Entscheidungsdatum
31.07.2020Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
G304 2230378-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung von XXXX , geb. am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX sowie XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.04.2020, Zl. XXXX , in Schubhaft zu Recht erkannt:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der betroffene Fremde (in der Folge „BF“) stellte nach illegaler Einreise am XXXX .2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Das Asylverfahren des BF wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge auch „BFA“) mit Bescheid vom XXXX .2017 vollinhaltlich negativ entschieden.
3. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht vollinhaltlich als unbegründet abgewiesen und erwuchs mit XXXX .2020 in Rechtskraft. Die Frist zur freiwilligen Ausreise ließ der BF ungenützt verstreichen.
4. Mit Bescheid vom XXXX .2020 wurde ihr gemäß § 56 FPG die Auflage erteilt, sich jeden 2. Tag bei der PI XXXX zu melden. Der Verpflichtung kam der BF nicht ein einziges Mal nach.
5. Am XXXX .2020 wurde vom BFA ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs 3 Z 2 BFA-VG erlassen.
6. Mit Mail der PI XXXX vom XXXX .2020 wurde dem BFA mitgeteilt, dass der BF seit mindestens XXXX .2020 unbekannten Aufenthaltes ist. Es konnte nicht ermittelt werden, wo der BF Unterkunft nahm.
7. Am XXXX .2020 wurde der BF von der PI XXXX in XXXX , XXXX , einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen. Es konnte festgestellt werden, dass sein Asylverfahren mit XXXX .2020 rechtskräftig geworden war und ein Festnahmeauftrag besteht und er daher rechtswidrig in Österreich aufhältig ist. Der Journaldienst des BFA verfügte anschließend die Einlieferung in das PAZ XXXX .
8. Der BF wurde von Beamten des PAZ XXXX am XXXX .2020 entsprechend der Anordnung des BFA-Journaldienstes zum Sachverhalt niederschriftlich einvernommen. Die niederschriftliche Einvernahme wurde dem BFA Journaldienst mittels Mail übermittelt.
9. Mit Verfahrensanordnung wurde dem BF der bereits zugewiesene Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
10. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .2020, Zl. XXXX wurde über den BF gem. § 76 Abs 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet, wogegen der BF fristgerecht Beschwerde erhob.
11. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des BF wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom XXXX .2020, GZ: L510 2230378-1/8E, als unbegründet ab und stellte fest, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
12. Am XXXX .2020 wurde von der afghanischen Botschaft ein HRZ für den BF ausgestellt.
13. Am XXXX .2020 legte die belangte Behörde die den BF betreffenden Akten erneut dem Bundesverwaltungsgericht zur Verhältnismäßigkeitsprüfung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF führt die im Spruch angeführte Verfahrensidentität (Namen, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit). Identitätsdokumente liegen nicht vor.
1.2. Gegen den BF besteht nach einem rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren eine rechtskräftige und somit durchführbare Rückkehrentscheidung. Er kam seiner Verpflichtung zur Ausreise in seinen Herkunftsstaat nicht nach. Stattdessen tauchte er in die Illegalität ab. Der dem BF gemäß § 56 FPG erteilten Auflage, sich jeden zweiten Tag bei der PI XXXX zu melden, kam der BF nicht nach. Am XXXX .2020 wurde vom BFA ein Festnahmeauftrag gemäß § 34 Abs 3 Z 2 BFA-VG hinsichtlich des BF erlassen. Der BF wurde nach einer Routinekontrolle festgenommen und befindet sich in Schubhaft.
1.3 Der BF hat in Österreich keine maßgebliche familiäre, soziale und berufliche Verankerung. Er hat nur eine Bekannte namens XXXX , deren genaue Adresse der BF jedoch nicht wusste. Er verfügt auch nicht über ausreichende finanzielle Mittel zur Sicherung seines Unterhalts und hat auch keinen gesicherten Wohnsitz.
1.4. Der BF wurde in Österreich als junger Erwachsener rechtskräftig verurteilt:
LG XXXX XXXX vom XXXX .2019 RK XXXX .2019
§ 107 (1) StGB
§ 15 StGB § 105 (1) StGB, Datum 14.04.2019,
Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
BG XXXX XXXX vom XXXX .2020 RK XXXX .2020
Freiheitsstrafe 1 Monat, bedingt, Probezeit 3 Jahre
1.5 Fest steht des Weiteren, dass der BF seit dem XXXX .2020, durchgängig in Schubhaft angehalten wird, dass er haftfähig ist und keine Umstände hervorgekommen sind, die eine Änderung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts indizieren oder Zweifel an der Verhältnismäßigkeit seiner weiteren Anhaltung in Schubhaft erwecken.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Asyl- und Fremdenwesen sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung des BF in Österreich und zur Höhe der in diesem Zusammenhang verhängten Freiheitsstrafe ergibt sich aus der Aktenlage, insbesondere aus einem rezenten Auszug aus dem Strafregister.
Die Feststellungen zur Familiensituation des BF und zu seiner mangelnden (sozialen) Integration in Österreich ergeben sich aus der Aktenlage.
Die zu seiner finanziellen Situation getroffenen Konstatierungen ergeben sich aus der Aktenlage und fügen sich zudem stimmig in die (unstrittigen) Lebensumstände des BF. Hinweise auf substanzielle gesundheitliche Probleme sind dem Akt nicht zu entnehmen; ein grundsätzliches Fehlen der Haftfähigkeit wurde in keiner Phase des Verfahrens behauptet.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A): Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF., hat folgenden Wortlaut:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,
2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.
(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
Die Bestimmung des § 22a Abs. 4 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF., lautet wörtlich wie folgt:
„§ 22a. [...]
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.“
Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die Fortsetzung der seit dem 08.04.2020 andauernden Schubhaft wegen des Vorliegens einer sehr hohen Fluchtgefahr Gegenständlich besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung und somit eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme iSd § 76 Abs 3 Z 3 FPG. Der Frist für die freiwillige Ausreise kam der BF nicht nach. Vielmehr tauchte er unter und war für das BFA nicht greifbar. Einer Auflage, sich regelmäßig jeden zweiten Tag bei der PI XXXX zu melden, kam der BF kein einziges Mal nach. Der BF brachte keine Identitätsdokumente in Vorlage. Dieses Verhalten bewirkte eine wesentliche Verfahrensverzögerung und wurde dadurch auch eine Abschiebung iSd § 76 Abs 3 Z 1 FPG wesentlich erschwert. Nachdem der BF auch über keinen Wohnsitz oder eine Unterkunft in Österreich verfügt, sind auch die Voraussetzungen des § 76 Abs 3 Z 8 FPG erfüllt.
Nachdem mit XXXX .2020 von der afghanischen Botschaft ein HRZ für den BF ausgestellt wurde und die belangte Behörde mitgeteilt hat, dass im Oktober ein Charterflug für die Rückführung stattfinden soll und somit eine zeitnahe Rückführung des BF in seinen Herkunftsstaat als sehr wahrscheinlich anzunehmen ist und sich der BF zudem bislang trotz rechtskräftiger Entscheidung beharrlich geweigert hat, seiner Verpflichtung zur Ausreise aus dem Bundesgebiet nachzukommen und in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren, muss von einem verstärkten Sicherungsbedarf ausgegangen werden. Der Sicherungsbedarf wird in seinem Fall gerade auch dadurch verstärkt, dass er nunmehr in Kenntnis davon ist, dass eine Abschiebung unmittelbar bevorsteht und er seine illegalen Reisebewegungen nicht mehr fortsetzen kann, wodurch ihm eine illegale Weiterreise von Österreich ausgehend in andere europäische Staaten unmöglich wird, über die er sich einer Abschiebung in den Herkunftsstaat entziehen könnte.
Aus den eben dargelegten Umständen und insbesondere auch unter Berücksichtigung seiner nicht vorhandenen sozialen Bindungen in Österreich ist aktuell - jedenfalls - von einer als erheblich zu qualifizierenden Fluchtgefahr auszugehen, zumal besondere Umstände vorliegen, die ein Untertauchen des BF - um sich so einer Abschiebung zu entziehen - befürchten lassen.
Die Anordnung eines gelinderen Mittels gemäß § 77 FPG erweist sich im Hinblick auf die erhebliche Fluchtgefahr als nicht geeignet, um den erforderlichen Sicherungszweck (Durchführung der Abschiebung) zu erreichen. Sie wird nicht zuletzt durch das in der Vergangenheit gezeigt Verhalten des BF untermauert.
Eine auf den vorliegenden Einzelfall bezogene Gesamtabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Abschiebung einerseits und der Schonung der persönlichen Freiheit andererseits ergibt somit, dass das erwähnte öffentliche Interesse überwiegt, weil ohne Anordnung der Schubhaft die Durchführung der Abschiebung wahrscheinlich vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Dass besondere in der Person des BF gelegene Umstände vorliegen würden, die der Schubhaft allenfalls entgegenstehen könnten, ist anlassbezogen nicht hervorgekommen.
Die in § 80 Abs. 4 FPG grundsätzlich vorgesehene Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft wurde zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht überschritten.
Die Anhaltung in Schubhaft erweist sich somit weiterhin zum Zweck der Sicherung der Abschiebung wegen Fluchtgefahr als notwendig und auch als verhältnismäßig. Die andauernde Schubhaft kann daher - auch unter Berücksichtigung der gesetzlich festgelegten Höchstdauer der Anhaltung - fortgesetzt werden, weshalb gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wie im Spruch angeführt zu entscheiden war.
4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm. § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.
Zu Spruchteil B): Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF., hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder von den Parteien vorgebracht worden noch sonst hervorgekommen.
Schlagworte
Fluchtgefahr Interessenabwägung öffentliche Interessen Schubhaft Schubhaftbeschwerde Sicherungsbedarf Verhältnismäßigkeit VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G304.2230378.2.00Im RIS seit
03.11.2020Zuletzt aktualisiert am
03.11.2020