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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der C V in L, vertreten durch Ing. Mag. Klaus Helm, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Schulstraße 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 10. Dezember 2019, LVwG-603170/15/KH, betreffend Übertretung des KFG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Linz-Land), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 28. Mai 2019 wurde der Revisionswerberin zur Last gelegt, sie habe es als Zulassungsbesitzerin eines konkret genannten Fahrzeuges zu verantworten, dass es am 30. August 2018 an einem näher bezeichneten Ort von einer namentlich genannten Person gelenkt worden sei und an diesem Fahrzeug ein „Radar- oder Laserblocker“ der Marke „Antilaser“ angebracht gewesen sei, obwohl Geräte oder Gegenstände, mit denen technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung beeinflusst oder gestört werden könnten, weder an Kraftfahrzeugen angebracht noch in solchen mitgeführt werden dürften. Die Revisionswerberin habe dadurch § 98a Abs. 1 in Verbindung mit § 103 Abs. 1 Z 1 KFG verletzt. Die belangte Behörde verhängte gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Tage).
2 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung insofern statt, als es die Geldstrafe auf € 700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage) herabsetzte. Im Übrigen wies es die Beschwerde mit der Maßgabe ab, dass im Spruch die Wortfolge „Marke Antilaser“ durch „Marke AL Priority“ ersetzt wurde. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
3 In seiner Begründung stellte das Verwaltungsgericht fest, dass an dem Fahrzeug ein Laserblocker der Marke „Antilaser“ bzw. „AL“ montiert worden sei. Bei derartigen Laserblockern handle es sich um Produkte, mit denen technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung beeinflusst bzw. gestört werden könnten. Diese Geräte könnten sowohl als Laserblocker als auch als Parksensor verwendet werden. Es sei aus technischer Sicht nicht plausibel, dass das Gerät ausschließlich für andere Zwecke als zur Beeinflussung bzw. Störung von technischen Einrichtungen verwendet werde. Einen „Schalter“ (Anm.: um zwischen einer Park- und einer Blockfunktion zu wechseln) gebe es nicht. Der Sensor sei mit der entsprechenden Software geeignet, Laser zu blocken.
4 Das Verwaltungsgericht führte weiter aus, dass das in Rede stehende Fahrzeug dem im Ausland lebenden Schwager der Revisionswerberin „gehöre“. Das Fahrzeug sei nur aus „Versicherungsgründen“ auf sie angemeldet. Sie verwende das Fahrzeug nicht und sei nur in der Zeit nach dem Erwerb (Anm.: im Jahr 2012) des Fahrzeuges ein paar Mal mitgefahren. Abgesehen von der Bezahlung der Versicherungsprämien kümmere sie sich nicht um dieses Fahrzeug, sie interessiere sich nicht dafür. Um lange Stehzeiten zu vermeiden, sei der Ehemann der Revisionswerberin gelegentlich mit dem Auto gefahren. Wenn der Schwager nach Österreich komme, benutze er das Fahrzeug. Die Ausstattung des Fahrzeuges und der Einbau einer allfälligen Zusatzausstattung lägen im alleinigen Entscheidungsbereich des Schwagers.
5 Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 17.6.2019, Ra 2019/02/0069), dass das Tatbild des § 98a Abs. 1 in Verbindung mit § 103 Abs. 1 Z 1 KFG erfüllt sei, zumal das im Fahrzeug verbaute Gerät geeignet sei, Geschwindigkeitsmessungen mittels einer Laserpistole zu beeinflussen bzw. zu stören. Zur subjektiven Tatseite führte das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf § 5 Abs. 1 VStG aus, dass für den Eintritt der Strafbarkeit Fahrlässigkeit ausreiche, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimme. Das Vorbringen der Revisionswerberin, dass sie das Fahrzeug nicht verwende und nur in der Zeit nach dem Erwerb ein paar Mal mitgefahren sei, dass sie sich nicht um das Fahrzeug kümmere und dass sie sich dafür nicht interessiere, entlaste sie nur hinsichtlich des Vorwurfs eines allfälligen Vorsatzes, jedoch nicht vom Vorwurf der Fahrlässigkeit, weshalb es der Revisionswerberin nicht gelungen sei, glaubhaft zu machen, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Somit sei auch die subjektive Tatseite erfüllt.
6 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
7 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
8 Zur Begründung der Zulässigkeit bringt die Revision vor, das Verwaltungsgericht habe beantragte Beweise in antizipierender Beweiswürdigung nicht eingeholt, die Beweiswürdigung sei unvertretbar, das Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 98a KFG ab (Hinweis auf VwGH 17.6.2019, Ra 2019/02/0069) bzw. fehle eine solche. Schließlich weiche das Erkenntnis von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Konkretisierungsgebot nach § 44a VStG ab.
9 Die Revision ist zulässig, sie ist im Ergebnis auch berechtigt.
10 Gemäß § 103 Abs. 1 Z 1 KFG hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.
11 § 98a Abs. 1 KFG bestimmt, dass Geräte oder Gegenstände, mit denen technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung beeinflusst oder gestört werden können, weder an Kraftfahrzeugen angebracht noch in solchen mitgeführt werden dürfen.
12 Nach Abs. 2 par. cit. sind Verstöße gegen Abs. 1 sowohl dem Lenker als auch dem Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges anzulasten, es sei denn, der Lenker hat diese Geräte ohne Wissen des Zulassungsbesitzers im Fahrzeug mitgeführt oder in diesem angebracht.
13 Nach der schon mehrfach zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 98a Abs. 1 KFG maßgeblich, dass Geräte oder Gegenstände, welche geeignet sind, technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung zu beeinflussen oder zu stören, an Kraftfahrzeugen angebracht oder in solchen mitgeführt werden (argum.: „beeinflusst oder gestört werden können“). Ob das Gerät oder der Gegenstand tatsächlich in Betrieb genommen wurde bzw. ob es tatsächlich zu einer Beeinflussung oder Störung von technischen Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung gekommen ist, ist für die Erfüllung des Tatbestands hingegen nicht ausschlaggebend. Vielmehr reicht nach dem klaren Gesetzeswortlaut bereits die bloße Eignung des im Kraftfahrzeug angebrachten oder mitgeführten Geräts oder Gegenstands zur Störung oder Beeinflussung von technischen Verkehrsüberwachungseinrichtungen (VwGH 17.6.2019, Ra 2019/02/0069).
14 Nach dieser Rechtsprechung kommt es darauf an, dass das konkrete am Fahrzeug angebrachte oder dort mitgeführte Gerät die Beeinflussung oder Störung aktuell verursachen kann, also tatsächlich in Betrieb genommen werden kann. Dieses Gerät muss demnach im Tatzeitpunkt sämtliche Voraussetzungen erfüllen, um in diesem Zeitpunkt Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung zu beeinflussen oder zu stören. Unwesentlich ist, ob das Gerät - etwa mittels eines im Fahrzeug angebrachten Schalters - tatsächlich in Betrieb genommen worden ist. Für die Störung oder Beeinflussung einer Lasermessung (noch) nicht hinreichend geeignet ist demnach ein Gerät, das erst durch weitere nicht am Tatort und zur Tatzeit verfügbare technische Maßnahmen dazu in die Lage versetzt werden muss, solche Störungen oder Beeinflussungen herbeizuführen, also nicht ohne weiteres - etwa mittels eines im Fahrzeug angebrachten Schalters - in Betrieb genommen werden kann.
15 Das Verwaltungsgericht ist im angefochtenen Erkenntnis von einer „Eignung“ des vorliegenden Gerätes im Sinne des § 98a KFG ausgegangen, weil solche Geräte, so sie mit der entsprechenden Software ausgerüstet seien, Lasermessungen stören bzw. beeinflussen könnten. Feststellungen dazu, ob diese Software oder allfällige weitere technische Erfordernisse für die Störung oder Beeinflussung einer Lasermessung am konkreten Gerät im Tatzeitpunkt angebracht gewesen sind, sodass das Gerät damals ohne weiteres hätte in Betrieb genommen werden können, hat das Verwaltungsgericht nicht getroffen.
16 In Anbetracht der dargestellten Rechtsprechung sind aber zur Beurteilung der „Eignung“ eines Gerätes im Sinne des § 98a KFG Feststellungen unerlässlich, wonach das konkrete im Fahrzeug verbaute Gerät „geeignet“ ist.
17 Indem das Verwaltungsgericht die Bestrafung der Revisionswerberin auf die Rechtsansicht gründete, dass ein solches Gerät generell „mit der entsprechenden Software geeignet“ im Sinne des § 98a KFG sei, ohne Feststellungen dahin getroffen zu haben, ob das konkrete Gerät im Tatzeitpunkt ohne weiteres eine Lasermessung beeinflussen oder stören hätte können, erweist sich diese Bestrafung als rechtswidrig.
18 Damit hat das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb es schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
19 Ferner ist gemäß § 98a Abs. 2 zweiter Halbsatz KFG die Übertretung nach Abs. 1 dem Zulassungsbesitzer dann nicht anzulasten, wenn die Geräte ohne Wissen des Zulassungsbesitzers im Fahrzeug mitgeführt oder in diesem angebracht wurden.
20 Trotz entsprechenden Vorbringens hat das Verwaltungsgericht in Verkennung dieser Rechtslage keine Feststellungen dahin getroffen, ob der Lenker das Gerät ohne Wissen der Revisionswerberin als Zulassungsbesitzerin im Fahrzeug mitgeführt oder in diesem angebracht hat. Das Erkenntnis ist daher auch mit einem sekundären Feststellungsmangel behaftet.
21 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 13. Oktober 2020
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Besondere Rechtsgebiete Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020020063.L00Im RIS seit
23.11.2020Zuletzt aktualisiert am
23.11.2020