TE Vwgh Erkenntnis 1989/6/28 89/02/0038

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Veröffentlicht am 28.06.1989
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Index

StVO
40/01 Verwaltungsverfahren
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

AVG §60
StVO 1960 §4 Abs1 lita
StVO 1960 §4 Abs2
VStG §22
VStG §44a lita
VStG §44a Z1 implizit

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sittenthaler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des HH in W, vertreten durch Dr. Johann Korab, Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 24, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 6. Februar 1989, Zl. MA 70-11/1269/88/Str, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 6. Februar 1989 wurde der Beschwerdeführer unter anderem für schuldig befunden, am 12. Jänner 1988 um 21.10 Uhr an einem näher beschriebenen Ort a) als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws an einem Verkehrsunfall mit Personenschaden ursächlich beteiligt gewesen zu sein und es unterlassen zu haben, sofort anzuhalten, sowie b) es unterlassen zu haben, der verletzten Person Hilfe zu leisten oder unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen. Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen zu a) nach § 4 Abs. 1 lit. a und zu b) nach § 4 Abs. 2 StVO 1960 begangen. Es wurden Geldstrafen (Ersatzarreststrafen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, allerdings nur insoweit, als der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 2 StVO 1960 für schuldig befunden wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Sind bei einem Verkehrsunfall Personen verletzt worden, so haben gemäß § 4 Abs. 2 erster Satz StVO 1960 die im Abs. 1 genannten Personen Hilfe zu leisten; sind sie dazu nicht fähig, so haben sie unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er fähig gewesen wäre, der verletzten Person Hilfe zu leisten und daß er dies unterlassen hat. Dadurch, daß die belangte Behörde ihm alternativ im Spruch auch angelastet hat, es unterlassen zu haben, „unverzüglich für fremde Hilfe zu sorgen“, wurden sohin Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt. Vielmehr handelt es sich im gegebenen Zusammenhang um ein überflüssiges Spruchelement, sodaß auch die behauptete Verfolgungsverjährung schon deshalb nicht vorliegen kann.

Soweit der Beschwerdeführer auf das hg. Erkenntnis vom 27. April 1984, Zl. 81/02/0273 (= Slg. Nr. 11 420/A) verweist, ist für ihn gleichfalls nichts gewonnen: Der Gerichtshof hat dort zum Ausdruck gebracht, daß nicht jede Verletzung einer Person schlechthin eine Hilfeleistungspflicht auszulösen vermag, sondern nur solche Verletzungen, die objektiv eine Hilfeleistung erfordern (z.B. könne ein geringfügiger Bluterguß im allgemeinen wohl kaum geeignet sein, Hilfe erforderlich zu machen). Die weitere Aussage in diesem Erkenntnis, die belangte Behörde hatte daher in der Begründung des dort angefochtenen Bescheides feststellen müssen, welcher Art die Verletzung der am Verkehrsunfall beteiligten Mopedlenkerin gewesen sei und ob die Verletzte überhaupt einer vom Beschwerdeführer zu leistenden Hilfe bedurft hätte „bzw. welche Hilfe der Beschwerdeführer der Mopedlenkerin erbringen hätte müssen“, ist sohin unter dem Blickwinkel des einleitend zitierten Satzes zu sehen. Ist daher nach Art der Verletzungen nicht auszuschließen, daß eine Hilfeleistung erforderlich gewesen wäre, so bedarf es in der Bescheidbegründung keiner Anführung der konkreten Hilfeleistung, welche unterlassen wurde. Ein solcher Fall liegt hier vor, zumal die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf hingewiesen hat, die verletzte Person sei auf dem Gehsteig zweimal zwischen dem Fahrzeug (des Beschwerdeführers) und einem Lichtmast „eingezwickt“ worden und habe Prellungen am linken Knie und linken Ellbogen, Blutergüsse sowie Hautabschürfungen erlitten.

Was schließlich das Vorbringen des Beschwerdeführers betrifft, der Schuldvorwurf nach § 4 Abs. 2 erster Satz, erster Halbsatz, sowie jener nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 schlössen einander aus, zumal es unmöglich sei, ein Fahrzeug nach einem Verkehrsunfall nicht am Unfallsort anzuhalten, ohne gleichzeitig den am Unfallsort zurückbleibenden, allenfalls hilfebedürftigen verletzten Personen die Hilfe zu versagen, so vermag ihm der Verwaltungsgerichtshof gleichfalls nicht beizupflichten. Die dem Beschwerdeführer vorschwebende Konsumtion hätte nämlich zur Voraussetzung, daß durch die Bestrafung wegen des einen Deliktes tatsächlich der gesamte Unrechtsgehalt des Tatverhaltens erfaßt wird (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1988, Zl. 88/03/0080), was bei dem vom Beschwerdeführer zitierten Fall in Hinsicht auf die unterlassene Hilfeleistung bei der bloßen Bestrafung nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO nicht der Fall wäre.

Da sich sohin die vorliegende Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Wien, am 28. Juni 1989

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Hilfeleistung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1989:1989020038.X00

Im RIS seit

03.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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