledig und Vater eines erwachsenen, in Griechenland lebenden Sohnes. Zu seinem Sohn besteht kein finanzielles oder anderweitig geartetes Abhängigkeitsverhältnis oder ein Naheverhältnis von maßgeblicher Intensität.

Der Beschwerdeführer hält sich seit (spätestens) 02.10.2015 in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer war aufgrund einer Lungenembolie vom 21.05.2019 bis 30.05.2019 in stationärer Behandlung. Beim Beschwerdeführer besteht ein hohes Rezidivrisiko, der Beschwerdeführer nimmt seit 1,5 Jahren täglich Tabletten und leidet an Asthma.

Der Beschwerdeführer hat laut eigenen Angaben in Tansania als Boxer, Verkäufer sowie LKW-Fahrer, in Griechenland in einem Geschäft und in der Türkei in einer Fabrik für Bekleidung gearbeitet. In Österreich war er für die XXXX Stadtgärten in der Parkbetreuung beschäftigt. Es ist davon auszugehen, dass er in seinem Heimatland in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu bestreiten. Er ist erwerbsfähig.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer weder über familiäre Anknüpfungspunkte, noch über maßgebliche private Beziehungen. Frau Mag. S.B., mit welcher der Beschwerdeführer vorgeblich über einige Monate hinweg in Österreich eine Beziehung geführt habe, ist im April 2019 verstorben.

Der Beschwerdeführer besuchte Deutschkurse für das Sprachniveau A1 und A2, hat jedoch keine Prüfung abgelegt. Er erbrachte Arbeitsleistungen für die XXXX Stadtgärten - und hat diverse Bekanntschaften in Österreich geschlossen. Er hat an keinen beruflichen Aus- oder Weiterbildungen teilgenommen und ist er auch kein Mitglied eines Vereines oder einer sonstigen integrationsbegründenden Institution. Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Er ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.2 Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Es kann in Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass er in Tansania aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war oder sein wird.

Es haben sich im Verfahren mangels Glaubwürdigkeit auch keine Anhaltspunkte in Bezug auf eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers durch seine Familie ergeben.

1.3. Zur möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

1.3.1. Dem Beschwerdeführer droht keine reale Gefahr, in seinem Leben bedroht zu werden, Folter oder erniedrigende Bestrafung oder eine erniedrigende Behandlung zu erleiden oder in seinem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt zu werden. Ihm droht im Fall seiner Rückkehr weder die Todesstrafe, noch besteht eine reale Gefahr, dass sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in seinem Herkunftsstaat bedroht wäre.

Die Beschwerdeführer verfügt über eine Schulbildung und kann nach seiner Rückkehr wieder als Mechaniker oder LKW-Fahrer arbeiten. Zudem hat er auch in Griechenland und der Türkei verschiedenste Tätigkeiten ausgeübt. Nach seiner Rückkehr nach Tansania kann der Beschwerdeführer grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft befriedigen, ohne in eine ausweglose oder existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer kann Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

1.3.2. COVID-19 ist eine durch das Corona Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gibt es Stand 14.07.2020 21:29 Uhr 18 948 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 708 Todesfälle; in Tansania wurden am 29.04.2020 zum letzten Mal Fallzahlen der Regierung veröffentlicht (509 Infizierte und 21 Todesfälle). Trotz begrenzter offizieller Berichte deuten alle Anzeichen auf eine exponentielle Zunahme der Epidemie in Daressalam und an anderen Orten in Tansania hin. Viele Krankenhäuser in Dar es Salaam waren in den letzten Wochen überlastet. Begrenzte Krankenhauskapazitäten in ganz Tansania könnten zu lebensbedrohlichen Verzögerungen bei der medizinischen Versorgung führen, auch für Menschen mit COVID-19.

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei 80 % der Betroffenen leicht und bei ca 15 % der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca 5 % der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmethoden notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie zB Lungenkrankheiten, Herzerkrankungen und Bluthochdruck) auf.

Der Beschwerdeführer ist Angehöriger der Risikogruppe der Personen mit fortgeschrittenen funktionellen oder strukturell chronischen Lungenkrankheiten.

1.4. Zu den Feststellungen zur Lage in Tansania:

Im aktuellen "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Tansania ergibt die geschilderte allgemeine Sicherheitslage keine konkrete, gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete Verfolgungsgefahr. Grundsätzlich kann Tansania als relativ stabil eingeschätzt werden, auch wenn ein erhöhtes Sicherheitsrisiko im ganzen Land herrscht. Die Verfassung gewährleistet Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung, und die Regierung respektiert diese Rechte üblicherweise. Die Regierung kooperiert im Wesentlichen mit dem Office of the UN High Commissioner for Refugees (UNHCR) und anderen Organisationen um Flüchtlinge und Asylanten zu unterstützen und zu schützen. Es besteht daher für jeden grundsätzlich die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung oder Repressionen Dritter durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Systematische, vom Staat gesteuerte Menschenrechtsverletzungen gibt es in Tansania nicht und die Situation der Menschenrechte gilt im afrikanischen Vergleich durchaus als befriedigend.

Pressefreiheit ist gegeben und hat ihre Grenzen im Wesentlichen in den knappen Ressourcen und begrenzten professionellen Standards des tansanischen Journalismus. Das Demonstrationsrecht wird gelegentlich unter Hinweis auf die öffentliche Sicherheit eingeschränkt. Die Unabhängigkeit der Justiz ist im verfassungsrechtlich gewährleistet, sie gilt jedoch als hochgradig ineffizient, unterfinanziert und sogar korrupt, was eine zügige und faire Rechtsprechung häufig in Frage stellt. Die TPF (Tanzania Police Force) untersteht dem Unions-Ministerium für Inneres (Home Affairs) und ist primär für die Aufrechthaltung von Recht und Ordnung verantwortlich, sowohl am Festland als auch in Sansibar. Die Polizei blieb unterfinanziert und weitgehend ineffizient. Eine als Sungusungu bezeichnete Bürgerwehr dient zur Verbrechensbekämpfung auf lokaler Ebene in Stadtvierteln und Dörfern. Es gibt fortlaufend Bemühungen der TPF, die Polizeiarbeit zu verbessern. Es gibt Seminare zur Bekämpfung von Korruption und disziplinäre Maßnahmen gegen straffällig gewordene Polizisten. Gemeindepolizisten erhalten eine standardisierte Ausbildung und es werden Kampagnen zur Sensibilisierung der Bürger durchgeführt, wie sie die Arbeit der Gemeindepolizei unterstützen können.

Religiöse und ethnische Verfolgung gibt es in Tansania nicht. Die Religionsfreiheit ist in Verfassung und Praxis garantiert. Das traditionell friedliche und tolerante Zusammenleben der einzelnen Volks- und Religionsgruppen (insbesondere von Muslimen und Christen) wird von staatlicher Seite gefördert und diskret gesteuert.

Tansania hat den Übergang zu marktwirtschaftlichen Verhältnissen weitestgehend vollzogen. Tansania ist nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt. Wachstumsmotoren sind vor allem die Bereiche Telekommunikation, Finanzdienstleistungen, das Baugewerbe und der Bergbau. Die Landwirtschaft wird noch lange einen großen Anteil am Bruttoinlandsprodukt des Agrarstaates Tansania halten. Sie dient vier Fünfteln der Bevölkerung der eigenen Subsistenz, bzw. ist deren wichtigste Einnahmequelle. Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und häufig technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. Aufgrund der hygienischen Verhältnisse und der unzureichenden Versorgung mit Medikamenten sowie des Mangels an entsprechendem Fachpersonal entspricht die Lage in den Krankenhäusern nicht dem westeuropäischen Standard. In Tansania nutzen besonders viele Menschen die Dienste traditioneller Heiler, auch weil das Land mit schulmedizinischen Einrichtungen und Fachkräften stark unterversorgt ist.

Die Regierung kooperierte üblicherweise mit UNHCR und anderen humanitären Organisationen, um Flüchtlingen und Asylsuchenden Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen.

Wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt wird eine nach Tansania abgeschobene Person, bei welcher keine besonders berücksichtigungswürdigen Umstände vorliegen, durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine "unmenschliche Lage" versetzt.

Zusammengefasst konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr mit einem gänzlichen Entzug seiner Lebensgrundlage rechnen müsste. Er selbst hat hinsichtlich einer ihm drohenden Gefährdung in seinem Herkunftsstaat im Falle seiner Rückkehr auch kein substantiiertes Vorbringen erstattet.

Der Beschwerdeführer ist selbst dann, wenn ihm in seinem Herkunftsland kein privater Familienverband soziale Sicherheit bieten sollte, in der Lage, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft zu bestreiten, da er im erwerbsfähigen Alter und arbeitsfähig ist.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang und zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister (SA), dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens weiters Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Tansania sowie in die seitens des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen.

Außerdem konnte im vorliegenden Beschwerdefall auf die Ermittlungsergebnisse im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 05.06.2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers zurückgegriffen werden.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellungen zu seiner Herkunft und Staatsangehörigkeit gründet sich auf eine Sprachanalyse des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartments EJPD, Staatssekretariat für Migration SEM, Sektion Lingua, vom 05.04.2018. Der Beschwerdeführer hatte geltend gemacht, in Somalia geboren und mit seiner Mutter im Kleinkindalter nach Tansania gezogen zu sein. Nach dem Tod seiner Mutter habe er bei einer alten Frau in Daressalam gelebt. Er sei somalischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Bajuni. Aus dem eingeholten Sachverständigengutachten geht hervor, dass der Beschwerdeführer in Daressalam, Tansania hauptsozialisiert wurde. Während des gesamten Interviews seien keine Merkmale hervorgekommen, die in signifikanter Weise auf einen Einfluss einer Nicht-Standard-Varietät (wie z.B. Bajuni) auf sein Swahili hinwiesen würden. Im Zuge der Sprachanalyse kamen somit keinerlei Hinweise auf eine Herkunft des Beschwerdeführers aus Somalia hervor. Zudem hatte der Beschwerdeführer bei seiner polizeilichen Erstbefragung noch angegeben, er habe einen von einer tansanischen Behörde ausgestellten Reisepass besessen, verstrickte sich jedoch später in Bezug auf diese Frage in Widersprüche, indem er anfangs behauptete, alles verloren zu haben, daraufhin aber erklärte, niemals Dokumente besessen zu haben. Somit war die Feststellung zu treffen, dass er Staatsangehöriger Tansanias ist. Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Das Beschwerdevorbringen, welches sich in Ausführungen zur Volksgruppe der Bajuni und der fehlenden Beweiskraft somalischer Identitätsdokumente erschöpft, trat diesen Feststellungen nicht substantiiert entgegen. Auch den Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerdeergänzung vom 13.01.2019 oder in der Beschwerdeverhandlung sind keine Gründe zu entnehmen, welche geeignet wären, die Feststellungen der belangten Behörde in Zweifel zu ziehen.

Der nunmehr im Rahmen der Beschwerdeverhandlung seitens des Beschwerdeführers in Vorlage gebrachten somalischen Geburtsurkunde kommt aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Beweiskraft zu. So behauptete er zunächst in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 26.02.2018, er sei in Besitz einer somalischen Geburtsurkunde gewesen („ein weißes Papier mit einem somalischen Stempel“), habe diese jedoch in Kroatien verloren (AS 77). Die nunmehr vorgelegte Urkunde hat jedoch einen beigen Hintergrund und ist datiert mit XXXX 1988. Der Beschwerdeführer vermochte in der Verhandlung nicht ansatzweise schlüssig darzulegen, woher die Urkunde, welche 1988 in Mogadishu ausgestellt worden sei, stamme, nachdem er das gesamte Verfahren über (stringent) behauptete, Somalia bereits als „Baby“ (somit wohl in den späten 1960er oder spätestens in den frühen 1970er Jahren) verlassen zu haben. Auf jegliche Fragen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich der Herkunft der vorgelegten Geburtsurkunde gab er lediglich ausweichende Antworten, wie nachfolgender Auszug aus dem Verhandlungsprotokoll (S 13) exemplarisch veranschaulicht:

„RI (Anm.: Richter): Die von Ihnen vorgelegte Geburtsurkunde trägt das Ausstellungsdatum 04.06.1988. Zu diesem Zeitpunkt haben Sie sich bereits in Tansania aufgehalten. Erklären Sie mir bitte, wie Sie zu dieser Geburtsurkunde gekommen sind, wenn Sie sich in Somalia nicht auskennen und auch keine Bezüge dazu haben?

BF (Anm.: Beschwerdeführer): Ich bin mit meiner Geburtsurkunde gereist.

RI: Woher haben Sie diese Geburtsurkunde?

BF: Ich habe immer meine Geburtsurkunde gehabt und diese habe ich in Griechenland gelassen. Mein Sohn hat sie mir dann zugesendet.“

Zusätzlich zu der Geburtsurkunde brachte der Beschwerdeführer auch das Kuvert in Vorlage, mit welchem ihm diese übermittelt worden sei, wobei auf diesem als Absender handschriftlich „ XXXX , Pireus, Greece“ vermerkt ist. Seitens des erkennenden Richters aufgefordert, den Namen seines Sohnes aufzuschreiben, gab der Beschwerdeführer jedoch wiederum an, die Adresse sowie der Name auf dem Briefumschlag seien nicht jene seines Sohnes, sondern die Daten jenes Mannes bei welchem sein Sohn leben würde, wenngleich er unmittelbar zuvor noch zu Protokoll gegeben hatte, sein Sohn würde tatsächlich „ XXXX “ heißen (Verhandlungsprotokoll S 13). Zusammengefasst gelangt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Schluss, dass der vorgelegten Geburtsurkunde angesichts der permanent divergierenden sowie unschlüssigen Angaben des Beschwerdeführers keine Authentizität zuzubilligen ist und diese nicht beweist, dass er in Somalia geboren wurde.

Die Feststellung zum Aufenthalt des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet seit mindestens 02.10.2015 ergibt sich aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit einer eingeholten ZMR-Auskunft und einer Auskunft aus dem Zentralen Fremdenregister (IZR).

Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass dieser im Verfahren Röntgenbefunde des Diagnosezentrums XXXX vom 13.01.2016 und vom 14.01.2016, einen Magnetresonanzbefund des Diagnosezentrums XXXX vom 15.03.2016 sowie einen Arztbrief des Orthopädie Zentrums XXXX vom 12.04.2016 in Vorlage gebracht hat, aus welchen zusammengefasst hervorgeht, dass er aufgrund eines angeblich über dreißig Jahre zurückliegenden Unfalles (AS 101) an dystrophen Verkalkungen im linken Bein, einer chronischen Fußhebeschwäche und einer posttraumatschen Wadenatrophie leidet. Zur Therapie wurde die Versorgung mit einer Peroneusschiene angeordnet und dem Beschwerdeführer wurde im Februar 2016 Physiotherapie verordnet, welche er jedoch nicht in Anspruch nahm. Überdies erlitt er im Mai 2019 eine Pulmonalembolie (Anm.: Lungenembolie), aufgrund derer er zum Entscheidungszeitpunkt einmal täglich ein „direktes orales Antikoagulantium“ (Anm.: gerinnungshemmender und antithrombotischer Wirkstoff zur Vorbeugung thromboembolischer Erkrankungen) einnimmt, wie sich aus einem Konvolut an in Vorlage gebrachten, medizinischen Unterlagen des AKH XXXX , der jüngste datiert mit 21.10.2019, ergibt. Überdies ist den Unterlagen zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer im Jänner 2019 einer Inguinalhernien-Operation (Anm.: Leistenbruch-Operation) unterzogen wurde, wobei den Befunden insoweit keinerlei weiterführende Behandlungsbedürftigkeit oder ein Zusammenhang mit seiner, wenige Monate später, erlittenen Pulmonalembolie zu entnehmen ist. Abgesehen von dieser grundsätzlich gut behandelbaren Erkrankung hat der Beschwerdeführer keine Leiden oder Gebrechen angeben, sodass er abgesehen vom dieser Lungenerkrankung als gesund anzusehen ist. Da, wie der Beschwerdeführer selbst ausführt, diese Krankheit, keine Arbeitsunfähigkeit verursacht, ist er als arbeitsfähig zu qualifizieren, wovon sich der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 05.06.2020 aufgrund des persönlichen Eindruckes überzeugen konnte. Aufgrund der vorliegenden Informationen gibt es daher keinen Grund anzunehmen, der Beschwerdeführer wäre arbeitsunfähig. Es bestehen keine Zweifel, dass der Beschwerdeführer im Übrigen gesund ist.

Wie dem Länderinformationsblatt zu entnehmen ist (vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt II.1.3.), ist die medizinische Versorgung in Tansania, wenngleich sich diese nicht auf europäischem Standard befindet, grundsätzlich gewährleistet, sodass davon auszugehen ist, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine vorgebrachten Gesundheitsbeeinträchtigungen auch adäquate Behandlungsmöglichkeiten in Dar es Slaam vorfinden wird (seine orthopädischen Probleme bestanden überdies bereits vor seiner Ausreise aus Tansania). Auch ist an dieser Stelle auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach kein Fremder das Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwer zugänglich oder kostenintensiver als im fremden Aufenthaltsland ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt (vgl. dazu das Erkenntnis VfSIg. 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte stützt).

Die Feststellung zur seinen persönlichen Verhältnissen und zu seinem in Griechenland lebenden, volljährigen Sohn gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht. Der Umstand, dass zu seinem Sohn weder ein finanzielles noch ein anderweitig geartetes Abhängigkeitsverhältnis oder ein Naheverhältnis von maßgeblicher Intensität besteht, ergibt sich bereits aufgrund dessen, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensunterhalt über die staatliche Grundversorgung bestreitet und nicht selbsterhaltungsfähig ist. Zudem hat er seit (spätestens) Oktober 2015 seinen Lebensmittelpunkt in einem anderen Staat als sein Sohn und vermochte er auch im Rahmen der Beschwerdeverhandlung lediglich äußerst vage Angaben hinsichtlich der aktuellen Lebensumstände seines Sohnes zu tätigen. Die Feststellung wonach Frau Mag. S.B., mit welcher der Beschwerdeführer angeblich temporär in Österreich eine Beziehung geführt habe, im April 2019 verstorben ist, ergibt sich aus einer eingeholten ZMR-Auskunft.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer erwerbsfähig ist und in verschiedenen Berufen gearbeitet hat, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und seinen Angaben vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht. Es wird dabei nicht verkannt, dass er nach seiner Ausreise aus Tansania und mit bereits bestehender Verletzung seines Beines beispielsweise als Verkäufer, Fabrikarbeiter oder für die XXXX Stadtgärten gearbeitet hat, sodass von einer gravierenden Einschränkung seiner Arbeitsfähigkeit aufgrund dieser Erkrankung nicht ausgegangen werden kann. Sein Vorbringen, er würde aufgrund seiner Probleme keine Arbeit finden, ist daher als Schutzbehauptung zu werten.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine maßgeblichen persönlichen und familiären Beziehungen verfügt, ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben im Verfahren. Lediglich in der übermittelten Beschwerdeergänzung vom 13.01.2019 wurde vorgebracht, dass er seit sieben Monaten eine Beziehung mit der österreichischen Staatsangehörigen Mag. S.B. führe und wurde diesbezüglich ein entsprechendes Unterstützungsschreiben seiner Freundin angeschlossen. Auch beantragte er ihre Einvernahme im Rahmen einer mündlichen Verhandlung als Zeugin. Allerdings ergab eine zur genannten Person eingeholte ZMR-Auskunft, dass diese bereits im April 2019 verstorben ist.

Die Feststellung zur fehlenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus dem Umstand, dass weder vor der belangten Behörde, noch in der Beschwerde oder der Beschwerdeergänzung konkrete Angaben getätigt wurden, welche eine hinreichende Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht annehmen lassen würden. Sofern der Beschwerdeführer „fortgeschrittene Deutschkenntnisse“ geltend macht, ist anzumerken, dass er darüber keine Prüfungszeugnisse vorlegte, sondern lediglich Bestätigungen über die Absolvierung von Deutschkursen auf dem Niveau A1 und A2. Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung konnte das Bundesverwaltungsgericht aufgrund des persönlichen und unmittelbaren Eindrucks vom Beschwerdeführer feststellen, dass dieser in der Lage ist, einfache Fragen auf Deutsch zu beantworten, jedoch keine qualifizierten Deutsch-Kenntnisse aufweist.

Er legte diverse Empfehlungsschreiben seiner Kursleiter und seiner Flüchtlingsunterkunft vor, die ihn als eine außerordentlich engagierte Person beschreiben. Weitere Unterlagen, welche eine soziale oder integrative Verfestigung des Beschwerdeführers belegen würden, brachte er nicht in Vorlage. Allein aus seiner Aufenthaltsdauer von rund fünf Jahren, seiner Beschäftigung für die XXXX Stadtgärten und seinen geringen Deutschkenntnissen kann noch keine entscheidungsmaßgebliche Teilnahme am kulturellen und sozialen Leben der Gemeinschaft abgeleitet werden. Sofern er in der Beschwerdeverhandlung behauptete, sich mit (mit Vornamen genannten) Freunden zu treffen und zu unterhalten sowie überdies in Kontakt zu Angehörigen seiner verstorbenen Freundin zu stehen, so ist diesem Vorbringen nicht zu entnehmen, dass diese Bekanntschaften über den Grad der persönlichen Bekanntschaft hinausgehende, für Freundschaften typische Merkmale aufweisen. Sein Vorbringen zuletzt in der Beschwerdeverhandlung, wonach er Kinder in einem Boxverein trainieren würde, geht zudem über die bloße Behauptungsebene nicht hinaus und wurde durch keinerlei Bescheinigungsmittel verifiziert.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich Leistungen aus der Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde in Zusammenschau mit einem eingeholten Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem des Bundes.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Da im gegenständlichen Verfahren die Aussagen des Beschwerdeführers die zentrale Erkenntnisquelle darstellen, müssen seine Angaben im Rahmen einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden.

Das erkennende Gericht hat anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche (VwGH 25.01.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (VwGH 22.02.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob die Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

Dazu ist auszuführen, dass von einem Antragsteller ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen ist. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründender Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Generell ist zur Glaubwürdigkeit eines Vorbringens auszuführen, dass eine Aussage grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren ist, wenn das Vorbringen hinreichend substantiiert ist; der Beschwerdeführer sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm vorgebrachte Umstände bzw. Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d. h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entspringenden Erkenntnissen übereinstimmen. Hingegen scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Beschwerdeführer den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Beschwerdeführer nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen. Diesen Anforderungen werden die Angaben des Beschwerdeführers nicht gerecht.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt auf Grundlage der ergänzenden Ermittlungen sowie insbesondere aufgrund des persönlichen und unmittelbaren Eindrucks, welcher vom Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 05.06.2020 gewonnen werden konnte, zum Schluss, dass sein Fluchtvorbringen nicht glaubhaft ist.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die bei einer ersten Vernehmung gemachten Angaben erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten kommen und auch die rechtliche Unbefangenheit nach der Lebenserfahrung als eine gewisse Gewähr für die Übereinstimmung der Erstaussage mit den tatsächlichen Verhältnissen angesehen werden kann (vgl. hierzu auch VwGH 21.12.1992, 89/16/0147; 17.10.2012, 2011/08/0064, mwN). Daher spricht auch dieses Verständnis des Verwaltungsgerichtshofes für die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers hinsichtlich seines bei der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 17.10.2015 erstatteten Vorbringens, wonach er seinen Herkunftsstaat verlassen habe, weil er eine bessere Zukunft haben wollte. Zum Zeitpunkt seiner Erstbefragung erwähnte er die später vorgebrachte Bedrohung durch Familienangehörige seines Vaters noch mit keinem Wort, sondern beantwortete die Frage nach etwaigen Rückkehrbefürchtungen vielmehr mit den Worten: "Ich möchte einfach in Ruhe leben. Ich habe dort keine Zukunft, weil ich nicht schreiben kann. Ich möchte arbeiten". Das vor der belangten Behörde erstattete Fluchtvorbringen muss folglich als gesteigertes Fluchtvorbringen qualifiziert werden, da kein Asylwerber eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen würde, weshalb ein spätes, gesteigertes Vorbringen als unglaubwürdig qualifiziert werden kann (vgl. hierzu VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

Im gegenständlichen Fall spricht für eine Unglaubwürdigkeit zudem, dass der Beschwerdeführer durch die Wiedergabe vager, nicht detaillierter und in hohem Maße widersprüchlicher Schilderungen vergeblich versuchte, eine mögliche Verfolgungsgefahr im Falle der Rückkehr nach Tansania bzw. Somalia zu konstruieren. Dem Vorbringen fehlen jegliche essentiellen Glaubhaftigkeitsmerkmale, die sich aus der Substantiiertheit, der Schlüssigkeit, der Plausibilität der Aussage sowie aus der persönlichen Glaubwürdigkeit in Bezug auf das konkret erstatte Vorbringen zusammensetzen.

Als Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen Jahrzehnte zurückliegende „Familienprobleme“ an, konnte jedoch weder benennen, wer die Streitparteien dieses Problems seien, noch, worin das angebliche Problem überhaupt konkret bestehe. Dies verdeutlichen insbesondere die nachstehenden Passagen aus seiner Niederschrift vor der belangten Behörde am 26.02.2018 (AS 83ff):

„LA (Anm.: Leiter der Amtshandlung): Was befürchten Sie im Falle einer etwaigen Rückkehr nach Somalia?

VP (Anm.: Verfahrenspartei): Vielleicht sterbe ich, wenn ich nach Somalia zurückgehe.

LA: Warum?

VP: Wegen Familienproblemen.

LA: Welche Familienprobleme meinen Sie damit?

VP: Meine Mutter hat mir nichts erzählt. Sie hat nur gesagt, dass sie ein großes Familienproblem hatte. Nachgefragt, sonst hat sie nichts erzählt.

LA: Warum sollten Sie aufgrund eines Familienproblems aus dem Jahr 1967 jetzt noch Probleme in Somalia haben?

VP: Es gibt seit Generationen die gleichen Probleme.

LA: Und woher wissen Sie das? Stehen Sie in Kontakt mit Familienangehörigen in Somalia?

VP: Die alte Frau hat mir das erzählt. Nicht meine Mutter.

LA: Was genau hat die alte Frau erzählt?

VP: Sie hat mir keine Details gesagt, sondern nur von großen Problemen gesprochen.

(….)

LA: Welche Probleme hat die Familie?

VP: Ich weiß es nicht.

LA: Woher wissen Sie, dass die Familie gegenwärtig Probleme hat, wenn Sie 1990 ausgereist sind?

VP: Wenn es kein Problem gäbe, hätte ich Kontakt mit dieser Familie. Aber ich habe keinen Kontakt, also gibt es Probleme.“

Erst nach mehrmaligem Nachfragen erklärte der Beschwerdeführer, ein persönliches Problem mit seiner Familie väterlicherseits in Tansania gehabt zu haben, wobei seine Angaben dazu äußerst einsilbig und stark divergierend waren. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 26.02.2018 erklärte er noch, sein Onkel väterlicherseits habe ihn 1986 absichtlich mit dem Auto angefahren, wobei er den genauen Grund hierfür nicht nennen konnte. Am 12.09.2018 hingegen sprach er von drei Jungs als Täter, welche glaublich Verwandte seines Vaters gewesen seien und die ihn im Jahr 1987 angefahren hätten.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung brachte der Beschwerdeführer wiederum erstmalig vor, nach dem Tod seiner Eltern bei seinem Onkel in Tansania geblieben zu sein, wobei dessen Familie ihn „gehasst, beleidigt und auch geschlagen und verletzt“ habe (Verhandlungsprotokoll S 10), sodass der Beschwerdeführer aus Tansania ausgereist sei. Auf die konkrete Frage des erkennenden Richters, weshalb und wie sein Onkel ihn denn verletzt habe, gab der Beschwerdeführer wiederum kryptisch und ausweichend zu Protokoll, „es geht darum, dass in Somalia Konflikte von Eltern auf Kinder übertragen werden. Deshalb habe mich auch meine Onkel gehasst“ (Verhandlungsprotokoll S 10), ohne auch nur rudimentär auf die Frage einzugehen. Wenngleich den Behauptungen des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung wohl ein zweiter Vorfall mit seinem Onkel zu entnehmen ist, im Zuge dessen der Beschwerdeführer am Kopf verletzt worden sei, so erwiesen sich seine Schilderungen abermals äußerst oberflächlich und ließen alle Realkriterien, wie sie für Erzählungen von selbst wahrgenommenen Ereignissen typisch sind - etwa eigene Gefühle oder auch nur unwesentliche Details oder Nebenumstände – vermissen. So zeichnet sich die Wiedergabe von tatsächlich selbst erlebten Umständen bzw. Ereignissen bei lebensnaher Betrachtung gerade dadurch aus, dass Menschen über persönlich Erlebtes detailreich, oft weitschweifend unter Angabe der eigenen Gefühle bzw. unter spontaner Rückerinnerung, Zeit-Ort-Verknüpfungen und auch oft über unwesentliche Details oder Nebenumstände berichten. Die Schilderungen des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Fluchtgründe erschöpften sich jedoch auch in der Beschwerdeverhandlung in der Darlegung von Eckpunkten einer allgemein gehaltenen, vagen Rahmengeschichte, wie wiederum nachfolgender Auszug aus dem Verhandlungsprotokoll vom 05.06.2020 illustriert (S 11):

„RI (Anm.: Richter): Was hat es eigentlich mit dem Streit zwischen Ihrer Familie auf sich? Laut Ihren Angaben handelt es sich dabei um ein großes Problem und gebe es seit vielen Generationen die gleichen Probleme. Können Sie mir etwas darüber erzählen, wenn nein, warum nicht?

BF (Anm.: Beschwerdeführer): Ich kann überhaupt nichts erzählen, weil ich nicht weiß um was es gegangen ist. Ich habe nur davon erfahren, weil mein Onkel mich mit dem Auto verletzt hat und auf den Kopfgeschlagen hat. Ich habe da erfahren, dass es Konflikte in der Familie gibt und die Frau hat gemeint, dass ich das Land verlassen soll.

RI: Wissen Sie oder können Sie mir sagen, warum Sie Ihr Onkel mit dem Auto verletzt hat?

BF: Ich weiß es nicht, es geht nur um die Familienkonflikte.

RI: Wie war das Verhältnis zwischen Ihrem Onkel und Ihrem Vater?

BF: Seitdem die Konflikte zwischen ihnen gekommen sind, habe ich nichts darüber erfahren. Ich war noch ein kleines Kind.

RI: Wurden Sie in Tansania persönlich bedroht und wenn ja von wem, wann und wie hat diese Bedrohung ausgesehen?

BF: Mein Leben wurde in Tansania von Familienmitgliedern bedroht.

RI: Wie hat die Bedrohung ausgesehen?

BF: Sie haben mich mit dem Auto verletzt.

RI: Hat es außer dem geschilderten Vorfall noch weitere persönliche Bedrohungen gegen Siegegeben?

BF: Nach der Verletzung durch das Auto wurde ich auch am Kopf verletzt und war im Spital und dann habe ich mich entschieden das Land zu verlassen.

RI: Wann war der Vorfall?

BF: Die Kopfverletzung war ungefähr 1988, die Verletzung durch das Auto war 1987.

RI: Können Sie mir erklären, weshalb Sie erst ca. drei Jahre später aus Tansania ausgereist sind?

BF: Es hat nicht drei Jahre gedauert.

RI: Nach Ihren Aussagen, schon.

RI: Warum haben Sie sich nicht an die Polizei gewandt?

BF: Ich war bei der Polizei, aber es wurde nichts gemacht.

RI: Haben Sie mit den Behörden in Tansania Probleme gehabt?

BF: Ich wurde bedroht. Ich habe keine Eltern gehabt und deshalb habe ich mich entschieden das Land zu verlassen.“

Ein derart vages, oberflächliches und widersprüchliches Konstrukt – welches zudem über die bloße Behauptungsebene nicht hinausgeht - reicht nicht aus, um glaubhaft zu machen, dass der Beschwerdeführer tatsächlich in Tansania je einer wie auch immer gearteten Verfolgung durch Familienangehörige ausgesetzt war.

Die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers wird überdies durch weitere, permanent divergierenden Angaben im Verfahren, welche nicht unmittelbar mit seinem Fluchtvorbringen in Zusammenhang stehen, erheblich in Zweifel gezogen. Während er etwa im Rahmen seiner polizeilichen Erstbefragung zu Protokoll gab, auf der Flucht seinen von einer tansanischen Behörde ausgestellten Reisepass verloren zu haben (AS 27), gab er später wiederum an, nie einen Reisepass besessen zu haben (Einvernahme vom 26.02.2018, AS 77) bzw. sich in Indien einen gefälschten Reisepass aus Mauritius gekauft zu haben (Einvernahme vom 12.09.2018, AS 231). Hinsichtlich seiner nunmehr in Vorlage gebrachten Geburtsurkunde kann auf die obigen Ausführungen unter Punkt II.2.2. verwiesen werden, wonach er in seiner ersten Einvernahme vor dem BFA noch behauptet hatte, diese in Kroatien verloren zu haben (AS 77), während er in der Beschwerdeverhandlung wiederum vorbrachte, die Urkunde habe sich bei seinem Sohn in Griechenland befunden, welcher sie ihm nunmehr postalisch übermittelt habe (Verhandlungsprotokoll S 13). Hinsichtlich des Jahres seiner Ausreise aus Tansania gab er zweimalig im Rahmen seiner Erstbefragung an, das Land im Jahr 1992 verlassen zu haben (AS 27 und AS 29), während er im weiteren Verfahren wiederum abweichend behauptete, Tansania bereits 1990 verlassen zu haben (Einvernahme vom 26.02.2018: AS 80, Einvernahme vom 12.09.2018: AS 231, Beschwerdeverhandlung: Protokoll S 8). Sofern der Beschwerdeführer wiederholt im Verfahren Fehlprotokollierungen im Rahmen seiner Erstbefragung monierte (etwa Einvernahme vom 26.02.2018: AS 77, Beschwerdeverhandlung: Protokoll S 4), ist festzuhalten, dass auch dieses Protokoll dem Beschwerdeführer in einer für ihn verständlichen Sprache rückübersetzt wurde und er dessen inhaltliche Richtigkeit durch Unterfertigung bestätigt hatte (AS 33). Im Hinblick auf sein Ausreisejahr erscheint es für das Bundesverwaltungsgericht zudem nicht nachvollziehbar, dass es hierbei zu zwei Fehlprotokollierungen in zwei voneinander getrennten Passagen des Befragungsprotokolls gekommen sei. Hinsichtlich des Todes seiner Mutter gab der Beschwerdeführer in seiner ersten Einvernahme vor dem BFA an, diese sei gestorben, als er 12 Jahre alt gewesen sei (angesichts seines stringent behaupteten Geburtsdatums vom 27.09.1967 somit im Jahr 1979 oder 1980, vgl. AS 80). In der Beschwerdeverhandlung gab er wiederum an, seine Mutter sei 1987 verstorben (Verhandlungsprotokoll S 8 und S 11). Zuletzt behauptete er in der Beschwerdeverhandlung noch erstmalig im Verfahren, in der Türkei bereits um Asyl angesucht zu haben (Verhandlungsprotokoll S 9), während er in seiner Erstbefragung noch ausdrücklich zu Protokoll gegeben hatte, in keinem anderen Land um Asyl angesucht zu haben (AS 29).

Ungeachtet der gehäuft divergierenden Jahreszahlen lässt sich auch keinerlei zeitlicher Konnex zwischen den behaupteten Verfolgungshandlungen seiner Angehörigen in den Jahren 1986 bis 1988 (je nach Protokoll) und der Ausreise des Beschwerdeführers entweder im Jahr 1990 oder im Jahr 1992 erkennen und fehlt es insoweit an einem fluchtauslösenden Ereignis. Es nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer, nachdem er noch über zumindest zwei Jahre hinweg unbehelligt von seinen angeblichen Verfolgern in Tansania gelebt habe, plötzlich den Entschluss zur Ausreise gefasst habe und sich nun auf eine angebliche Bedrohung durch diese als Hauptgrund für seine Flucht stützt.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher - wie bereits die belangte Behörde - zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt.

Selbst bei hypothetischer Wahrunterstellung dieses Vorbringens ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht ersichtlich, welche aktuelle Verfolgungsgefahr sich für den Beschwerdeführer daraus im Falle seiner Rückkehr nach Tansania zum aktuellen Zeitpunkt ergeben würde. Die behaupteten Vorfälle liegen nunmehr über 30 Jahre zurück und gab der Beschwerdeführer in seiner zweiten Einvernahme vor dem BFA sogar zu Protokoll, seine damaligen Verfolger wären von Tansania wieder zurück nach Somalia gegangen, nachdem sie ihn angefahren hätten (AS 235). Sein Vorbringen, wonach ihn seine Verfolger auch heute noch überall in Tansania finden würden (AS 237), entbehrt jeglicher rationalen Grundlage.

Zudem müsste unter der theoretischen Annahme, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers real wäre, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch wegen des Vorliegens einer innerstaatlichen Fluchtalternative verneint werden. Besteht nämlich für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Flucht- bzw. Schutzalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH 24.03.1999, 98/01/0352; VwGH 21.03.2002, 99/20/0401; VwGH 22.05.2003, 2001/20/0268, mit Verweisen auf Vorjudikatur). Dem arbeitsfähigen Beschwerdeführer wäre es durchaus möglich und zumutbar gewesen, sich in einen anderen Landesteil Tansanias zu begeben. Es wird nicht verkannt, dass Tansania eines der ärmsten Länder der Welt ist. Dennoch sollte er im Falle seiner Rückkehr seinen Lebensunterhalt bestreiten können. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der arbeitsfähige Beschwerdeführer, der als Boxer, Verkäufer, Mechaniker, LKW-Fahrer, Fabrikarbeiter und Parkanlagenbetreuer gearbeitet hat, in Bezug auf existentielle Grundbedürfnisse in eine ausweglose Situation geraten würde, dies auch unter Berücksichtigung seiner geltend gemachten Gesundheitsbeeinträchtigungen, die er zum Teil auch damals bereits hatte.

Der belangten Behörde kann vor diesem Hintergrund nicht entgegengetreten werden, wenn sie in Zusammenschau der Angaben des Beschwerdeführers letztlich davon ausgeht, dass dem Beschwerdeführer keine Verfolgung im Sinne der GFK droht, bzw. dass er nicht glaubhaft machen konnte, dass er in seinem Heimatstaat einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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