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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ASVG §98 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des A in P, vertreten durch Dr. Julius Jeannee, Dr. Wolfgang Jeannee und Dr. Peter Lösch, Rechtsanwälte in Wien I, Parkring 12a, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 9. Mai 1996, Zl. VII/2-6652/3-1996, betreffend Zustimmung zur Übertragung eines Pensionsanspruches gemäß § 98 Abs. 2 ASVG (mitbeteiligte Partei:
Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien II, Friedrich Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten vom 28. April 1995 wurde der Anspruch des Beschwerdeführers auf vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit mit Wirkung ab 1. Jänner 1995 anerkannt. Der Beschwerdeführer übermittelte mit Schreiben vom 4. Mai 1995 der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt den Notariatsakt vom 14. Dezember 1993 und gab bekannt, daß er aufgrund desselben vom pfändbaren Teil seiner Pension einschließlich Sonderzahlungen monatlich S 8.000,-- an seine Tochter zediert habe, und zwar zur Begleichung der mit einschließlich Mai 1995 offenen Forderung von S 116.730,-- und der weiterhin ab 1. Juni 1995 monatlich fällig werdenden Beträge von S 8.000,--. Er ersuche, die Zession anzuerkennen und die zedierten Beträge an die Zessionarin zu überweisen. Nach dem Inhalt des Notariatsaktes übergaben der Beschwerdeführer und seine Tochter die von ihnen am 14. Dezember 1993 errichtete Privaturkunde (Vereinbarung) dem Notar zum Zwecke der notariellen Bekräftigung. Der Beschwerdeführer habe seine ausdrückliche Einwilligung erteilt, daß dieser Notariatsakt in Ansehung aller darin von ihm übernommenen Zahlungsverpflichtungen wider ihn im Sinne des § 3 der österreichischen Notariatsordnung wie ein vor Gericht abgeschlossener Vergleich sofort vollstreckbar sein solle. In der Vereinbarung des Beschwerdeführers mit seiner Tochter wird festgehalten (Punkt I.), daß der Beschwerdeführer mit seiner Gattin im Reihenhaus seiner Tochter zwei möblierte Wohnräume samt Nebenräume bewohne. Der Beschwerdeführer bedürfe aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes dauernder Pflege und Betreuung. Seine Gattin könne diese nur teilweise übernehmen, weil sie zum gemeinsamen Einkommen beizutragen habe. Die Tochter des Beschwerdeführers verpflichte sich, dem Beschwerdeführer auf dessen Lebenszeit das Wohnrecht in diesem Reihenhaus oder in einer anderen, an dessen Stelle tretenden, künftigen Wohnung mit voller Betreuung und Verpflegung zu gewähren. Hiefür verpflichte sich der Beschwerdeführer ab 1. Juni 1993 monatlich S 8.000,-- (wertgesichert), den aufgelaufenen Rückstand sofort und die jeweils fällig werdenden Beträge am Ersten eines jeden Kalendermonats im vorhinein bei fünftägigem Respiro zu bezahlen; für den Fall des Zahlungsverzuges gälten 14 % Verzugszinsen per anno als vereinbart.
Mit Bescheid vom 24. Oktober 1995 entschied die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt dahingehend, daß gemäß § 98 Abs. 2 i.V.m. § 410 Abs. 1 Z. 6 ASVG die Zustimmung nicht erteilt werde. In der Begründung wurde ausgeführt, daß der zur Exekution zur Verfügung stehende Betrag der Pension bereits voll ausgeschöpft sei und darüber hinaus noch weitere Exekutionsbewilligungen der Mitbeteiligten als Drittschuldnerin zugestellt worden seien. Unter Bedachtnahme darauf werde eine Abtretung von Pensionsansprüchen für nicht im Interesse des Beschwerdeführers gelegen gehalten.
Der Beschwerdeführer erhob Einspruch. Darin machte er im wesentlichen geltend, daß er ein vorrangiges Interesse an seiner körperlichen und gesundheitlichen Versorgung habe. Soferne dies von staatlichen Stellen oder Krankenpflegern wahrgenommen werde, bezifferten sich die Kosten wesentlich höher als im vorgelegten Notariatsakt. Überdies sei zu berücksichtigen, daß für ihn eine erhebliche Erhöhung der Lebensqualität mit der Betreuung durch seine leibliche Tochter verbunden sei.
Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt legte den Einspruch dem Landeshauptmann von Niederösterreich mit Schreiben vom 7. Februar 1996 vor und wies darauf hin, daß ihrer Auffassung nach der Beschwerdeführer keine objektiven Gründe dafür vorbringen habe können, daß die beantragte Abtretung in seinem Interesse oder dem seiner Tochter gelegen sei.
Der Beschwerdeführer nahm dazu mit Schreiben vom 19. März 1996 Stellung. Er führte aus, daß seine Rechtslage insofern verbessert werde, weil die Tochter den Notariatsakt aus wichtigem Grund kündigen könne, wobei ein wichtiger Grund in der Nichtzahlung des monatlich fälligen Betrages liege. Somit sei zur Erhaltung der unbedingt notwendigen Betreuung und Verpflegung die Zustimmung zur Zession erforderlich. Ein Risiko, daß dem Beschwerdeführer der wirtschaftliche Gegenwert der Versicherungsleistung tatsächlich zufließe, könne nicht erblickt werden, weil er bei Nichterbringung der Leistung durch seine Tochter den Notariatsakt ebenfalls kündigen könne.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. In der Begründung wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges festgehalten, daß der der rechtlichen Beurteilung zugrundeliegende Sachverhalt unbestritten sei. Demnach hätten der Beschwerdeführer und seine Tochter am 14. Dezember 1993 eine schriftliche Vereinbarung getroffen, worin sich die Tochter des Beschwerdeführers verpflichte, ihm auf dessen Lebenszeit das Wohnrecht in ihrem Haus mit voller Betreuung und Verpflegung zu gewähren. Der Beschwerdeführer sei aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes pflegebedürftig und es werde ihm auch Pflegegeld gewährt. Der Beschwerdeführer verpflichte sich, ab 1. Juni 1993 monatlich S 8.000,-- im vorhinein an seine Tochter hiefür zu bezahlen. Über diese Vereinbarung sei am 14. Dezember 1993 ein Notariatsakt errichtet worden.
Es stehe auch fest, daß das Bezirksgericht Mödling einem namentlich genannten Rechtsanwalt für seine Forderung in der Höhe von S 281.897,-- gegen den Beschwerdeführer die Exekution durch Pfändung und Überweisung der dem Beschwerdeführer gegen die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt zustehenden Pensionsbezüge bewilligt habe. Es lägen auch noch weitere Exekutionsbewilligungen für andere Gläubiger vor.
Die Genehmigung der Zession nach § 98 Abs. 2 ASVG setze voraus, daß die Übertragung im Interesse des Anspruchsberechtigten oder seiner nahen Angehörigen gelegen sei. Dieses Interesse könne begrifflich nicht mit jenem gleich sein, das der Zedent als Vertragspartner des Zessionars an der Rechtswirksamkeit des privatautonom zustandegekommenen Vertragsinhaltes habe, sondern setze ein objektiviertes, von der Behörde festzustellendes Interesse voraus, das in einer Verbesserung der rechtlichen Lage des Geldleistungsberechtigten gelegen sei und ihn keinem Risiko dabei aussetze, daß ihm der wirtschaftliche Gegenwert der Versicherungsleistung tatsächlich zufließe (Hinweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Dezember 1984, Zl. 84/08/0167, vom 19. November 1987, Zl. 86/08/0230, und vom 2. Juli 1991, Zl. 89/08/0293). Für die Erteilung der Zustimmung zur Übertragung genüge nach der angesprochenen Rechtsprechung nicht, daß infolge dieser Übertragung wirtschaftliche Nachteile für den Anspruchsberechtigten nicht zu befürchten seien, sondern es müsse vielmehr eine solche Übertragung dem Anspruchsberechtigten oder dessen nahem Angehörigen zum Vorteil gereichen.
Ausgehend von der gesetzlich normierten Unterhaltsverpflichtung der Kinder gegenüber ihren Eltern, welche nicht imstande seien, sich selbst zu erhalten, könne ein im Sinne der Rechtsprechung objektiviertes Interesse des Beschwerdeführers nicht gesehen werden.
Die Vereinbarung vom 14. Dezember 1993 enthalte keine Bestimmung darüber, daß der Beschwerdeführer die Zessionsvereinbarung widerrufen bzw. auflösen könne, wenn seine Tochter die vereinbarte Gegenleistung nicht oder nicht zur Gänze erbringe. Auch wenn eine Auflösungsmöglichkeit dieses Rechtsverhältnisses herbeigeführt werden könne, würde der Nachteil und somit das Risiko für den Beschwerdeführer in der unklaren Rechtslage und einem damit allenfalls verbundenen Rechtsstreit gelegen sein.
Es sei auch auffällig, daß die zedierten Beträge zumindestens teilweise zur Abdeckung der bereits in der Vergangenheit erbrachten Leistungen der Tochter dienten. Sollte das zumindest teilweise Interesse an einer Zustimmung zur Zession in der Abwehr von Gläubigern des Beschwerdeführers gelegen sein, so sei es im Sinne der Rechtsprechung keinesfalls Aufgabe eines Pensionsversicherungsträgers, durch Zustimmung zur Abtretung des Pensionsanspruches eventuelle Gläubiger des Pensionisten in ihrem Recht auf Durchsetzung bestehender Rechtsansprüche zu beeinträchtigen.
Zu dem vom Beschwerdeführer angesprochenen Antrag auf Erhöhung des unpfändbaren Betrages sei festzustellen, daß eine allfällige Erhöhung des unpfändbaren Betrages keine Auswirkungen auf das vorliegende Verfahren habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte PVA eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer meint, er habe gegen seine Tochter einen zivilrechtlich durchsetzbaren Rechtsanspruch, sodaß die Zession in seinem Interesse gelegen sei. Die Leistungspflichten beider Vertragspartner des Notariatsaktes gewährten wechselseitig einen Rechtsanspruch, welcher notfalls mit Hilfe des Gerichtes durchsetzbar sei. Dadurch werde seine Rechtslage verbessert, von einer unklaren Situation könne entgegen der Darstellung der belangten Behörde nicht gesprochen werden. Sowohl er als auch seine Tochter könnten bei Nichterbringung der Leistungen den gegenständlichen Vertrag aus wichtigen Gründen jederzeit auflösen.
Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer lediglich auf, daß sein Interesse an der Anspruchsübertragung darin gelegen ist, seiner Leistungsverpflichtung laut dem Notariatsakt nachkommen zu können. Diesen Zweck kann der Beschwerdeführer jedoch auch dadurch erreichen, daß er die jeweils an ihn ausgezahlte Pension an seine Tochter weiterleitet. Daß solchen Zahlungen im vorliegenden Fall Hindernisse entgegenstünden, ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen. Ein von der belangten Behörde unter Hinweis auf die Rechtsprechung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 18. März 1997, Zl. 95/08/0031, mit Hinweis auf die bisherige Judikatur) zu Recht gefordertes objektivierbares Interesse, das in einer Verbesserung der rechtlichen Situation des Beschwerdeführers gelegen ist und ihn keinem Risiko dabei aussetzt, daß ihm der wirtschaftliche Gegenwert der Versicherungsleistung tatsächlich zufließt, kann in diesem Vorbringen nicht erblickt werden.
Der Beschwerdeführer rügt, daß die belangte Behörde den Beschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 26. April 1996, womit gemäß § 292a EO das "Existenzminimum" um S 8.000,-- monatlich erhöht worden sei, nicht berücksichtigt habe.
Weiters wirft er der belangten Behörde vor, sie habe zu Unrecht die Einholung eines Kostenvergleiches bezüglich der Pflege und Betreuung durch staatliche Stellen oder Krankenpfleger unterlassen. Bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels hätte sie ein erhebliches wirtschaftliches Interesse des Beschwerdeführers an der Zustimmung zur Zession feststellen müssen.
Auch diese Rügen sind nicht zielführend. Der Beschwerdeführer ist nämlich darauf zu verweisen, daß die belangte Behörde verpflichtet ist, bei der Erteilung der Zustimmung ausschließlich auf die Interessen des Anspruchsberechtigten (hier des Beschwerdeführers) und seiner Angehörigen Bedacht zu nehmen. Nach der Rechtsprechung (vgl. das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 18. März 1997, Zl. 95/08/0031) bedarf es eines konkreten, nicht anders erzielbaren Vorteils, um die Anspruchsübertragung zu rechtfertigen. Die belangte Behörde hat zu Recht diese Voraussetzung verneint, weil der Beschwerdeführer lediglich sein wirtschaftliches Interesse an der Aufrechterhaltung des Vertrages mit seiner Tochter ins Treffen führt. Ein dem Beschwerdeführer wirtschaftlich günstig erscheinender Vertrag rechtfertigt für sich allein nicht die Zustimmung zur Anspruchsübertragung gemäß § 98 Abs. 2 ASVG. Das Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren läßt keinen Vorteil erkennen, der sich nur auf diese Weise erzielen ließe. Dazu kommt, daß die behauptete Erhöhung des unpfändbaren Betrages gemäß § 292a EO den Beschwerdeführer erst recht in die Lage versetzt, den zedierten Betrag selbst zu bezahlen.
Die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtswidrigkeiten haften dem angefochtenen Bescheid nicht an, sodaß die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen ist.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996080191.X00Im RIS seit
20.11.2000