TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/31 W247 1301053-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.07.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

31.07.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3
FPG §55 Abs4

Spruch

W247 1301053-3/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , alias XXXX , alias XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenrecht und Asyl vom 13.08.2019, Zl. XXXX zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, idgF., iVm §§ 7 Abs. 1 Z 2 und Abs. 4, 8 Abs. 1 Z 2, 10 Abs. 1 Z 4, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, idgF., sowie §§ 52 Abs. 2 Z 3 und Abs. 9, 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1, 55 Abs. 1 bis Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, idgF., als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der Beschwerdeführer (BF) ist russischer Staatsangehöriger und der tschetschenischen Volksgruppe zugehörig.

I. Verfahrensgang:

1.1. Der BF reiste am 03.06.2003 unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Mit Bescheid des ehemaligen Bundesasylamts vom 24.03.2006, Aktenzahl XXXX , wurde der Asylantrag des BF gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.), die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.) und der BF gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.).

1.2. Mit Erkenntnis des ehemaligen Asylgerichtshofs vom 04.09.2009, XXXX , wurde der Beschwerde des BF stattgegeben, dem BF gemäß § 7 AsylG 1997 Asyl gewährt und festgestellt, dass dem BF kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wurde damit begründet, dass sein Fluchtvorbringen als glaubhaft angesehen wurde und keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stand. Nach den Feststellungen des Asylgerichtshofs waren sein Onkel und sein Cousin aktive Widerstandskämpfer und wurde sein Onkel 1999 im Zuge einer Säuberungsaktion mitgenommen und gilt seither als vermisst. In der Folge hat sein Cousin versucht den Onkel durch die Entführung russischer Soldaten freizubekommen und diese im Haus des BF versteckt. Die versteckten Soldaten wurden entdeckt und von russischen Kräften befreit, weshalb der BF untergetaucht ist. Dem BF ist demnach eine anti-russische Einstellung unterstellt worden. Darüber hinaus hat der BF unter der XXXX -Administration für den Schutz staatlicher Objekte gearbeitet und Erdölanlagen bewacht, sowie die ein- und abfahrenden LKWs kontrolliert. Personen, die offizielle Positionen in der Administration XXXX hatten, unterlagen einer erhöhten Gefährdung, weshalb in einer Gesamtschau eine aktuell asylrelevante Verfolgungsgefahr wegen unterstellter russlandfeindlicher politischer Gesinnung festzustellen war.

1.3. Infolge der Meldung der LPD XXXX an das BFA über die Begehung einer Straftat durch den BF, wurde ein Aberkennungsverfahren eingeleitet und der BF dazu am 09.05.2019 niederschriftlich einvernommen und in Kenntnis gesetzt. Im Zuge dessen gab er im Wesentlichen an, dass er Probleme mit den Bandscheiben habe und alle 6 Monate deshalb ins Krankenhaus gehe. Deshalb sei er im Krankenstand und beziehe Notstandshilfe. Außerdem höre er auf dem rechten Ohr schlecht. Er habe in Österreich ein wenig „schwarz“ gearbeitet und von 2011 bis 2014 als Fensterputzer gearbeitet. Dann habe er Rückenschmerzen bekommen, ein Jahr nicht gearbeitet und danach bei einer Elektrofirma in Innsbruck gewerkt, so genau könne er sich aber nicht daran erinnern. Er sei ledig, habe auch keine Lebensgefährtin und keine Sorgepflichten. Er habe noch eine Schwester in Frankreich, mit der er in Kontakt stehe und eine Schwester und einen Cousin in Tschetschenien, mit diesen habe er jedoch keinen Kontakt. Zu seinen Straftaten gab er an, dass er früher keine Arbeit gehabt, eine Beschäftigung gebraucht und deshalb Blödsinn gemacht habe. Er sei noch jung gewesen. Der BF sagte, dass er in der Russischen Föderation nicht sicher sei, jedoch nicht sagen könne, was ihm dort drohe. Das Minimum wäre das Gefängnis, das Maximum könne er nicht sagen. Er wolle und könne nicht nach Russland zurück.

Am 16.05.2019 wurde der BF vom Landesgericht XXXX wegen des Vergehens des Diebstahls, teils durch Einbruch und wegen des Vergehens des Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.

1.4. Mit Bescheid vom 13.08.2019. Zl. XXXX , wurde dem BF der zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG aberkannt und festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.), kein Aufenthaltstitel nach § 57 erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), die Abschiebung gemäß § 52 Abs. 9 FPG iVm § 46 FPG für zulässig erklärt (Spruchpunkt V.), eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen festgelegt (Spruchpunkt VI.) und ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).

Im Rahmen der Entscheidungsbegründung wurde durch die belangte Behörde insbesondere angeführt, dass sich die Lage in der Teilrepublik Tschetschenien nach Ende des Bürgerkrieges maßgeblich und nachhaltig verändert habe. So seien russische Einheiten seit vielen Jahren nicht mehr in Tschetschenien präsent. Weiters seien auch ehemalige Widerstandskämpfer in dieser Teilrepublik an der Macht. Dem BF würde heute im Fall einer Rückkehr in die Russische Föderation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Verfolgungsgefahr mehr drohen.

1.5. Mit Verfahrensanordnung vom 26.08.2019 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

1.6. Gegen den Bescheid vom 13.08.2019, zugestellt am 28.08.2019, erhob der BF am 29.08.2019 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, aufgrund mangelhafter Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Zusammenfassend wird darin ausgeführt, dass sich die Lage in der Russischen Föderation für den BF nicht derart geändert hätte, dass er keine Verfolgung mehr zu befürchten hätte. Die allgemeine Situation sei noch derart gelagert, dass die Ausweisung dorthin gegen Art. 2 und Art. 3 EMRK verstoße. Im gegenständlichen Fall sei es zu keiner Änderung der Lage in Bezug auf den konkreten Sachverhalt und zu keiner Änderung der Umstände zum Entscheidungszeitpunkt des BFA im Vergleich zum Erst-Erteilungszeitpunkt gekommen. Das BFA habe eine allgemein gehaltene Beweiswürdigung verfasst, jedoch keine näheren oder konkreten Feststellungen getroffen. Weder hat sich die Lage in der Russischen Föderation wesentlich geändert, noch die persönlichen Verhältnisse der BF und würden die Voraussetzung der Aberkennung daher nicht vorliegen. Der BF habe kein funktionierendes familiäres Netz mehr im Herkunftsstaat und gäbe es keine innerstaatliche Fluchtalternative, weshalb der BF im Falle einer Rücker einer realen Gefahr iSd EMRK ausgesetzt wäre. Außerdem befände sich die gesamte Kernfamilie des BF in Österreich und hätte er einige integrative Schritte gesetzt, weshalb ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen in Betracht käme. Darüber hinaus halte er sich seit 16 Jahren im Bundesgebiet auf und habe die Behörde die privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich unzureichend gewichtet. Der BF halte sich seit seinem dritten Lebensjahr im Bundesgebiet auf (Seite 7, Beschwerdeschrift). Aus Ausfluss ihrer Ermittlungspflicht wäre die Behörde dazu verhalten gewesen, Nachforschungen zum Privatleben des BF anzustellen und hätte zu dem Schluss kommen müssen, dass die Rückkehrentscheidung, sowie das verhängte Einreiseverbot unzulässig sei. Die Verhängung des Einreiseverbotes sei im Übrigen nicht ausreichend begründet und die Höhe des Einreiseverbotes jedenfalls unverhältnismäßig. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) möge 1.) die genannte Entscheidung in Spruchpunkt I. dahingehen abändern, dass dem BF in Österreich internationaler Schutz gemäß § 3 Asylgesetz gewährt und ihm der Status des Asylberechtigten zuerkannt und seine Flüchtlingseigenschaft festgestellt werde, 2.) in eventu den angefochtenen Bescheid in Spruchpunkt II. dahingehend abändern, dass ihm gem. § 8 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russland zuerkannt werde, 3.) in eventu einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55 und 57 AsylG erteilen, 4.) in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der Bescheid in Spruchpunkt IV. betreffend die Rückkehrentscheidung, aufgehoben werde, 5.) in eventu die angeordnete Rückkehrentscheidung in Spruchpunkt IV. aufheben und aussprechen, dass die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig sei, sowie einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 54 AsylG erteilen. 6.) in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der Bescheid in Spruchpunkt V. betreffend der gegen den BF gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellten Abschiebung nach Russland gemäß § 46 FPG aufgehoben werde, 7.) das in Spruchpunkt VII. auf die Dauer von 10 Jahren befristet angeordnete Einreiseverbot zur Gänze aufheben, 8.) in eventu die Dauer des verhängten Einreiseverbotes auf ein verhältnismäßiges Ausmaß verringern, 9.) in eventu das verhängte Einreiseverbot auf das Hoheitsgebiet des Staates Österreich beschränken, 10.) in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 und Abs. 4 VwGVG aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverweisen, 11.) in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben, 12.) zur gebotenen Ergänzung des mangelhaft gebliebenen Ermittlungsverfahrens gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG anberaumen.

13. Die Beschwerdevorlage vom 30.08.2019 und die Verwaltungsakte langten beim BVwG am 04.09.2019 ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage des Antrages des BF auf internationalen Schutz vom 03.06.2003, der Einvernahmen des Beschwerdeführers durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 09.05.2019, der Beschwerde vom 29.08.2019 gegen den angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.08.2019, sowie der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, der Auszüge aus dem Zentralen Melderegister, dem Fremden- und Grundversorgungs-Informationssystem, dem Strafregister der Republik Österreich und dem AJ-Web, sowie dem Protokolls- und Urteilsvermerk vom 16.05.2019 des Straflandesgerichts XXXX , sowie den im Akt befindlichen Strafurteilen gegen den BF, werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der BF ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, gehört der Volksgruppe der Tschetschenen und dem muslimischen Glauben an. Er spricht Tschetschenisch als Muttersprache, des Weiteren Russisch und Deutsch.

Der BF wurde in Grosny geboren, wo er bis zu seiner Ausreise im Jahr 2001 auch lebte. Am 03.06.2003 ist der BF in Begleitung seiner damaligen Ehegattin nach Österreich eingereist und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Der BF ist seit 2003 bis zum jetzigen Zeitpunkt in Österreich aufhältig und kam ihm mit Erkenntnis des ehemaligen Asylgerichtshofs vom 04.09.2009, XXXX , die Flüchtlingseigenschaft zu. Die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sein Cousin und sein Onkel Widerstandskämpfer gewesen seien und sein Cousin nach dem Verschwinden seines Onkels russische Soldaten gefangen genommen und im Haus des BF versteckt habe. Diese Aktion sei verraten worden und der BF habe flüchten müssen, ihm sei eine anti-russische Einstellung unterstellt worden. Der BF war weder selbst politisch aktiv, noch hat er an Kampfhandlungen teilgenommen. Außerdem habe der BF unter der XXXX -Administration für den Schutz staatlicher Objekte gearbeitet und Erdölanlagen bewacht, sowie die ein- und abfahrenden LKWs kontrolliert und unterläge deshalb einer erhöhten Gefährdung. Aufgrund dessen liege eine wohlbegründete Furcht des Beschwerdeführers vor Verfolgung aus Gründen (unterstellter) russlandfeindlicher politischer Gesinnung vor. Innerstaatliche Fluchtalternative gäbe es keine.

In der Russischen Föderation hat der BF 11 Jahre die Schule besucht und ein Studium begonnen, das er jedoch nicht abgeschlossen hat. Eine weitere Berufsausbildung hat er nicht erlernt. Der BF hat für das Militär im Securitybereich gearbeitet und verfügt in Tschetschenien noch über Angehörige in der Person seiner Schwester und seines Cousins. Eine weitere Schwester des BF lebt in Frankreich. Der BF ist sowohl grundsätzlich arbeitsfähig, als auch arbeitswillig und in der Lage sich seinen Lebensunterhalt in seinem Herkunftsland, wie zuvor, auch selbst zu erwirtschaften.

Der BF ist ledig und hat keine Kinder. In Österreich hat der BF keine Familienangehörigen oder Verwandte. Im Verfahren sind keine Hinweise auf nennenswerte soziale, gesellschaftliche oder berufliche Anknüpfungspunkte des BF in Österreich hervorgekommen. Der BF ist in Österreich lediglich zwischen 2013 und 2017 kurzfristigen Gelegenheitsjobs nachgegangen. Die überwiegende Zeit hat er jedoch Sozialhilfen bezogen und ist er im Bundesgebiet keiner sonstigen Berufs-, Aus-, oder Weiterbildung, nachgegangen. Der BF hat Deutschkurse bis B2 besucht und spricht Deutsch auf gutem Niveau.

Der BF leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten. Er hat Probleme mit den Bandscheiben, weshalb er sich alle 6 Monate ins Krankenhaus begibt und Medikamente nimmt. Im Übrigen hört der BF auf seinem rechten Ohr schlecht.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich straffällig, im Strafregister der Republik Österreich sind folgende Verurteilungen ersichtlich:

01) LG F.STRAFS. XXXX vom 21.07.2004 RK 26.07.2004

PAR 15 127 130 (1. FALL) StGB

Freiheitsstrafe 7 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Vollzugsdatum 09.04.2008

zu LG F.STRAFS. XXXX RK 26.07.2004

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG F.STRAFS. XXXX vom 17.08.2005

zu LG F.STRAFS. XXXX RK 26.07.2004

Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen

LG F.STRAFS. XXXX vom 17.11.2006

02) LG F.STRAFS. XXXX vom 17.08.2005 RK 23.08.2005

PAR 127 130 (1. FALL) 15 StGB

Freiheitsstrafe 8 Monate

Vollzugsdatum 20.01.2008

zu LG F.STRAFS. XXXX RK 23.08.2005

Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 31.12.2005, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG F.STRAFS. XXXX vom 17.10.2005

zu LG F.STRAFS. XXXX RK 23.08.2005

Bedingte Entlassung aus der Freiheitsstrafe wird widerrufen

LG F.STRAFS. XXXX XXXX vom 17.11.2006

03) LG F.STRAFS. XXXX vom 17.11.2006 RK 17.11.2006

PAR 127 130 (1. FALL) PAR 15 105/1 StGB

Freiheitsstrafe 10 Monate

Vollzugsdatum 25.07.2007

04) BG XXXX vom 28.04.2009 RK 17.06.2009

PAR 15 127 StGB

Datum der (letzten) Tat 09.02.2009

Freiheitsstrafe 6 Wochen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Vollzugsdatum 15.04.2011

zu BG XXXX RK 17.06.2009

Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen

LG F.STRAFS. XXXX vom 09.02.2010

05) LG F.STRAFS. XXXX vom 09.02.2010 RK 09.02.2010

PAR 15 127 130 (1. FALL) StGB

Datum der (letzten) Tat 01.12.2009

Freiheitsstrafe 15 Monate

Vollzugsdatum 04.03.2011

06) LG F.STRAFS. XXXX vom 02.01.2012 RK 06.01.2012

§ 15 StGB §§ 146, 148 1. Fall StGB

Freiheitsstrafe 18 Monate

Vollzugsdatum 20.09.2013

zu LG F.STRAFS. XXXX RK 06.01.2012

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG F.STRAFS. XXXX vom 20.09.2013

zu LG F.STRAFS. XXXX RK 06.01.2012

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 20.09.2013

LG F.STRAFS. XXXX vom 05.05.2017

07) LG XXXX vom 03.01.2012 RK 07.01.2012

§§ 136 (1), 136 (2) StGB

Datum der (letzten) Tat 30.07.2011

Freiheitsstrafe 4 Monate

IN DER FASSUNG LG XXXX VOM 21.03.2012

Zusatzstrafe gemäß §§ 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf LG F.STRAFS. XXXX

122 HV 72/2011v RK 06.01.2012

Vollzugsdatum 24.09.2013

zu LG XXXX RK 07.01.2012

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

LG XXXX vom 24.09.2013

zu LG XXXX RK 07.01.2012

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 24.09.2013

LG XXXX vom 21.11.2016

08) BG XXXX vom 29.03.2012 RK 24.07.2012

§ 12 3. Fall StGB, § 15 StGB § 127 StGB

Datum der (letzten) Tat 24.10.2011

Freiheitsstrafe 12 Wochen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Vollzugsdatum 24.07.2012

zu BG XXXX RK 24.07.2012

(Teil der) Freiheitsstrafe nachgesehen, endgültig

Vollzugsdatum 24.07.2012

BG XXXX vom 11.12.2015

09) BG XXXX vom 23.06.2016 RK 27.06.2016

§ 27 (1) Z 1 1. Fall SMG

Datum der (letzten) Tat 19.12.2015

Freiheitsstrafe 2 Wochen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu BG XXXX RK 27.06.2016

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG F.STRAFS. XXXX vom 23.05.2018

zu BG XXXX RK 27.06.2016

Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen

LG F.STRAFS. XXXX vom 16.05.2019

10) LG F.STRAFS. XXXX vom 23.05.2018 RK 29.05.2018

§§ 223 (2), 224 StGB

Datum der (letzten) Tat 14.02.2018

Freiheitsstrafe 9 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

zu LG F.STRAFS. XXXX RK 29.05.2018

Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre

LG F.STRAFS. XXXX vom 16.05.2019

11) LG F.STRAFS. XXXX vom 16.05.2019 RK 16.05.2019

§§ 127, 129 (1) Z 3 StGB § 15 StGB

§ 50 (1) Z 3 WaffG

Datum der (letzten) Tat 19.01.2019

Freiheitsstrafe 18 Monate

Der letzten strafgerichtlichen Verurteilung lag zugrunde, dass der BF fremde bewegliche Sachen, mit dem Vorsatz sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern

I.       einer Privatperson, durch Einbruch weggenommen hat, nämlich ein Fahrrad, durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung, indem er das Fahrradschloss mit einem Messer oder einer Zange durchschnitt, weggenommen hat.

II.      Verfügungsberechtigten eines Baumarkts, wegzunehmen versucht hat, indem er diverse Waren unter seiner Kleidung verbarg und ohne zu bezahlen den Kassabereich passierte, wobei es nur deshalb beim Versuch geblieben ist, weil er von einem Ladendetektiv angehalten werden konnte.

Darüber hinaus lag der letzten strafgerichtlichen Verurteilung zugrunde, dass der BF, wenn auch nur fahrlässig, ein Springmesser mit einer Klingenlänge von 10 cm besessen hat, obwohl ihm dies gemäßg § 12 WaffG verboten war.

Der BF hat sich somit des Vergehens des Diebstals, teils durch Einbruch sowie des Vergehens nach § 50 Abs. 1 Z 3 WaffG (unbefugtes Besitzen einer Waffe trotz Waffenverbot) schuldig gemacht.

Im Zuge der Strafbemessung erkannte das Gericht als erschwerend den Umstand, dass der BF bereits 8 einschlägige Vorstrafen hat, das Zusammentreffen zweier Vergehen, der rasche Rückfall nach der letzten Verurteilung und die neuerliche Tatbegehung während eines laufenden Verfahrens, sowie als mildernd den Umstand, dass der BF sich zum Besitz des Springmessers geständig gezeigt hat und zu den Diebstählen ein Tatsachengeständnis abgelegt hat.

Der BF befindet sich seit dem 06.04.2019 in Haft, seit 05.07.2019 in der JA XXXX und verbüßt dort seine Haftstrafe bis voraussichtlich 20.10.2020, 08:00 Uhr.

Der BF hat bereits viele Jahre seines Lebens in Haft verbracht, er war von 17.06.2004 bis 21.07.2004, von 22.07.2005 bis 30.12.2005, von 09.06.2006 bis 20.07.2006, von 25.09.2006 bis 09.04.2008, von 05.12.2009 bis 15.04.2011, von 02.11.2011 bis 11.06.2012 und von 07.04.2019 bis voraussichtlich 20.10.2020 in Haft.

Ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet stellt eine Gefährdung in Hinblick auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, zumal auf Grundlage seines bisher gesetzten Verhaltens die Gefahr einer neuerlichen Straffälligkeit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF nach einer Rückkehr in die Russische Föderation mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit noch asylrelevanten Übergriffen ausgesetzt ist. Der BF konnte nicht glaubwürdig dartun, dass ihm noch im gesamten Herkunftsland mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Verfolgung der Rasse, Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten, seitens der Behörden oder privater Personen, drohen würde. Weiters liegen keine stichhaltigen Gründe vor, dass der BF bei Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr liefe, im Herkunftsstaat aktuell der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Der Beschwerdeführer liefe dort nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung, sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der BF verfügt im Herkunftsstaat über eine elfjährige Schulbildung, sowie Universitätsreife und über jahrelange Berufserfahrung. Der BF verbrachte die ersten 19 Jahre seines Lebens in der Russischen Föderation in der Teilrepublik Tschetschenien und ist mit den kulturellen, sprachlichen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten in seinem Herkunftsstaat somit bestens vertraut und wurde dort sozialisiert. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Tschetschenisch und verfügt der Beschwerdeführer über Russischkenntnisse. Ebenso verfügt der BF im Herkunftsstaat – wie oben erwähnt - über familiäre Anknüpfungspunkte in den Personen seiner Schwester und seine Cousins.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle seiner Rückkehr in die Russische Föderation in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihm die notwendige Lebensgrundlage entzogen wäre. So können ihn auch insbesondere seine Verwandten in der Russischen Föderation nach einer Rückkehr im Bedarfsfall anfänglich unterstützen. Es wird festgestellt, dass der BF zu seiner im Herkunftsstaat lebenden Schwester zumindest mittelbar, nämlich über die gemeinsame in Frankreich lebende Schwester - Kontakt hat. Ebenso hat der BF zu seiner in Frankreich lebenden Schwester Kontakt.

Im Falle einer Verbringung des BF in seinen Herkunftsstaat droht diesem kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (in Folge EMRK), oder der Prot. Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in der Russischen Föderation:

Die Lage in Tschetschenien hat sich seit Zuerkennung des Status des Asylberechtigten des BF mit Erkenntnis des ehemaligen Asylgerichtshofs vom 04.09.2009, mittlerweile wesentlich, dauerhaft und nachhaltig verbessert und liegen die Umstände, aufgrund derer dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten ursprünglich zuerkannt worden war, zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr vor.

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird auf die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden, nach wie vor als aktuell anzusehenden, Länderfeststellungen verwiesen, denen sich das Bundesverwaltungsgericht vollinhaltlich anschließt und welche das Bundesverwaltungsgericht in casu seinem Erkenntnis zugrunde legt.

Coronavirus disease 2019 (COVID-19) Situation Report – 188 der WHO (World Health Organization)

vom 26.07.2020

Nach aktuellem Stand zum Entscheidungszeitpunkt gibt es im ganzen Land 812.485 bestätigte Infektionen mit dem Coronavirus und 13.269 Todesfälle.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakte des BFA, dem Verfahrensakt des Bundesverwaltungsgerichts, Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen ergeben sich aus einer vom Bundesverwaltungsgericht aktuelle eingeholten Strafregisterauskunft und den im Akt einliegenden Urteilen. Dass sich der Beschwerdeführer derzeit in Strafhaft befindet, ergibt sich – wie das errechnete Strafende XXXX – aus einer Mitteilung der Justizanstalt. Seine verbüßten Haftstrafen ergeben sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

2.2. Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht aufgrund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

2.3. Die Feststellungen zu Identität, Nationalität, Volksgruppe, Herkunft und sozialen, familiären bzw. privaten Verhältnissen des Beschwerdeführers gründen einerseits auf dessen insofern unbedenklichen Angaben vor dem BFA, sowie auf seinen in der Beschwerde gemachten Angaben. Der BF legte im Verfahren keine unbedenklichen Dokumente zu seiner Identität vor, weshalb die Feststellungen ausschließlich für die Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Verfahren gilt. Die Feststellung wonach der BF zu seiner im Herkunftsstaat aufhältigen Schwester zumindest einen indirekten Kontakt pflegt, beruht auf dessen Angaben vor dem BFA am 09.05.2019, wonach er selbst zu seiner in Frankreich lebenden Schwester in Kontakt steht und diese wiederum mit ihrer Schwester in der Russischen Föderation in Verbindung steht. Es ist dem BF somit möglich im Bedarfsfall mit seiner in der Russischen Föderation lebende Schwester einen Kontakt herzustellen.

2.4. Angesichts seiner Selbsterhaltungsfähigkeit im Herkunftsland ist von einer Arbeits- und Versorgungsfähigkeit des BF grundsätzlich auszugehen. Im Übrigen hat der BF vor dem BFA angegeben, gesund werden und wieder arbeiten gehen zu wollen (s. dazu noch 2.5), daher jedenfalls arbeitswillig zu sein.

2.5. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF beruhen auf seinen Angaben vor dem BFA. Danach hat er Probleme mit seinen Bandscheiben, weshalb er sich alle 6 Monate ins Krankenhaus begibt und Medikamente nimmt. Im Übrigen gab er an, auf dem rechten Ohr schlecht zu hören. Daraus ergibt sich weder eine schwere, noch lebensbedrohliche Erkrankung oder gar eine allgemeine Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers. Insbesondere hat der BF keine Arbeitsunfähigkeitsmeldungen vorgelegt.

2.6. Die Feststellungen zur beruflichen Tätigkeit und der Inanspruchnahme von Sozialhilfen des BF in Österreich ergeben sich aus seinen eigenen Angaben vor dem BFA, sowie Auszügen aus dem AJ-Web und dem GVS.

2.7. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst.

2.8. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Rückkehrsituation des Beschwerdeführers ergeben sich aus der Einsichtnahme in den Inhalt des Verwaltungsaktes über sein im Jahr 2003 initiiertes Asylverfahren, die im gegenständlichen Verfahren herangezogenen Länderberichte zur aktuellen Sicherheits- und Menschrechtslage in der Russischen Föderation, sowie die Angaben des Beschwerdeführers anlässlich seiner Einvernahme vom 09.05.2019 im Zuge derer er zu seinen aktuellen Rückkehrbefürchtungen befragt wurde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat im angefochtenen Bescheid im Ergebnis zutreffend aufgezeigt, dass im gegenständlichen Verfahren kein Hinweis auf eine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat erkannt werden kann. Die Behörde führte nachvollziehbar aus, dass keine Anhaltspunkte für eine dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr drohende staatliche Verfolgung oder sonst maßgebliche individuelle oder generelle Gefährdung ersichtlich sind. Der Beschwerdeführer konnte zuletzt keine konkreten Gründe nennen, weshalb ihm bei einer nunmehrigen Rückkehr gezielte Verfolgung drohen sollte.

Soweit der BF im Verfahren über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten die konkrete Verfolgungssituation aufgrund der Handlungen seines Cousins und der ihm unterstellten anti-russischen Gesinnung, sowie der seiner Tätigkeit unter XXXX dartat, ist festzuhalten, dass selbige sich im Zeitraum des - zwischenzeitig beendeten - zweiten Tschetschenienkrieges ereignet haben. Nicht verkannt wird, dass dem BF Anfang September 2009 Asyl gewährt wurde, sohin als der zweite Tschetschenienkrieg bereits 5 Monate beendet war. Es bleibt festzuhalten, dass sich die Lage nach einem Krieg nicht sofort schlagartig bessert, es bedarf einer gewissen Zeit der Abkühlung und des Wiederaufbaus. Nichtsdestotrotz hat sich die Sicherheits- und Menschenrechtslage seit der Asylgewährung nachhaltig verbessert.

Zwar ergibt sich aus den Länderberichten nach wie vor, dass das Republikoberhaupt XXXX in Tschetschenien ein auf seine Person zugeschnittenes repressives Regime etabliert hat und Vertreter russischer und internationaler NGOs von Gewalt und Menschenrechtsverletzungen, sowie einem Klima der Angst und Einschüchterung berichten, doch hat sich die Sicherheitslage sowohl in Tschetschenien als auch in Zentralrussland massiv verbessert (wenn der Nordkaukasus auch noch von dauerhafter Stabilität weit entfernt ist). In internationalen sicherheitspolitischen Quellen wird die Lage im Nordkaukasus mit dem Begriff "low level insurgency" umschrieben. Seit gut zehn Jahren liegt das Epizentrum von Gewalt nicht mehr in Tschetschenien. Dort konnte der Kriegszustand überwunden und ein Wiederaufbau eingeleitet werden. Stand Russland 2011 noch an neunter Stelle im Global Terrorism Index hinter mittelöstlichen, afrikanischen und südasiatischen Staaten, weit vor jedem westlichen Land, rangierte es im Jahr 2016 dagegen nur noch auf Platz 30 hinter Frankreich (Platz 29), aber vor Großbritannien (Platz 34) und den USA (Platz 36). Zudem hat sich die Lage von Tschetschenen in Zentralrussland gebessert, sodass auch nicht von einer generellen ethnischen Verfolgung von Angehörigen der tschetschenischen Volksgruppe auszugehen ist (dazu noch unten).

Beispielsweise zeigt die Hauptstadt Grosny wenige Anzeichen des jahrelangen Krieges miterlebt zu haben. Großflächige Kampfhandlungen sind lange vorbei, das Militär ist weniger präsent und die Stadt wurde wiederaufgebaut. Gleichwohl bleiben Arbeitslosigkeit und daraus resultierende Armut der Bevölkerung das größte soziale Problem.

Dass der Beschwerdeführer nunmehr – ca. 17 Jahre später - neuerlich einer gleichgelagerten Gefährdung ausgesetzt sein würde, kann demnach keinesfalls angenommen werden, zumal auch noch die Schwester und der Cousin des Beschwerdeführers im Herkunftsland leben. Befragt hinsichtlich möglicher aktueller Rückkehrbefürchtungen vermochte der Beschwerdeführer im Rahmen des nunmehrigen Verfahrens lediglich allgemein gehaltene Aussagen dahingehend zu erstatten, dass er in seinem Heimatland nicht sicher sei und weder zurückkönne, noch wolle, womit er jedenfalls eine konkrete Gefährdung seiner Person im Herkunftsstaat nicht hinreichend substantiieren konnte. Weshalb gerade an seiner Person noch ein konkretes Interesse der Behörden bestehen sollte, vermochte der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde nicht darzulegen. Der Beschwerdeführer bekleidet keine besondere gesellschaftliche oder politische Stellung, welche ein allenfalls erhöhtes Interesse der Behörden seines Herkunftsstaates an seiner Person erklärbar erscheinen ließe. Im Übrigen war er – nach eigenen Angaben im Vorverfahren - weder politisch aktiv, noch selbst Widerstandskämpfer.

Dass der Beschwerdeführer, welcher selbst nie an Kampfhandlungen teilgenommen hat, alleine aufgrund der Umstände, dass sein Cousin russische Soldaten in seinem Haus versteckt habe, sowie, dass der BF unter XXXX für den Schutz staatlicher Objekte gearbeitet habe und aus diesem Grund im Falle einer Rückkehr noch immer einer gezielten Verfolgung durch die Behörden seines Heimatlandes unterliegen würde, kann demnach nicht angenommen werden.

Den diesbezüglichen Erwägungen der belangten Behörde wurde auch in der Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten, zumal auch in dieser keine konkrete Rückkehrbefürchtung des Beschwerdeführers geäußert wurde, welche eine aktuelle staatliche Verfolgung seiner Person indizieren würde.

Aufgrund der dargelegten Umstände, welche bereits im angefochtenen Bescheid festgestellt wurden, ergibt sich, dass eine aktuelle Gefahr einer Verfolgung aus asylrelevanten Motiven nicht gegeben ist und auch darüber hinaus keine Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle seiner Rückkehr zu prognostizieren ist.

Selbst unter Wahrannahme einer vom erkennenden Gericht nicht für glaubhaft befundenen, etwaigen aktuellen Verfolgungsgefahr für den BF im Herkunftsstaat ist zudem festzuhalten, dass es dem BF grundsätzlich offensteht und zumutbar ist, sich auch in einem anderen Teil der Russischen Föderation niederzulassen. Aus den Länderberichten geht hervor, dass das Recht der freien Wahl des Wohnsitzes auch Tschetschenen - wie allen russischen Staatsbürgern und Staatsbürgerinnen - zusteht. Voraussetzung für eine Registrierung ist die Vorlage des Inlandsreisepasses und nachweisbarer Wohnraum. Eine Registrierung ist für einen legalen Aufenthalt in der Russischen Föderation unabdingbar. Diese ermöglicht außerdem den Zugang zu Sozialhilfe und staatlich geförderten Wohnungen, zum kostenlosen Gesundheitssystem, sowie zum legalen Arbeitsmarkt.

Der Vergleich der Feststellungen zur Lage in der Russischen Föderation im angefochtenen Bescheid und nach den aktuellen Länderberichten ergibt sich zwar, dass Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe immer noch auf eine anti-kaukasische Stimmung treffen und Diskriminierungen ausgesetzt sein können, eine asylrelevante Gefährdung auf Grund der Volksgruppenzugehörigkeit, wie sie sich noch aus den Länderberichten 2008 betreffend Landesteile außerhalb des Nordkaukasus ergab, kann aber nicht mehr festgestellt werden. Auch diesbezüglich ist daher eine Änderung der Situation im Herkunftsstaat eingetreten, die nicht nur vorübergehend ist. Dass eine Wohnsitznahme außerhalb Tschetscheniens grundsätzlich möglich ist, geht bereits aus dem Faktum hervor, dass etwas 14.000 Tschetschenen alleine in Moskau, 11.000 allein in der Rostow Region und 12.000 in Stawropol leben.

2.9. Zu den Länderinformationen:

Diese Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen und bilden dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, sodass vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles und auch unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen kein Anlass besteht, an der Richtigkeit der von der belangten Behörde getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland auch nicht substantiiert entgegen.

Letztlich ist noch anzumerken, dass unter Zugrundelegung der vom Bundesamt getroffenen Feststellungen zur Grundversorgung der Russischen Föderation kein Grund erkannt werden kann, wonach der BF, dem aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes grundsätzlich eine eigenständige Bestreitung seines Lebensunterhalts möglich ist, bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine ausweglose Situation geraten würde. Außerdem verfügt der BF über ein familiäres Netz in im Herkunftsstaat, das in der Lage ist ihn bei seiner Rückkehr zu unterstützten.

Es wird nicht verkannt, dass der von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunden gelegten Länderinformation inzwischen am 27.03.2020 ein neues Länderinformationsblatt gefolgt ist. Dieses betrifft insbesondere die angekündigten Verfassungsänderungen, betreffend die Erweiterung der Machtbefugnisse des Präsidenten und die Ermöglichung seiner Wiederwahl, sohin politische Aspekte, welche zum gegenständlichen Fall aber keinen erkennbaren inhaltlichen Bezug haben.

Nur der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass dem Beschwerdeführer in der Russischen Föderation auch keine menschenrechtswidrige Verfolgung wegen seiner strafgerichtlichen Verurteilungen hier in Österreich droht. Die Russische Föderation ist Mitglied des Europarates und trat für diese das 7. Zusatzprotokoll zur EMRK am 1.8.1998 in Kraft. Damit hat sich die Russische Föderation im Rahmen der EMRK zur Einhaltung des Prinzips „ne bis in idem“ und damit zum Doppelbestrafungsverbot verpflichtet. Selbst wenn es in der Russischen Föderation zu einer solchen unzulässigen Doppelbestrafung kommen würde, wäre der Beschwerdeführer im Falle einer erneuten Verurteilung auf den innerstaatlichen Rechtsweg und in weiterer Folge auf die Möglichkeit einer Beschwerdeerhebung an den EGMR zu verweisen.

Es liegen auch keine Hinweise dafür vor, dass Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe allein wegen eines langjährigen Aufenthaltes in Europa in der Russischen Föderation einer Verfolgung oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wären. Wie aus den Länderfeststellungen hervorgeht (siehe Länderfeststellungen 5. Rückkehr), sind keine Fälle bekannt, in denen russische Staatsangehörige bei ihrer Rückkehr in die Russischen Föderation allein deshalb staatlich verfolgt wurden, weil sie zuvor im Ausland einen Asylantrag gestellt hatten. Es besteht keine allgemeine Gefährdung für die körperliche Unversehrtheit von Rückkehrern in den Nordkaukasus. Nach einer aktuellen Auskunft eines Experten für den Kaukasus ist allein die Tatsache, dass im Ausland ein Asylantrag gestellt wurde noch nicht mit Schwierigkeiten bei der Rückkehr verbunden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG 2005) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 3 BFA-VG obliegt dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes – Bund 2005, BGBl. I Nr. 100 (Z 4).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

3.2. Zu Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

Gemäß § 7 Abs. 1 AsylG ist der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;

2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder

3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

In den Fällen des § 27 Abs. 3 Z 1 bis 4 und bei Vorliegen konkreter Hinweise, dass ein in Art. 1 Abschnitt C Z 1, 2 oder 4 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführter Endigungsgrund eingetreten ist, ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, sofern das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist. Ein Verfahren gemäß Satz 1 ist, wenn es auf Grund des § 27 Abs. 3 Z 1 eingeleitet wurde, längstens binnen einem Monat nach Einlangen der Verständigung über den Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG, in den übrigen Fällen schnellstmöglich, längstens jedoch binnen einem Monat ab seiner Einleitung zu entscheiden, sofern bis zum Ablauf dieser Frist jeweils der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht. Eine Überschreitung der Frist gemäß Satz 2 steht einer späteren Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht entgegen. Als Hinweise gemäß Satz 1 gelten insbesondere die Einreise des Asylberechtigten in seinen Herkunftsstaat oder die Beantragung und Ausfolgung eines Reisepasses seines Herkunftsstaates (§ 7 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018).

Gemäß § 7 Abs. 2a AsylG ist ungeachtet der in § 3 Abs. 4 genannten Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn sich aus der Analyse gemäß § 3 Abs. 4a ergibt, dass es im Herkunftsstaat des Asylberechtigten zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist. Das Bundesamt hat von Amts wegen dem Asylberechtigten die Einleitung des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten formlos mitzuteilen.

Das Bundesamt kann einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt – wenn auch nicht rechtskräftig – nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden (§ 7 Abs. 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009).

Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, ist die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen.

Da der Beschwerdeführer straffällig im Sinne des § 2 Abs. 3 AsylG 2005 geworden ist, schadet es gemäß § 7 Abs. 3 AsylG 2005 nicht, dass die Aberkennung fallgegenständlich nicht innerhalb von fünf Jahren ab rechtskräftiger Zuerkennung des Status erfolgt ist.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005, welcher vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angewendet wurde, ist der Status des Asylberechtigten einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn einer der in Art 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist.

Art 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention lautet:

"C. Dieses Abkommen wird auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet werden, wenn sie

1.       sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat; oder

2.       die verlorene Staatsangehörigkeit freiwillig wieder erworben hat; oder

3.       eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz ihres neuen Heimatlandes genießt; oder

4.       sich freiwillig in dem Staat, den sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, niedergelassen hat; oder

5.       wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen.

Die Bestimmungen der Ziffer 5 sind nicht auf die in Ziffer 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Flüchtlinge anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr Heimatland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen;

6.       staatenlos ist und die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen, sie daher in der Lage ist, in ihr früheres Aufenthaltsland zurückzukehren.

Die Bestimmungen der Ziffer 6 sind jedoch auf die in Ziffer 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Personen nicht anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr früheres Aufenthaltsland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen."

3.2.1. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stützte die angefochtene Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass sich die Umstände, aufgrund derer dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden war, zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr bestehen und der Beschwerdeführer es daher nicht weiterhin ablehnen könne, sich unter den Schutz seines Heimatlandes zu stellen. Damit seien auch die früher bestehenden Voraussetzungen für eine Schutzgewährung nicht mehr gegeben. In Russland liege aktuell keine Gefährdungslage für den Beschwerdeführer (mehr) vor. Damit bejahte die belangte Behörde das Vorliegen des Asylaberkennungsgrunds des § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 iVm Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK (im Folgenden auch als „Wegfall der Umstände“-Klausel bezeichnet; vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0059).

Die Bestimmung des Art. 1 Abschnitt C Z 5 verleiht dem Grundsatz Ausdruck, dass die Gewährung von internationalem Schutz lediglich der vorübergehenden Schutzgewährung, nicht aber der Begründung eines Aufenthaltstitels, dienen soll. Bestehen nämlich die Umstände, aufgrund derer eine Person als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr und kann sie es daher nicht weiterhin ablehnen, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen, so stellt auch dies einen Grund dar, den gewährten Status wieder abzuerkennen (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 AsylG, K8).

Die Bestimmung des Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK stellt primär auf eine grundlegende Änderung der (objektiven) Umstände im Herkunftsstaat ab, kann jedoch auch die Änderung der in der Person des Flüchtlings gelegenen Umstände umfassen, etwa wenn eine wegen der Mitgliedschaft zu einer bestimmten Religion verfolgte Person nun doch zu der den staatlichen Stellen genehmen Religion übertritt und damit eine gefahrlose Heimkehr möglich ist (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 AsylG, K9).

Ein in der Person des Flüchtlings gelegenes subjektives Element spielt auch insofern eine Rolle, zumal aus der in Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK enthaltenen Wortfolge "nicht mehr ablehnen kann" auch die Zumutbarkeit einer Rückkehr in das Herkunftsland ein entscheidendes Kriterium einer Aberkennung des Flüchtlingsstatus ist (vgl. Putzer/Rohrböck, aaO, Rz 146).

Um die Beendigung der Flüchtlingseigenschaft zu bejahen, muss die Änderung der Umstände sowohl grundlegend als auch dauerhaft sein, zumal der Flüchtlingsschutz umfassende und dauerhafte Lösungen zum Ziel hat und Personen nicht unfreiwillig in Verhältnisse zurückkehren sollen, welche möglicherweise zu einer neuerlichen Flucht führen. Da eine voreilige oder unzureichende Begründung der Beendigungsklauseln ernsthafte Konsequenzen haben kann, ist es angebracht, die Klauseln restriktiv auszulegen. (vgl. UNHCR, Richtlinien zum internationalen Schutz: Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Artikels 1 C (5) und (6) des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ["Wegfall der Umstände"-Klauseln], Abs. 6 f).

Die Flüchtlingseigenschaft gemäß Art. 11 Abs. 1 lit. e Status-RL aF, der der aktuellen Rechtslage entspricht, erlischt, wenn in Anbetracht einer erheblichen und nicht nur vorübergehenden Veränderung der Umstände in dem fraglichen Drittland diejenigen Umstände, aufgrund deren der Betreffende begründete Furcht vor Verfolgung aus einem der in Art. 2 Buchst. c der Richtlinie genannten Gründe hatte und als Flüchtling anerkannt worden war, weggefallen sind und er auch nicht aus anderen Gründen Furcht vor "Verfolgung" im Sinne des Art. 2 Buchst. c der Richtlinie haben muss (EuGH 02.03.2010, Rs C-175/08 ua., Abdulla ua., Rz 76). Die Umstände müssen sich auf grundlegende, in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK angeführte Fluchtgründe beziehen, auf Grund deren angenommen werden kann, dass der Anlass für die - begründete - Furcht vor Verfolgung nicht mehr länger besteht (VwGH 25.06.1997, 95/01/0326). Ein Flüchtling hört erst dann auf Flüchtling zu sein, wenn er wieder effektiven Schutz im Herkunftsstaat erlangen kann (vgl. Grahl-Madsen The Status of Refugees in International Law I [1965], 7, 405) bzw. ihm zugemutet werden kann, sich wieder dem Schutz dieses Staates zu unterstellen (Kälin, Grundriß des Asylverfahrens [1990], 162).

Nach der Judikatur setzt Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 5 eine wesentliche nachhaltige Änderung der (für die Verfolgungsgefahr maßgeblichen) Umstände im Heimatstaat des Flüchtlings, einen Wegfall der Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und der Notwendigkeit der Schutzgewährung voraus.

Die Änderungen im Herkunftsstaat müssen nachhaltig und nicht bloß von vorübergehender Natur sein (VwGH vom 22.4.1999, 98/20/0567; VwGH vom 25.3.1999, 98/20/0475). Nach Einhaltung eines längeren Beobachtungszeitraumes wird auch der bloße "Haltungswandel" des bisherigen Verfolgers, ohne dass ein politischer Machtwechsel stattgefunden hat, eine asylrechtlich maßgebliche Änderung der Umstände ergeben und in Folge Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 5 der Genfer Flüchtlingskonvention zum Tragen kommen (VwGH vom 21.11.2002, 99/20/0171).

Der Wegfall der Verfolgungsgefahr ist maßgeblich für die Anwendung von Artikel 1 Abschnitt C Ziffer 5 der Genfer Flüchtlingskonvention. Ob die allgemeine wirtschaftliche Lage im Herkunftsstaat schlecht ist oder familiäre beziehungsweise emotionelle Bindungen zum Aufnahmestaat bestehen, ist für den Eintritt der Ziffer 5 grundsätzlich irrelevant.

3.2.2. Für den gegenständlichen Fall bedeutet das Folgendes:

3.2.2.1. Dem BF wurde mit Erkenntnis des ehemaligen Asylgerichtshofs vom 04.09.2009 Asyl gewährt, weil ihm im Herkunftsstaat durch russische Sicherheitskräfte Verfolgung insofern drohte, als russische Soldaten bei ihm zu Hause im Zuge eines geplanten Gefangenenaustauschs festgehalten und entdeckt wurden, sowie als er unter der XXXX -Administration für den Schutz staatlicher Objekte arbeitete. Dem Beschwerdeführer drohte asylrelevante Verfolgung aus den Gründen der unterstellten politischen Gesinnung.

3.2.2.2. Wie bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dargestellt und beweiswürdigend festgehalten, kam es seit dem Zeitpunkt der Ausreise des Beschwerdeführers – wenn auch eine nach wie vor vielfach problematische Menschenrechtssituation im Herkunftsstaat des BF nicht verkannt wird – zu einer Verbesserung der allgemeinen Sicherheitslage in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers. Es kann demnach nicht davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer nach wie vor mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine gezielte staatliche Verfolgung drohen würde. Diesbezüglich ist nun, mehr als zehn Jahre nach Ende des Zweiten Tschetschenienkrieges (dazu, dass die Annahme einer grundlegenden politischen Veränderung im Herkunftsstaat eine gewisse Konsolidierung der Verhältnisse voraussetzt, für deren Beurteilung es in der Regel eines längeren Beobachtungszeitraumes bedarf, s. VwGH 27.02.2006, 2002/20/0170), eine Änderung der Situation im Herkunftsstaat eingetreten, die nicht nur vorübergehend ist.

3.2.2.3. Wie in der Beweiswürdigung umfassend dargestellt, brachte der Beschwerdeführer im nunmehrigen Aberkennungsverfahren keinerlei konkreten Umstände glaubhaft vor, welche auf das Vorliegen einer noch aktuellen Gefährdung seiner Person im Herkunftsstaat schließen lassen. Nach seinen Rückkehrbefürchtungen befragt, gab der BF vor dem BFA lediglich an, dass er Angst vor der Polizei habe und befürchte immer noch gesucht zu werden, da seine im Herkunftsstaat wohnhaft Schwester noch keine Einstellung des Verfahrens erhalten habe. Des Weiteren brachte der BF bei der BFA-Einvernahme vor in der Russischen Föderation nicht leben zu können, Angst vor einer Spezialpolizei zu haben, welche alles wisse, in der Russischen Föderation nicht sicher zu sein und bei Rückkehr als Minimum mit einer Gefängnisstrafe zu rechnen. Diese Ausführungen des Beschwerdeführers gestalteten sich hinsichtlich einer aktuellen Verfolgungsgefahr, wie auch in der Beweiswürdigung festgehalten, als äußerst vage und handelte es sich dabei bis zuletzt nur um Mutmaßungen, die vom BF keineswegs substantiiert werden konnten.

3.2.2.4. Auch von Amts wegen konnten, wie dargelegt, keine Gründe dahingehend erkannt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation zum aktuellen Zeitpunkt von russischen Behörden

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten