TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/7 W111 2165881-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.08.2020
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Entscheidungsdatum

07.08.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §54
FPG §55 Abs1

Spruch

W111 2165878-1/18E

W111 2165885-1/28E

W111 2165881-1/32E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Dr. DAJANI, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerden von 1) XXXX , geb. XXXX , 2) XXXX , geb. XXXX , und 3) XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch Hofbauer & Wagner Rechtsanwälte KG, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 10.07.2017, 1) Zl. 14 – 1025445206 / 14799157/BMI-BFA_TIROL_RD, 2) 14-1025445108 / 14799149/BMI-BFA_TIROL_RD, und 3) 14-1025445010 / 14799135/BMI-BFA_TIROL_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht:

A) I. Die Beschwerden werden gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57 AsylG 2005 i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

II. Im Übrigen wird in Erledigung der Beschwerden ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung jeweils gemäß § 52 FPG 2005 i.d.g.F. iVm § 9 Abs. 3 BFA-VG i.d.g.F. auf Dauer unzulässig ist. Gemäß §§ 54 und 55 Abs. 2 AsylG 2005 i.d.g.F. wird 1.) XXXX der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung“ sowie 2.) XXXX und 3.) XXXX gemäß §§ 54 und 55 Abs. 1 AsylG 2005 i.d.g.F. der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin (BF1) ist die Mutter des volljährigen Zweitbeschwerdeführers (BF2) sowie des volljährigen Drittbeschwerdeführers (BF3).

2. Die Beschwerdeführer, Staatsangehörige der Russischen Föderation, stellten am 16.07.2014 infolge illegaler Einreise in das Bundesgebiet die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz, zu welchen sie am folgenden Tag niederschriftlich erstbefragt wurden.

Die BF1 gab zusammengefasst im Wesentlichen an, dass am 30.12.2013 ihr Neffe, der Polizist gewesen sei, bei einem Attentat getötet worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei ihr älterer Sohn - der BF2 - im Auto von ihrem Neffen gewesen. Nach diesem Vorfall sei der BF2 von Wahhabiten verfolgt worden. Sie habe ihren Sohn dann nach Russland geschickt. Dann seien die Behörden und Wahhabiten zu ihr gekommen und hätten wissen wollen, wo ihr Sohn sei. Etwas später sei ihr jüngerer Sohn - der BF3 - mitgenommen und geschlagen worden. Ihr getöteter Neffe sei Polizist gewesen und habe auch für die Wahhabiten gearbeitet. Bei einer Rückkehr befürchte sie, dass sie ihre Söhne verlieren würde; ohne diese könne und wolle sie nicht leben.

Der BF2 gab zusammengefasst und sinngemäß im Wesentlichen an, dass am 30.12.2013 sein Cousin getötet worden sei; der Cousin sei Polizist gewesen. Als das Auto, in dem der Cousin gesessen sei, beschossen worden sei, sei der BF2 ebenfalls darin gesessen. Danach sei der BF2 von unbekannten Personen gesucht worden und sei nach Russland gereist. In dieser Zeit sei sein jüngerer Bruder, der BF3, von unbekannten Personen geschlagen worden. Diese hätten von ihm – dem BF3 - wissen wollen, wo der BF2 sei. Dann sei der BF2 in seine Heimat zurückgekehrt. Seine Familie sei mehrmals von den maskierten, uniformierten Personen zu Hause aufgesucht worden. Sie hätten immer vom BF2 wissen wollen, wie sein Cousin gestorben sei, und, warum der BF2 am Leben geblieben sei. Bei einer Rückkehr befürchte er, dass er „Probleme von Unbekannten“ bekomme, vermutlich von den Personen, die seinen Cousin getötet hätten.

Der BF3 gab zusammengefasst und sinngemäß im Wesentlichen an, dass am 30.12.2013 sein Großcousin, der ein Polizist gewesen sei, getötet worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei sein Bruder beim Großcousin gewesen. Danach seien maskierte, uniformierte Personen gekommen und hätten seien Bruder gesucht. Sie hätten seinen Bruder beschuldigt, dass er angeblich dem getöteten Großcousin eine Falle gestellt habe. Im Jänner oder Februar 2014 hätten diese Personen den BF3 mitgenommen und hätten ihn gefoltert. Sie hätten von ihm den Aufenthaltsort seines Bruders wissen wollen. Nach zwei Tagen sei er freigelassen worden. Dann sei er nach XXXX gefahren, um sein Studium zu beenden. Der BF3 sei nicht zu Hause gewesen; die Maskierten seien aber immer wieder zu seiner Mutter nach Hause gekommen. Zu seinen Rückkehrbefürchtungen führte er aus, er sei zu neunzig Prozent überzeugt, dass bei einer Rückkehr entweder er oder sein Bruder getötet werden würden.

3. Am 24.05.2017 wurde die BF1 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen. Die BF1 brachte anlässlich jener Einvernahme zusammenfassend und sinngemäß vor, am 30.12.2013 habe sie der BF2 angerufen und gefragt, ob er seinen Cousin zur Geburt seiner Tochter gratulieren könne. Dessen Frau sei noch im Krankenhaus gewesen. Der BF2 habe gemeint, dass sie sich treffen würden. Als sie erfahren habe, dass ihr Neffe XXXX getötet worden sei, sei sie erschrocken und habe gefragt, was mit dem BF2 sei, da diese zusammen gewesen seien. Sie habe erfahren, dass der BF2 wohlauf sei und der Neffe XXXX in den Armen des BF2 gestorben sei. Sie sei nach Hause geeilt. Danach seien Beamte gekommen und hätten nach ihrem Sohn gefragt, sie habe diesen aber schon zu seinem Studienort zurückgeschickt. Ca. eine Woche später sei ihr jüngerer Sohn, der BF3, mitgenommen worden. Er sei gerade auf dem Weg zu ihr an ihren Arbeitsplatz gewesen. Sie hätten ihn mitgenommen und gefoltert. Sie sei dann angerufen worden und habe Geld zahlen müssen, damit sie ihren Sohn lebend wiedersehen könne. Sie habe alles verkauft, was sie gehabt habe. Sie habe Geld gesammelt und habe es übergeben. Einen Tag später sei ihr Sohn in einem schrecklichen Zustand Heim gekommen. Er sei „halb tot“ gewesen. Sie und ihre Schwester seien zu allen Ärzten gelaufen, um ihn behandeln zu lassen. Als es ihm wieder besser gegangen sei, sei er zum Studium gefahren. Dann seien maskierte Männer zu ihr gekommen und hätten nach ihrem älteren Sohn - dem BF2 – gefragt, und, warum sie noch immer Wodka verkaufe. Einige Zeit später sei sie in die Wohnung gegangen, um Dokumente zu holen. Sie sei bis ca. 23:00 Uhr in der Wohnung geblieben, um sich um die Pflanzen zu kümmern. Es habe an der Tür geklopft und sie sei sofort von einem der Männer mit einem Gummiknüppel geschlagen worden. Sie habe ihr Bewusstsein verloren. Sie hätten sie erneut verhört, wo ihr älterer Sohn sei, und, warum sie noch immer Wodka verkaufe. Sie hätten sie gefoltert und geschlagen. Ihre Hand sei auf eine Herdplatte gedrückt worden, ihr seien alle Zähne ausgeschlagen worden. Sie sei 17 Tage im Koma gelegen und habe 1,5 Liter Blut verloren. Sie habe gefragt, warum sie ihren älteren Sohn - den BF2 - suchen würden; er sei doch kein Wahhabit. Darauf hätten sie geantwortet, weil er gesehen habe, wie sie das Auto beschossen hätten. Sie würden keine Spuren hinterlassen. Weiters hätten sie gesagt, wenn sie weiterhin Wodka verkaufen würde, würden sie sie auch ermorden.

Am 23.05.2017 wurde der BF2 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die russische Sprache niederschriftlich einvernommen. In dieser Einvernahme gab er im Wesentlichen und sinngemäß an, es sei das Gerücht aufgetaucht, dass es eine Liste im Internet mit Namen von Polizisten gebe, die getötet werden hätten sollen. Einer seiner Cousins sei Polizist gewesen und sein Name sei auch auf der Liste gewesen. Der Cousin habe gerade eine Tochter bekommen und der BF2 habe ihm dazu gratulieren wollen. Sie seien auf dem Weg zu ihm nach Hause gewesen. Sein Cousin sei am Steuer des Autos gewesen. Auf einmal sei das Auto beschossen worden. Sein Cousin sei im Krankenhaus verstorben. Am nächsten Tag sei er in sein Studentenheim gefahren. Dann habe er von seiner Mutter erfahren, dass maskierte, uniformierte Männer nach ihm – dem BF2 - gefragt hätten. Sie hätten seinen Aufenthaltsort wissen wollen. Sie hätten seine Mutter geschlagen. Sein Bruder sei dann zur Mutter gefahren, nach ein oder zwei Tagen sei dieser entführt worden. Sein Bruder sei zwei Tage festgehalten, verhört und gefoltert worden. Seine Mutter habe Lösegeld zahlen müssen, dafür sei alles verkauft worden. Im Jänner 2014 habe die Portiersfrau im Studentenheim gesagt, dass jemand gekommen sei und nach dem BF2 gefragt habe. Zu Hause seien immer wieder unbekannte Männer gekommen und hätten ihnen allen gedroht.

Am 23.05.2017 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF3 im Beisein eines Dolmetschers für die russische Sprache. In dieser gab er im Wesentlichen und sinngemäß zu seinem Fluchtgrund an, dass am 30.12.2013 sein Großcousin, der als Polizist gearbeitet habe, getötet worden sei. Sein Bruder sei bei ihm gewesen als der Vorfall geschehen sei. Sein Bruder habe „das alles“ nicht geschafft und sei an seinen Studienort zurückgefahren. Irgendwann im Jänner 2014 sei der BF3 alleine zu Hause gewesen. Es seien maskierte Leute zu ihnen gekommen. Sie hätten ihn gefragt, wo sein Bruder sei. Sie hätten ihm nicht gesagt, warum sie seinen Bruder suchen würden. Er habe geantwortet, dass sein Bruder nicht da sei. Sie hätten nicht weiter gefragt, und seien gegangen. Nach zwei Tagen sei er an seien Studienort gefahren. Eine Woche später habe ihn seine Mutter angerufen, sie habe geweint und erzählt, dass „diese Männer“ da gewesen seien. Sei hätten sie beleidigt, bedrängt und nach seinem Bruder gefragt. Der BF3 sei zu seiner Mutter heimgefahren. Am nächsten Tag sei er aufgestanden und habe seine Mutter bei der Arbeit besuchen wollen. Da habe ihn ein Wagen verfolgt. Drei Leute seien aus dem Wagen gestiegen und hätten ihn geschlagen und ihn in das Auto gezerrt. Ihm sei ein Sack über den Kopf gestülpt worden. Er sei in ein leeres Zimmer gebracht worden. Dort sei er beleidigt, geschlagen und nach seinem Bruder gefragt worden. Er habe das Bewusstsein verloren. Er sei mit Wasser übergossen worden, damit er erwache. Er habe die Fragen nicht beantwortet, da er Angst gehabt habe, dass sein Bruder ermordet werden würde. Diese Männer hätten ihm eine kreuzförmige Narbe am Rücken eingebrannt. Am nächsten Tag sei ihm ein Sack über den Kopf gestülpt worden und er sei im Auto weggebracht worden. Am Stadtrand sei er aus dem Auto geworfen worden. Er sei in einem schlechten Zustand gewesen. Leute hätten ihn in das Krankenhaus gebracht. Er habe von seiner Mutter erfahren, dass sie für seine Freilassung etwas bezahlen habe müssen. Sie hätten bei Bekannten oder Freunden übernachtet. Seine Mutter sei einmal nach Hause gegangen wegen Dokumenten. Seine Mutter sei geschlagen und gefragt worden, wo der BF2 sei.

Im Zuge des Verfahrens wurden mehrere Unterlagen – darunter ein Konvolut an ärztlichen Unterlagen und ein Konvolut an Empfehlungsschreiben – vorgelegt.

4. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden vom 10.07.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkte I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkte II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt; gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkte III.). Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkte IV.).

Diesen ist im Wesentlichen und sinngemäß zu entnehmen, dass der vorgebrachte Fluchtgrund - aufgrund von Widersprüchen - nicht als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden habe können. Weiters habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführer im Fall ihrer Rückkehr in ihrem Recht auf Leben gefährdet wären, der realen Gefahr von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen wären oder der Gefahr der Vollstreckung der Todesstrafe ausgesetzt wären. Es habe auch nicht festgestellt werden können, dass ihnen im Herkunftsland die Lebensgrundlage gänzlich entzogen gewesen wäre oder sie bei einer Rückkehr in eine die Existenz bedrohende oder medizinische Notlage gedrängt werden würden. Im Herkunftsstaat sei eine ausreichende medizinische Behandlungsmöglichkeit vorhanden, die ihnen auch zugänglich sei. Bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen hätten keine Hinweise gefunden werden können, die den Schluss zulassen würden, dass durch die Rückkehrentscheidung auf unzulässige Weise im Sinne von Art 8 Abs. 2 EMRK in das Recht auf Schutz des Familien- und Privatlebens eingegriffen werden würde.

5. Dagegen wurden fristgerecht Beschwerden durch die bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation eingebracht, in welchen begründend zusammengefasst ausgeführt wurde, dass die Beschwerdeführer aus ihrer Sicht ein in sich geschlossenes, vor dem Hintergrund der Länderinformationen nachvollziehbares, gleichbleibendes und übereinstimmendes Vorbringen erstattet hätten, wonach eine persönliche Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure, vermutlich aus religiösen Gründen gegeben sei, vor der der Staat keinen ausreichenden, effektiven Schutz bieten würde. Im Übrigen sei auf ihre in der Zwischenzeit erfolgte Integration zu verweisen.

In Summe sei die Entscheidung aus Sicht der Beschwerdeführer nicht zutreffend, weshalb das Bundesverwaltungsgericht ersucht werde, die vorliegenden Fälle noch einmal zu prüfen und den Beschwerdeführern internationalen Schutz in Form von Asyl, in eventu subsidiären Schutz zuzuerkennen, sowie die ausgesprochene Rückkehrentscheidung und den Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung in die Russische Föderation zu beheben.

6. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 28.07.2017 mitsamt den bezughabenden Verwaltungsakten beim Bundesverwaltungsgericht ein.

7. Am 22.06.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die russische Sprache und des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer eine mündliche Verhandlung durch. Das Bundesamt war ordnungsgemäß geladen worden, hatte jedoch bereits im Vorfeld schriftlich mitgeteilt, auf eine Teilnahme an der Beschwerdeverhandlung zu verzichten. Der erschiene Rechtsvertreter gab bekannt, dass die Beschwerdeführer trotz Information per E-Mail nicht erschienen sind und beantragte eine Vertagung der Verhandlung.

8. Am 24.06.2020 setzte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung zur Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die russische Sprache und in Anwesenheit der Beschwerdeführer sowie deren Rechtsvertreters fort.

Die gegenständlich relevanten Teile der Verhandlung gestalteten sich, wie folgt:

„R an BF1-3: Waren Ihre bisherigen Angaben korrekt und vollständig. Wurden Sie durch die Beamten in erster Instanz korrekt behandelt?

R erläutert die Frage.

BF 3: Eigentlich stimmt alles, aber beim zweiten Interview hat die D viele Fehler gemacht. Sie hat oft viele Fehler gemacht und ich habe oft korrigieren müssen.

R: Sie haben bei der Einvernahme am 22.05.2017 angegeben, dass Sie die D gut verstanden haben und es wurde Ihnen laut Protokoll die Einvernahme auch rückübersetzt.

BF3: Da kann ich mich erinnern, aber dazwischen hat sie kleine Fehler gemacht. Im Grunde hat sie schon alles übersetzt, aber sie hat Fehler gemacht.

R: Diese Niederschrift kennen Sie?

BF3: Ja.

R: Ist sie korrekt oder haben Sie etwas hinzuzufügen?

BF3: Ja und meine Angaben waren korrekt.

R: Waren Ihre Angaben vollständig und korrekt?

BF2: Also beim zweiten interview als meine Mutter sagte, dass der Vater tot ist, damit meinte sie, ihren zweiten Ehemann. Und ich wiederum sagte mein Vater ist am Leben, weil mein Vater ist der erste Ehemann. Ich sage er lebt und sie sagte er ist tot. Ich meinte aber den leiblichen Vater. Ansonsten sind meine Aussagen korrekt und vollständig protokolliert.

BF1: Meine Aussagen wurden korrekt und vollständig protokolliert. Ich habe beim zweiten großen Interview auf die Frage, ob ich psychische Beschwerden habe oder ob ich in Behandlung bin, habe ich mit nein geantwortet, weil ich hatte Angst, dass sie das verschieben werden. Ich habe lange auf die Einvernahme gewartet und wollte nicht, dass diese verschoben wird. Das stimmt aber nicht ganz, ich bin seit 2015 auch beim Psychiater und beim Psychologen angemeldet und habe auch psychische Beschwerden. Nachgefragt gebe ich abermals an, dass meine protokollierten Angaben vollständig und richtig waren.

BF1-3: Nachgefragt geben die BF an, dass die Verhandlung durch die Beamten des BFA korrekt war.

BF1: Der Referent hat meinen Gesundheitszustand gesehen und hat auch immer wieder gefragt, ob ich eine Pause brauche.

R an BFV: Wird die seinerzeitige bzw. die gegenwärtige Einvernahmefähigkeit in Frage gestellt?

BFV: Nein.

Beginn der Befragung der BF1 um 13:05 Uhr.

R: Können Sie mir in kurzen Worten Ihren Lebenslauf bis zum fluchtauslösenden Ereignis schildern?

BF1: Ich bin in Dagestan geboren. Ich bin 10 Jahre in die Schule gegangen. Dann habe ich an der Uni Kinderpsychologie studiert. Als ich im vierten Studiums Jahr war, habe ich den Vater meiner Söhne geheiratet und habe aber die Ausbildung fortgesetzt und abgeschlossen. Dann habe ich in einem Psychiatrischen Krankenhaus gearbeitet. Dann bin ich mit meinem Mann gemeinsam nach Tschetschenien übersiedelt. Im Jahr 2000 in die XXXX von Tschetschenien. Dort habe ich ein Geschäft geführt. Die Kinder sind in die Schule gegangen. Die haben beide ein Gymnasium absolviert. Im Jahr 2012 als mein zweiter Ehemann gestorben ist, bin ich in die XXXX von Dagestan gezogen. Nachgefragt: Von meinem ersten Ehemann wurde ich geschieden. Er wurde während der Ehe entführt und ich habe für ihn Lösegeld bezahlen müssen. Der Vater meiner Söhne ist ein Türke, kein Tschetschene. Wir sind gemeinsam nach Tschetschenien übersiedelt. Er ist ein ethnischer Türke. Seine Staatsbürgerschaft ist die der Russischen Föderation. Der Vater meiner Söhne lebt nach wie vor. Er lebt in Dagestan in der XXXX und hat eine Familie, eine Frau und eine Tochter. Mit meinen Söhnen steht er in Kontakt mit mir aber nicht. Ich glaube auch, dass die Söhne mit dem Vater ein sehr gutes Verhältnis haben. Nachgefragt: Meinen Lebensunterhalt habe ich mit dem Handel bestritten. Ich war auch als Chefin eines Restaurants tätig. Ich habe auch Steuer korrekt bezahlt. Ich habe auch alle entsprechenden Dokumente. Ich hatte genug für alles. Wenn jemand um Hilfe bat, habe ich auch geholfen. Meine wirtschaftliche Situation war mittelmäßig. Vor den Problemen hatte ich alles. Ich arbeitete bis zu meiner Ausreise im Handel. Ich habe meine Kinder ganz alleine großgezogen. Ich habe mir geschworen, dass ich den Vater der Kinder um keinen einzigen Rubel bitten werde.

R befragt die D zu folgenden Urkunden:

AS 99 ist eine Heiratsurkunde.

AS 101 ist eine Auszeichnung zum 1. Platz bei einem Schießwettbewerb, betreffend XXXX

AS 103 und AS 105 sind Bestätigungen über Steuernummern vom Finanzamt, betreffend BF2 und BF3.

AS 107 Urkunde aufgrund deren Inhalt sich der Vater von BF 2 und BF3 von eben jenen losgesagt hätte.

Nachgefragt gibt die BF1 an: Der Grund war, weil ich mit ihm nicht zurück nach Dagestan gegangen bin. Ich bin in Tschetschenien geblieben. Mein erster Mann und ich stammen beide aus Dagestan. Weil ich arbeiten wollte und weil ich mein eigenes Business machen wollte, ging ich nach XXXX . Ich habe in Tschetschenien mit Wein und Wodka und Spirituosen gehandelt. Nachgefragt gebe ich an, dass ich ethnische Tschetschenin bin, obwohl ich in Dagestan gelebt habe. Aber meine Eltern wurden von Stalin nach Dagestan gebracht.

R: Bitte Schildern Sie mit detailliert und chronologisch richtig, aus welchen Gründen Sie Ihre Heimat verlassen haben.

BF1: 2012 ist mein zweiter Ehemann gestorben. Mein älterer Sohn ist nach Sibirien zum Studieren gefahren. Das war ein Institut für Öl und Gas. Mein jüngerer Sohn hat begonnen zu studieren in XXXX Finanzen und Wirtschaft. Im Jahr 2013 habe ich ein großes Geschäft in Dagestan eröffnet und habe begonnen zu arbeiten. Da mein zweiter Ehemann gestorben ist und meiner Kinder weggefahren sind, hatte ich nichts mehr in Tschetschenien zu tun. Kadyrow hat uns verboten mit Wein und Wodka zu handeln. Unser Land Tschetschenien hat er in ein islamisches Land verwandelt. Im Winter 2013 ist mein ältester Sohn in den Winterferien nach Dagestan gekommen. Am 30.12. ist mein Neffe umgebracht worden. Am 30.12. wollten mein ältester Sohn mit meinem Neffen zusammen die Frau des Neffen besuchen. Sie lag im Krankenhaus, weil sie ein Kind bekommen hatte. Auf dem Weg dorthin wurde auf sie geschossen.

Die Verhandlung wird um 13:34 Uhr unterbrochen und um 13:38 Uhr fortgesetzt.

BF1: Mein ältester Sohn XXXX ist in den Winterferien am 29.12. am Abend von Sibirien nach Hause gekommen. Am Nachmittag am 30.12. ist das Attentat gewesen. Als mein Sohn zu mir in die Arbeit kam, hat er es mir erzählt.

Trotzmehrfacher Nachfrage ist es der BF1 nicht möglich auch nur eine ungefähre Uhrzeit anzugeben an der sie von Ihrem Sohn über die Vorfälle informiert wurde.

R: Wo waren Sie als Ihr Sohn Sie informiert hat?

BF1: In der Arbeit. Ich war an der Kassa des Geschäfts. Ich war alleine in dem Geschäft und es war ein Mann zugegen, der Waren ein und ausgeräumt hat. Es waren aber keine Kunden anwesend und meine Schwester auch nicht. Sonst war niemand im Geschäft.

R: War Ihr Sohn augenscheinlich verletzt?

BF1: Er war voll mit Blut verschmiert. Er war nur angespritzt mit dem Blut vom Neffen. Er persönlich hatte keine augenscheinlichen Verletzungen.

R: Was sagt er Ihnen?

BF1: Das der XXXX ermordet wurde. Es wurde auf sie geschossen.

R: Hat er Ihnen nähere Details zu diesem Vorfall gesagt?

BF1: Nein.

R: Haben Sie ihn nicht danach gefragt?

BF1: Nein, ich war schockiert. Meine Schwester ist überhaupt umgefallen.

R: Ist das der Sohn der Schwester gewesen?

BF1: Nein, von unserem Bruder der Sohn.

R: Es entbehrt aber der Lebenserfahrung sich nie über die Details des Vorfalls zu erkundigen.

BF1: Er weiß selber nicht, warum das passiert ist.

R: Aber Sie werden Ihren Sohn doch gefragt haben, welcher Erinnerungen er hat und was unmittelbar nach dem Attentat passiert ist?

BF1: Gleich am nächsten Tag ist mein Sohn nach Sibirien gefahren.

R: Was hat Ihr Sohn über die Ereignisse geschildert?

BF1: Ich habe nur das erzählt was ich weiß.

R: Zusammengefasst gaben Sie derzeit an, dass Ihr Sohn Sie von einem Schussattentat am 30.12.2013 informiert hätte, bei dem Ihr Neffe bzw. sein Cousin tödlich verletzt worden wäre, er selbst aber unverletzt überlebt hätte. Weiters gaben Sie an, dass Ihr Sohn am Folgetag wieder nach Sibirien zurückgereist wäre. Eine derart vage Schilderung entbehrt jeder Lebenserfahrung, um den Voraussetzungen zur Glaubhaftmachung zu genügen, müssen Sie detailliertere Angaben machen.

BF1: Das ist alles nur die Wahrheit. Vor einer Woche war ich beim Arzt und ich hatte zwei Stunden eine Narkose. Seitdem habe ich Angst und ich fühle mich nicht gut. Ich habe Probleme mit der Lunge. Alles ist in meinen Dokumenten. Es fällt mir schwer zu reden. Für kein Geld der Welt hätte ich meine Heimat nicht verlassen.

R: Wird die Einvernahme Fähigkeit in Fragegestellt?

BFV: Aufgrund der psychischen Stressfaktoren kann die Erinnerungsfähigkeit eingeschränkt sein. Die Einvernahme Fähigkeit selbst, wird nicht in Frage gestellt.

R wiederholt die Frage an BF1:

BF1: Ich kann zu den Vorfällen am 30.12 keine genaueren Angaben machen.

R: Um wieviel Uhr ist Ihr Sohn nach Sibirien aufgebrochen?

BF1: Am Nachmittag war der Flug. Es war ca. Halb zwei am Nachmittag.

R: Wer hat ihn zum Flughafen gebracht?

BF1: Wahrscheinlich die Freunde. Wir saßen beim Begräbnis. Mit wem er gefahren ist, weiß ich nicht. Nachgefragt gebe ich an, dass ich nicht selbst am Begräbnis war, sondern ich hielt mich zu dieser Zeit im Haus meines Bruders auf.

R: Bitte Schildern Sie Ihren Tagesablauf ab Information über das Attentat am 30.12.2013.

BF1: Wir, das sind meine Schwester ich und mein Sohn, sind zu meinem Bruder gefahren. Die Nacht auf 31.12. haben wir dort verbracht. Am Nachtmittag des 31.12., nachdem Nachmittagsgebet um 13.30 Uhr fand das Begräbnis statt. Mein Sohn verabschiedete sich von mir im Haus des Bruders um ca. 13.00 Uhr. Mehrfach nachgefragt gebe ich an, dass ich nicht angeben kann, auf welche Weise mein Sohn zum Flughafen gefahren ist. Mein Sohn war damals schon volljährig.

R: Bitte Schildern Sie mir was nach der Abreise Ihres Sohnes und dem Begräbnis Ihres Neffen passiert ist?

BF1: Ca. am 14 Jänner 2014 kam mein zweiter Sohn XXXX aus XXXX Ich habe meinen Sohn XXXX über die Vorfälle nicht informiert. Mein Sohn wurde von einem anderen Neffen der auch in XXXX studiert hat über die Vorfälle informiert. Der Name des Neffen ist XXXX Ich möchte aber angeben, dass ich mir nicht sicher bin, ob er durch XXXX darüber informiert wurde, vielleicht wurde er auch von jemanden anderen informiert. Sicher kann ich aber angeben, dass ich im Vorfeld der Ankunft am 14.01.2014 mit meinem Sohn XXXX telefoniert habe. Im Zuge dieses Telefonates mit ihm über das Attentat gesprochen habe.

R: Was passierte jetzt nach der Ankunft am 14 Jänner 2014?

BF1: Er wurde entführt. Er wollte zu mir in die Arbeit, das war vor dem Mittagessen. Es war ca. 11 Uhr. Er wurde in ein Auto mit verdunkelten Fensterscheiben hineingestoßen. Was dort war, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich 10 Mio. Rubel bezahlt habe.

R: Wer hat Ihnen erzählt, dass das Auto verdunkelte Fensterscheiben hatte?

BF1: Mein Sohn, als er freigelassen wurde.

R: Wann und wie wurden Sie darüber informiert, dass Ihr Sohn entführt wurde?

BF1: Die Leute haben angerufen und haben das Geld verlangt. Wenn ich bezahle, lassen sie ihn frei.

R: Wer waren diese Leute?

BF1: Das weiß ich nicht. Es waren unbekannte Leute. Ich kann nicht angeben, ob es sich um (Wahabitische) Widerstandskämpfer gehandelt hat oder um Mitglieder der russischen oder tschetschenischen Sicherheitskräfte. Nachgefragt gebe ich an, dass mein Sohn mir gesagt hat, dass diese Leute einen reinen russischen Akzent hatten.

R: Sie gaben vorher an, 10 Mio. Rubel bezahlt zu haben. Wie viel entspricht der Betrag ungefähr in EUR?

BF1: Das weiß ich nicht.

R: Sie müssen mir doch angeben können, welche Größenordnung 10 Mio. Rubel in Euro sind. Waren es ca. 100 EUR, waren es 1000 EUR oder 1 Mio. Euro waren.

BF1: Ich kann darüber keinerlei Auskünfte machen. Nachgefragt kann ich nicht einmal angeben, ob es eher 100 Euro waren oder 1 Mio. Euro. Ja ich bin Geschäftsfrau. Ich bin aber in Koma gelegen und kann daher keine näheren Auskünfte geben. Ich habe verkauft: Zwei Wohnungen, zwei Geschäfte und zwei Cafés. Das Café war in der XXXX , ein zweites Café war in der XXXX , die Geschäfte waren in XXXX , es war am XXXX . Die beiden Wohnungen war in der XXXX in einem Gebäude.

R: Wie viel hat der Verkauf dieser Objekte eingebracht?

BF1: Ca. 7 Mio. Es war mir egal, was kostet.

R: Wie lange hat der Verkauf der Objekte gedauert?

BF1: Ca. 4 Tage.

R: Wie lange war Ihr Sohn inhaftiert?

BF1: Vier oder fünf Tage war er entführt. Er ist ca. am 18. oder 19. Januar freigekommen.

R: Bitte fahren Sie fort.

BF1: Zu Hause haben wir uns getroffen. Er wurde auf die Straße geworfen und von fremden Leuten

R: Wo und wann und wie haben Sie Ihren Sohn wieder getroffen?

BF1: Ich habe zu jenem Zeitpunkt bei meiner Schwester gewohnt, zu der ich bereits 2012 gezogen bin. Vorübergehend waren wir dort gemeldet.

R: Warum haben Sie zwischen 2012 und dem 14.01.2014 bei Ihrer Schwester gewohnt, wenn Sie im Besitz von zwei Wohnungen waren?

BF1: In Dagestan habe ich noch nichts gekauft gehabt. Ich habe nur Geschäfte gekauft. Ich hatte all meine Liegenschaften in Tschetschenien (Adresse siehe oben).

R: Wer hat die Verkäufe in Tschetschenienorganisiert?

BF1: Ich habe Verwandte in Tschetschenien.

R: Wo ist der Vorfall gewesen?

BF1: In Dagestan.

R: Bitte Schildern Sie mir die Umstände der Heimkehr Ihres Sohnes.

BF1: Ich habe die Tür aufgemacht und er ist auf mich gefallen. Er war ganz blutig. Er wurde gequält und gefoltert.

R: Aus diesen Worten entnehme ich, dass Ihr Sohn Ihnen über die Entführung erzählt hat.

BF1: Ja. Ich möchte auf Nachfrage angeben, dass ich nicht angeben kann, ob mein Sohn mir etwas über die Entführung erzählt hat. Ich kann daher auch nicht sagen, ob er mir irgendwelche Details über Misshandlungen erzählt hat.

R: Das heißt Sie können überhaupt keine Angaben machen auch nicht ob er geschlagen wurde?

BF1: Natürlich wurde er geschlagen. Es wurde am Rücken ein Kreuz eingraviert. Das habe ich alles durchgemacht. Auf dem Rücken sieht man alles.

R: Können Sie nähere Angaben machen was Ihr Sohn Ihnen gesagt hat oder Sie wissen?

BF1: Bei uns ist es so, wenn jemand entführt wurde und davon erzählt, wird er gleich umgebracht.

R: An welchen Wochentag ist Ihr Sohn aus der Entführung zurückgekehrt? Was es Wochenende oder Werktags?

BF1: Es war Mitte der Woche. Üblicherweise habe ich meine Ware am Donnerstag bekommen.

R: Der 18.01.2020 und der 19.01.2014 waren Samstag und Sonntag.

BF1: Wie kommen Sie auf 18. Oder 19, Jänner 2014?

R: Sie haben angegeben, dass die Entführung am 14, Jänner stattgefunden hat und Ihr Sohn 4 oder 5 Tage lang entführt wurde. Woraus sich ergibt, dass die Freilassung am 18. Oder 19, Jänner gewesen sein muss.

R: Um wieviel Uhr kam Ihr Sohn nach Hause?

BF1: ich kann mich nicht erinnern. Nachgefragt gebe ich an, dass ich mich auch nicht erinnern kann, ob es morgens, mittags oder abends war.

R: Was taten Sie und Ihr Sohn, nachdem er nach Hause kam?

BF1: Was sollte ich machen? Wir haben uns an die Ärzte gewandt. Wir sind ins Krankenhaus gefahren nach XXXX . Er musste dort auch aufgenommen. Er musste ca. für eine Woche dortbleiben. Er wurde behandelt. Es wurden seine Narben bearbeitet. Er bekam auch Infusionen.

R: Wie wurden seine Wunden behandelt?

BF1: Er wurde nicht genäht. Er wurde auch nicht eingegipst. Er hatte Löcher im Rücken.

R: Wie wurden diese Behandelt?

BF1: Sie wurden nur verbunden. Mit Salben wurden sie behandelt.

R: Wozu hat man ihn dann eine Woche im Spital behalten, wenn die Wunden nur verbunden wurden?

BF1: Ich weiß es nicht. Die Ärzte haben das gemacht. Jedenfalls wurden auch Infusionen bekommen.

R: Sie wissen überhaupt nicht, was die im Spital gemacht haben, außer das die Wunden verbunden wurden, Salben verabreicht wurden und Infusionen gegeben wurden?

BF1: Ja das ist richtig, sonst nichts.

R: Wie sind Sie ins Spital mit Ihrem Sohn gefahren?

BF1: Mit der Rettung.

R: Waren Sie da mit Ihrem Sohn alleine oder sind da auch andere Personen mitgekommen?

BF1: Ich war mit meinem Sohn alleine.

R: Was passierte nachdem Ihr Sohn aus dem Spital entlassen wurde?

BF1: Neffen und Freunde haben meinen Sohn aus dem Spital abgeholt. Wer ihn genau abgeholt hat, weiß ich nicht. Nachgefragt gebe ich an, dass meine Neffen XXXX und XXXX und XXXX ihn nach Hause gebracht haben. Wir sind zu Hause dann gesessen und haben gesprochen. Er hat mich gefragt, warum ich so viel Geld hatte, dass ich ihn Freikaufen konnte. Ich habe ihn aber nichts gesagt.

R: Wir befinden uns ca. am 25. oder 26. Jänner. Ihr Sohn ist nach Entführung am 14. Jänner 2014, vier bis fünf Tage Entführung und einwöchigen Krankenhausaufenthalt wieder zu Hause. Was passierte in weiterverfolge?

BF1: Mein Sohn ist wieder nach XXXX gefahren. Das war im Februar nach den Ferien. Mein älterer Sohn hat mir am Telefon gesagt, dass er auch in Sibirien verfolgt wird. Wann genau das war, kann ich nicht sagen. Ich glaube das war in Maifeiertagen. Sie haben nie aufgehört ihn zu suchen.

R: Wer sucht nach Ihrem Sohn?

BF1: Die, die meinen Neffen umgebracht habe. Die gleichen Leute.

R: Warum sollten die ich suchen?

BF1: Weil sie keine Spuren hinterlassen wollen.

R: Waren das Russen oder Tschetschenen?

BF1: Ich glaube es waren Wahabiten. Nachgefragt bestätige ich aber, dass sie ein reines russisch sprachen. Warum das so war, kann ich nicht angeben.

R: Ich nehme an, dass die staatlichen Behörden denen ja auch Ihr getöteter Neffe angehörte auf die Ermordung eines Beamten reagiert haben?

BF1: Die Behörden haben nicht reagiert. Ich weiß es nicht.

R: Warum haben Sie sich nicht an die Behörden gewendet?

BF1: Weil das Gesetz kein Gesetz ist bei uns.

R: Glauben Sie wirklich, dass im Dezember 2013, zu einem Zeitpunkt in dem der Wahabitischewiderstand im Wesentlichen geschlagen war, ein Polizist von Wahabiten erschossen wird, die staatlichen Behörden darauf nicht reagieren, selbst dann nicht, wenn maßgebliche Zeugen des Attentats (Ihr Sohn) bzw. Verwandte des Opfers selbst weit in Sibirien von Wahabiten bedroht werden?

BF1: Wir haben keine Gesetze in unserem Land. Meinem zweiten Ehemann wurde eine Flasche Diagnose gestellt. Er wurde HIV-positiv diagnostiziert. Warum musste ich das Land verlassen. All meine Geschäfte wurden geschlossen, weil ich angeblich HIV-positiv war. Hier eure Medizin hat bewiesen, dass ich nicht krank bin. Ich kann das nicht meinen Söhnen sagen. Ich bereite ein Interview gegen Kadyrow vor. Sobald Unterlagen von Ihren Krankenhäuser hier. Ich habe alles verloren. Ich habe nur zwei Söhne. Im Krankenhaus wurde beweisen, dass ich HIV nicht habe.

R: Wir sprachen vorher über die Maifeiertage im Mai 2014 während derer Sie durch Ihren Sohn informiert wurden, dass vermutlich Wahabitische Kräfte ihn selbst in Sibirien verfolgen würden. Was passierte nachdem Ihr Sohn Sie telefonisch informiert hatte?

BF1: Komm sofort nach Hause zurück und wir fahren nach Europa. Am 10. Juli haben wir uns zusammengesetzt.

R: Wann ist Ihr Sohn nach Dagestan gekommen?

BF1: Am 12. haben wir das Land verlassen. Ein paar Tage hat es gedauert. Meine Nicht arbeitet in Sibirien und es brauchte ein bisschen Zeit. Er ist zuerst zu meiner Nichte gefahren von dem Studentenheim wo er gewohnt hat.

R: Gab es noch weitere Vorfälle?

BF1: Nein, ich habe das Land verlassen.

R: Ihre Ausführungen waren äußerst vage und unpräzise. Möchten Sie dazu Stellung nehmen?

BF1: ich werde auf jeden Fall diese Leute bestrafen, die Leute die mich dazu gezwungen haben, das Land zu verlassen.

R: widerholt die Frage:

BF1: Für Sie ist das vielleicht nicht präzise.

R: Leiden Sie an schweren oder chronischen Krankheiten?

BF1: Ich habe ein Lungenproblem. Ich habe keinen Krebs. Ich leide an einer chronischen Bronchitis. Ich bin psychisch Krank. Ich habe Schizophrenie. Eine posttraumatische Belastungsstörung. Ansonsten kann ich keine Krankheiten nennen.

R: Gesetzt den Fall Sie müssen in Ihre Heimat zurückkehren. Wie würde sich Ihr Leben gestalten?

BF1: Wenn ich ein 1% Chance hätte, hätte ich das Land nicht verlassen. Ich habe keine Angst um mich, ich habe Angst um meine Kinder. Ich habe bis jetzt nur für meine Söhne gelebt. Ich bin wegen meiner Söhne hier, um sie zu beschützen. Von Terroristen, von Drogensüchtigen und von Wahabiten.

R: Sie haben Verwandte in Tschetschenien und in Dagestan. Diese können Ihnen bei der Eingliederung behilflich sein.

BF1: Sie können meine Kinder und mich nicht beschützen, von diesen gefährlichen Leuten.

R: Haben Sie jetzt alle Verfolgungshandlungen abschließend aufgezählt?

BF1: Ja.

R: Warum haben Sie dann jetzt die Verfolgungshandlung gegen Ihre Person nicht erzählt?

BF1: Ich will mich an das nicht mehr erinnern.

R: Sie haben in der ersten Instanz geschildert, wie Sie massiv bedroht wurden. Warum haben Sie trotz Nachfrage, ob Ihre nunmehrigen Erzählungen abschließend waren, von jenen Verfolgungshandlungen nichts mehr erwähnt?

BF1: In meinem Land ist mit mir nichts passiert.

R: Bitte Schildern Sie mir Ihr Privat und Familienleben in Österreich. Welche positiven Integrationsschritte konnten Sie bereits setzten?

BF1: Alles haben Sie schriftlich.

R: Vielleicht können Sie es mir auch schildern?

BF1: Ich arbeite in einem Seniorenheim. Ich putze dort 4 h Montag bis Freitag. Ich bekomme pro Stunde 3 Euro. Es sind 17 Zimmer, zwei Bürozimmer, zwei Dienstzimmer, Personalklo etc. Ich arbeite ca. seit eineinhalb Jahren in diesem Seniorenheim. Insgesamt arbeite ich fünf Jahre.

R: Laut beigebrachten Unterlagen hat die BF1

?        Vom 13.02.2019 bis 05.05.2019 gemeinnützige Arbeit in einem Seniorenheim der Gemeinde XXXX

?        Vom 18.11.2014 bis 11.07.2018 gemeinnützig als Hausmeisterin in der Grundversorgungseinrichtung XXXX gearbeitet

?        Mit unbekanntem Datum (laut weiterer Bestätigung für die Dauer eines Jahres) im Team der Reinigung des Wohnheimes XXXX gearbeitet

R: Haben Sie Deutsch Prüfungen absolviert?

BF1: Ich habe den A2 Kurs gemacht. Die Prüfung habe ich noch nicht wegen dem Corona Virus.

Festgehalten wird, dass die BF in dem vorgelegten Aktenkonvolut eine Anzahl an Empfehlungsschreiben beigebracht hat.

R: Ist es das Wohnhaus XXXX wo Sie jetzt arbeiten?

BF1: Ja.

R: Sprechen Sie die deutsche Sprache?

BF1: Ja.

R: Können Sie einige Sätze in deutscher Sprache sagen? Stellen Sie sich vor.

BF1: Mein Name ist XXXX . Ich komme aus Dagestan. Ich geboren XXXX . Ich habe schon zwei Söhne.

R: Was haben Sie gestern zu Mittag gegessen?

BF1: Ein bisschen Salate und Kartoffel.

R: Wie sind Sie heute in Gericht gekommen?

BF1: Ich bin 12.30 gekommen.

R: Ich habe Sie nicht gefragt wann, sondern wie?

BF1: Vor Zug. Ich fahre in Richtung von Zug. Mit Zug.

Festgehalten wird, dass die Kommunikation mit der BF in deutscher Sprache nur auf einem sehr rudimentären Niveau möglich ist.

R: Möchten Sie noch Ergänzungen vornehmen?

BF1: Nein.

R: Möchten Sie eine Stellungnahem abgeben?

BFV: Die BF hat auch eine Arbeitszusage.

Beginn der Befragung des BF2:

R: Bitte schildern Sie mir in kurzen Worten Ihren Lebenslauf.

BF2: Ich bin XXXX . Ich bin in Russland geboren am XXXX . Ich bin 11 Jahre Schule gegangen in Dagestan. Nach den 11 Jahren Schule bin ich nach Sibirien gefahren, um zu studieren. Mein Studium Ort befand sich in Zentralsibierien. Ich habe in Sibirien zwei Jahre studiert, aber kein Studium abgeschlossen.

R: Bitte schildern Sie mir chronologisch richtig und detailliert, aus welchen Gründen Sie Ihr Heimatland verlassen haben.

BF2: Aus den Gründen, weil ich verfolgt wurde. Ich bin mit meinem Cousin im Auto gefahren. Er hat mich abgeholt vom Zentrum der Stadt, weil seine Tochter geboren wurde. Bevor wir zu seinem Haus kamen, wurden wir beschossen. Ich war nur 19 Jahre alt und war erschrocken. Er saß am Steuer und er saß daneben. Ich bin dort runter wo die Füße sind hinuntergerutscht. Das hat nicht einmal eine Minute gedauert diese Schüsse.

R: Wann sind Sie eigentlich in jenem Dezember 2013 von Ihrem Studium Ort nach Dagestan gekommen?

BF2: Genau weiß ich es nicht mehr, ein paar Tage davor.

R: Einen Tag, mehrere Tage, mehrere Wochen?

BF2: Das genaue Datum weiß ich nicht, aber ich bin einige Tage davor gekommen. Das war so ca. am 28 oder 29. Dezember.

R: Zu welcher Tageszeit sind Sie aus Sibirien nach Dagestan gekommen?

BF2: Es war Nachmittag. Als ich nach Hause kam, war es schon Nachmittag. Es sind schon sieben Jahre vergangen.

R: Um wie viel Uhr war das Attentat?

BF2: Es war am Abend.

R: Ihre Mutter hat von Nachmittag gesprochen.

BF2: Das war ungefähr so um 4 oder 5 Uhr Abend.

R: Was passierte unmittelbar nach dem Attentat?

BF2: Als ich mich wiederaufrichtete, lag der Cousin schon tot. Er lag aber neben dem Auto. Als ich unter dem Sitz war, hat mein Cousin es geschafft aus dem Auto rauszuspringen und zu schießen. Ich kann ihn nicht beschuldigen, aber ich habe mich sehr erschreckt damals.

R: Sind Sie von der Polizei einvernommen worden?

BF2: Nein. Ich habe das vermieden.

R: Warum?

BF2: Es waren bei uns viele Fälle, wo es einem dann angehängt wurde.

R: Das ist absurd. Sie befinden sich in einem Auto mit einem Polizisten. Das Auto wurde beschossen. Mit Glück haben Sie überlebt. Was sollten Sie von der Polizei befürchten? Was sollte man Ihnen anhängen?

BF2: Ich hatte keine Angst vor der Polizei.

R: war es nicht ungewöhnlich, dass die Polizei Sie nicht interviewt?

BF2: Sein Vater ist auch Chef der Polizei.

R: Umso merkwürdiger. Der Sohn des Polizeichefs, selbst Polizeibeamter wird erschossen und die Polizei reagiert nicht?

BF2: Sie haben den fall wahrscheinlich untersucht. Ich weiß es nicht. Soviel ich weiß, diese Terroristen wurden bei der Verhaftung umgebracht, auch erschossen.

R: Was befürchten Sie dann jetzt noch, wenn diese tot sind?

BF2: Es gibt mehrere.

R: Haben Sie mit Ihrer Mutter über die Vorfälle gesprochen?

BF2: Nein habe ich nicht.

R: warum nicht?

BF2: Sie wusste was passiert ist, aber die Details habe ich nicht mit ihr besprochen. Ich wollte nicht.

R: Wäre es nicht üblich, dass man nahen Verwandten erzählt, was einem wiederfahren ist?

BF2: Es wusste jeder was passiert ist, dass unser Auto angeschossen wurde.

R: Wie sah Ihre Kleidung aus?

BF2: Etwas Blut war drauf von meinem Cousin: Sonst war die Kleidung in Ordnung.

R: Wo haben Sie Ihre Mutter wieder getroffen?

BF2: Ich bin am nächsten Tag gleich zurückgefahren.

R: Das war keine Antwort auf meine Frage. Wann und wo haben Sie nach dem Attentat Ihre Mutter wieder getroffen?

BF2 (nach mehrfach nachgefragt): Ich habe meine Mutter am 30.12. nicht mehr wieder getroffen, sondern erst wieder nach meiner Rückkehr aus Sibirien.

R: Ihre Mutter hat aber angegeben, dass Ihre Mutter Sie wieder am 30.12. gesehen hat.

BF2: Da hat meine Mutter vielleicht was verwechselt.

R: Wann sind Sie denn am 31.12.2013 nach Sibirien gefahren und wo verbrachten Sie die Nacht vom 30.12 auf 31.12.2013?

BF2: Bei meinen Freunden. Ich weiß es nicht um wie viel Uhr, aber ich bin wieder am 1.Jänner nach Sibirien geflogen.

R: Wo haben Sie die Nacht von 30.12. auf 31.12.2013 verbracht und mit wem?

BF2: Bei Kollegen. Bei Freunden. Nachgefragt: Nicht bei Verwandten.

R: Ihre Mutter hat angegeben, dass Sie die Nacht von 30.12 auf 31.12. gemeinsam mit ihr im Haus Ihres Onkels bzw. Bruders verbracht hätten.

BF2: Vielleicht war sie dort, ich war nicht dort.

R: Sie gaben vorher an am 1. Jänner 2014 nach Sibirien zurückgeflogen zu sein.

BF2: Ja, das stimmt.

R: Ihre Mutter gab aber an, dass Sie am 31.12. zurückgeflogen wären?

BF1 verlässt um 16:39 Uhr den Gerichtssaal.

R: Was passierte nachdem Sie nach Sibirien zurückgekehrt sind?

BF2: Ich habe meinen Unterricht besucht und ich habe im Studentenheim gewohnt. Dann habe ich erfahren, dass mich jemand besucht. Dann habe ich meine Sachen genommen und bin zu meiner Schwester gezogen. Dann habe ich meine Mutter angerufen.

R: Wann war das?

BF2: Das genau Datum und die Uhrzeit weiß ich nicht mehr. Das war vor sieben Jahren.

R: Wann war das ungefähr?

BF2: Das war Anfang 2014. Ich glaube es war Ende Februar oder März. Genau weiß ich es nicht.

R: Wie lange vor Ihrer Abreise nach Russland?

BF2: Es sind drei oder vier Monate vergangen. Es war ca. Juli. Ich kann jetzt März sagen, dann wird gesagt, das stimmt nicht.

R: Wann war es spätestens?

BF2: Das war bevor wir hierher geflogen sind.

R: Wann war es spätestens?

BF2: Es war glaube ich im Juli. Meine Mutter hat gesagt, ich solle meine Sachen packen.

R: Es geht um das Telefonat indem Sie Ihrer Mutter erzählt haben, dass Sie in Sibirien verfolgt werden.

BF2: Es war im Juli, weil nach einem Tag bin ich nach Hause geflogen.

R: Das heißt ich habe meine Mutter erst im Juli informiert?

BF2: Ich habe fast jeden zweiten Tag mit meiner Mutter gesprochen.

R: Wann haben Sie Ihre Mutter informiert, dass Sie in Sibirien verfolgt werden?

BF2: Es war in der ersten Juli Woche.

R: Ihre Mutter hat angegeben, dass Sie während der Maifeiertage über die Verfolgung informiert worden wäre.

BF2: Wahrscheinlich verwechselt meine Mutter was. Es geht ihr nicht gut. Sie ist wirklich psychisch Krank. Sie vergisst immer alles.

R: Möchten Sie zum Fluchtvorbringen noch etwas angeben?

BF2: Ich wurde verfolgt. Deshalb bin ich hierhergekommen. Ich habe dort studiert. Ich war an der Uni für Öl und Gas. Einfach so hätte ich mein Leben und meine Zukunft dort nicht aufgegeben. Ich bin hierhergekommen um ein neues Leben hier anzufangen. Ich möchte mir hier meine Zukunft aufbauen. Genau diese Zeit wo man neu in Leben startet habe ich hier sechs Jahre lang verbracht. Wenn Sie mir erlauben hier zu arbeiten hätte ich viele Möglichkeiten. Nachgefragt gebe ich an, dass ich zum Fluchtvorbringen nichts mehr angeben möchte.

R: Leiden Sie an schweren oder chronischen Krankheiten?

BF2: Nein.

R: Haben Sie Prüfungen über die deutsche Sprache abgelegt?

BF2: A2 habe ich schon, B1 wollte ich machen.

R: Haben Sie ein Zeugnis über A2?

BF2: Ja. (legt es vor)

R: Gesetz den Falls Sie hätten in Österreich eine Arbeitsbewilligung. Hätten Sie eine Arbeit in Aussicht?

BF2: Ich habe einige solche Stellen, wo ich arbeiten könnte. Heute hätte ein Freund mir die Bestätigung schicken sollen, dass er mich in einem Restaurant einstellen will. Ich kann als Kellner arbeiten. Ich habe mein Diplom leider nicht fertiggemacht.

R: Sind Sie in Vereinen aktiv, haben Sie sonstige gesellschaftliche Kontakte?

BF2: Ich bin in keiner Organisation oder so. Ich habe sehr vielen Leuten geholfen. Ich habe ein Jahr kostenlos für das XXXX gearbeitet. Ich habe in der Gemeinde gearbeitet. Und das unentgeltlich.

R: Laut Bestätigung waren Sie dort nur ein Monat?

BF2: Ich habe zwei Mal dort gearbeitet. Ich habe beim zweiten Mal die Bestätigung nicht bekommen. Wir beiden Brüder haben das gemacht. Ich wollte eine Lehre als Spengler machen. Arbeitsstellen wo ich aufgenommen werden könnte habe ich viele. Inoffiziell nimmt mich keiner auf.

R: Im Akt befinden sich Akten über ein strafbefindliches Verfahren. Was ist damals passiert?

BF2: Einmal war ich beim Gericht. Es war eine unschöne Situation. Ein Mädchen das an der Bar arbeitet, hat mich beschuldigt, dass ich von ihr Schutzgeld wollte und ich sie sexuell Belästigt hätte. Ich hatte drei Gerichtsverhandlungen, aber ich wurde am Ende freigesprochen. Sie kam einmal nicht und das zweite Mal auch nicht, dann wurde ich freigesprochen.

R: Sie haben in den damaligen Vernehmungen angegeben, illegal im Besitz von Kokain gewesen zu sein. Haben Sie noch immer Kontakt mit verbotenen Substanzen?

BF2: Das war nur ein Mal. Das war damals zu r selben Zeit, als ich mit den falschen Leuten kommuniziert habe. Nach diesem Problem wurde mir bewusst, dass ich das nicht brauche und brach mit diesen Leuten den Kontakt ab.

BFV: Sie haben nichts gesagt wie Sie verfolgt wurden in Sibirien.

BF2: Ich war im Studentenheim. Da saß eine Portierfrau. Es sind unbekannte gekommen und haben nach mir gefragt, das hat sie mir gesagt. Sie hat sie nicht durchgelassen. Ich habe gleich gewusst, dass es nicht einfach so gewesen ist. Ich habe meine Sachen genommen und bin zur Schwester gefahren.

BFV: Haben Sie eine Lehre als Spengler begonnen?

BF2: Ja, das hat mir aber nicht gefallen. Ich wollte als Kellner anfangen.

R: Wann war die Lehre?

BF2: Das war 2017.

R: Warum haben Sie diese Chance nicht ergriffen?

BF2: Ich hatte einen Monat Probezeit, aber es hat mir gar nicht gefallen.

R: Wovon leben Sie?

BF2: Sozialhilfe bekommen wir. Vor dem Corona Virus habe ich auch im Altenheim geholfen. Ich habe dort 250 EUR im Monat bekommen. 250 EUR habe ich von der Sozialhilfe bekommen.

Ende der Befragung des BF2.

Beginn der Befragung des BF3:

R: Bitte schildern Sie mir in kurzen Worten Ihren Lebenslauf.

BF3: Ich bin XXXX ich bin XXXX in Russland in Dagestan geboren. Ich habe 11 Jahre die Schule besucht. Danach habe ich in XXXX zu studieren begonnen. Ich habe begonnen Buchhalter zu studieren. Leider habe ich 2014 am 12. Juli mein Heimatland verlassen müssen und seit 2014 bin ich in Österreich. Ich habe in Österreich viel gemacht. Ich habe auch eine Mappe mit. Im ersten Jahre habe ich Deutsch gelernt. Dann habe ich angefangen die A2 Prüfung zu machen. In der Gemeinde XXXX habe ich dann zweieinhalb Jahre gearbeitet. Dann habe ich in XXXX gearbeitet. Dann habe ich etwas anders gemacht. Dann habe ich ein Jahr bei der Rettung gearbeitet. Danach habe ich als Installateur die Lehre angefangen, aber leider habe ich das beenden müssen wegen meiner Rückenschmerzen. Danach hätte ich die Möglichkeit gehabt als Koch eine Lehre zu machen. Warum Koch? Koch war ein Kindheitstraum. Meine Mutter hat ein Restaurant gehabt. Ich habe eine Lehre angefangen in einem Betrieb. Ich bin zur Berufsschule gegangen, aber dann ist mein Betrieb in Konkurs gegangen. Dann ist ein neues Gesetz gekommen, und ich habe nicht weiter lernen können. Ich habe es aber geschafft eine Lehre zu machen. In der zwischen Zeit habe ich eine Zeit verloren, aber ich habe als Saisonier angefangen. Dann habe ich die Lehre weitergemacht. Dann mit dem Corona Virus haben sie 12 Leute gekündigt. Ich war in Probe. Bis 1. Juli war ich ein Lehrling. Jetzt habe ich wieder angefangen eine Stelle zu suchen. Jetzt habe ich in einem Sporthotel einen Job gefunden. Vom AMS habe ich die Bewilligung bekommen und bin seit 15. Juni als Jungkoch in diesem Sporthotel.

R: Können Sie mir chronologisch richtig und detailliert schildern. Aus welchen Gründen Sie Ihre Heimat verlassen haben?

BF3: Es gibt viele Sachen, warum wir Russland verlassen haben. Das größte Problem ist, dass terroristische Leute meinen Cousin umgebracht haben. Es ist viel passiert. Meine Mutter hat viel erlebt in ihrem Leben. Sie hat momentan psychische Probleme.

R: Was ist Ihnen in Russland wiederfahren?

BF3: Es war sehr gefährlich. Mit mir passiert ist. Mein Cousin ist umgebracht worden. Mein Cousin der mit mir studiert hat, hat mir gesagt, dass mein Cousin umgebracht wurde. Ich habe mit meiner Mutter telefoniert. Da war genau die Weihnachtsferien. Dann bin ich in meine Heimat gefahren.

R: Wann sind Sie in die Heimat gefahren?

BF3: Das genaue Datum kann ich Ihnen nicht sagen, das war ein paar tage nach Weihnachten.

R: wann waren Sie dann in Dagestan?

BF3: Am 2. Oder 3. Januar.

R: Ihre Mutter sprach vom 14. Januar.

BF3: Das kann nicht sein.

R: was ist nach Ihrer Rückkehr passiert?

BF3: Wo ich nach Hause gekommen bin. Habe ich in meinem zu Hause geschlafen. Da gibt es eine Straße. Ich gehe von zu Hause raus und sehe das ein Auto mit dunkeln Scheiben fährt.

R: war das am selben Tag wo Sie angekommen sind?

BF3. Nein, am nächsten Tag. Ich hatte Angst um mein Leben. Ich habe angefangen zum Laufen und habe gesehen, dass das Auto schneller fährt.

R: Wie viele Tage waren Sie entführt?

BF3: Zwei volle Tage und am dritten Tag haben Sie mich freigelassen. Sie haben mich geschlagen. Sie haben meinen Kopf ins Wasser getunkt.

R: Ihre Mutter hat angegeben, dass Sie vier oder fünf Tage entführt waren?

BF3: nein das war nicht so viel.

R: Wer hat Sie entführt?

BF3: Sie trugen eine Maske. Ich kann Ihnen sagen, diese Leute die mich mitgenommen haben, haben ohne Akzent russisch gesprochen.

R: Waren das also keine Wahhabiten?

BF3: Terroristen haben keine Sprache. Ich habe keine Ahnung wer es war. Sie haben mir nur Fragen gestellt.

R: Waren das Kriminelle oder hatte es einen politischen Hintergrund?

BF3: Ich glaube es waren Kriminelle. Sie haben von uns sehr viel Geld genommen.

R: Schildern Sie mir, was ist passiert, nachdem Sie freigelassen wurden.

BF3: In diesem Monet wo sie mich freigelassen haben konnte ich mich nicht mal erinnern wie mein Name lautet. Ich hatte starke Schmerzen. Ich kann mich nur erinnern, dass mich Leute zurückgebracht haben und dann waren da Leute und dann habe ich meine Mutter gesehen. Im Krankenhaus habe ich mein Bewusstsein verloren.

R: Wie lange waren Sie im Krankenhaus?

BF3: Sicher 5-6 Tage. Bis zu einer Woche. Im KH haben sie mir geholfen. Sie haben mir Infusionen verabreicht und eine Salbe gegeben. Ich war 18 Jahre alt, als wir in unserer Heimat gewesen sind. Meine Mutter hat ein Leben lang gearbeitet, dass wir etwas haben. Ich habe alles gehabt was ich wollte. Wir sind nicht nach Österreich, weil wir das wollten. Und auf einmal kommen schlechte Leute und nehmen von uns alles weg. Ich weiß das ein Cousin umgebracht worden ist und das Geld weggenommen wurde. Dann haben sie meinen Bruder gesucht. Ich persönlich habe bis 18 Jahre in meiner Heimat gelebt. Auf einmal haben wir alles verloren und das Land verlassen müssen. Es gibt da drüben keine Rechte. Es gibt da drüben nur Mafia. Wir haben auch nicht gewusst wohin wir fahren. Ich habe von Null angefangen wie ein kleines Kind. Bis jetzt haben wir uns hier gut Integriert. Was mir fehlt ist eine Wohnung. Ich bin seit 6 Jahren da. Ich möchte mich richtig weiterleben. Ich bin hier verheiratet. Sie ist aus der Ukraine. Sie heißt XXXX (anhängig zur Zahl W111 2162144-1).

R: Wovon

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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