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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AÜG §17 Abs7 idF 2014/I/094Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des Ing. M S in S, vertreten durch Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 22, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 28. April 2020, Zl. VGW-041/037/14022/2016-3, betreffend Übertretung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 17. Oktober 2016 wurde dem Revisionswerber als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der X GmbH ein Verstoß gegen § 22 Abs. 1 Z 2 iVm § 17 Abs. 7 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz - AÜG (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 94/2014) zur Last gelegt, weil „diese Gesellschaft als Beschäftiger“ von näher genannten Arbeitskräften mit jeweils ungarischer Staatsangehörigkeit für diese die gemäß § 17 Abs. 2 und 3 AÜG erforderlichen Unterlagen (ZKO 4 - Meldungen) nicht am Arbeitsort zur Überprüfung durch die dazu befugten Behörden bereitgehalten habe. Über den Revisionswerber wurde aus diesem Grund eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt und ein Kostenbeitrag zum behördlichen Strafverfahren vorgeschrieben.
2 2.1. Mit dem - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen - angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) die Beschwerde des Revisionswerbers mit einer hier nicht relevanten Maßgabe ab und verpflichtete den Revisionswerber zur Bezahlung eines Beitrags zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens. Zudem wurde ausgesprochen, dass die X GmbH für die über den Revisionswerber verhängte Geldstrafe und den Kostenbeitrag zu ungeteilten Handen hafte. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.
3 2.2. In seiner Begründung stellte das Verwaltungsgericht zusammengefasst fest, die X GmbH habe den Auftrag zur Durchführung von Trockenbauarbeiten auf einer bestimmt bezeichneten Baustelle erhalten. Sie habe daraufhin mit zwei ungarischen Unternehmen gleichlautende Vereinbarungen über diesen Leistungsinhalt geschlossen, ohne dass in diesen Verträgen jedoch ein Auftragspreis genannt worden sei. Auf der betreffenden Baustelle seien in der Folge unter anderem die im Spruch des Straferkenntnisses genannten Arbeitskräfte tätig gewesen. Diese hätten ihren Lohn vom ungarischen Dienstgeber erhalten und diesen bezüglich Krankenständen und Urlauben kontaktiert. Im Übrigen hätten die Arbeitskräfte die erforderlichen Arbeitsanweisungen vom Bauleiter der X GmbH erhalten und die Arbeiten jeweils gemeinsam mit den Arbeitskräften der X GmbH durchgeführt. Eine Zuordnung der ausgeführten Arbeiten sei nicht möglich gewesen. Das erforderliche Material sei von der X GmbH beigestellt worden. Die Kontrolle der Arbeiten sei ebenfalls durch den Bauleiter der X GmbH erfolgt, der den ungarischen Arbeitskräften gegebenenfalls Ausbesserungs- und Änderungsaufträge erteilt hätte. Die erforderlichen ZKO 4-Meldungen seien zum Kontrollzeitpunkt nicht vorgelegen.
4 2.3. In rechtlicher Hinsicht folgerte das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zusammengefasst, die ungarischen Arbeitskräfte hätten die Arbeiten derart verrichtet, dass nicht nachvollziehbar gewesen sei, welche Teile der Ausführung dem ungarischen Unternehmen und welche der X GmbH zuzurechnen gewesen wären, weshalb kein von den Produkten, Dienstleistungen und Ergebnissen des Werks der X GmbH unterscheidbares Werk hergestellt worden sei. Aufgrund der festgestellten Anweisungen und der Kontrolle der ungarischen Arbeitskräfte durch die X GmbH, deren organisatorische Eingliederung in den Betrieb der X GmbH sowie Beistellung des Materials durch diese würde eine Gesamtabwägung aller Umstände ergeben, dass kein Werkvertrag, sondern ein Vertrag zur Arbeitskräfteüberlassung hinsichtlich der ungarischen Arbeitskräfte vorgelegen sei.
5 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 4. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 4.1. Die Revision verweist zur Begründung der Zulässigkeit auf ein Abweichen der angefochtenen Entscheidung von der Rechtsprechung. Die Rechtsfrage, ob gegenständlich eine Arbeitskräfteüberlassung oder aber ein Werkvertrag vorliege, sei insbesondere vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2017, Ra 2017/11/0068, vom Verwaltungsgericht unrichtig gelöst worden. So sei die Abrechnung der Leistungen der ungarischen Arbeitnehmer nach Maßgabe der erbrachten Leistungen und nicht nach Stunden erfolgt, laufend Teilrechnungen nach Aufmaß gelegt und im Subunternehmervertrag ein Haftrücklass vereinbart worden, der erst bei Bestätigung der Mängelfreiheit von Seiten des Bauherrn zur Auszahlung gelangen hätte sollen.
10 4.2. Das Zulässigkeitsvorbringen der Revision ist insoweit unzutreffend, als das Verwaltungsgericht zur Ansicht, die im Straferkenntnis namentlich angeführten ungarischen Arbeitskräfte seien der vom Revisionswerber vertretenen X GmbH grenzüberschreitend überlassen gewesen und diese Gesellschaft daher Beschäftigerin der genannten Arbeitskräfte iSd AÜG, im Rahmen einer „Gesamtbetrachtung“ mehrerer Gesichtspunkte (v.a. Fehlen eines erkennbar von den Arbeiten der X GmbH getrennt ausgeführten Leistungsgegenstandes; Ausübung der Fach- bzw. Dienstaufsicht durch die X GmbH) und insoweit in Übereinstimmung mit dem zitierten Erkenntnis Ra 2017/11/0068 gelangt ist.
11 Die Frage, inwieweit und aus welchen Gründen im Rahmen der jeweils vorzunehmenden Gesamtbetrachtung einzelnen dieser Kriterien im konkreten Fall ein höheres und anderen ein geringeres Gewicht beigemessen wird, stellt eine einzelfallbezogene Beurteilung dar, die im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa VwGH 8.2.2018, Ra 2017/11/0206, mwN).
12 Dass sich die rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichts von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entfernt hätte, zeigt die Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht auf.
13 4.3 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 14. Oktober 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020110109.L00Im RIS seit
23.11.2020Zuletzt aktualisiert am
23.11.2020