Index
VwGGNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jurasek und die Hofräte Dr. Draxler und Dr. Hoffmann als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Gehart, in der Beschwerdesache des KB in W, gegen die Wiener Landesregierung (Magistratsabteilung 61) wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit der Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 58 Abs. 2 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1965, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Gemäß § 58 c Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1965 BGBl. Nr. 250 in der Fassung der Novellen BGBl. 394/1973 und BGBl. Nr. 170/1983 (StbG) erwirbt ein Fremder unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 StbG 1965 die Staatsbürgerschaft, wenn er
1) durch mindestens zehn Jahre ununterbrochen die Staatsbürgerschaft besessen,
2) sich aus einem der im § 2 Abs. 3 vorletzter und letzter Satz des Staatsbürgerschafts-Überleitungsgesetzes 1949, BGBl. Nr. 276, angeführten Beweggründe in das Ausland begeben,
3) während seines Aufenthaltes im Ausland eine fremde Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erworben hat und
4) zum zeitlich unbeschränkten Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist, seinen ordentlichen Wohnsitz im Gebiet der Republik Österreich begründet und dies der zuständigen Behörde (§ 39) anzeigt.
Liegen diese Voraussetzungen vor, so hat der Fremde nach § 58 c Abs. 2 StbG mit dem Tage des Einlangens der Anzeige gemäß § 58 c Abs. 1 Z. 4 des Gesetzes bei der Behörde die Staatsbürgerschaft erworben. Die Behörde hat den Erwerb der Staatsbürgerschaft zu bestätigen.
In seiner ausdrücklich als Säumnisbeschwerde bezeichneten und durch zwei weitere Schreiben vom 30. April 1985 und vom 10. Mai 1985 ergänzten Eingabe vom 11. April 1985 macht der Beschwerdeführer, wie seinen Ausführungen entnommen werden kann, geltend, daß er die gesetzlichen Voraussetzungen für seine Wiedereinbürgerung im Sinne des § 58 c StbG erfülle, die Behörde (gemeint ist nach dem Beschwerdeinhalt offensichtlich die Wiener Landesregierung) ihm jedoch trotz eines von ihm schon vor Jahren gestellten Antrages die im § 58 c Abs. 2 StbG vorgesehene Bestätigung über den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht ausgestellt habe.
Gemäß Art. 132 1. Satz B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Nach § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.
Wie aus diesen Vorschriften hervorgeht, kommt eine Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes wegen Säumnis einer (obersten) Verwaltungsbehörde immer nur dann in Betracht, wenn und insoweit die säumige Behörde zu einer Entscheidung (zu einem hoheitlichen Abspruch in einer Rechtssache) verpflichtet gewesen ist, dieser Verpflichtung aber nicht gesetzmäßig nachgekommen ist. Hingegen liegen die Voraussetzungen für eine Beschwerdeführung nach Art. 132 B-VG in Verbindung mit § 27 VwGG dann nicht vor, wenn die Verpflichtung der belangten Behörde nicht auf die Erlassung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung (eines Bescheides), sondern auf die Ausstellung einer Bescheinigung (Beurkundung) oder auf eine sonstige Leistung, wie etwa die Erteilung einer Auskunft, gerichtet gewesen ist (vgl. hiezu u.a. die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes Slg. N.F. Nr. 100/A/1947, 7152/A/1967 und 9151/A/1976).
Da im Beschwerdefall der belangten Behörde zum Vorwurf gemacht wird, die Ausstellung einer Bestätigung also einer bloß beurkundeten Bescheinigung im Sinne des § 58 c Abs. 2 StbG pflichtwidrig unterlassen und nicht, eine Entscheidungspflicht verletzt zu haben, mußte die vorliegende Beschwerde ohne weiteres Verfahren allein schon aus dem aufgezeigten Grunde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes als unzulässig zurückgewiesen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich dessenungeachtet veranlaßt darauf hinzuweisen, daß nach § 58 c Abs. 2 in der im Beschwerdefall noch nicht zu berücksichtigenden, erst am 1. Juni 1985 in Kraft getretenen Fassung des Art. I Z. 29 der Staatsbürgerschaftsgesetz-Novelle 1985, BGBl. Nr. 202, die Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 58 c Abs. 1 StbG 1965 verpflichtet ist, mit schriftlichem Bescheid festzustellen, daß der Fremde mit dem Tage des Einlangens der Anzeige bei der Behörde (§ 58 c Abs. 1 Z. 4 StbG 1965) die Staatsbürgerschaft erworben hat, und das pflichtwidrige Unterbleiben einer solchen Feststellung künftig unter den im Art. 132 B-VG sowie im § 27 VwGG festgelegten rechtlichen Bedingungen mittels Säumnisbeschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgt werden kann.
Wien, am 12. Juni 1985
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Beurkundungen und Bescheinigungen Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1985:1985010147.X00Im RIS seit
18.11.2020Zuletzt aktualisiert am
18.11.2020