TE OGH 2020/9/15 6Ob84/20a

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Veröffentlicht am 15.09.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

 Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin Republik Österreich, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, *****, gegen die Antragsgegnerin Gemeinde S*****, vertreten durch Dr. Heinz Häupl Rechtsanwalts GmbH in Nußdorf, wegen 114.030 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 11. März 2020, GZ 22 R 20/20b-18, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung:

Zwischen dem 2. 8. 2013 und 5. 8. 2013 ereigneten sich im Gemeindegebiet S***** zwei Waldbrände, zu deren Bekämpfung mehrere Feuerwehren herangezogen wurden. Für den Einsatz der Freiwilligen Feuerwehren machte die Antragsgegnerin im Oktober 2013 gemäß § 5 Abs 1 und 2 Oö. Waldbrandbekämpfungsgesetz im Wege der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft Kostenersatz von 133.042,94 EUR geltend. Darin enthalten waren Kosten für den Einsatz der Feuerwehren von insgesamt 120.996,33 EUR, wobei sie auf Grundlage der Tarifordnung 2010 des oö Landesfeuerwehrverbandes 86.300 EUR an Mannschaftskostenersatz und 27.730 EUR an Fahrzeugkostenersatz forderte.

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft anerkannte einen Ersatzbetrag von 1.701,70 EUR für Treibstoff- und 2.952,65 EUR für Verpflegungskosten sowie im Juni 2015 einen weiteren Betrag von 999,96 EUR für ein Handfunkgerät und drei Paar Einsatzstiefel.

Am 4. 3. 2016 beantragte die Antragsgegnerin bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die Festsetzung des verbleibenden Kostenersatzanspruchs mit 127.388,63 EUR. Mit Bescheid vom 15. 4. 2019 setzte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die noch nicht beglichenen Waldbrandbekämpfungskosten mit 114.030 EUR fest.

In der Folge begehrte die Antragstellerin beim Bezirksgericht Vöcklabruck die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sei, diese bescheidmäßig festgesetzten Kosten der Antragsgegnerin zu ersetzen. Ein weiterer Kostenersatzanspruch der Antragsgegnerin bestehe nicht zu Recht.

Das Erstgericht erkannte die Antragstellerin schuldig, der Antragsgegnerin 114.030 EUR zu zahlen. Dabei traf es detaillierte Feststellungen zur Höhe der Mannschafts- und Fahrzeugkosten laut Kostenaufstellung der Freiwilligen Feuerwehr sowie zu den einzelnen Stundensätzen der Tarifordnung 2010 des oö Landesfeuerwehrverbandes. Ausgehend von den im Verfahren unstrittig gebliebenen tatsächlichen Einsatzstunden gelangte es in rechtlicher Hinsicht zu dem Ergebnis, dass der Antragsgegnerin auf Grundlage der Ansätze der Tarifordnung der zugesprochene Betrag als durch den Feuerwehreinsatz verursachter konkreter Sachaufwand zustehe.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Wenn der Bund, in dessen Kompetenz nach Art 10 Abs 1 Z 10 B-VG die Waldbrandbekämpfung falle, sich dazu der Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde bediene, spreche nichts dagegen, ihn nach der Grundregel des § 2 F-VG 1948 gegenüber der Gemeinde zum Ersatz der durch die Brandbekämpfung verursachten Kosten gemäß § 5 Abs 1 Oö Waldbrandbekämpfungsgesetz auf Basis der Tarifordnung 2010 des oö Landesfeuerwehrverbandes zu verpflichten.

Rechtliche Beurteilung

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Der gegen diesen Beschluss erhobene Revisionsrekurs der Antragstellerin ist nicht zulässig.

1.1. Gemäß § 2 F-VG 1948 tragen der Bund und die übrigen Gebietskörperschaften, sofern die zuständige Gesetzgebung nichts anderes bestimmt, den Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt. Eine abweichende Kostentragungsregel besteht nicht (Brawenz/Kind/Wieser, Forstgesetz4 § 42 Anm 1 mwN). Demgemäß gehen Lehre und Rechtsprechung übereinstimmend davon aus, dass nach § 2 F-VG 1948 der Bund die Kosten der Waldbrandbekämpfung zu tragen hat (Bobek/Plattner/Reindl, Forstgesetz 1975 [1995] 232; VfGH G 56/10; 2 Ob 3/14a).

1.2. § 5 Oö Waldbrandbekämpfungsgesetz bestimmt (auch in der zum Zeitpunkt der Entstehung des Kostenersatzanspruchs im Jahr 2013 geltenden Fassung LGBl 1980/68):

„Ersatz der Kosten der Waldbrandbekämpfung

(1.) Die Gemeinde, die nach den für die örtliche Feuerpolizei geltenden Bestimmungen in Betracht kommt, hat gegenüber dem Bund Anspruch auf Ersatz der durch eine Waldbrandbekämpfung verursachten Kosten für den Einsatz der öffentlichen Feuerwehr einschließlich der Verpflegskosten sowie für Schäden an deren Fahrzeugen, Geräten, Werkzeugen und Ausrüstungsgegenständen.

(2.) Jedermann, dem aufgrund einer Anordnung gemäß § 3 Abs 4 Kosten für die Erbringung von Sachleistungen (einschließlich der Kosten für den Einsatz des zur Verfügung gestellten Bedienungspersonals) bzw für Schäden an den zur Verfügung gestellten Bekämpfungsmitteln erwachsen sind, hat gegenüber dem Bund Anspruch auf Kostenersatz einschließlich des Ersatzes des nachgewiesenen Verdienstentgangs.

[...]

(8.) Inwieweit der Bund über Abs 1 und 2 hinaus verpflichtet ist, Kosten der Organisation und Ausrüstung der öffentlichen Feuerwehren für die Waldbrandbekämpfung zu ersetzen, wird durch ein besonderes Landesgesetz geregelt.“

1.3. § 5 oö Feuerwehrgesetz in der zum Zeitpunkt der Entstehung des Kostenersatzanspruchs im Jahr 2013 geltenden Fassung Oö. LGBl 1996/111 (vgl nunmehr § 5 Oö. Feuerwehrgesetz 2015) lautete:

„Kosten des Feuerwehrwesens

(1.) Sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt oder soweit die Kosten nicht anders gedeckt werden, hat die Pflichtbereichsgemeinde bzw für Betriebsfeuerwehren der Betriebseigentümer die Kosten, die den Feuerwehren im Einsatz, bei Übungen und bei der Ausbildung entstehen, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu tragen.

(2.) Die Pflichtbereichsgemeinde (der Betriebseigentümer) hat die Kosten für die Beschaffung und Erhaltung der Baulichkeiten, Einrichtungen, Geräte und sonstiger Gegenstände, die für die Schlagkraft der Feuerwehren im Sinn der Verordnungen gemäß § 10 Abs 1 und 2 erforderlich sind, sowie die Verwaltungs- und Betriebskosten zu tragen. Umfasst ein Pflichtbereich mehrere Gemeinden oder die Teile mehrerer Gemeinden, sind diese Kosten – sofern sich die betroffenen Gemeinden auf keinen anderen Kostenteilungsschlüssel einigen – anteilsmäßig im Verhältnis der Einwohnerzahl der Gemeinden bzw der im Pflichtbereich liegenden Gemeindeteile aufzuteilen. Freiwillige Feuerwehren haben zu diesen Kosten nach Maßgabe der dafür vorhandenen Mittel beizutragen.

(3.) Die aus Gemeindemitteln (Mitteln des Betriebseigentümers) beschafften Baulichkeiten, Einrichtungen, Geräte und sonstigen Gegenstände sind den Feuerwehren zur Benützung zu übergeben. Sie müssen von der Feuerwehr in funktionstüchtigem Zustand gehalten und dürfen nur für die Erfüllung der Aufgaben der Feuerwehr verwendet werden; ihre Verwendung für andere Zwecke bedarf der Zustimmung des Bürgermeisters (des Betriebseigentümers).

(4.) Die Beschaffung und Erhaltung der für den überörtlichen Einsatz den Feuerwehren beigestellten Ausrüstung obliegt dem Landes-Feuerwehrverband. Diese Ausrüstung darf für andere Zwecke als jene der Ausbildung, Übung oder des Einsatzes nur mit Zustimmung des Landes-Feuerwehrverbandes verwendet werden.

(5.) Die Kosten, die einer Feuerwehr für andere Zwecke als nach Abs 1–4 erwachsen, hat sie selbst zu tragen.

[...]“

1.4. § 5 des Oö. Waldbrandbekämpfungsgesetzes normiert eine sukzessive Zuständigkeit. Damit ist insbesondere aufgrund der Überlegungen zur Novellierung des EisbEG durch das AußStr-BegleitG 2003 aber auch der Judikatur zu § 117 WRG ein mit der Regelung zum Ausdruck kommender innerer Zusammenhang und somit eine schlüssige Verweisung in das Außerstreitverfahren anzunehmen (2 Ob 38/12w).

2.1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 2 Ob 3/14a unter Verweis auf das Erkenntnis G 56/10 VfSlg 19.446/2011 des Verfassungsgerichtshofs ausgesprochen, dass die nach § 5 Abs 1 Oö. Waldbrandbekämpfungsgesetz der Gemeinde zu ersetzenden Kosten jenen konkreten Sachaufwand erfassen, der durch den Einsatz der öffentlichen Feuerwehr bei der Waldbrandbekämpfung verursacht wurde. Darunter ist nicht nur der bei der Brandbekämpfung angefallene Materialaufwand zu verstehen, sondern auch der Personalaufwand der Feuerwehr.

2.2. Ersatzfähig ist neben dem Aufwand für eingesetzte Löschmittel, Kleinmaterial sowie für Reparatur bzw Ersatz von beim Einsatz beschädigten Gerät (dazu VwGH 2013/10/0126; 2013/10/0026 jeweils zu § 16 Abs 1 Z 2 stmk Waldschutzgesetz) auch der Aufwand für die Verpflegung und Entschädigung der am Einsatz beteiligten Mitglieder der Feuerwehr (vgl Müllner, Katastrophenhilfeeinsatz: Wer trägt die Kosten, RFG 2017, 140 [142]).

2.3. Das Rekursgericht konnte sich bei seiner Entscheidung auf die Entscheidung 2 Ob 3/14a und auf mehrere Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs (vgl 2006/10/0118; 2007/10/0274 und 2010/10/0227) stützen, in denen jeweils zur Tauglichkeit der Tarifordnung des nö Landesfeuerwehrverbandes für die Bemessung der Kosten von Feuerwehreinsätzen zur Waldbrandbekämpfung Bezug genommen wird. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs gibt die Tarifordnung im Sinne eines standardisierten Sachverständigengutachtens fachlich fundierte Auskunft darüber, welche Einsatzkosten einer Feuerwehr notwendigerweise erwachsen.

2.4. Sowohl in der Tarifordnung des Landesfeuerwehrverbandes Niederösterreich als auch in jener des oberösterreichischen Landesfeuerwehrverbandes ist eingangs festgehalten, dass die Tarifordnung Entgelte bzw Kostenersätze für Einsatzleistungen der Freiwilligen Feuerwehren und Betriebsfeuerwehren bzw für die Benutzung von Feuerwehreinrichtungen beinhaltet. Weiters legen beide Tarifordnungen fest, dass nach ihnen abzurechnen ist, sofern nicht Entgeltfreiheit besteht. Die Kosten für die Mannstunden sind ident; diejenigen für Einsatzstunden für Fahrzeuge und Anhänger unterscheiden sich nur geringfügig.

2.5. Der Umstand, dass nach der niederösterreichischen Rechtslage die Kostenersätze für die Inanspruchnahme der Feuerwehr in der Tarifordnung nach Maßgabe des § 64 Abs 1 NÖ Feuerwehrgesetz, sohin auf der Grundlage der „für den Einsatz erforderlichen Aufwendungen der Feuerwehr“ zu bestimmen sind (§ 64 Abs 3 NÖ Feuerwehrgesetz), während im vorliegenden Fall eine vergleichbare gesetzliche Grundlage zumindest bis zum Inkrafttreten des Oö. Feuerwehrgesetzes 2015 fehlte, steht dem nicht entgegen. Auf die Eignung der Tarifordnung des oö Landesfeuerwehrverbandes, als – im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs – „standardisiertes Sachverständigengutachten“ fachlich fundierte Auskunft über die Höhe der der Feuerwehr notwendigerweise erwachsenden Einsatzkosten zu geben, hat das damalige Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage keinen Einfluss. Insbesondere ergeben sich daraus keine Bedenken gegen die inhaltliche Richtigkeit der in Oberösterreich vorgesehenen Tarifansätze, zumal diese weitgehende inhaltliche Parallelen bei den einzelnen Kostenansätzen zur vom Verwaltungsgerichtshof wiederholt beurteilten Rechtslage in Niederösterreich aufweisen.

2.6. Im Übrigen sieht das zwischenzeitig in Kraft getretene Oö. Feuerwehresetz 2015 in seinem § 6 Abs 5 ohnehin auch vor, dass hinsichtlich des Ersatzes von Kosten, die den Feuerwehren bei der Erbringung von Leistungen gemäß § 2 Abs 4 leg cit entstehen, die Feuerwehren berechtigt sind, der Leistungsempfängerin bzw dem Leistungsempfänger Rechnung zu legen, und der oö Landesfeuerwehrverband für häufiger anfallende Leistungen Richtsätze festzulegen hat.

3.1. Wenn das Rekursgericht bei dieser Sachlage keinen Grund sah, die Tarifordnung des oberösterreichischen Landesfeuerwehrverbandes anders zu behandeln als jene des niederösterreichischen und daher die nach § 5 Oö. Waldbrandgesetz zu ersetzenden Beträge nach der Tarifordnung des oberösterreichischen Landesfeuerwehrverbandes bestimmt hat, so ist darin keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.

3.2. Nach ständiger Rechtsprechung kann auch bereits eine einzige Entscheidung für das Vorliegen einer gesicherten Rechtsprechung ausreichen (RS0103384). Im vorliegenden Fall konnte sich das Rekursgericht zudem nicht nur auf die Entscheidung 2 Ob 3/14a, sondern auch auf mehrere Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs stützen.

3.3. Dazu kommt, dass sich die maßgebliche Rechtslage inzwischen insoweit geändert hat, als nunmehr auch in Oberösterreich – ebenso wie schon zuvor nach der bereits wiederholt vom VwGH beurteilten Rechtslage in Niederösterreich – die Tarifordnung des Landesfeuerwehrverbandes ausdrücklich gesetzlich verankert ist. Damit besteht nunmehr seit Inkrafttreten des Oö. Feuerwehrgesetzes 2015 insoweit kein Unterschied zwischen der niederösterreichischen und oberösterreichischen Rechtslage. Auch aus diesem Grund besteht für eine neuerliche Befassung des Obersten Gerichtshofs mit der bereits entschiedenen Rechtsfrage nach § 62 Abs 1 AußStrG kein Raum.

4. Zusammenfassend bringt die Antragstellerin sohin keine Rechtsfragen der von § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass der Revisionsrekurs spruchgemäß zurückzuweisen war.

Textnummer

E129515

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0060OB00084.20A.0915.000

Im RIS seit

03.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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