TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/9 97/20/0562

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Veröffentlicht am 09.10.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §69 Abs1 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hemetsberger, über die Beschwerde des K in Wien, vertreten durch Dr. Marco Iglitsch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Ballgasse 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Mai 1997, Zl. 4.343.331/9-III/13/96, betreffend Wiederaufnahme eines Asylverfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer reiste am 11. August 1993 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 12. August 1993 Asyl. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. April 1995 wurde der Asylantrag rechtskräftig abgewiesen. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid ist zu hg. Zl. 95/20/0675 anhängig.

Mit Schreiben vom 27. August 1996 brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ein und begründete dies im wesentlichen damit, daß ihm ein Freund bestimmte Dokumente übergeben hätte, die die Richtigkeit des Vorbringens im Asylverfahren beweisen würden. Es handle sich hiebei um einen neu hervorgekommenen Beweis, der ohne Verschulden des Beschwerdeführers bisher nicht habe geltend gemacht werden können und der in Verbindung mit dem bisher Vorgebrachten voraussichtlich einen anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Diesem Antrag waren in englischer und in deutscher Sprache gehaltene Berichte der Nachrichtenagentur Reuters sowie der Deutschen Presseagentur beigelegt, welche mit 8. Juli 1996, 12. Juli 1996, 10. April 1996, 13. April 1996 und 13. Mai 1996 datiert waren.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Mai 1997 wurde dieser Antrag gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG abgewiesen. Die belangte Behörde verwies auf die aus dem Jahr 1996 stammenden Beweismittel und meinte, der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens könne nur auf solche Tatsachen und Beweismittel gestützt werden, die erst nach Abschluß eines Verfahrens hervorgekommen seien und deshalb von der Partei ohne ihr Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten. Es müsse sich um Tatsachen bzw. Beweismittel handeln, die schon vor Erlassung des das wiederaufzunehmende Verfahren abschließenden Bescheides bestanden hätten, aber erst nach diesem Zeitpunkt bekannt geworden seien. Das Asylverfahren sei mit Bescheid vom 16. April 1995 rechtskräftig abgeschlossen worden, die vorgelegten Schriftstücke stammten aus dem Jahr 1996. Es handle sich sohin um keine Beweismittel, die bereits vor Erlassung des das wiederaufzunehmende Verfahren abschließenden Bescheides bestanden hätten, sondern um neu entstandene Beweismittel, die erst nach Abschluß des seinerzeitigen Verfahrens entstanden seien, weshalb die Voraussetzungen des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG nicht vorlägen. Des weiteren seien allgemeine Berichte wie zum Beispiel von Nachrichtenagenturen nicht geeignet, die Asylgewährung herbeizuführen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht werden. Die Beschwerde hat folgenden Wortlaut:

"Gemäß dem angefochtenen Bescheid wird mein Asylantrag in zweiter Instanz abgewiesen. Begründend wird dazu ausgeführt, daß die Voraussetzungen zur Gewährung von Asyl deshalb nicht vorliegen, da ich im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet hätte, daß meine Rekrutierung aufgrund meiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe, einer politischen Gesinnung oder einer Religion im Zusammenhang gestanden wäre, sodaß keine asylrelevante Verfolgung oder auch nur Diskriminierung beabsichtigt gewesen ist. Außerdem stammen die zur Vorlage gebrachten Schriftstücke aus dem Jahre 1996.

Die Behörde übersieht dabei jedoch, daß zu diesem Zeitpunkt in meinem Heimatland bürgerkriegsähnliche Zustände herrschten und auch aufgrund meiner offiziell bekannten regimekritischen Einstellung, dem militärischen Chaos sowie den unklaren politischen Verhältnissen in meiner Heimat, durch die Einberufung und Ableistung dieses Militärdienstes bei einer Spezialeinheit in Bosnien mein Leben sehr wohl einer ernsthaften Gefahr ausgesetzt wäre.

Da ich bereits von der Militärpolizei gesucht worden bin (es drohte mir die Todesstrafe) und Familienangehörige bedroht wurden, erfolgte meine Rekrutierung sehr wohl aus Konventionsgründen und daher wäre mein Person bei einer Rückkehr in meine Heimat aus Konventionsgründen derart beeinträchtigt, daß das Ausmaß, in Qualifikation als "Verfolgung" im Sinne des § 1 Asylgesetz gegeben ist."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 69 Abs. 1 Z. 2 AVG lautet:

"§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

...

(2) neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit den sonstigen Ergebnissen des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten,

..."

Der Beschwerdeführer irrt, wenn er meint, mit dem angefochtenen Bescheid werde sein Asylantrag in zweiter Instanz abgewiesen. Es handelt sich beim vorliegenden Bescheid vielmehr um die Abweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme des - bereits rechtskräftig abgeschlossenen - Asylverfahrens. Dementsprechend setzt sich der angefochtene Bescheid in seiner rechtlichen Begründung (Seiten 8 und 9) ausschließlich mit der Frage auseinander, ob im gegenständlichen Fall ein Wiederaufnahmsgrund, im speziellen der des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG, vorliegt. Insoweit sich die Beschwerdeausführungen auf den Inhalt des Asylverfahrens beziehen, gehen sie daher am Gegenstand des vorliegenden Wiederaufnahmeverfahrens vorbei.

Der Asylantrag des Beschwerdeführers wurde mit dem rechtskräftigen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. April 1995 im Instanzenzug abgewiesen. Die als Grundlage des Wiederaufnahmeverfahrens vorgelegten Unterlagen (Berichte der Nachrichtenagentur Reuters sowie der Deutschen Presseagentur) stammen aus dem Jahr 1996. Aus der Beschwerde geht bezüglich dieser Unterlagen nur hervor, daß "zu diesem Zeitpunkt" im Heimatland des Beschwerdeführers bürgerkriegsähnliche Zustände herrschten und dieser daher bei einer Rückkehr sehr wohl einer ernsthaften Gefahr augesetzt wäre. Mit diesen Ausführungen wird auch in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt, daß die vorgelegten Berichte aus dem Jahr 1996 stammen und sich auf Zustände oder Ereignisse des Jahres 1996 beziehen.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen die neuen Tatsachen und Beweismittel im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG die Richtigkeit des angenommenen Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen. Tatsachen und Beweismittel können nur dann einen Grund für die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens darstellen, wenn sie bei Abschluß des seinerzeitigen Verfahrens schon vorhanden gewesen sind und ihre Verwertung der Partei ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich geworden ist, nicht aber, wenn es sich um erst nach Abschluß des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel handelt (vgl. dazu die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5 auf Seite 654 f zu § 69 Abs. 1 AVG wiedergegebene Judikatur).

Bei den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen handelt es sich aber um Beweismittel, die aus dem Jahr 1996 stammen und sich auf dieses Jahr beziehen. Sie sind somit erst nach Abschluß des seinerzeitigen Verfahrens entstanden und zeigen auch nicht das Neuhervorkommen von Tatsachen nach Abschluß des Asylverfahrens auf. Die belangte Behörde handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie diese Beweismittel als nicht geeignet ansah, einen Wiederaufnahmsgrund gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG darzustellen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahrens in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Aus diesem Grund erübrigte sich auch der Abspruch des Berichters über den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof wolle der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997200562.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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