Entscheidungsdatum
13.08.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W215 2165695-1/20E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über den Antrag auf internationalen Schutz vom 21.04.2015, Zahl 150400338-1065474603, von XXXX , Staatsangehörigkeit Bundesrepublik Somalia, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, zu Recht:
A)
Dem Antrag von XXXX auf internationalen Schutz vom 21.04.2015 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, stattgegeben und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG festgestellt, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz,
BGBl Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Antragsteller, dessen Identität nicht feststeht, reiste zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt illegal in das Bundesgebiet ein und stellten am 21.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 21.04.2015 erfolgten die Erstbefragungen des Antragstellers und dieser gab nach seinem Fluchtgrund gefragt zusammengefasst an, dass es in seinem Heimatland Somalia ständig Streit zwischen den Regierungstruppen und al-Schabaab gibt. Der Antragsteller sei von Regierungstruppen beschuldigt worden der al-Schabaab anzugehören, habe sich deswegen in Gefahr gesehen und die Bundesrepublik Somalia verlassen.
Am 25.04.2017 brachte der Rechtsanwalt des Antragstellers eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein.
Der Antragsteller wurde am 21.07.2017 im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich befragt. Er gab nach seinem Fluchtgrund gefragt zusammengefasst an, dass ihn die al-Schabaab zwangsrekrutieren haben wollen. Da der Antragsteller abgelehnt habe, sei er mit dem Tod bedroht worden. Er sei deswegen aus seiner Heimatstadt geflohen und auf dem Weg nach XXXX bei einer Kontrollstelle der Regierungstruppen angehalten worden. Diese hätten ihm vorgeworfen ein Mitglied der al-Schabaab zu sein. Nach zweiwöchiger Haft sei der Antragsteller von seiner Tante freigekauft worden und über den XXXX ausgereist.
2. Am 27.07.2017 langte die Aktenvorlage vom 24.07.2017 im Bundesverwaltungsgericht ein.
Auf Grund eines Fristsetzungsantrages wurde dem Bundesverwaltungsgericht mit verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.08.2018, Fr2018/20/0030-2, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 23.08.2018, gemäß
§ 38 Abs. 4 VwGG aufgetragen, binnen drei Monaten die Entscheidung (Erkenntnis/Beschluss) zu erlassen.
Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 16.10.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Es erschienen der Antragsteller und sein Rechtsanwalt. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich mit Email vom 29.08.2018 für die Verhandlung entschuldigt und die Übermittlung der Verhandlungsschrift beantragt. In der Verhandlung wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan. Der Antragsteller und sein Rechtsanwalt verzichteten auf Einsichtnahme und Ausfolgung. Das Bundesverwaltungsgericht räumte den Verfahrensparteien vor Schluss der Verhandlung eine zweiwöchige Frist zur Abgabe von Stellungnahmen ein.
Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.11.2018, Zahl W215 2165695-1/9E, wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 21.04.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, abgewiesen (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. wurde der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG abgewiesen. In Spruchpunkt III. wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, iVm
§ 9 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, wurde gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, in die Bundesrepublik Somalia zulässig ist. In Spruchpunkt IV. wurde gemäß § 55 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt. Eine Revision wurde für nicht zulässig erklärt.
Gegen dieses Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wurde außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben und mit Erkenntnis vom 16.07.2020,
Ra 2019/19/0419-8, das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts behoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
Die Identität des Antragstellers kann nicht festgestellt werden, ebenso wenig, woher der Antragsteller tatsächlich stammt.
Dem Antrag auf internationalen Schutz vom 21.04.2015 ist stattzugeben.
2. Beweiswürdigung:
Die Identität des Antragstellers kann mangels Vorlage eines staatlichen Identitätsdokuments mit Lichtbild nicht festgestellt werden. Auf Grund des Umstandes, dass der Antragsteller trotz elfjähriger Schulbildung und der Behauptung XXXX in XXXX gelebt zu haben, in der Beschwerdeverhandlung angab, dass ca. 4.000 Menschen in XXXX leben würden, die geschätzte Einwohnerzahl dieser größten Stadt der Region jedoch mehr XXXX , beträgt, kann nicht festgestellt werden, dass der Antragseller dort bzw. wo er tatsächlich gelebt hat.
Dass dem Antrag auf internationalen Schutz vom 21.04.2015 stattzugeben ist, ergibt sich aus dem Erkenntnis Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2020, Ra 2019/19/0419-8.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (§ 11 Abs. 1 AsylG).
Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung (§ 3 Abs. 4 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016).
Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs vom 16.07.2020,
Ra 2019/19/0419-8, ist spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im konkreten Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In der Beweiswürdigung wurde ausgeführt, dass es zum gegenständlichen Verfahren bereits das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2020, Ra 2019/19/0419-8, gibt, weshalb sich keine Hinweise auf das Vorliegen von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung ergeben.
Schlagworte
asylrechtlich relevante Verfolgung Flüchtlingseigenschaft Rechtsanschauung des VwGHEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W215.2165695.1.00Im RIS seit
04.11.2020Zuletzt aktualisiert am
04.11.2020