Entscheidungsdatum
27.07.2020Norm
ABGB §1332Spruch
I419 2230353-1/4E
I419 2230353-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch RA Edward W. Daigneault und RA Dr. Georg Klammer, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 10.04.2020, Zl.732738403/190983154, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es in Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides „§ 33 Abs. 1 VwGVG“ anstelle von „§ 71 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF,“ und in Spruchpunkt II „§ 33 Abs. 4 VwGVG“ anstelle von „§ 71 Absatz 6 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF,“ zu lauten hat.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch RA Edward W. Daigneault und RA Dr. Georg Klammer, gegen den Bescheid des Bundeamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 14.01.2020, Zl. 732738403/190983154:
A) Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid vom 14.01.2020 erließ das BFA gegen den Beschwerdeführer ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot und gewährte einen einmonatigen Durchsetzungsaufschub.
Am 09.03.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gegen die versäumte Beschwerdefrist und holte gleichzeitig die Beschwerde nach. Es sei zu einem Missverständnis zwischen ihm und einem damals konsultierten Rechtsanwalt gekommen. Auf diese Beschwerde bezieht sich die Zurückweisung in Spruchteil II.
Mit dem im Spruchteil I des vorliegenden Erkenntnisses genannten angefochtenen Bescheid vom 10.04.2020 wies das BFA den Wiedereinsetzungsantrag ab (Spruchpunkt I) und gewährte keine aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt II). Aufseiten des Beschwerdeführers sei „grobe Nachlässigkeit“ Ursache des Versäumens gewesen.
Beschwerdehalber wird dagegen vorgebracht, das BFA hätte sich jederzeit überzeugen können, dass die Angaben den Tatsachen entsprächen, und wäre in diesem Fall auch zu der Auffassung gelangt, dass allenfalls ein „mindergradiges Versehen“ vorliege, sodass die Wiedereinsetzung zu bewilligen gewesen wäre. Angesichts dessen, dass das BFA selbst zugestehe, dass dem Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid ein unverhältnismäßiger Nachteil entstehe und zwingende öffentliche Interessen dem nicht entgegenstünden, hätte jedenfalls die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden müssen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Vorausgeschickt sei, dass das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen nur im Rahmen der Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers zu untersuchen ist (VwGH 17.03.2015, Ra 2014/01/0134).
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I wiedergegebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
Der Beschwerdeführer nigerianischer Staatsangehörigkeit hielt sich auf Basis eines (2004 abgewiesenen) Asylantrags von 2003 bis 2007 und hält sich seit 2013 wieder im Inland auf. Er befand sich bis 16.01.2020 mehrere Monate in Strafhaft und übernahm am 15.01.2020 in der Justizanstalt persönlich den Bescheid vom 14.01.2020. Spruch und Rechtsmittelbelehrung des Bescheids waren mit deren Übersetzungen in Englisch ergänzt. Unter einem erhielt er eine Verfahrensanordnung des BFA vom 13.01.2020 über die Beigabe einer Rechtsberatung für ein etwaiges Beschwerdeverfahren, die zweisprachig Deutsch/Englisch an ihn ergangen war.
Im Herkunftsstaat hat er die Grund- und die Sekundarschule besucht. Er spricht Englisch sowie etwas Deutsch und ist seit rund 10 Jahren mit einer Staatsangehörigen Ungarns verheiratet, mit der er zwei Kinder und den Wohnsitz gemeinsam hat. Die Gattin besaß im Jänner 2020 ein funktionierendes Mobiltelefon mit österreichischer SIM-Karte.
Seine Ehefrau brachte den Bescheid vom 14.01.2020 am 20.01.2020 zu einem Rechtsanwalt, der für das Erheben einer Beschwerde dagegen € 1.000,-- verlangte. Da das Ehepaar nur € 800,-- aufbringen konnte, blieb für den Kanzleimitarbeiter offen, ob der Rest noch bezahlt oder diese € 800,-- refundiert werden würden. Deshalb trug er die Beschwerde nicht im Fristkalender ein.
Der Beschwerdeführer ging dagegen davon aus, die Beschwerde werde auch um € 800,-- rechtzeitig erhoben werden, und kümmerte sich nicht weiter darum. Am 26.02.2020 erfuhr er in der Kanzlei des Anwalts, dass keine Beschwerde ausgeführt worden war.
Es kann nicht festgestellt werden, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer annahm, dass seine Beschwerde zum genannten Preis rechtzeitig eingebracht werde. Er hat außer diesem Irrtum kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis behauptet, das ihn an der rechtzeitigen Beschwerde gehindert hätte.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich weitgehend bedenkenlos aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem Akt dieses Gerichts, ergänzt um Registerauszüge aus dem ZMR.
Auf Basis des Vorbringens und wegen der Nichtinanspruchnahme der zugewiesenen Rechtsberatungseinrichtung für das Beschwerdeverfahren konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer davon ausging, es werde für ihn Beschwerde erhoben.
Die Negativfeststellung betreffend die Gründe der Annahme einer rechtzeitigen Beschwerdeeinbringung aufseiten des Beschwerdeführers ergab sich aus Folgendem:
Dem Vorbringen des Wiedereinsetzungsantrags zufolge glaubte der Beschwerdeführer, den Kanzleimitarbeiter des Anwalts „so verstanden zu haben“, dass der Anwalt „die Beschwerde auch für weniger Geld erarbeiten würde“. Das Missverständnis beruhe sowohl auf seinen „kaum vorhandenen“ Deutsch- als auch auf seinen schlechten Englischkenntnissen.
Nach diesem Vorbringen litt der Beschwerdeführer auch „immer wieder“ an starken Rückenschmerzen, erledigte den Haushalt und betreute die Kinder. Zudem habe er wegen der drohenden Trennung von der Familie Stress gehabt und an Schlaflosigkeit gelitten.
Ferner wird im Wiedereinsetzungsantrag vorgebracht, die Gattin des Beschwerdeführers habe am 27.01.2020 in der Kanzlei des Anwalts angerufen, und dabei erfahren, dass die Beschwerde erledigt worden sei. Vermutlich sei sie mit jemand anderem verwechselt worden.
Für keine dieser Behauptungen beinhaltet der Wiedereinsetzungsantrag einen Hinweis auf ihr Zutreffen. Weder liegen irgendwelche Aufzeichnungen der Anwaltskanzlei vor, noch ein Gesprächsnachweis zum Anruf beim Anwalt, eine Vollmacht, eine Quittung über die Anzahlung, ein Attest betreffend Schmerzen oder Schlaflosigkeit, oder auch eine Erklärung der Gattin.
Warum der Beschwerdeführer schlechte Englischkenntnisse haben sollte, erschließt sich mit Blick auf dessen Herkunft und Schulbildung nicht.
Nach all dem hat der Beschwerdeführer sein Vorbringen nicht einmal teilweise bescheinigt. Es entspricht auch nicht der Lebenserfahrung, sich – angesichts der Gefahr einer Trennung von Frau und Kindern sowie der Verbringung auf einen anderen Kontinent – auf eine bloße Auskunft vom Hörensagen hin darauf zu verlassen, dass alles Nötige dagegen unternommen wurde, konkret eine rechtzeitige Beschwerde, ohne sich auch nur eine Abschrift der bezahlten Eingabe zu verschaffen.
Es war damit nicht feststellbar, weshalb der Beschwerdeführer davon ausgegangen ist, dass der Rechtsanwalt die Beschwerde auch für weniger Geld einbringen werde. Einen anderen Grund für die versäumte Beschwerde gab er nicht an.
3. Rechtliche Beurteilung:
Im gegebenen Zusammenhang ist in den beiden Beschwerdeverfahren zunächst lediglich darüber zu befinden, ob die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags durch das BFA vom 10.04.2020 rechtens war, und in weiterer Folge, ob der Beschwerde gegen den Bescheid des BFA 14.01.2020, welcher das Aufenthaltsverbot beinhaltet, wegen Verspätung eine inhaltliche Erledigung versagt bleibt, weil der damit bekämpfte Bescheid rechtskräftig wurde.
Zu A) Abweisung einer Beschwerde (Spruchteil I), Zurückweisung der anderen (Spruchteil II):
3.1 Zur Abweisung des Wiedereinsetzungantrags (Bescheid vom 10.04.2020, Spruchpunkt I):
Nach § 33 Abs. 1 VwGVG ist ein Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt hat und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Ein Verschulden der Partei hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben. (VwGH 21.01.2020, Ra 2019/14/0604 mwN) Andernfalls liegt kein „minderer Grad des Versehens“ (§ 1332 ABGB) mehr vor, weil es sich um keine leichte Fahrlässigkeit handelt, also ein Fehler begangen wird, der keiner ist, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch macht. (VwGH 03.09.1998, 97/06/0156)
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei Versäumen der Beschwerdefrist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand allein § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung, und nicht die §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt. (VwGH 30.05.2017, Ra 2017/19/0113) Infolge der gleichartigen Rechtslage ist indes die zu § 71 Abs. 1 AVG ergangene Rechtsprechung auf die Bestimmung des § 33 Abs. 1 VwGVG übertragbar. (VwGH 26.06.2019, Ra 2019/20/0137 mwN)
Nach der Rechtsprechung trifft in Anbetracht der Bedeutung von Rechtsmittelfristen jede Partei in Bezug auf deren Einhaltung eine erhöhte Sorgfaltspflicht. (VwGH 19.12.1996, 95/11/0187 mwN) Dabei gebietet gerade das Wissen um eine mangelhafte Beherrschung der deutschen Sprache besondere Aufmerksamkeit, z. B. auch in Bezug auf die richtige Mitteilung des Zustelltages. (Vgl. VwGH 19.12.1996, 95/11/0187)
Dem erwähnten sorgfältigen Menschen wird demnach gerade dann, wenn nicht nur sein Verbleib im Lande und bei der Familie auf dem Spiel steht, sondern auch seine Deutschkenntnisse schlecht sind, nicht der Fehler unterlaufen, sich zu nicht zu vergewissern, ob tatsächlich rechtzeitig eine Beschwerde eingebracht wurde, sei es durch Nachfrage bei der Behörde, sei es durch Anforderung einer Abschrift, Übermittlungsbestätigung oder anderen Urkunde.
Mit seinem Vorbringen legt der Beschwerdeführer somit nicht dar, dass er die im vorliegenden Fall erforderliche und ihm zumutbare Sorgfalt zur Wahrung der Beschwerdefrist eingehalten hätte, warum auch immer er sich auf die rechtzeitige Einbringung verließ.
Dabei ist fallbezogen betreffend die vorgebrachten Beeinträchtigungen durch Stress und Rückenschmerzen auch zu beachten, dass eine Erkrankung nach ständiger Rechtsprechung nur dann ein Wiedereinsetzungsgrund ist, wenn sie einen Zustand der Dispositionsunfähigkeit zur Folge hatte und so plötzlich und so schwer auftrat, dass der Erkrankte nicht mehr in der Lage war, die nach Sachlage gebotenen Maßnahmen zu treffen. (VwGH 02.04.2020, Ra 2019/22/0219) Das wurde weder vorgebracht noch festgestellt. Damit ist aber auch die Kausalität betreffend die Fristversäumnis nicht dargetan worden.
Somit ist der Irrtum zwar als kausales und wohl auch unvorhergesehenen Ereignis zu qualifizieren (wie gezeigt nicht als unabwendbares), jedoch ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass ihn am nicht rechtzeitigen Einbringen der Beschwerde oder am Irrtum über diesen Umstand nur ein minderer Grad des Verschuldens träfe. Vor diesem Hintergrund kann dem BFA nicht entgegengetreten werden, wenn es davon ausgeht, im Verhalten des Vertreters des Beschwerdeführers kein lediglich leicht fahrlässiges Handeln erkennen zu können.
Die Voraussetzung des § 33 Abs. 1 VwGVG lag demnach nicht vor, weshalb der Antrag auf Wiedereinsetzung abzuweisen war. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet und war abzuweisen, wobei die Anführung der maßgeblichen Rechtsgrundlage richtigzustellen war.
3.2 Zur Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung des Wiedereinsetzungsantrags (Bescheid vom 10.04.2020, Spruchpunkt II):
Nach § 33 Abs. 4 VwGVG kann die Behörde oder das Verwaltungsgericht einem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen. Nach den in § 22 Abs. 1 VwGVG vorgesehenen Kriterien ist diese im Fall einer versäumten Beschwerdefrist (sinngemäß) dann zu gewähren, wenn zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit der Vollstreckung des (mit der nachgeholten Beschwerde) bekämpften Bescheids für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. (Zur Anwendung von § 33 Abs. 4 mithilfe des § 22 Abs. 1 VwGVG vgl. Fuchs in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren² [2018], § 33 VwGVG Anm. 23; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte² § 33 VwGVG K 23).
Als solchen Nachteil bringt der Beschwerdeführer die ihm drohende Schubhaft und Abschiebung vor. Der VwGH hat im Zusammenhang mit der Abschiebung ausgesprochen, dass § 46 FPG auch bei Vorliegen der dort genannten Bedingungen keine unbedingte Abschiebeverpflichtung vorsieht. Inwieweit die Erfolgschancen des Wiederaufnahmeantrags beim Vollzug der Abschiebung zu berücksichtigen sind, könne beim konkreten Sachverhalt offenbleiben. (VwGH 28.01.2016, Ra 2015/21/0232 mwN)
Das BFA hat die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung sinngemäß damit begründet, dass der Beschwerdeführer seine Rechtsstellung verloren habe, indem er die Beschwerde versäumte, obwohl offenkundig gewesen sei, dass ihm damit ein unverhältnismäßiger Nachteil entstehen würde. Der Nichtzuerkennung stünden auch keine ersichtlichen zwingenden öffentlichen Interessen entgegen.
Diesen Argumenten zufolge wäre es im Fall eines Aufenthaltsverbots, gegen das keine rechtzeitige Beschwerde erhoben wurde, nur allenfalls dann zulässig, einem Wiedereinsetzungsantrag die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn dem Beschwerdeführer kein unverhältnismäßiger Nachteil drohte (und die Zuerkennung nicht wegen zwingender öffentlicher Interessen erforderlich wäre). Das Verwaltungsgericht vermag sich dem mit Blick auf den Wortlaut der Bestimmung des § 22 Abs. 1 VwGVG nicht anzuschließen, dem diese Bedeutung nicht zuzusinnen ist.
Es sieht sich aber schon auf Grund des nunmehr erreichten Verfahrensstandes veranlasst, die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BFA abzuweisen. Durch die rechtskräftige Beendigung des Verfahrens über den Wiedereinsetzungsantrag entfällt nämlich die bis dahin bestehende Möglichkeit, diesem Antrag gemäß § 71 Abs. 6 AVG mit besonderem Bescheid die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (VwGH 06.11.2013, AW 2013/10/0040 mwN). Da dies auf § 33 Abs. 4 VwGVG übertragbar ist (vgl. VwGH 20.04.2017, Ra 2017/19/0113), bleibt nach Bestätigung der Abweisung der Wiedereinsetzung kein Raum für eine Änderung des Ausspruchs des BFA über die aufschiebende Wirkung, sei es meritorisch oder kassatorisch.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II war daher ebenso abzuweisen, wobei wieder die Anführung der maßgeblichen Rechtsgrundlage richtigzustellen war.
3.3 Zur Zurückweisung der Beschwerde vom 09.03.2020 (Spruchteil II):
Die Frist für Bescheidbeschwerden beträgt nach § 7 Abs. 4 VwGVG vier Wochen. Demnach endete diese Frist für eine Beschwerde gegen den am 15.01.2020 (Mittwoch) zugestellten Bescheid am 12.02.2020 (dem vierten folgenden Mittwoch). Demgemäß hat der Beschwerdeführer die Frist nicht eingehalten. Damit ist der Bescheid des BFA nicht rechtzeitig bekämpft worden, weshalb die Beschwerde bei ihrer Einbringung nicht mehr zulässig war.
Der Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Beschwerdefrist wurde – nunmehr rechtskräftig – abgewiesen. Die Beschwerde vom 09.03.2020 war also wegen ihrer verspäteten Einbringung zurückzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Glaubhaftmachung eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist die gebotene Aktualität auf. Er steht bereits aufgrund der Aktenlage – insbesondere der Schriftsätze des Beschwerdeführers und der Übernahmebestätigung – fest.
Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwH).
Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.
Schlagworte
Aufenthalt im Bundesgebiet Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung - Entfall Beschwerdefrist Dispositionsunfähigkeit Durchsetzungsaufschub Erkrankung Fahrlässigkeit Fristablauf Fristüberschreitung Fristversäumung Glaubhaftmachung Irrtum minderer Grad eines Versehens Rechtsmittelfrist Rechtzeitigkeit Sorgfaltspflicht unabwendbares Ereignis unverhältnismäßiger Nachteil unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis Verschulden verspätete Beschwerde Verspätung Wiedereinsetzungsantrag zumutbare Sorgfalt ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I419.2230353.1.01Im RIS seit
05.11.2020Zuletzt aktualisiert am
05.11.2020