TE Vwgh Beschluss 2020/10/6 Ra 2018/16/0123

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Veröffentlicht am 06.10.2020
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Index

22/02 Zivilprozessordnung
27/04 Sonstige Rechtspflege

Norm

GEG §2 Abs2
ZPO §63

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und den Hofrat Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des F B in M, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch in 1030 Wien, Petrusgasse 2/15, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2018, Zl. W108 2131781-1/2E, betreffend Gerichtskosten (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsidentin des Landesgerichtes Wiener Neustadt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 7. Juni 2016, mit dem der Revisionswerber zum Ersatz der aus Amtsgeldern ausbezahlten Sachverständigengebühren gemäß § 2 Abs. 2 GEG iHv 4.315 € und 513,48 € sowie zur Zahlung einer Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG iHv 8 € verpflichtet worden war, als unbegründet ab und erklärte eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig.

2        In der Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, von den Eltern eines minderjährigen Kindes sei vor dem Bezirksgericht Mödling ein Pflegschaftsverfahren geführt worden. Der Revisionswerber sei der Vater des Kindes. Mit Beschluss vom 13. Jänner 2014 sei der Kindesmutter in diesem Verfahren die Verfahrenshilfe und damit auch eine einstweilige Befreiung von der Entrichtung der „Gebühren der Zeugen, Sachverständigen, Dolmetscher, Übersetzer und Beisitzer“ bewilligt worden.

3        Mit zwei (rechtskräftigen) Beschlüssen vom 7. September 2015 habe das Bezirksgericht Mödling die Gebühren für die beiden Sachverständigen im Pflegschaftsverfahren mit 4.315 € und mit 1.113,48 € bestimmt und die Buchhaltungsagentur des Bundes angewiesen, vor Rechtskraft der Beschlüsse die Beträge iHv 4.315 € und iHv 513,48 € (von 1.113,48 €) aus Amtsgeldern an die Sachverständigen zu überweisen. Weiters habe das Bezirksgericht ausgesprochen, dass die Eltern die Sachverständigengebühren zur ungeteilten Hand zu tragen hätten und die der Mutter bewilligte Verfahrenshilfe hiervon nicht berührt werde.

4        Nach § 1 Z 5 GEG seien in bürgerlichen Rechtssachen alle Kosten, die aus Amtsgeldern berichtigt oder sonst vom Bund vorläufig getragen worden seien, sofern sie von einer Partei zu ersetzen seien, von Amts wegen einzubringen. Solche Kosten seien gemäß lit. c leg. cit. insbesondere auch die Gebühren der Sachverständigen. Nach § 2 Abs. 2 GEG habe das erkennende Gericht bei Kosten von mehr als 300 € mit der Auszahlungsanweisung dem Grunde nach zu bestimmen, welche Partei in welchem Umfang diese Kosten zu ersetzen habe. Gemäß § 6b Abs. 4 GEG seien im Verfahren zur Einbringung im Justizverwaltungsweg weder das Bestehen noch die Rechtmäßigkeit einer im Grundverfahren dem Grunde und der Höhe nach rechtskräftig festgestellten Zahlungspflicht zu überprüfen.

5        Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers entspreche der Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 7. Juni 2016 den rechtskräftigen „Grundsatzbeschlüssen“ vom 7. September 2015, habe das Prozessgericht doch eine solidarische Zahlungsverpflichtung ausgesprochen, wonach die Eltern die von Amts wegen berichtigten Sachverständigengebühren zur ungeteilten Hand zu tragen hätten und die der Kindesmutter bewilligte Verfahrenshilfe hiervon nicht berührt werde. Damit komme die Erlassung eines Zahlungsauftrags gegenüber der Kindesmutter nicht in Betracht und ergebe sich als Konsequenz der Solidarverpflichtung, dass die Gebühren vom anderen Elternteil zu tragen seien.

6        Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden; er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        In der Revision wird zur Zulässigkeit vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, wonach die Justizverwaltungsbehörden an die gemäß § 2 Abs. 2 GEG vom Gericht getroffene Entscheidung gebunden seien. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich nicht an die Gerichtsbeschlüsse vom 7. September 2015 gehalten, sei darin doch die Kostentragungspflicht beider Elternteile ausgesprochen worden. Die der Kindesmutter bewilligte Verfahrenshilfe führe nicht dazu, dass die gesamten Gebühren vom anderen Elternteil zu tragen seien.

10       Dem ist entgegen zu halten, dass das Bezirksgericht in seinen Beschlüssen vom 7. September 2015 nicht angeordnet hat, dass die Elternteile die Sachverständigengebühren „je zur Hälfte“ zu tragen hätten. Vielmehr hat das Gericht eine Solidarverpflichtung angeordnet, deren Wesen es ist, dass grundsätzlich jeder Schuldner für den gesamten Betrag in Anspruch genommen werden kann.

11       Die Vorschreibung des Rückersatzes der aus Amtsgeldern berichtigten Gerichtskosten gegenüber einer Person, die hinsichtlich dieser Kosten (aufrecht) Verfahrenshilfe genießt, kommt jedoch nicht in Betracht (vgl. VwGH 25.5.2005, 2003/17/0232; 18.6.2001, 2001/17/0106).

12       Auch aus den Gerichtsbeschlüssen vom 7. September 2015 ergibt sich - entgegen der Ansicht des Revisionswerbers - nichts anderes, hat das Bezirksgericht doch gerade ausgeführt, dass die der Mutter bewilligte Verfahrenshilfe durch den Ausspruch des Bestehens einer Solidarverpflichtung hinsichtlich der aus Amtsgeldern berichtigten Sachverständigengebühren nicht berührt wird.

13       Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass einem Solidarschuldner die gesamten, vom gerichtlichen „Grundsatzbeschluss“ nach § 2 Abs. 2 GEG umfassten Gerichtskosten von den Justizverwaltungsbehörden vorzuschreiben sind, wenn der andere Solidarschuldner hinsichtlich dieser Gerichtskosten (aufrecht) Verfahrenshilfe genießt (vgl. nochmals VwGH 25.5.2005, 2003/17/0232; 18.6.2001, 2001/17/0106; sowie ebenfalls eine solche Vorschreibung bestätigend VwGH 15.9.2011, 2011/17/0121; 18.5.2009, 2008/17/0225). Dass die der Mutter gewährte Verfahrenshilfe im Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht mehr bestanden hätte, wird in der Revision nicht behauptet.

14       Vor diesem Hintergrund ist ein vom Revisionswerber gerügter Verstoß gegen das Willkürverbot und eine Verletzung des Legalitätsprinzips nicht zu erkennen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Prüfung einer Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten - wie des im Zulässigkeitsvorbringen angesprochenen Gleichheitssatzes - gemäß Art. 133 Abs. 5 B-VG nicht berufen ist (vgl. VwGH 30.1.2019, Ra 2018/02/0311, mwN).

15       In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

16       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 6. Oktober 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2018160123.L00

Im RIS seit

15.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.12.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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