TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/27 I422 2217806-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.07.2020
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Entscheidungsdatum

27.07.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2217717-1/38E

I422 2217806-1/34E

Schriftliche Ausfertigung des am 03.06.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerden des XXXX (Erstbeschwerdeführer), geb. am XXXX, StA. Ägypten sowie der XXXX (Zweitbeschwerdeführerin), geb. am XXXX, StA. Ägypten, jeweils vertreten durch den Verein Legal Focus, Lazarettgasse 28/3, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.03.2019, ZI. 1137011505-170953269/BMI-BFA_NOE_RD betreffend den Erstbeschwerdeführer und den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.03.2019, ZI. 1158019210-170953285/BMI-BFA_NOE_RD betreffend die Zweitbeschwerdeführerin, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.06.2019 sowie am 03.06.2020, zu Recht:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführer reisten am 14.08.2017 in das Bundesgebiet ein. Am selben Tag stellte der Erstbeschwerdeführer für sich und die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, dass er seinen Herkunftsstaat aufgrund einer Erbschafts- und Obsorgestreitigkeit um die Zweitbeschwerdeführerin verlassen habe. Dieser sei nach dem Tod seiner Ehegattin mit deren Familie entstanden, nachdem laut der ägyptischen Gesetzeslage den weiblichen Familienmitgliedern seiner verstorbenen Ehegattin die Obsorge der Zweitbeschwerdeführerin zugesprochen worden sei. Zudem sei er als Christ von den Nachbarn der Schwiegereltern und zugleich Lebensgefährtin seiner Schwägerin mehrmals massiv bedroht worden.

Mit Bescheid vom 21.03.2019, ZI. 1137011505-170953269/BMI-BFA_NOE_RD und zu ZI. 1158019210-170953285/BMI-BFA_NOE_RD wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch hinsichtlich des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab. Sie erteilte ihnen keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt IIII.), erließen über sie eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.) und erklärte ihre Abschiebung nach Ägypten für zulässig (Spruchpunkt V.). Für ihre freiwillige Ausreise räumte die belangte Behörde den Beschwerdeführern eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ein (Spruchpunkt VI.). Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass ein asylrelevanter Sachverhalt nicht festgestellt habe werden können, da die vom Erstbeschwerdeführer vorgebrachten Gründe für das Verlassen ihres Herkunftsstaates im familiären bzw. privaten Bereich liegen und nicht vom ägyptischen Staat ausgehen würden.

Gegen den Bescheid erhoben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz ihrer Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde. Sie begründeten diese zusammengefasst damit, dass sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer in keiner Weise auseinandergesetzt habe. Der Erstbeschwerdeführer habe aufgrund der gesetzlichen Lage in Ägypten keine legale Möglichkeit, seine Tochter aus der Obsorge der Tante zu befreien. Der Umstand, dass der Erstbeschwerdeführer mit der Zweitbeschwerdeführerin kein Familienleben mehr führen könne und die Zweitbeschwerdeführerin von der Tante und deren Familie schlecht behandelt worden sei, stehe einer Rückkehr nach Ägypten entgegen. Des Weiteren habe sich die belangte Behörde auch nicht mit der Verfolgung des Erstbeschwerdeführers als koptischer Christ auseinandergesetzt.

Am 19.06.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt und wurden die Beschwerden im Rahmen einer mündlich verkündeten Entscheidung abgewiesen. Die Beschwerdeführer beantragte in der Folge die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.

Mit Schriftsatz vom 31.07.2019 erhoben die Beschwerdeführer eine auf Art. 144 B-VG gestützte Beschwerde gegen das mündliche verkündete Erkenntnis vom 19.06.2019, mit welcher die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wurde. Begründend führten die Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass vom Bundesverwaltungsgericht nur darüber abgesprochen worden sei, ob Gründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention berührt seien. Es habe sich jedoch nicht damit beschäftigt, ob im Sinne von Art. 2 oder 3 EMRK Gründe vorhanden seien, welche gegen eine Ausweisung oder Abschiebung der Beschwerdeführer nach Ägypten sprächen, obwohl Gefahren für Leben und Gesundheit konkret vorgebracht worden seien.

Am 16.09.2019 erging seitens des Bundesverwaltungsgerichts eine schriftliche Ausfertigung des angefochtenen mündliche verkündeten Erkenntnisses, wogegen die Beschwerdeführer eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben.

Mit Erkenntnis vom 13.12.2019 sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass die Beschwerdeführer durch das angefochtene Erkenntnis, soweit damit die Beschwerde gegen die Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten, gegen die Nichterteilung von Aufenthaltstitel sowie gegen die erlassenen Rückkehrentscheidungen und den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Ägypten unter Setzung einer zweiwöchigen Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden sind. Im Übrigen lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat die Beschwerde insoweit an den Verwaltungsgerichtshof ab. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich das Bundesverwaltungsgericht mit den vorgebrachten Fluchtmotiven der Beschwerdeführer auseinandergesetzt, es jedoch unterlassen hat, die wesentlichen Entscheidungsgründe zur Abweisung der Beschwerde hinsichtlich der weiteren Spruchpunkte der angefochtenen Bescheide, insbesondere der Nichtzuerkennung von subsidiärem Schutz, der Erlassung von Rückkehrentscheidungen sowie der Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung zu verkünden.

Am 03.06.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht erneut eine mündliche Verhandlung statt und wurden die Beschwerden im Rahmen einer mündlich verkündeten Entscheidung abgewiesen. Die Beschwerdeführer beantragte in der Folge die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Der volljährige Erstbeschwerdeführer und die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin sind Staatsangehörige von Ägypten, gehören der arabischen Volksgruppe an und bekennen sich zum christlich-orthodoxen Glauben. Ihre Identität steht fest.

Der Erstbeschwerdeführer ist gesund und erwerbsfähig.

Die Zweitbeschwerdeführerin ist entwicklungsverzögert und besteht der Verdacht, dass sie an einer angeborenen Erkrankung des zentralen Nervensystems („Dandy-Walker-Variante“) leidet. Zusätzlich leidet die Zweitbeschwerdeführerin an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Diesbezüglich nimmt die Zweitbeschwerdeführerin psychotherapeutische Maßnahmen in Anspruch. Die Zweitbeschwerdeführerin leidet an keinen derartigen psychischen und physischen Beeinträchtigungen die ihrer Rückkehr nach Ägypten entgegenstehen.

Im Hinblick auf COVID 19 steht der Gesundheitszustand der Beschwerdeführer einer Rückkehr nicht entgegen.

Der Erstbeschwerdeführer weist eine mehrjährige Schul- bzw. Hochschulbildung auf und absolvierte ein Wirtschaftsstudium. Daran anschließend verdiente er sich die letzten 17 Jahre seinen Lebensunterhalt als Buchalter in einem Unternehmen. Die Zweitbeschwerdeführerin besuchte bis zur ihrer Ausreise die Schule.

Der Erstbeschwerdeführer ist verwitwet und der Vater der Zweitbeschwerdeführerin. Ihm wurde die Obsorge hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin zugesprochen. Der Bruder des Erstbeschwerdeführers und Onkel der Zweitbeschwerdeführerin leben in Kairo. Zu seinem Bruder in Ägypten stehen die Beschwerdeführer nach wie vor in Kontakt. Zudem leben noch sechs Schwestern der verstorbenen Ehegattin des Erstbeschwerdeführers und somit sechs Tanten der Zweitbeschwerdeführerin in Ägypten.

In Österreich verfügen die Beschwerdeführer – abgesehen voneinander – über keine familiären Anknüpfungspunkte.

Der Erstbeschwerdeführer absolvierte einen Deutschkurs auf Niveau A2 und schloss diesen mit einer positiven Prüfung ab und spricht Deutsch auf einfachem und verständlichem Niveau. Darüber hinaus knüpfte er, insbesondere im Rahmen einer Kirchengemeinschaft sowie im Rahmen von Veranstaltungen der Zeugen Jehovas, soziale Kontakte.

Der Erstbeschwerdeführer verfügt über einen Arbeitsvorvertrag vom 11.05.2020, in welchem ihm seitens des Arbeitgebers Gebäudereinigung R GmbH zu gesichert wird, dass dieser ihn nach derzeitiger positiver Auftragslage mit 01.07.2020 als Hausbetreuer der Firma aufnehmen würde. Das Arbeitsverhältnis beginnt unverzüglich nach Vorlage des Aufenthaltstitels. Darüber hinaus betätigt sich der Erstbeschwerdeführer ehrenamtlich im Rahmen der Caritas im Ausmaß von einer Stunde täglich. Vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie betätigte er sich außerdem ehrenamtlich in einem „Leo Markt“.

Die Zweitbeschwerdeführerin absolviert derzeit die vierte Schulstufe der Mittelschule und knüpfte erste freundschaftliche Kontakte. In ihrer Freizeit geht sie mit ihren Freunden sowie mit ihrem Vater spazieren. Sie spricht und versteht Deutsch auf einfachem Niveau und besucht derzeit einen Deutschkurs.

In Österreich ist der Erstbeschwerdeführer nicht erwerbstätig. Sie beziehen keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung, werden jedoch seitens der Caritas finanziell unterstützt.

Die Beschwerdeführer sind strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer:

Der Erstbeschwerdeführer verließ seinen Herkunftsstaat aufgrund von Problemen, die er mit der Familie seiner verstorbenen Ehegattin wegen der Erbschaft und Obsorge der Zweitbeschwerdeführerin hatte. Zudem nannte er als weiteres Fluchtmotiv eine Bedrohung durch den Nachbarn der Schwiegereltern und gleichzeitig Lebensgefährten seiner Schwägerin wegen seiner Religionszugehörigkeit.

Die Zweitbeschwerdeführerin machte keine eigenen Fluchtgründe geltend.

Die Beschwerdeführer werden im Fall ihrer Rückkehr nach Ägypten mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Ägypten:

Ägypten durchlebte im Zuge des sogenannten "arabischen Frühlings" im Jahr 2011 eine Periode der politischen Instabilität, die nach massiven Protesten gegen die Regierung des gewählten Präsidenten Mursi durch das Militär am 03.07.2013 beendet wurde. Nach der Suspension der Verfassung trat am 18.01.2014 die neue Verfassung in Kraft, nach welcher Ägypten ein demokratischer Rechtsstaat mit dem Islam als Staatsreligion, Arabisch als Amtssprache und den Prinzipien der Scharia die Hauptquelle der Gesetzgebung ist. Seit Juni 2014 amtiert die Regierung des Präsidenten Abdel Al-Sisi zunächst ohne Parlament, seit 11.01.2016 wieder mit einem Abgeordnetenhaus. Seit 2011 ist die Sicherheitslage in Ägypten instabil. Die Kräfte des politischen Islam wurden durch den Sturz des Präsidenten Mursi geschwächt, dennoch bleiben religiöse Kräfte stark. Politische Auseinandersetzungen sind häufig mit Gewaltausbrüchen begleitet. Die sicherheitspolitischen Herausforderungen bleiben infolge verschiedentlicher Angriffe islamischer Terrornetzwerke, zB in der westlichen Wüste oder am Sinai beträchtlich. Es besteht landesweit ein erhöhtes Risiko terroristischer Anschläge und der Gefahr von Entführungen. Infrastruktureinrichtungen zählen zu besonderen Zielen terroristischer Anschläge. Vereinzelt sind auch westliche Einrichtungen Ziele von Anschlägen. Besonders gefährdet ist die Halbinsel Sinai, wo es wiederholt zu schweren terroristischen Anschlägen auch durch die Terrororganisation ISIS gekommen ist und im nördlichen Teil der Ausnahmezustand verhängt wurde.

Die neue Verfassung gewährleistet die Unabhängigkeit der Justiz und die Immunität der Richter. In der Regel handeln Gerichte unparteilich, wobei vereinzelt politisch motivierten Urteilen vorkommen. Die Urteile werden in der Regel von der Regierung akzeptiert. Strafgerichte folgen westlichen Standards mit Unschuldsvermutung, detaillierter Information über die Anklagepunkte und dem Recht auf eine anwaltliche Vertretung und Verteidigung.

Ägypten verfügt über einen sehr ausgeprägten internen Sicherheitsapparat, welcher eine effektive Kontrolle der Bevölkerung durch die Regierung ermöglicht. In der Vergangenheit waren wichtige Aufgaben des Sicherheitsdienstes die Überwachung der Opposition und der Einsatz bei Demonstrationen. In den vergangenen Jahrzehnten herrschte die überwiegende Zeit der Ausnahmezustand, wodurch den Sicherheitsbehörden außerordentliche Befugnisse bei der Überwachung und der Inhaftierung, vornehmlich von Angehörigen der Moslembrüderschaft, eingeräumt wurden.

Dem Innenministerium und den Armeekräften werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Gewalttätige Angriffe auf Demonstrationen und Tätlichkeiten gegenüber Demonstrationen durch Sicherheitskräfte sind durch Aktivisten und Blogger dokumentiert. Die Anwendung von Folter und Gewalt durch die Polizei und den Sicherheitsapparat ist verboten. Es bestehen Berichte über die Anwendung von Folter oder Schlägen zur Erlangung von Geständnissen bei Verhaftungen. Schwerwiegende Fälle von Foltervorwürfen werden untersucht.

Die neue ägyptische Verfassung enthält einen Grundrechtekatalog, allerdings sind die Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt, sowohl durch Gesetze als auch in der täglichen Praxis. Journalisten, Aktivisten und andere Personen mussten mit Festnahmen, strafrechtlicher Verfolgung und Gefängnisstrafen rechnen.

Die Religionsfreiheit ist in Ägypten eingeschränkt. Die Verfassung von 2014 erhebt den Islam zur Staatsreligion. Auch wenn die Glaubensfreiheit für Offenbarungsreligionen (Muslime, Christen, Juden) staatlich anerkannt wird, bestehen im Alltag Diskriminierungen aufgrund der Religionszugehörigkeit. Angriffe auf christliche Kirchen und koptisches Eigentum sind dokumentiert. Insbesondere in Oberägypten kommt es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und damit einhergehend zu regelmäßigen Benachteiligungen von Christen im Rahmen der Streitschlichtung. Vertreibungen christlicher Familien aus ihren angestammten Dörfern bei Konflikten kommen vor. Der Straftatbestand der Blasphemie mit der Drohung von Freiheitsstrafen bis zu 5 Jahren wird nicht nur mit drakonischer Härte exekutiert - so etwa im Falle von fünf koptischen Jugendlichen, die sich in einem Video über ISIS lustig machen - sondern auch als Vorwand dafür verwendet, Angehörige religiöser Minderheiten unter Druck zu setzen und Gewalt gegen sie zu legitimieren. Unter diesem Tatbestand werden auch bevorzugt Christen, nie aber Angehörige des Islam verurteilt. Ca. 9 % gehören der orthodoxen ägyptischen koptischen Kirche und ca. 1 % gehören anderen christlichen Konfessionen an. Das Religionsverständnis hat sich in den letzten Jahren jedoch je nach sozialer Gruppe in unterschiedlicher Form gewandelt. Mit dem Aufstieg des politischen Islam wurde in manchen Schichten eine engere und stärker auf äußere Formen orientierte Auslegung und Praktizierung der islamischen Religion populär. In ihrer Eigenwahrnehmung stellen Kopten keine Minderheit in Ägypten dar. Den ägyptischen Behörden wird zudem vorgeworfen, nichts gegen religiöse Diskriminierungen koptischer Christen zu unternehmen. Kopten sehen sich vielfach als Opfer von Diskriminierungen, die des Öfteren auch in Gewalt münden. Das Eigentum koptischer Christen wird durch den ägyptischen Staat nicht adäquat vor immer wieder aufflammender konfessioneller Gewalt geschützt. Während der Welle der Gewalt im August 2013, die seit Mai 2016 wieder aufflammte, wurden koptische Kirchen attackiert und Christen ermordet. Im August 2016 verabschiedete das ägyptische Parlament ein einerseits lang erwartetes, andererseits hoch umstrittenes Gesetz über den Bau von Kirchen in Ägypten. Obwohl die Führungspersönlichkeiten der drei großen christlichen Kirchen dem Gesetz zugestimmt haben, lassen vage Formulierungen darin Raum für Diskriminierung in der Praxis; dem Kirchenbau sind weiterhin gesetzliche Hürden in den Weg gelegt.

Hinsichtlich der Obsorge geht das Gesetz in Ägypten davon aus, dass das Kind in der ersten Zeit von einer Frau versorgt werden soll. Diese Zeitperiode erstreckt sich von der Geburt bis zum Alter von 15 Jahren. Danach fragt der Richter das Kind, zu wem es gehen will und es bleibt dort bis zum Alter von 21 Jahren für Buben und bis zur Heirat bei Mädchen.

Die Reihenfolge ist wie folgt: Die Mutter, die Großmutter mütterlicherseits, die Großmutter väterlicherseits, Schwestern der Mutter, Schwestern des Vaters.

Im Falle des Todes der Mutter, sowie der Großmütter mütterlicherseits und väterlicherseits und falls das Kind keine weiblichen Angehörigen hat, ist die Reihenfolge wie folgt: Vater, Großvater, Urgroßvater, Bruder, Halbbruder, Neffe, Sohn des Halbbruders und dessen Vorfahren, Onkel väterlicherseits, usw.

Die erste in der Reihenfolge ist die Mutter, sowohl wenn sie noch verheiratet ist als auch wenn sie vom Vater geschieden ist. Dann folgt die Großmutter mütterlicherseits und die Urgroßmutter mütterlicherseits. Wenn die Mutter wieder geheiratet hat, darf die Großmutter das Kind nicht im Haus des Mannes der Tochter unterbringen [Anm.: Sofern diese wieder geheiratet hatte], da er ein Fremder dem Kind gegenüber ist. In diesem Fall hat der Vater das Sorgerecht. Andernfalls sollte die Großmutter sterben oder heiraten, so geht das Sorgerecht an die Großmutter väterlicherseits, oder Urgroßmutter väterlicherseits. Dann geht das Sorgerecht an die Schwestern mütterlicherseits bzw. väterlicherseits.

Allgemein gesagt haben die Angehörigen der Mutter Vorrang vor den Angehörigen des Vaters was Sorgerecht angeht. Nur falls keine Angehörigen mütterlicherseits zur Verfügung stehen, können Angehörige väterlicherseits das Sorgerecht erhalten.

Auch hinsichtlich COVID-19 ergeben sich in Bezug auf den Herkunftsstaat keinerlei Bedenken: Ägypten setzt einerseits ebenfalls auf eine strenge Eingrenzung des öffentlichen Lebens und andererseits auf die Eigenverantwortung der Bevölkerung im Kampf um die Eindämmung der Pandemie (https://www.oecd.org/mena/competitiveness/The-Covid-19-Crisis-in-Egypt.pdf bzw. https://egyptindependent.com/egyptian-cabinet-announces-new-coronavirus-measures-for-next-15-days/). Mit Stand 01.06.2020 meldete Ägypten 23.449 bestätigte Fälle und 913 Todesfälle auf (https://covid19.who.int/region/emro/country/eg).

Zusammengefasst wird festgestellt, dass eine nach Ägypten zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt wird.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführer vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in die bekämpften Bescheide und in den Beschwerdeschriftsatz, den Angaben der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 19.06.2019 und vom 03.06.2020 sowie in das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Ägypten mit Stand 24.07.2019 sowie der von der belangten Behörde eingeholten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zum Thema „Sorgerecht“ datierend vom 01.06.2018. Zusätzlich wurde Einsicht genommen in das Zentrale Melderegister (ZMR), Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), das Betreuungsinformationssystem des Bundes über die Gewährleistung von vorübergehender Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftiger Fremde in Österreich (GVS) sowie das Strafregister der Republik Österreich.

2.2. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Die Feststellungen zu ihrer Voll- und Minderjährigkeit, ihrer Staatsangehörigkeit, sowie ihrer Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit begründen sich aus den glaubhaften Angaben des Erstbeschwerdeführers vor der belangten Behörde und den diesbezüglich gleichbleibenden Angaben in den mündlichen Verhandlungen beim Bundesverwaltungsgericht. Aufgrund des im Administrativverfahren vorgelegten Personalausweises und des Reisepasses des Erstbeschwerdeführers sowie des Reisepasses der Zweitbeschwerdeführerin steht deren Identität fest.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Erwerbsfähigkeit, ergeben sich aus seinen Angaben, wonach er gesund sei und hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen. Hierbei handelt es sich zunächst um ein Arztschreiben von Dr. Cornelia L., datiert vom 06.09.2017. In diesem verweist die Ärztin für Allgemeinmedizin, dass die Zweitbeschwerdeführerin an einer psychischen Erkrankung mit Angststörung leidet. Sie empfiehlt einen Schulbesuch und eine ehestmögliche fachärztliche Begutachtung. Der ebenfalls vorgelegten Stellungnahme von Dr. Christian W., einem Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, datierend vom 25.09.2017 ist zu entnehmend, dass die Zweitbeschwerdeführerin an einer reaktiven Depression als Einzelepisode leidet. Als Therapie schlug der Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie die Schaffung eines sicheren Milieus mit ausreichend Sozialkontakten, einem Deutschkurs sowie einer in Arabisch gehaltenen Psychotherapie vor. Der belangten Behörde lag auch der psychologische Befund von Mag. Christine. P., einer klinischen Psychologin und Gesundheitspsychologin, datierend vom 08.11.2017 sowie einer Überweisung an Mag. Mitterndorfer vom 11.01.2018 vor. In der mündlichen Verhandlung am 19.06.2019 wurden zusätzlich noch eine psychotherapeutische Stellungnahme der Diakonie Flüchtlingsdienst vom 19.12.2018, in dem festgehalten wird, dass die Zweitbeschwerdeführerin an einer Posttraumatischen Belastungsstörung leidet, ein zweiter psychologischer Befund von Mag. Christine. P., einer klinischen Psychologin und Gesundheitspsychologin, datierend vom 05.11.2018 und das MRT des Universitätsklinikums Krems datierend vom 02.11.2018 vorgelegt. Laut Ergebnis des Schädel-CT der radiologischen Abteilung des Universitätsklinikum Krems wurde bei der Zweitbeschwerdeführerin eine gering bis mäßig ausgeprägte Megacisterna magna sowie eine nicht prominente Darstellung der Vermis und der Tonsillen des Kleinhirns entdeckt. Beide Ergebnisse könnten auf eine „Dandy-Walker-Variante“ hinweisen. Die Megacisterna magna weise für sich gesehen keine pathologischen Krankheitswert auf. Ein allfälliger weiterer Befund des Klinikum Krems, in dem das Ergebnis des Schädel-CT medizinisch diagnostiziert und bestätigt wird, liegt nicht vor bzw. wurde vom Erstbeschwerdeführer auch nicht vorgelegt. Die im MRT ausgesprochene Vermutung einer angeborenen Erkrankung des zentralen Nervensystems spiegelt sich auch in den beiden psychologischen Befunden von Frau Mag. Christine P., vom 08.11.2017 und vom 05.11.2018 wieder. Demzufolge ist die kognitive Leistungsfähigkeit der Zweitbeschwerdeführerin unter dem Normbereich angesiedelt und ihr Arbeitstempo reduziert.

In einer Gesamtbetrachtung dieser schlüssigen und nachvollziehbaren medizinischen Unterlagen verfestigt sich das Bild, dass die Zweitbeschwerdeführerin an einer angeborenen Erkrankung des zentralen Nervensystems sowie darüber hinaus an einer psychischen Beeinträchtigung in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet.

An dieser Einschätzung vermag auch die von dem Erstbeschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 03.06.2020 vorgelegte „Ergänzung zur Psychotherapeutischen Stellungnahme vom 17.05.2019“ der Diakonie Flüchtlingsdienst vom 26.09.2019, in welcher ausgeführt wird, dass die Zweitbeschwerdeführerin aufgrund der lang anhaltenden traumatisierenden Lebensumstände an einer Entwicklungsverzögerung sowie an ausgeprägten Symptomen einer Posttraumatischen Belastungsstörung leidet, nichts zu ändern. Auch wenn die belastete Vergangenheit der Zweitbeschwerdeführerin (insbesondere der Tod der Mutter), aus welcher gewiss ein Teil der psychischen Beeinträchtigungen resultieren, in keiner Weise in Abrede gestellt wird, so kann doch – insbesondere aufgrund der zuvor vorgelegten medizinischen sowie psychiatrischen Unterlagen – in den traumatischen Erfahrungen nicht die alleinige Ursache der psychischen Beeinträchtigungen gesehen werden. Vielmehr ergibt sich anhand dem vorgelegten Konvolut an Unterlagen das runde Bild einer angeborenen Entwicklungsstörung, zu welcher eine posttraumatische Belastungsstörung hinzukam.

Dass diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen einer Rückkehr der Zweitbeschwerdeführerin nach Ägypten nicht entgegenstehen, resultiert vor allem aus dem Umstand, dass es sich hierbei zunächst um keine lebensbedrohlichen Erkrankungen handelt und die Zweitbeschwerdeführerin mit einem Teil dieser Beeinträchtigungen bereits über längere Zeit in Ägypten lebte. Des Weiteren sind die Schaffung einer sicheren Umgebung, der Aufbau eines sozialen Umfeldes und die Inanspruchnahme einer Psychotherapie auch in Ägypten möglich. Zudem erstatteten die Beschwerdeführer bezüglich der Erkrankung der Zweitbeschwerdeführer kein Vorbringen, dass diese einer allfälligen Rückkehr entgegenstehen würde.

Aufgrund der bereits vorliegenden umfassenden medizinischen sowie psychologischen Fachgutachten, aus welchen sich ein schlüssiges sowie rundes Bild herauskristallisierte, erachtet das Bundesverwaltungsgericht die Einholung eines weiteren psychologischen Fachgutachtens – wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 03.06.2020 beantragt – nicht als erforderlich. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass dem Erstbeschwerdeführer die Vorlage akutellerer Gutachten freigestanden wäre.

Aus der Zusammenschau der COVID-19-Risikogruppe-Verordnung im Hinblick auf gesundheitlichen Beeinträchtigungen sowie dem Alter der Beschwerdeführer vermag kein Rückkehrhindernis erkannt werden.

Aus den glaubhaften Angaben des Erstbeschwerdeführers resultieren auch die Feststellungen, dass er über die mehrjährige Schul- bzw. Hochschulbildung und einen Abschluss eines Wirtschaftsstudiums sowie der verdienst seines Lebensunterhaltes. Die Feststellung, dass die Zweitbeschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat bislang die Schule besucht, erschließt sich aus den Angaben des Erstbeschwerdeführers im Administrativverfahren.

Die familiäre Beziehung der Beschwerdeführer zueinander ergibt sich aus dem Verwaltungsakt. Aus den Angaben in der niederschriftlichen Einvernahme vom 06.03.2018 brachte der Beschwerdeführer glaubhaft vor, dass ihm laut Erbbestätigung die Obersorge über die Zweitbeschwerdeführerin zugesprochen wurde. Zuletzt bestätigte der Erstbeschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung am 03.06.2020 glaubhaft, dass einer seiner beiden Brüder nach wie vor in Kairo lebe und er mit diesem nach wie vor in Kontakt stehe.

Aus den Angaben vor der belangten Behörde ist auch die familiäre Zusammensetzung der verstorbenen Ehegattin des Erstbeschwerdeführers bzw. der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin geklärt.

Dass die Beschwerdeführer in Österreich – abgesehen voneinander – keine familiären Anknüpfungspunkte haben bestätigte der Erstbeschwerdeführer zuletzt im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Dass der Erstbeschwerdeführer einen Deutschkurs auf Niveau A2 positiv abschloss, ergibt aus dem von ihm vorgelegten Sprachzertifikat vom 17.03.2020. Die Feststellungen hinsichtlich seiner ehrenamtlichen Betätigungen ergeben sich aus dessen glaubhaften Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 03.06.2020. Die Feststellungen hinsichtlich der von ihm geknüpften sozialen Kontakte ergeben sich einerseits aus dem glaubhaften Vorbringen im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 19.06.2019 sowie aus den von dem Erstbeschwerdeführer vorgelegten Unterstützungsschreiben (Schreiben vom Pfarrer des Pfarrverbandes A., M. und R. vom 04.03.2018, Schreiben der Flüchtlingsbetreuerin der Firma H).

Dass die Zweitbeschwerdeführerin Deutsch auf einfachem Niveau spricht und versteht, beruht auf dem persönlichen Eindruck des erkennenden Richters im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 03.06.2020. Die von ihr geknüpften freundschaftlichen Kontakte sowie ihre Freizeitgestaltung ergeben sich aus ihren glaubhaften Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 03.06.2020.

Aus einem GVS-Auszug ist belegt, dass der Erstbeschwerdeführer in Österreich nicht erwerbstätig ist und dass die Beschwerdeführer keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung beziehen. Dass die Beschwerdeführer von der Caritas finanziell unterstützt werden, ergibt sich aus dem glaubhaften Vorbringen des Erstbeschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 03.06.2020.

Durch die Einsichtnahme in das Strafregister der Republik ist belegt, dass die Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten sind.

2.3. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:

Seinen Asylantrag begründete der Erstbeschwerdeführer im Administrativverfahren damit, dass er Ägypten aufgrund von Erbschafts- und Obsorgestreitigkeiten sowie aufgrund der Drohung des Nachbarn seiner Schwiegereltern und zugleich Lebensgefährten seiner Schwägerin verlassen habe.

Die Erbschafts- und Obsorgestreitigkeiten des Erstbeschwerdeführers mit der Familie seiner verstorbenen Ehegattin begründen sich im privaten Umfeld des Erstbeschwerdeführers. Aus den gesetzlichen Obsorgebestimmungen, den daraus resultierenden privaten Streitigkeiten und dem Einwand, dass der ägyptische Staat hinsichtlich seines Fluchtvorbringens nicht schutzwillig und schutzfähig sei, lässt sich keine Asylrelevanz im Sinne des Art 1 Absch A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) iVm § 3 Abs. 1 AsylG begründen und wurde darüber bereits rechtskräftig entschieden.

Wie umseits dargestellt, regelt das ägyptische Familienrecht die Obsorgebestimmungen im Falle des Todes eines Elternteiles klar und unmissverständlich. Diese Bestimmungen finden auf alle Rechtsunterworfenen des ägyptischen Familienrechts Anwendung. Eine explizite Schlechterstellung des Erstbeschwerdeführers oder eine schlechtere Behandlung seiner Person gegenüber anderen alleinerziehenden Vätern lässt sich – auch im Hinblick auf seine Religion oder sozialen Gruppe – aus dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers nicht ableiten bzw. wurde als solches auch nicht behauptet.

Dem Einwand in der ersten mündlichen Verhandlung, wonach es keine unabhängigen Stellen gäbe, die in den Fällen von Obsorgestreitigkeiten die Frage des Kindeswohl prüfen würden und es auch keine unabhängige Betreuungseinrichtung gäbe, ist anzumerken, dass die diesbezügliche Situation in Ägypten zwar mit den österreichischen Einrichtungen nicht vergleichbar ist, allerdings ist Ägypten um den Schutz von Kinder und Jugendliche bemüht. Die ägyptische Verfassung definiert ein Kind als jedermann unter 18 Jahren. Das bedingt, Kinder vor allen Formen von Gewalt, Missbrauch, Misshandlung und kommerzieller und sexueller Ausbeutung zu schützen. Auch wenn es weit verbreitete Berichte über Kindesmissbrauch gibt, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass zusätzlich zu den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Kinder das ägyptische Gesundheits- und Bevölkerungsministerium in Zusammenarbeit mit staatlichen (zB National Council for Childhood and Motherhood (NCCM) – http://www.nccm-egypt.org/) als auch nicht-staatlichen Einrichtungen (UNICEF - https://www.unicef.org/egypt/child-protection) Programme zum Schutz von Kindern anbieten.

Zum Vorbringen, wonach die Zweitbeschwerdeführerin von der Schwester der verstorbenen Ehegattin des Erstbeschwerdeführers misshandelt worden sei, ist zunächst auszuführen, dass eine in den Schutzbereich von Art. 3 EMRK fallende Maßnahme dann eine unmenschliche Behandlung oder Strafe darstellt, wenn sie eine gewisse Schwelle erreicht. Die Bestimmung der Frage, ob eine konkrete Maßnahme dieses Mindestmaß erreicht, ist relativ und hängt von den genannten Umständen des Falles ab, einschließlich der Dauer der Maßnahmen sowie ihrer physischen und mentalen Auswirkungen (EGMR 28,.22.1996, Nsona v. Niederlande)

Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer lässt sich keine derartige Misshandlung der Zweitbeschwerdeführerin ableiten. Vielmehr vermitteln die Befürchtungen des Erstbeschwerdeführers hinsichtlich der von der Schwester seiner verstorbenen Ehefrau ausgehenden Misshandlung sowie die seine Tochter in Ägypten drohenden Gefahren viel mehr den Eindruck, dass der Erstbeschwerdeführer mit dem Mittel der Instrumentalisierung seiner Tochter im ägyptischen Erb- und Obsorgeverfahren seinen Fluchtgründen mehr Gewichtung verliehen möchte. Hiefür sprechen einerseits seine vagen und allgemein gehaltenen Angaben. Die Ausführungen über die Misshandlungen, deren Anzahl und die Intensität bleiben im unkonkreten Bereich. Andererseits ist sein diesbezügliches Vorbringen auch geprägt von Steigerungen. So verweist er in der Erstbefragung zunächst, dass die Zweitbeschwerdeführerin bei den „Großeltern“ nicht gut behandelt worden sei. Im Zuge seiner Einvernahme vom 06.03.2018 bringt er vor, dass er davon erfahren habe, dass die Zweitbeschwerdeführerin von der Tante mit dem Schlauch und dem Flip-Flop geschlagen worden sei und dass er derartiges nicht akzeptiere. Gesteigert wird im Rahmen der Beschwerde erstmals vorgebracht, dass die Zweitbeschwerdeführerin von der Tante mit Rohrstab, Hausschuhen, Gürtel und anderen Gegenständen geschlagen worden sei und sie zudem unter Druck gesetzt worden, nichts dem Erstbeschwerdeführer zu erzählen, andernfalls sie zu Tode geprügelt werde. Für das erkennende Gericht ist nicht nachvollziehbar, dass der Erstbeschwerdeführer derart gravierende Misshandlungen und Drohungen erst im Beschwerdeschriftsatz vorbringt. Wenn nunmehr im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 03.06.2020 zudem vorgebracht wird, dass der Erstbeschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Ägypten eine sexuelle Misshandlung sowie eine Folterung seiner Tochter befürchte, erhärtet dies den Eindruck einer Steigerung seines Vorbringens rund um die Misshandlung der Zweitbeschwerdeführerin. Aber auch aus den Angaben im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahmen vom 06.03.2018 vermag der Darstellung einer (allenfalls systematischen und gravierenden) Misshandlung bzw. Erniedrigung durch die Tante nicht gefolgt werden, zumal es die Tante gewesen ist, die die Zweitbeschwerdeführerin wegen ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen zum Arzt brachte. In diesem Zusammenhang spricht es auch nicht für das Vorbringen, dass er – zumal er mit einer derartigen Behandlung nicht einverstanden gewesen sei – die Misshandlungen der Zweitbeschwerdeführerin nicht bei den ägyptischen Behörden bzw. der Polizei zur Anzeige brachte und die Achtung des Kindeswohl im Hinblick auf die Zweitbeschwerdeführerin vor den ägyptischen Behörden einforderte. Seinem Einwand, dass er sich der heimatstaatlichen Behörden nicht bedienen könne, da ihm aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen die Zweitbeschwerdeführerin weggenommen werden würde, ist entgegenzuhalten, dass sich die Zweitbeschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt bereits in der Obhut der Familie seiner verstorbenen Frau befand. Darüber hinaus wurde ihm laut eigener Aussage in der amtlichen Erbenbestätigung das Obsorgerecht für die Zweitbeschwerdeführerin eingeräumt. Ungeachtet dessen ist zudem auch nicht zwangsläufig belegt, dass die Zweitbeschwerdeführerin explizit wieder zu dieser besagten Tante in Obhut gegeben werden wird. Aus den Angaben der Staatendokumentation zum Thema Obsorge leitet sich lediglich ab, dass die gesetzliche Obsorge zunächst der Großmutter mütterlicherseits und danach der Großmutter väterlicherseits zufällt und erst danach den Schwestern mütterlicherseits zugesprochen wird. Eine Reihenfolge innerhalb der Schwestern ist nicht vorgegeben und ergeben sich auch aus den Angaben des Erstbeschwerdeführers keine Anzeichen dafür, dass dieser Tante zwingend die alleinige Obsorge über die Zweitbeschwerdeführerin zufällt. Aufgrund der vorangegangenen Überlegungen kann nicht zwangsläufig von Beeinträchtigung des Kindeswohles der Zweitbeschwerdeführerin ausgegangen werden.

Dem Einwand des Erstbeschwerdeführers, wonach er aufgrund der ägyptischen Rechtslage mit der Zweitbeschwerdeführerin kein Familienleben führen könne und er dadurch in seinen Grundrechten verletzt sei, kann nicht gefolgt werden. Die ägyptischen Obsorgebestimmungen führen nicht automatisch zu einem völligen Kontaktabbruch zwischen einem Kind und dem Vater und damit zu einer automatischen Beendigung dieser Familienbeziehung. Wie sich aus dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers ergibt, war dies auch im gegenständlichen Beschwerdevorbringen faktisch nicht der Fall. So hatte der Erstbeschwerdeführer während des Aufenthaltes der Zweitbeschwerdeführerin bei der Familie seiner verstorbenen Frau nachweislich Kontakt zu ihr und sah er – zB beim Besuch des Klosters mit seiner Tochter und der Cousine – seine Tochter auch. Daher geht der Beschwerdeeinwand einer allfälligen Grundrechtsverletzung ins Leere.

Auch sein Vorbringen, wonach er aufgrund der Kindesentziehung in Ägypten einer möglichen Haftstrafe ausgesetzt sei, geht ins Leere. Im Allgemeinen ist in der staatlichen Strafverfolgung im asylrechtlichen Sinn keine Verfolgung zu erblicken (VwGH 20.12.2016, Ra 2016/01/0126). Es ergaben sich aus dem Sachverhalt auch keine Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer gegenüber anderen Personen, die sich in Ägypten der Kindesentziehung strafbar gemacht haben, schlechter gestellt ist bzw. es den diesbezüglichen Sanktionen an Verhältnismäßigkeit fehlt. Somit begründet auch sein diesbezügliches Vorbringen keine Asylrelevanz. Ungeachtet dessen, darf auch hingewiesen werden, dass der Tatbestand der Kindesentziehung nach den österreichischen Strafbestimmungen (§ 195 StGB) ebenfalls strafrechtlich relevant ist.

Ebenso vermochte sein Vorbringen, wonach er vom Nachbarn seiner Schwiegereltern bzw. dem Lebensgefährten seiner Schwägerin bedroht worden sei, keine positive Entscheidung begründen. Zunächst ist wiederum darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei um eine private Verfolgung handelt. Wie der Beschwerdeführer im Rahmen seiner mündlichen Verhandlung darlegt, findet die Bedrohung durch den Nachbarn/Lebensgefährten ihren Ursprung ebenfalls in der zuvor erwähnten Erbschafts- und Obsorgestreitigkeit. Aus den Länderberichten ergibt sich keine vollkommene Schutzunfähigkeit und -unwilligkeit der ägyptischen Behörden. Der Beschwerdeführer wandte sich bezüglich seiner Bedrohung durch den Nachbarn/Lebensgefährten bislang auch noch nicht an die staatlichen Schutzeinrichtungen und begründet dies mit den möglichen Auswirkungen auf sein Obsorgeverfahren. Die religiöse Komponente bei dieser Verfolgung wird auch nur in der Erstbefragung geltend gemacht und rückt bei seinen Ausführungen auch in den Hintergrund. Der Nachbar/Lebensgefährte gibt sich zwar als Mitglied der Moslembruderschaft aus, aber eine darüberhinausgehende explizite Bedrohung die auf die den christlichen Glauben des Erstbeschwerdeführers abzielt, wird nicht vorgebracht und lassen sich diesbezüglich im Vorbringen des Erstbeschwerdeführers im Administrativverfahren und im Beschwerdeverfahren keine Anhaltspunkte erkennen. Im Gegenteil – mit seinem abschließenden Vorbringen, wonach er lediglich wegen seiner Tochter und nicht wegen wirtschaftlicher oder religiöser Überlegungen aus Ägypten ausgereist sei – wird im Rahmen der mündlichen Verhandlung eine religiöse Verfolgung vom Erstbeschwerdeführer schlussendlich sogar verneint.

Die Zweitbeschwerdeführerin machte keine eigenen Fluchtgründe geltend.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Ägypten samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der dort angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 03.06.2020 wurde der Inhalt der Länderberichte sowie die COVID-19-Situation in Ägypten erörtert und die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt. Die Länderberichte wurden dem Erstbeschwerdeführer auch vorab schriftlich zur Kenntnis gebracht.

Der Erstbeschwerdeführer verwies in der mündlichen Verhandlung darauf, dass den Seiten 27-29 der Länderinformationen zufolge Kopten in Ägypten angegriffen werden würden, es rassistische Übergriffe gegen sie geben würde und auch Kirchen bombardiert und angegriffen werden würden. Einen individuellen, konkret ihn sowie die Zweitbeschwerdeführerin betreffenden Bezug zu diesen Informationen stellt der Erstbeschwerdeführer jedoch nicht her.

Des Weiteren wies der Erstbeschwerdeführer zunächst allgemein darauf hin, dass auf Seite 31 der Länderinformationen von sexuellen Misshandlungen und häuslicher Gewalt berichtet werde und sprach anschließend dahingehende Befürchtungen betreffend die Zweitbeschwerdeführerin aus.

Dem Inhalt der Länderfeststellungen trat der Erstbeschwerdeführer somit weder im Rahmen seiner Beschwerde noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 03.06.2020 substantiiert entgegen, sodass an der Richtigkeit und am Zutreffen der Länderfeststellungen keine Zweifel bestehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zur Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide):

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0372; ua.). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (vgl. VwGH 29.08.2019, Ra 2019/19/0143; ua.).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend. Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl. VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0174; 17.10.2019, Ra 2019/18/0372; ua.).

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Den Beschwerdeführern droht in Ägypten keine Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung. Es droht ihnen auch keine reale Gefahr, im Falle ihrer Rückkehr entgegen Art 3 EMRK behandelt zu werden. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzungen des Art 3 EMRK – was in Ägypten aufgrund der Sicherheitslage grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden kann – ist hingegen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht ausreichend. Diese Lebensumstände betreffen sämtliche Personen, die in Ägypten leben und können daher nicht als Grund für die Zuerkennung eines Status eines subsidiär Schutzberechtigten herangezogen werden. So liegt hinsichtlich der Beschwerdeführer kein stichhaltiger Grund dafür vor anzunehmen, dass die Beschwerdeführer bei ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat tatsächlich in Gefahr liefen, die Todesstrafe oder Hinrichtung, die Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung des Beschwerdeführers in Ägypten und auch nicht eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Beschwerdeführers in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in Ägypten erleiden würden.

Nachdem der Erstbeschwerdeführer selbst angibt, nie ernstliche Probleme mit den Behörden von Ägypten gehabt zu haben und auch keine Gründe ersichtlich sind, die auf den Vorwurf einer Straftat, welcher zu der Verhängung der Todesstrafe, der Folter oder Bestrafung des Antragstellers im Herkunftsstaat hindeuten könnten, ist ein „ernsthafter Schaden“ im Sinne des Art 15 der Statusrichtlinie auszuschließen.

Ein bewaffneter Konflikt besteht in Ägypten ebenfalls nicht. Zwar ist es so, dass in Ägypten die Sicherheitslage nicht mit der österreichischen vergleichbar ist, jedoch erreichen die nach dem Länderinformationsblatt für Ägypten möglichen Gewaltakte nicht ein so hohes Niveau, dass stichhaltige Gründe dafür bestehen, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Ägypten alleine durch ihre Anwesenheit im Gebiet von Ägypten tatsächlich in Gefahr liefen, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein. Es wurde von den Beschwerdeführern dahingehend auch nicht geltend gemacht, dass sie aufgrund ihrer persönlichen Situation in Ägypten und den hiermit verbundenen Umständen spezifisch von willkürlicher Gewalt in Ägypten betroffen wären. Daher ist auch diese Voraussetzung für die Gewährung subsidiären Schutzes nicht erfüllt.

Eine besondere Vulnerabilität - etwa aufgrund von Minderjährigkeit - ist bei der Beurteilung, ob den revisionswerbenden Parteien bei einer Rückkehr in die Heimat eine Verletzung ihrer durch Art. 2 und 3 MRK geschützten Rechte droht, im Speziellen zu berücksichtigen. Dies erfordert insbesondere eine konkrete Auseinandersetzung mit der Situation, die eine solche Person bei ihrer Rückkehr vorfindet (vgl. VwGH 23.03.2020, Ra 2020/14/0096). Wie die umseitigen Ausführungen unter Punkt 2.3. zeigen, liegt auch keine Gefahr eines ernsthaften Schadens durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Beschwerdeführer und insbesondere im Hinblick auf die behauptete Misshandlung der Zweitbeschwerdeführerin vor. Es liegen somit keine individuellen Bedrohungen vor, die dazu führen könnten, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Ägypten einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wären.

Zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Zweitbeschwerdeführerin ist anzumerken, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind (Urteil des EGMR vom 13. Dezember 2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff). Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Zweitbeschwerdeführerin in Form der Entwicklungsverzögerung bestehen seit ihrer Geburt. Sie sind als solches nicht heilbar, stellen jedoch auch keine lebensbedrohliche Erkrankung dar. Hinsichtlich der psychischen Beeinträchtigungen in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung ist darauf hinzuweisen, dass es der Zweitbeschwerdeführerin auch in Ägypten möglich sein wird eine psychotherapeutische Behandlung in Anspruch zu nehmen.

Beim Erstbeschwerdeführer handelt es sich einen volljährigen, erwerbsfähigen Mann mit einem Hochschulabschluss und einer mehrjährigen Berufserfahrung als Buchhalter. Durch die (Wieder-)Aufnahme einer Beschäftigung sollte ihm die Sicherung seiner Existenz und die Existenz der Zweitbeschwerdeführerin sowie die Schaffung eines Wohnraumes in Ägypten möglich sein. Darüber hinaus verfügen die Beschwerdeführer nach wie vor über aufrechte familiäre Anknüpfungspunkte in Ägypten und wären sie bei ihrer Rückkehr nicht vollkommen auf sich allein gestellt.

Ganz allgemein besteht in Ägypten derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art 2 oder Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Im Verfahren sind auch keine diesbezüglichen Umstände bekannt geworden. Es ergeben sich auch aus dem Länderinformationsblatt für Ägypten keine Gründe, die es naheliegen würde, dass bezogen auf die Beschwerdeführer, ein reales Risiko gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe besteht.

Die Beschwerden erweisen sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG abzuweisen waren.

3.2. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide)

3.2.1. Rechtslage:

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) unter anderem von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Indizien dafür, dass die Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihnen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt der Beschwerdeführer seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch sind die Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 57 AsylG abzuweisen war.

3.3. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide):

3.3.1. Rechtslage:

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Dabei hat das Bundesamt gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Die Zulässigkeit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, insbesondere einer Rückkehrentscheidung, setzt nach § 9 Abs. 1 BFA-VG 2014 unter dem dort genannten Gesichtspunkt eines Eingriffs in das Privat- und/oder Familienleben voraus, dass ihre Erlassung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Im Zuge dieser Beurteilung ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 30.04.2020, Ra 2019/21/0362; 06.05.2020; Ra 2020/20/0093).

3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Zu prüfen ist daher, ob die von der belangten Behörde verfügte Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Das vorliegende Asylverfahren erreichte, gerechnet von der Antragstellung am 14.08.2017 bis zum Datum der angefochtenen Entscheidung am 21.03.2019 zwar eine gewisse, auch auf – dem Beschwerdeführer nicht zuzurechnende – Verzögerungen zurückgehende Dauer. Der seit 14.08.2017 andauernde Aufenthalt der Beschwerdeführer von nunmehr insgesamt rund drei Jahren beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb diese während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass sie sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen können.

Das Gewicht ihrer privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem sie sich ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721; 30.04.2009, 2009/21/0086; VfSlg. 18.382/2008 mHa EGMR 24.11.1998, 40.447/98, Mitchell; EGMR 11.04.2006, 61.292/00, Useinov). Die Beschwerdeführer führen – abgesehen zueinander – nach eigenen Angaben keine Lebensgemeinschaft und keine „familienähnliche“ Beziehung in Österreich.

Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht nicht verkennt, dass der Erstbeschwerdeführer durchaus gewisse Schritte zur Integration setzte, indem er etwa eine Deutschprüfung auf Niveau A2 abschloss, sich ehrenamtlich betätigt sowie private Kontakte knüpfte, so kann doch von einer Integration von maßgeblicher Intensität nicht gesprochen werden. Eine aktuelle berufliche Anbindung des Erstbeschwerdeführers konnte zudem nicht festgestellt werden. Auch wenn sein Bemühen um eine berufliche Integration grundsätzlich positiv bewertet wird, so vermag der von ihm vorgelegte Arbeitsvorvertrag seine persönlichen Interessen dennoch nicht entscheidend zu verstärken. Der Arbeitsvorvertrag knüpft sich nämlich an die Bedingung eines rechtmäßigen Aufenthaltes und einer Arbeitsberechtigung. Ungeachtet dessen lässt sich allgemein aus einer Einstellungszusage bzw. einem Arbeitsvorvertrag keine Garantie auf (Weiter) Beschäftigung ableiten (zur Gewichtung von Einstellungszusagen vgl. auch das VwGH 13.10.2011, 2011/22/0065, mwN).

Auch die Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers verleihen einem Interesse an seinem Verbleib in Österreich keine Gewichtung. Der Beschwerdeführer legte zwar ein Deutschprüfungszeugnis über das Niveau A2 vor, jedoch ist in diesem Zusammenhang auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach der Grad der Integration eines Fremden im Bundesgebiet auch dann nicht als besonders ausgeprägt anzusehen ist, wenn man berücksichtigt, dass er über gute Deutschkenntnisse verfügt (VwGH 23.03.2010, 2010/18/0046).

Die Zweitbeschwerdeführerin besucht in Österreich die Schule und knüpfte erste freundschaftliche Kontakte. Darüber hinaus konnte jedoch keine integrative Verfestigung festgestellt werden und kann daher auch im Falle der Zweitbeschwerdeführerin nicht von einer maßgeblichen Integration, welche über das übliche Maß hinausgehen würde, gesprochen werden.

Demgegenüber haben die Beschwerdeführer in ihrem Herkunftsstaat, in dem sie aufgewachsen sind und knapp den Großteil ihres bisherigen Lebens verbracht haben, sprachliche und kulturelle Verbindungen. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung zeigte sich, dass die Beschwerdeführer miteinander auf Arabisch reden und der aufrechte Kontakt zu den in Ägypten aufhältigen Verwandten zeigt, dass sie auch um eine Anbindung an ihren Herkunftsstaat bemüht sind.

Insbesondere im Hinblick auf die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin ist gesondert zu prüfen, inwiefern deren Kindeswohl einer Rückkehrentscheidung entgegensteht. Denn soweit Kinder von einer Ausweisung betroffen sind, sind nach der Judikatur des EGMR die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen (Hinweis Urteile des EGMR vom 18. Oktober 2006, Üner gegen die Niederlande, Beschwerde Nr. 46410/99, Randnr. 58, und vom 6. Juli 2010, Neulinger und Shuruk gegen die Schweiz, Beschwerde Nr. 41615/07, Randnr. 146). Maßgebliche Bedeutung hat der EGMR dabei den Fragen beigemessen, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter ("adaptable age"; Hinweis Urteile des EGMR vom 31. Juli 2008, Darren Omoregie und andere gegen Norwegen, Beschwerde Nr. 265/07, Randnr. 66, vom 17. Februar 2009, Onur gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 27319/07, Randnr. 60, und vom 24. November 2009, Omojudi gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 1820/08, Randnr. 46; siehe dazu auch das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2007, Zlen. 2006/01/0216 bis 0219) befinden (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070).

Wie aus den Länderberichten entnommen werden kann, zeigt die allgemeine Lage in Ägypten durchwegs ein positives Bild. Auch wenn die Lage in Ägypten mit der in Österreich nicht vergleichbar ist, kann der ägyptische Staat die Grundversorgung mit Strom, Wasser, Gesundheitsversorgung, Bildung, Verkehr und Sicherheit im ausreichenden Maß gewährleisten. Wie sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer im Administrativ- und im Beschwerdeverfahren ergab, war die allgemein

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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