TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/3 I409 2232104-1

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Veröffentlicht am 03.08.2020
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Entscheidungsdatum

03.08.2020

Norm

AVG §78
B-VG Art133 Abs4
BVwAbgV §1 Abs1
BVwAbgV §2
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §60 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §8a Abs1

Spruch

I409 2232104-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Florian Schiffkorn als Einzelrichter über die Beschwerde des M XXXX S XXXX alias M XXXX C XXXX alias E XXXX J XXXX , geboren am XXXX alias XXXX alias XXXX , Staatsangehörigkeit Gambia, vertreten durch den Verein „Legal Focus“, Lazarettgasse 28/3, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 6. Mai 2020, Zl. XXXX :

A)

I. den Beschluss gefasst:

Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Antrag auf Verkürzung bzw. Aufhebung des Einreiseverbotes gemäß § 60 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 als unbegründet abgewiesen wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Gambias, stellte nach seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet am 17. Jänner 2011 einen Antrag auf internationalen Schutz, der im Beschwerdewege mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. Jänner 2015 rechtskräftig als unbegründet abgewiesen wurde. Zugleich wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. April 2015 wurde gegen den zu diesem Zeitpunkt bereits wiederholt straffällig gewordenen Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen, die mit einem auf § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 gestützten und auf die Dauer von acht Jahren befristeten Einreiseverbot verbunden wurde.

Eine gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. Juli 2016 als unbegründet abgewiesen.

Dieses Erkenntnis erwuchs mit seiner Zustellung am 26. Juli 2016 in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach und heiratete am 7. Februar 2017 eine österreichische Staatsangehörige.

Nachdem der Beschwerdeführer seine zunächst für den 2. August 2017 geplante Abschiebung vereitelte, stellte er am selben Tag – während seiner Anhaltung in Schubhaft – einen Folgeantrag auf internationalen Schutz.

Nach der Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes wurde der Beschwerdeführer am 22. September 2017 nach Gambia abgeschoben.

Mit E-Mail vom 29. Oktober 2019 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Verkürzung bzw. Aufhebung des gegen ihn bestehenden Einreiseverbotes.

Mit Schriftsatz der belangten Behörde vom 13. Dezember 2019 („Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“) wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt werde, seinen Antrag abzuweisen, da die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Verkürzung oder Aufhebung des gegen ihn verhängten Einreiseverbotes nicht vorliegen würden. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer eine Frist von zwei Wochen eingeräumt, um eine schriftliche Stellungnahme bei der belangten Behörde einzubringen.

In seiner fristgerecht eingebrachten schriftlichen Stellungnahme vom 5. Februar 2020 ersuchte der Beschwerdeführer abermals um Aufhebung des bestehenden Einreiseverbotes.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 6. Mai 2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 29. Oktober 2019 „auf Verkürzung/Aufhebung des mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 9. April 2015, Zahl 810051409 - 1326591 gegen ihn erlassenen Einreiseverbotes gemäß § 60 Absatz 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF“ abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß „§ 78 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF“ wurde dem Beschwerdeführer zudem aufgetragen, binnen einer Zahlungsfrist von zwei Wochen Bundesverwaltungsabgaben in der Höhe von Euro 6,50 zu entrichten (Spruchpunkt II).

Gegen den angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

A) 1. Feststellungen

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang wird – um Wiederholungen zu vermeiden – als Sachverhalt festgestellt.

A) 2. Beweiswürdigung

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes sowie in den Beschwerdeschriftsatz Beweis erhoben.

A) 3. Rechtliche Beurteilung

A) 3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

1. § 60 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 27/2020, lautet:

„Verkürzung, Gegenstandslosigkeit und Aufhebung

§ 60. (1) …

(2) Das Bundesamt kann ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 bis 4 auf Antrag des Drittstaatsangehörigen unter Berücksichtigung der für die Erlassung der seinerzeitigen Rückkehrentscheidung oder des seinerzeitigen Einreiseverbotes maßgeblichen Umstände verkürzen, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und seither einen Zeitraum von mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes im Ausland verbracht hat. Die fristgerechte Ausreise hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen.

(3) … .“

2. § 78 Abs. 1 und 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018, lautet:

„§ 78. (1) Den Parteien können in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung (unmittelbare oder mittelbare Bundesverwaltung, übertragener Wirkungsbereich der Gemeinden in Bundesangelegenheiten) für die Verleihung von Berechtigungen oder sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen der Behörden Bundesverwaltungsabgaben auferlegt werden, sofern die Freiheit von derlei Abgaben nicht ausdrücklich durch Gesetz festgesetzt ist. Wenn ein im Verwaltungsverfahren als Partei auftretender Rechtsträger zur Vollziehung der Gesetze berufen ist, so unterliegt er insoweit der Verpflichtung zur Entrichtung von Bundesverwaltungsabgaben nicht, als die Amtshandlung eine unmittelbare Voraussetzung der dem Rechtsträger obliegenden Vollziehung der Gesetze bildet. Die Gebietskörperschaften unterliegen ferner der Verpflichtung zur Entrichtung einer Bundesverwaltungsabgabe nicht, wenn diese der als Partei einschreitenden Gebietskörperschaft zufließen würde.

(2) Für das Ausmaß der Bundesverwaltungsabgaben sind, abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen, durch Verordnung der Bundesregierung zu erlassende Tarife maßgebend, in denen die Abgaben mit festen Ansätzen, die nach objektiven Merkmalen abgestuft sein können, bis zum Höchstbetrag von 1 090 Euro im einzelnen Fall festzusetzen sind.

(3) … .“

3. § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl. Nr. 24/1983 idF BGBl. II Nr. 5/2008, lauten:

„§ 1. (1) Die Parteien haben für jede Verleihung einer Berechtigung oder für sonstige wesentlich in ihrem Privatinteresse liegende Amtshandlungen, die von Behörden im Sinne des Art. VI Abs. 1 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen oder infolge Säumnis einer solchen Behörde vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommen wurden, in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung – abgesehen von den durch Gesetz besonders geregelten Fällen – die gemäß dem Abschnitt II festgesetzten Verwaltungsabgaben zu entrichten.

(2) …

§ 2. (1) Die Pflicht zur Entrichtung der Verwaltungsabgabe tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem die Berechtigung rechtskräftig verliehen ist oder die Amtshandlung vorgenommen wird.

(2) … .“

A) 3.2. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

A) 3.2.1. Zur Abweisung des Antrages auf Verkürzung bzw. Aufhebung des verhängten Einreiseverbotes (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides):

Wie die belangte Behörde in der rechtlichen Beurteilung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausführt, kann ein auf Grundlage von § 53 Abs. 3 Z 1 bis Z 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 verhängtes Einreiseverbot gemäß § 60 Abs. 2 leg.cit. auf Antrag verkürzt werden, wenn der Drittstaatsangehörige das Gebiet der Mitgliedstaaten fristgerecht verlassen hat und mehr als die Hälfte des seinerzeitigen Einreiseverbotes bereits im Ausland verbracht hat. Diese Voraussetzungen liegen in diesem Beschwerdefall jedoch nicht vor:

Der Beschwerdeführer wurde am 22. September 2017 auf dem Luftweg nach Gambia abgeschoben und die Frist des gegen ihn verhängten achtjährigen Einreiseverbotes begann –entgegen der in der Beschwerde vertretenen Rechtsansicht – ex lege mit Ablauf des Tages seiner Ausreise zu laufen (vgl. § 53 Abs. 4 Fremdenpolizeigesetz 2005). Daher hat der Beschwerdeführer seit seiner Abschiebung noch nicht einen Zeitraum von mehr als vier Jahren im Ausland verbracht. Das Verstreichen dieses gesetzlich vorgesehenen Zeitraumes ab der Ausreise stellt allerdings – ebenso wie eine fristgerechte Ausreise – eine zwingende Voraussetzung für eine etwaige Stattgabe des Antrages auf Verkürzung bzw. Aufhebung eines Einreiseverbotes dar.

Die belangte Behörde stützte die – an sich zutreffend erfolgte – Abweisung des verfahrensgegenständlichen Antrages in Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides jedoch (offenbar versehentlich) auf § 60 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, sodass der Spruch insoweit zu korrigieren war. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

A) 3.2.2. Zur Vorschreibung von Bundesverwaltungsabgaben (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides):

Die belangte Behörde sprach mit Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 78 AVG eine Verwaltungsabgabe in Höhe von Euro 6,50 binnen einer Zahlungsfrist von zwei Wochen zu entrichten habe.

Gemäß Tarifpost 2 Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983 sind für sonstige Bescheide oder Amtshandlungen, die wesentlich im Privatinteresse der Partei liegen, soweit nicht eine andere Tarifpost Anwendung findet, Euro 6,50 zu entrichten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Verleihung einer Berechtigung eine wesentlich im privaten Interesse der solcherart berechtigten Partei liegende Amtshandlung. Dagegen liegt eine Amtshandlung, welche die Rechtslage der Partei nicht verändert, nicht wesentlich in ihrem Privatinteresse. Bei der Beurteilung der Frage, ob und allenfalls in wessen Privatinteresse eine Amtshandlung lag, ist die einzelne Amtshandlung nicht isoliert, sondern im Gesamtzusammenhang jenes Verfahrens zu sehen, dessen Teil sie bildet. Dabei ist auf das jeweilige Verfahrensziel abzustellen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Jänner 2004, 2002/04/0193, mwN).

Der Beschwerdeführer beantragte mit E-Mail vom 29. Oktober 2019 die Verkürzung bzw. Aufhebung des gegen ihn bestehenden Einreiseverbotes, somit die Erlassung eines ihn begünstigenden Verwaltungsaktes.

Dass dieser Antrag als unbegründet abzuweisen war, ist jedoch – entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht – ohne Bedeutung, dh ob die iSd Einschreitens der Partei vorgenommene Amtshandlung zu dem der Partei vorschwebenden Ziel geführt hat (Hengstschläger/Leeb, AVG § 78, Rz 11, mwN).

Auch hinsichtlich des Spruchpunktes II des angefochtenen Bescheides war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

A) 4. Zur Abweisung des Antrages auf Gewährung von Verfahrenshilfe:

Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe war gemäß § 8a Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung – wie oben unter A) 3.2.1. und 3.2.2. dargetan wurde – als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

A) 5. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist der Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-Verfahrensgesetz aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung daher unterbleiben konnte.

Zu B) Zulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Aufhebung Ausreiseverpflichtung Einreiseverbot Fristbeginn Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat Verfahrenshilfeantrag Verkürzung Verwaltungsabgabe Voraussetzungen Wiederholungstaten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I409.2232104.1.00

Im RIS seit

04.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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