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19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1991 §4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde der J in Linz, vertreten durch Dr. Friedrich Fromherz und Dr. Wolfgang Fromherz, Rechtsanwälte in Linz, Graben 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. März 1997, Zl. 4.325.221/3-III/13/96, betreffend Ausdehnung der Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. März 1997 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin (einer irakischen Staatsangehörigen) gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28. Mai 1996, mit dem ihr Antrag auf Ausdehnung der Asylgewährung gemäß § 4 AsylG 1991 abgewiesen worden war, gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, die Ehe mit ihrem nunmehrigem Gatten habe nicht vor der erstmaligen Einreise beider Ehepartner nach Österreich bestanden, damit fehle es aber an einer grundlegenden Voraussetzung für die Ausdehnung des Asyls. Die abstrakte Behauptung in der Berufung, die Beschwerdeführerin habe bereits im Juni 1989 nach mohammedanischem Ritus geheiratet, bleibe eine bloße Behauptung, die nicht als ausreichend angesehen werden könne, da asylrelevante Umstände glaubhaft gemacht werden müßten. Auch gälten für eine nach traditionellen Riten gestaltete Vermählung nicht dieselben Ansprüche wie für eine gesetzliche (gesetzmäßige) Heirat, da erstere offiziell (behördlich) keine Gültigkeit erlange. An dieser Beurteilung ändere auch die neuerliche Einvernahme der Beschwerdeführerin sowie die Einvernahme ihres Gatten nichts.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete, von diesem nach Ablehnung von deren Behandlung mit Beschluß vom 25. Juni 1997, B 1063/97-6, abgetretene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Aus dem dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten und von diesem mitüberwiesenen Akt wird zunächst festgestellt, daß dem Ehegatten der Beschwerdeführerin, Herrn A, irakischer Staatsangehöriger, der am 7. Oktober 1991 in das Bundesgebiet eingereist war und sich anläßlich seiner Ersteinvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 17. Oktober 1991 als "ledig" bezeichnet hat, mit Bescheid vom 28. April 1992, Zl. 4.325.221/2-III/13/92, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, und ihm damit Asyl gewährt wurde.
Aus dem Akt wird ferner festgestellt, daß die Beschwerdeführerin am 16. Mai 1996 nach Österreich eingereist ist und anläßlich ihrer Ersteinvernahme am 20. Mai 1996 durch das Bundesasylamt eine Heiratsurkunde, ausgestellt am 15. Juni 1994, vorgelegt hat. Dazu gab die Beschwerdeführerin an, sie sei seit Juni 1994 verheiratet, die Eheschließung sei in Abwesenheit ihres Gatten, der sich seit 1991 in Österreich aufhalte und als Flüchtling anerkannt worden sei, erfolgt. Der Vater ihres Gatten habe diesen vor dem Standesamt vertreten und so sei die Ehe geschlossen worden. In ihrer Berufung gegen den abweislichen Bescheid des Bundesasylamtes vom 28. Mai 1996 führte die Beschwerdeführerin aus, es werde als richtig zugestanden, daß sie erst nach Asylerlangung ihres Gatten in Österreich nach dem für den Irak gültigen Gesetz im Irak geheiratet habe, wobei ihr Gatte durch seinen Vater bei dieser Heirat vertreten gewesen sei. Sie erachte allerdings die von der Erstbehörde zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf Art. 8 MRK für nicht richtig, da insbesondere dann, wenn bereits vor der Flucht des einen Ehegatten ein familienähnliches Band bestanden habe und daher die familienähnliche Beziehung bereits aufrecht gewesen sei, die Auslegung des § 4 AsylG 1991 im Sinne des Art. 8 MRK nur zum Ergebnis haben könne, daß die Asylausdehnung auch für derartige Personen in Frage komme. Sie habe ihren Gatten bereits im Juni 1989 nach mohammedanischen Riten geheiratet, könne diesbezüglich jedoch kein Dokument vorlegen.
In ihrer Beschwerde verweist die Beschwerdeführerin im wesentlichen auf diese Ausführungen.
Gemäß § 4 AsylG 1991 ist die Gewährung von Asyl auf Antrag auf die ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kinder und den Ehegatten auszudehnen, sofern sich diese Personen in Österreich aufhalten und die Ehe schon vor der Einreise nach Österreich bestanden hat. Bedingung für die Asylausdehnung ist daher die Familienangehörigkeit. Darunter versteht § 4 AsylG 1991 das Verwandtschaftsverhältnis zwischen Eltern (Elternteilen) und minderjährigen Kindern bzw. die Stellung der Ehegatten zueinander, sofern die Ehe schon vor der Einreise nach Österreich bestanden hat. Von einer Gleichbehandlung eheähnlicher Lebensgemeinschaften wurde im Interesse einer Übereinstimmung mit dem Schengener Übereinkommen Abstand genommen (vgl. die EB zur Regierungsvorlage 270, Blg. zum NR. XVIII. GP, 13).
Es kann der belangten Behörde ein Verfahrensmangel oder eine unrichtige rechtliche Beurteilung der vorliegenden Asylsache aber nicht vorgeworfen werden, wenn sie im Hinblick auf das Vorbringen in der Berufung der Beschwerdeführerin, eine auch im Irak nach irakischem Recht gültige Eheschließung sei erst im Juni 1994 erfolgt, die Voraussetzungen für eine Ausdehnung des Asyls im Sinne des § 4 AsylG 1991 auf dem Boden der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hg. Erkenntnisse vom 8. November 1995, Zl. 95/01/0100, und vom 25. September 1996, Zl. 95/01/0170) als nicht gegeben erachtet hat, stand doch für die belangte Behörde eindeutig fest, daß die Ehe mit der Person, deren Asyl auf die Beschwerdeführerin ausgedehnt hätte werden sollen, nicht schon vor deren Einreise nach Österreich bestanden hat. Daran ändert auch die Behauptung einer nach staatlichem Recht zwar nicht gültigen, jedoch nach religiösen Riten vorgenommenen Eheschließung zu einem vor Einreise des (nunmehrigen) Ehegatten der Beschwerdeführerin ins Bundesgebiet liegenden Zeitpunkt nichts.
Die Beschwerde war aus diesem Grunde ohne Einleitung eines Vorverfahrens gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997200421.X00Im RIS seit
20.11.2000