Entscheidungsdatum
21.08.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I401 2175409-1/20E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko, vertreten durch die Kocher & Bucher Rechtsanwälte OG, Friedrichgasse 31, 8020 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 05.10.2017, Zahl: XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung
I. beschlossen:
A)
Das Beschwerdeverfahren wird wegen der Zurücknahme der Beschwerde bezüglich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides eingestellt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
II. zu Recht erkannt:
C)
1. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. erster Satz des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.
2. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. zweiter Satz des angefochtenen Bescheides wird Folge gegeben und festgestellt, dass die Rückkehrentscheidung gegen XXXX gemäß § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-Verfahrensgesetz auf Dauer unzulässig ist und XXXX gemäß §§ 54, 55 Abs. 1 und 58 Abs. 2 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel Aufenthaltsberechtigung plus‘ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt wird.
3. Im Übrigen wird der Spruchunkt III. dritter Satz des angefochtenen Bescheides behoben.
D)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Zu Spruchpunkt I. A) - Zurücknahme der Beschwerde:
Mit Bescheid vom 05.10.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark (in der Folge als Bundesamt bezeichnet) den Antrag des Beschwerdeführers vom 22.03.2017 auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkt I. und II.).
Mit Schriftsatz vom 11.08.2020 nahm der Beschwerdeführer die (auch) gegen die Spruchpunkte I. und II. erhobene Beschwerde vom 24.10.2017 zurück.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 2 VwGVG ist eine Beschwerde nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.
Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 7 VwGVG, K 6).
Bei der Zurückziehung der Beschwerde handelt es sich um eine von der Partei vorzunehmende Prozesshandlung, die bewirkt, dass diese einer meritorischen Erledigung nicht mehr zugeführt werden darf. Die Rechtsmittelinstanz verliert - sofern die Zurücknahme noch vor Erlassung ihrer Entscheidung erfolgt - die funktionelle Zuständigkeit zur Entscheidung über die Beschwerde (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG Manz Kommentar, Rz 74 zu § 63 mwN).
Die Annahme, eine Partei ziehe die von ihr erhobene Berufung zurück, ist nur dann zulässig, wenn die entsprechende Erklärung keinen Zweifel daran offen lässt. Maßgebend ist daher das Vorliegen einer in dieser Richtung eindeutigen Erklärung (VwGH 22.11.2005, Zl. 2005/05/0320, u.v.a.).
Mit Schriftsatz vom 11.08.2020 nahm der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer die erhobene Beschwerde vom 24.10.2017 hinsichtlich der Spruchpunkte I. (den Status des Asylberechtigten betreffend) und II. (den Status des subsidiär Schutzberechtigten betreffend) zurück.
Auf Grund des unmissverständlich formulierten Parteiwillens ist der Sachentscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht die Grundlage entzogen und war daher das diesbezügliche Beschwerdeverfahren einzustellen.
Zu Spruchpunkt II. C):
Der Beschwerdeführer stellte am 22.03.2017 den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.
Abgesehen von der Abweisung dieses Antrags des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko sprach das Bundesamt mit Bescheid vom 05.10.2017 zudem aus, dass ihm kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III. erster Satz) sowie gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen wird (Spruchpunkt III. zweiter Satz), und stellte weiters fest, dass gemäß § 52 Abs. 9 FPG seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt III. dritter Satz) und erkannte einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt IV.).
Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.11.2017 wurde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Am 02.07.2020 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt, bei der die Pfarrerin Mag. Dr. P-Z und die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers als Zeuginnen einvernommen wurden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Feststellungen:
Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Identität des Beschwerdeführers steht fest. Er ist Staatsangehöriger von Marokko und bekennt sich (nunmehr) zum evangelischen Glauben. Er wurde am 08.04.2017 in der evangelischen Kirche L der evangelischen Pfarrgemeinde A. B. L getauft.
Der Beschwerdeführer leidet an keinen lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Er ist erwerbsfähig.
Am XXXX 2011 hat der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsangehörige geheiratet, von der er mit Beschluss des Bezirksgerichts Hall in Tirol vom XXXX 2013 geschieden wurde.
Er hielt sich im Zeitraum vom 24.03. bis 23.06.2012 auf Grund eines Reisevisums in Österreich auf. Ihm wurde als Familienangehöriger der (geschiedenen) Ehefrau von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck ein Aufenthaltstitel für den Zeitraum vom 05.02.2013 bis 05.02.2014 erteilt. Sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK wurde rechtskräftig mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.06.2015, I405 2102967-1/20E, mit der Maßgabe abgewiesen, dass das Einreiseverbot auf die Dauer von drei Jahren herabgesetzt wurde. Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12.12.2016, I411 2102967-2/11E, wurde der erste Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 05.08.2015 abgewiesen und die von ihm gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.02.2017, Ra 2017/19/0043, zurückgewiesen. Er kam den ihm gegenüber mehrmals ausgesprochenen Ausreiseverpflichtungen nicht nach, sondern verblieb im Bundesgebiet.
Anfang 2015 hat er die österreichische Staatsbürgerin W B kennengelernt und lebt seit 06.03.2015 mit ihr, deren Tochter aus einer früheren Beziehung und dem gemeinsamen am 27.11.2015 geborenen Sohn, der österreichischer Staatsbürger ist, in einem gemeinsamen Haushalt. Die Wohnung, in der sie seit 04.02.2016 wohnen, umfasst ein Schlaf-, Wohn- und ein Kinderzimmer, ein Bad, eine Toilette sowie einen kleinen Balkon. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers ist in der Lebenshilfe Bezirk L tätig und bezieht einen Lohn von ca. € 1.600,-- netto monatlich.
Der Beschwerdeführer bestand die A2-Prüfung bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf dem Sprachniveau A2 und zu Werte- und Orientierungswissen. Er wurde an der Universität Graz zum Studium der Romanistik: „Französisch“ unter mehreren Bedingungen zugelassen, wobei er („nur“) eine der Bedingungen, nämlich die Ergänzungsprüfung für den Nachweis der deutschen Sprache auf dem Niveau C1 erfolgreich zu absolvieren, erfüllt hat. Er ging in der Zeit vom 18.02. bis 08.07.2013 und vom 18.09. bis 15.11.2013 als Arbeiter sowie vom 11.09. bis 27.09.2017 als Erntehelfer einer Erwerbstätigkeit nach und war als „Dolmetscher“ ehrenamtlich tätig. Die Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung durch das Land Steiermark wurden wegen mangelnder Hilfsbedürftigkeit per 01.09.2017 eingestellt. Er verfügt über eine Einstellungszusage.
Mit erstem rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 23.07.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 3 StGB, des Betrugs nach § 146 StGB und der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB sowie des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls und Diebstahls im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nach § 130 erster Fall StGB und der Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten, wovon zehn Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden, verurteilt. Mit zweitem am 15.10.2014 in Rechtskraft erwachsenem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 10.06.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB verurteilt, wobei gemäß §§ 31 und 40 StGB keine Zusatzstrafe verhängt wurde. Mit drittem rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 17.04.2015 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten, wovon zwölf Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden, verurteilt.
Die Familie des Beschwerdeführers lebt in Marokko. Er pflegt zu seinen Familienangehörigen keinen Kontakt. In Österreich leben keine Verwandten von ihm. Er pflegt freundschaftliche Kontakte zu in Österreich lebenden Personen. Er spielt in einem Fußballverein Fußball.
Beweiswürdigung:
Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, in die Gerichtsakte zu den vorangegangenen Verfahren des Beschwerdeführers, in die zahlreichen von ihm vorgelegten Stellungnahmen und Unterlagen sowie in das Protokoll der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 02.07.2020. Ergänzend wurden aktuelle Auszüge aus dem Zentralen Melderegister, dem Strafregister, dem Grundversorgungssystem, dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sowie aus dem Informationsbundsystem Zentrales Fremdenregister, auch betreffend die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, eingeholt.
Zur Person des Beschwerdeführers:
Aus dem sich im erstinstanzlichen Akt befindenden Personalblatt der Landespolizeidirektion Steiermark vom 30.03.2017 ergibt sich die Identität des Beschwerdeführers (AS 199, „Legitimation: Reisepass Ausland, Prefecture de Marrakech, 01.06.2011, FU …“).
Die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand und zu seiner Arbeitsfähigkeit beruhen in erster Linie auf seinen in der mündlichen Verhandlung vom 02.07.2020 getätigten Angaben.
Dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet war und geschieden ist, ihm kein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilt wurde, sein erster Antrag auf internationalen Schutz rechtkräftig abgewiesen wurde, er in den Jahren 2013 und 2017 kurzfristig einer Erwerbstätigkeit nachging und ehrenamtlich tätig war sowie ihm die Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung ab September 2017 eingestellt wurden, ergeben sich aus dem erstinstanzlichen Akt, so dem Beschluss des Bezirksgerichts Hall in Tirol vom XXXX 2013 über die Ehescheidung, dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister. Im Übrigen blieben diese Feststellungen, die in der mündlichen Verhandlung erörtert wurden, von ihm unbestritten.
Das Bestehen einer Lebensgemeinschaft und eines gemeinsamen Haushalts mit W B, einer österreichischen Staatsbürgerin, seit 06.03.2015 (an verschiedenen Wohnadressen) und dass er Vater eines im November 2015 geborenen gemeinsamen Sohnes ist, ergeben sich aus den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und der Lebensgefährtin W B in der mündlichen Verhandlung und dem Zentralen Melderegister und der vorgelegten Geburtsurkunde des Sohnes des Standesamtes Graz vom 17.12.2016.
Das Bekenntnis zum evangelischen Glauben, die Zusage für eine Einstellung und die Deutschkenntnisse auf dem Niveau C1, das erfolgreiche Bestehen der Integrationsprüfung auf dem Sprachniveau A2, die Zulassung an der Universität Graz zum Studium der Romanistik „Französisch“ unter aufschiebenden Bedingungen und die erfolgreiche Absolvierung der Ergänzungsprüfung für den Nachweis der deutschen Sprache auf dem Niveau C1 sind auf die von ihm vorgelegten Beweismittel wie dem Taufschein vom 11.04.2017 bzw. dem Auszug aus dem Taufbuch der Evangelischen Pfarrgemeinde A. B. L, dem Zeugnis zur Integrationsprüfung Sprachniveau A2 vom 10.07.2020, dem Bescheid der Karl Franzens Universität Graz vom 17.06.2019 und dem Zeugnis über die erfolgreich absolvierte Ergänzungsprüfung für den Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache auf dem Niveau C1 vom 05.06.2020 zurückzuführen, wobei der Beschwerdeführer auch in der mündlichen Verhandlung seine sehr guten Deutschkenntnisse unter Beweis stellen konnte.
Die von der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers in der Lebenshilfe Bezirk L ausgeübte Tätigkeit und der von ihr bezogene Lohn in der Höhe von ca. € 1.600,-- netto monatlich, fußen auf den von der Lebensgefährtin als Zeugin in der mündlichen Verhandlung gemachten glaubhaften Äußerungen, wobei der Beschwerdeführer mit der Stellungnahme vom 25.06.2020 auch einen „Dienstzettel 2020“, in dem ein Grundlohn in der Höhe von € 2.275,79 brutto angeführt ist, vorlegt.
Mehrere Empfehlungsschreiben, eine Einstellungsgarantie vom 09.03.2020 für den Fall, dass der Beschwerdeführer in Österreich arbeiten darf, und die Bestätigung des Trainers der 1 B Mannschaft und Obmannstellvertreters des Sportvereins F S vom 15.12.2018, wonach der Beschwerdeführer vier Mal in der Woche am Training bzw. am Spiel der 1 B Kampfmannschaft teilnimmt, dokumentieren dessen bestehende soziale Integration.
Die Einstellung der Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung durch das Land Steiermark per 01.09.2017 ergibt sich aus dem aktuellen Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.
Die Angaben zu seinen in Marokko lebenden Verwandten waren in allen Einvernahmen vor dem Bundesamt und dem Bundesverwaltungsgericht gleichbleibend und daher glaubhaft wie auch die Äußerung keinen Kontakt mehr mit seiner Familie zu haben.
Die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.
Auf dem Akteninhalt zu den vorherigen asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren sowie einer Einsicht ins Informationsbundsystem Zentrales Fremdenregister und Zentrale Melderegister basieren die Feststellungen zum bisherigen Aufenthalt und der bereits seit der ersten abweisenden Asylentscheidung bestehende unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt II. C) 1.:
3.1. Zur Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG:
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet, und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich keinerlei Hinweise, die nahe legen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.
Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. erster Satz des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. C) 2 und 3.:
3.2. Zur Rückkehrentscheidung sowie zur Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko:
3.2.1. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens" überschriebene § 9 BFA-VG (in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018) lautet wie folgt:
„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Im gegenständlichen Fall verfügt der Beschwerdeführer über ein Familienleben in Österreich, er führt eine Beziehung mit einer österreichischen Staatsbürgerin, mit der er einen im November 2015 geborenen Sohn hat. In der Familie lebt auch die im September 2014 geborene Tochter der Lebensgefährtin aus einer früheren Beziehung.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) ist das nach Art. 8 EMRK geschützte Familienleben nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Bindungen ("marriage-based relationships") beschränkt, sondern erfasst auch andere faktische Familienbindungen ("de facto family ties"), bei denen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben (VwGH 23.02.2011, 2011/23/0097). Zur Frage, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK begründet, stellt der EGMR auf das Bestehen enger persönlicher Bindungen ab, die sich in einer Reihe von Umständen - etwa dem Zusammenleben, der Länge der Beziehung oder der Geburt gemeinsamer Kinder - äußern können (VwGH 24.06.2019, Ra 2019/20/0101, mit Verweis auf das Urteil des EGMR 02.11.2010, Serife Yigit gegen die Türkei, Große Kammer, Beschwerde Nr. 3976/05, Rn. 93 und 96).
Da der Beschwerdeführer seit Anfang 2015 mit W B, die er im Jahr 2014 in G kennen gelernt hat, zusammenlebt und mit ihr ein gemeinsames Kind hat, ist von einer Lebensgemeinschaft auszugehen, die von Art. 8 EMRK geschützt wird (VwGH, 17.12.2019, Ro 2019/18/0006).
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich der Beschwerdeführer und seine Lebensgefährtin beim Eingehen der Beziehung bewusst sein mussten, dass der Beschwerdeführer in Österreich kein Aufenthaltsrecht hat. Denn mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.06.2015 wurde die von ihm erhobene Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 17.02.2015, mit dem dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK abgewiesen, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, seine Abschiebung nach Marokko für zulässig erklärt und ein befristetes Einreiseverbot erlassen wurde, als unbegründet abgewiesen. Zudem wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 12.10.2016 die von ihm gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 19.05.2016, mit dem es den aus dem Stande der Strafhaft gestellten Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 05.08.2015 abwies, ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilte, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erließ und seine Abschiebung nach Marokko für zulässig erklärte, erhobene Beschwerde ab. Der Beschwerdeführer hielt bzw. hält sich somit nicht rechtmäßig in Österreich auf.
Der Beschwerdeführer stellte am 22.03.2017 den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Die Fortführung des Familienlebens mit seiner Lebensgefährtin außerhalb Österreichs wird schwer möglich sein, da sie - wie sie in der mündlichen Verhandlung - beteuerte, nicht mit ihren zwei kleinen Kindern in Marokko leben wolle. Der Beschwerdeführer führt ein Familienleben mit seinem im November 2015 geborenen Sohn und der im September 2014 geborenen Tochter der Lebensgefährtin aus einer früheren Beziehung. Beide Kinder sind österreichische Staatsbürger. Seit 06.03.2015 besteht ein gemeinsamer Wohnsitz und Haushalt.
Bei der nach § 9 BFA-VG vorzunehmenden Interessenabwägung ist es notwendig, sich mit den Auswirkungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf das Kindeswohl auseinanderzusetzen (VwGH 24.09.2019, Ra 2019/20/0420). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur eine Trennung von Familienangehörigen, mit denen ein gemeinsames Familienleben im Herkunftsland nicht zumutbar ist, im Ergebnis nur dann für gerechtfertigt erachtet, wenn dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist, wie dies insbesondere bei Straffälligkeit des Fremden oder bei einer von Anfang an beabsichtigten Umgehung der Regeln über den Familiennachzug der Fall ist (vgl. das zuvor zitierte Erkenntnis). Insbesondere schwerwiegende kriminelle Handlungen - etwa nach dem SMG -, aus denen sich eine vom Fremden ausgehende Gefährdung ergibt, können die Erlassung einer Rückkehrentscheidung daher auch dann tragen, wenn diese zu einer Trennung von Familienangehörigen führt (VwGH 28.11.2019, Ra 2019/19/0359, mwN).
Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 17.340/2004 ausgeführt hat, darf eine Aufenthaltsbeendigung nicht verfügt werden, wenn dadurch das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens des Betroffenen verletzt würde. Bei der Beurteilung nach Art. 8 EMRK ist eine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl die in VfSlg 18.223/2007 und 18.224/2007 wiedergegebene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Auswirkungen der Entscheidung und die Konsequenzen einer Außerlandesbringung des Beschwerdeführers auf das Familienleben und auf das Kindeswohl etwaiger Kinder des Betroffenen zu erörtern (VfGH 26.02.2019, E3079/2018; zur Bedeutung der mit einer Trennung des Beschwerdeführers von seinem Kind verbundenen Auswirkungen vgl. VfSlg 19.362/2011). Einer mit der Ausweisung verbundenen Trennung von Familienmitgliedern kommt eine entscheidungswesentliche Bedeutung zu (VfSlg 18.388/2008, 18.389/2008, 18.392/2008). Die Intensität der privaten und familiären Bindungen im Inland ist dabei zu berücksichtigen (VfSlg 18.748/2009).
Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte entsteht ein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Familienleben zwischen Eltern und Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt (EGMR 21.06.1988, Fall Berrehab, Appl 10.730/84 [Z21]; 26.5.1994, Fall Keegan, Appl 16.969/90 [Z44]). Diese besonders geschützte Verbindung kann in der Folge nur unter außergewöhnlichen Umständen als aufgelöst betrachtet werden (EGMR 19.02.1996, Fall Gül, Appl 23.218/94 [Z32]). Ferner ist es nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ein grundlegender Bestandteil des Familienlebens, dass sich Eltern und Kinder der Gesellschaft des jeweiligen anderen Teiles erfreuen können; die Familienbeziehung wird insbesondere nicht dadurch beendet, dass das Kind in staatliche Pflege genommen wird (VfSlg 16.777/2003 mit Hinweis auf EGMR 25.2.1992, Fall Margareta und Roger Andersson, Appl 12963/87 [Z72] mwN; zu den Voraussetzungen für ein [potentielles] Familienleben zwischen einem Kind und dessen Vater siehe auch EGMR 15.9.2011, Fall Schneider, Appl 17.080/07 [Z81] mwN). Davon ausgehend kann eine unzureichende Berücksichtigung des Kindeswohles zur Fehlerhaftigkeit der Interessenabwägung und somit zu einer Verletzung des Art. 8 EMRK führen (VfGH 28.02.2012, B1644/2000 mit Hinweis auf EGMR 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl 50.435/99, sowie insbesondere EGMR 28.6.2011, Fall Nunez, Appl 55.597/09; 12.10.2016, E1349/2016).
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind die konkreten Auswirkungen einer Aufenthaltsbeendigung für ein Elternteil auf das Wohl eines Kindes zu ermitteln und bei der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK zu berücksichtigen (VfSlg 11.06.2018, E343/2018, E345/2018; vom selben Tag, E435/2018). Der Verfassungsgerichtshof erachtet die Annahme als lebensfremd, dass der Kontakt zwischen einem Kleinkind und einem Elternteil über Telekommunikation und elektronische Medien aufrechterhalten werden könne (VfGH 11.6.2018, E343/2018, E345/2018).
Daher ist es notwendig, sich mit dem Kindeswohl sowie mit den Auswirkungen der Trennung des Beschwerdeführers von seinem in Österreich lebenden Sohn sowie von der im gemeinsamem Haushalt lebenden Tochter der Lebensgefährtin aus einer früheren Beziehung auseinanderzusetzen. § 138 Z 9 ABGB sieht „verlässliche Kontakte des Kindes zu beiden Elternteilen und wichtigen Bezugspersonen sowie sichere Bindungen des Kindes zu diesen Personen" als eine Komponente des Kindeswohls. Die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers ist seit 24.09.2019 (bis laufend) bei der Lebenshilfe Bezirk L vollbeschäftigt tätig. Der Beschwerdeführer kümmert sich - wie dessen Lebensgefährtin in der mündlichen Verhandlung glaubhaft versicherte - während ihrer beruflichen Abwesenheit überwiegend um die beiden kleinen Kinder. Er nimmt eine aktive Rolle im Leben seines Sohnes ein, ebenso wie er auch für die nunmehr ca. sechs Jahre alte Tochter der Lebensgefährtin seit Jahren die „Vaterrolle“ wahrnimmt, wobei - wie bereits ausgeführt - seit 06.03.2015 ein gemeinsamer, bereits vor der Geburt des gemeinsamen Sohnes bestehender Haushalt existiert. Die Fortsetzung des gemeinsamen Familienlebens in Marokko erscheint für die Familie, auch aus Sicht des Kindeswohls, nicht zumutbar, handelt es sich doch bei den drei Personen um österreichische Staatsbürger, die keine näheren (sprachlichen, kulturellen etc.) Beziehungen zu Marokko haben.
Gegen einen Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet spricht, dass er nach der Abweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK und des Antrags auf internationalen Schutz seiner Ausreisverpflichtung nicht nachkam. Hinzu kommt, dass er drei Mal wegen mehrerer Strafdelikte nach dem SMG und StGB zu teilbedingten Strafen verurteilt wurde, zuletzt mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 17.04.2015 wegen des Verbrechens der Verleumdung. Seit der letzten Entlassung aus der Strafhaft, die nach dem vom 13.07. bis 11.09.2015 dauernden Strafvollzug stattfand, somit seit ca. fünf Jahren, legte der Beschwerdeführer ein Wohlverhalten an den Tag, das auf einen auch für die Zukunft anzunehmenden positiven Gesinnungswandel schließen lässt. Ein besonders ins Gewicht fallendes Überwiegen öffentlicher Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung ergaben sich nicht, um den längeren Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich entscheidend zu relativeren. In Bezug auf das Wohl seines Sohnes und - wenn auch in geringerem Umfang - auch der Tochter der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers ist aber zu berücksichtigen, dass eine Trennung massive Auswirkungen auf das Kindeswohl hätte. Eine Kommunikation über Medien können keinen hinreichenden Ersatz für die Fortführung der Beziehung darstellen. Der Beschwerdeführer verfügt über eine Einstellungszusage, so dass anzunehmen ist, dass er, sobald er über einen Aufenthaltstitel verfügt, zum Familieneinkommen beitragen wird können.
Unter Berücksichtigung aller Umstände hätte die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer eine dauerhafte Trennung zwischen ihm und den kleinen Kindern, insbesondere zu seinem Sohn, zur Folge, was aus Sicht des Kindeswohls zu vermeiden ist. Es ist daher in diesem besonderen Fall, auch aufgrund der sozialen Verhältnisse der Familie, trotz des vom Beschwerdeführer an den Tag gelegten Fehlverhaltens (unterbliebene Ausreise, drei Verurteilungen) aufgrund des Kindeswohls unverhältnismäßig, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.
Vor diesem Hintergrund überwiegen die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung, sodass der damit verbundene Eingriff in sein Familien- und Privatleben als unverhältnismäßig qualifiziert werden muss. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich daher, dass die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat Marokko einen ungerechtfertigten Eingriff in dessen durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf ein Privat- und Familienleben darstellt.
Der Beschwerde war daher in Hinblick auf Spruchpunkt III. zweiter Satz und des darauf aufbauenden dritten Satzes des angefochtenen Bescheides stattzugeben und diese zu beheben.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht, dass das Bundesverwaltungsgericht im Fall der Feststellung, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei, im Spruch seines Erkenntnisses zum Ausdruck bringen müsse, dass es den Aufenthaltstitel selbst in konstitutiver Weise erteile (VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0203, mwN).
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wird. Nach § 55 Abs. 1 AsylG ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK geboten ist und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird. Als Modul 1 der Integrationsvereinbarung gilt der Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung („Zeugnis zur Integrationsprüfung“ auf mindestens Sprachniveau A2)
Der Beschwerdeführer bestand - nachgewiesen durch das „Zeugnis zur Integrationsprüfung Sprachniveau A2“ ÖIF vom 10.07.2020 - die A2-Prüfung bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf dem Sprachniveau A2, wobei er solche auf dem Niveau C1 verfügt, und zu Werte- und Orientierungswissen. Damit erfüllt er das Modul 1 der Integrationsvereinbarung, weshalb ihm gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen war.
Das Bundesamt hat den Aufenthaltstitel gemäß § 58 Abs. 7 AsylG 2005 auszufolgen; der Beschwerdeführer hat hieran gemäß § 58 Abs. 11 AsylG 2005 mitzuwirken. Gemäß § 54 Abs. 2 AsylG 2005 sind Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten, beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen.
Es war spruchgmäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt B) und D) - Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung zur Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen bei einem längeren Aufenthalt im Bundesgebiet und der Beachtung des Kindswohls bei einer Rückkehr eines Elternteils, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltsberechtigung plus Aufenthaltstitel befristete Aufenthaltsberechtigung berücksichtigungswürdige Gründe Beschwerdeverzicht Beschwerdezurückziehung Deutschkenntnisse Einstellung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens ersatzlose Teilbehebung Integration Interessenabwägung Kassation Kindeswohl mündliche Verhandlung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig Spruchpunktbehebung subsidiärer Schutz Verfahrenseinstellung Zurückziehung Zurückziehung der BeschwerdeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I401.2175409.1.00Im RIS seit
03.11.2020Zuletzt aktualisiert am
03.11.2020