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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen – im Iran aufgewachsenen – Staatsangehörigen von Afghanistan; keine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative mangels Vorliegens eines Unterstützungsnetzwerks und Berufserfahrung zur Sicherung der SelbsterhaltungsfähigkeitRechtssatz
Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) verweist im Rahmen seiner Feststellungen zunächst allgemein auf das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 26.03.2019", auf die "UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018" und auch auf die "EASO, Country Guidance Afghanistan Juni 2018", ferner auf den EASO Bericht "Afghanistan Netzwerke, Jänner 2018" sowie auf eine "Anfragebeantwortung ACCORD zu Afghanistan: Situation für Afghaninnen (insb Hazara), die ihr ganzes Leben im Iran verbracht haben". Es geht davon aus, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen gesunden, jungen Mann im erwerbsfähigen Alter handle, der die Landessprache (Dari) auf muttersprachlichem Niveau spreche, eine vierjährige Schulausbildung im Iran erhalten habe, auf Grund der Sozialisierung in einer afghanischen Familie mit den kulturellen und sozialen Gegebenheiten des Landes vertraut sei und "über Berufserfahrung als Schneider" verfüge. Das BVwG unterlässt es aber zu prüfen, ob der Beschwerdeführer sich selbst erhalten kann, da er diese Berufserfahrung wesentlich im Kindesalter erworben haben muss.
Umstände nach der maßgeblichen Berichtslage wie sie für alleinstehende, gesunde Männer im erwerbsfähigen Alter, die in Afghanistan aufgewachsen sind oder längere Zeit dort gelebt haben und eine innerstaatliche Fluchtalternative unter anderem in Mazar-e Sharif zumutbar erscheinen lassen, liegen im Hinblick auf den Beschwerdeführer, der weder über ein Unterstützungsnetzwerk in Afghanistan noch über eine besondere Ausbildung oder eine entsprechende Berufserfahrung verfügt, die seine Selbsterhaltungsfähigkeit nahelegen, nach den Feststellungen und Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis nicht vor. Das BVwG geht vielmehr von einem Personenprofil des Beschwerdeführers aus, das sich auf alleinstehende, gesunde Männer im erwerbsfähigen Alter bezieht, die in Afghanistan aufgewachsen sind, und lässt dieses auch für die maßgebliche Situation des Beschwerdeführers, der allerdings im Iran aufgewachsen ist, ausreichen. Damit verkennt es aber die spezifische Situation, wie sie sich für den Beschwerdeführer als Rückkehrer nach Afghanistan im Neuansiedlungsgebiet Mazar-e Sharif ergibt, in qualifizierter Weise.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Entscheidungsbegründung, RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:E2795.2019Zuletzt aktualisiert am
06.04.2022