TE OGH 2020/9/28 8ObA39/20y

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Veröffentlicht am 28.09.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ingomar Stupar (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und KR Karl Frint (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M***** P*****, vertreten durch Mag. Ralph Kilches, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F***** W*****, vertreten durch Themmer, Toth & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 45.022,42 EUR netto und 350 EUR brutto sA (Revisionsinteresse: 12.930 EUR netto), Rechnungslegung und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Jänner 2020, GZ 9 Ra 11/19s-57, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsgericht hat die Frage der Ermittlung der Kollektivvertragszugehörigkeit des Klägers anhand der Fachverbandszugehörigkeit der Beklagten im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung gelöst.

Die Beurteilung, ob die ausgeübte Tätigkeit der eines Angestellten oder Arbeiters entspricht, ist grundsätzlich eine des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0028066 [T3]; RS0044088). Das Ergebnis des Berufungsgerichts verlässt auch in dieser Frage nicht den Rahmen der höchstgerichtlichen Judikatur (4 Ob 93/17f).

Die Tätigkeit des Klägers bestand nach dem Sachverhalt nicht, wie die Revision argumentiert, nur in der Bewachung von Objekten, sondern im investigativen Beobachten der Kunden, einschließlich der Bedienung von Kontrollanlagen, Durchführung von Personenkontrollen und Erstattung von Anzeigen.

2. Inwiefern die vorgenommene Einstufung seiner Tätigkeit als der eines Angestellten den Kläger in seinem unionsrechtlich gemäß Art 157 AEUV gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung der Geschlechter in Arbeits- und Beschäftigungsfragen verletzen sollte, vermag die Revision ebensowenig nachvollziehbar darzustellen wie eine „Außenseiterwirkung“ eines Kollektivvertrags für Arbeiter des Bewachungsgewerbes.

3. Die Feststellung oder Nichtfeststellung von bestimmten Tatsachen resultiert aus der freien Beweiswürdigung der Vorinstanzen, die vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüft werden kann. Auch die Begründung, die das Berufungsgericht für das Nichtvorliegen des Verfahrensmangels gegeben hat, ist der Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen (RS0043150; RS0043061 [T11, T14, T22]). Dieser Ausschluss kann auch nicht durch die Behauptung, das Berufungsverfahren sei – weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei – mangelhaft geblieben, umgangen werden (RS0043061 [T18]).

Das Berufungsgericht hat sich im vorliegenden Verfahren mit den gerügten Mängeln der Begründung des Erstgerichts sehr ausführlich befasst, sie teilweise als berechtigt aufgegriffen und schlüssig begründet, weshalb es in anderen Punkten dem Berufungsvorbringen nicht gefolgt ist.

4. Soweit sich die Revision gegen die Zurückweisung des auf Zahlung öffentlicher Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge gerichteten Klagebegehrens wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs wendet, geht sie nicht auf die tragende ausführliche Begründung des Berufungsgerichts ein.

Das Argument, es sei dem Kläger nicht möglich, diese Beträge selbst zu berechnen und ihre Entrichtung zu kontrollieren, ist für die Frage der Rechtswegzulässigkeit ohne Bedeutung. Das rechtliche Interesse des Klägers an Schadenersatz für allfällige Nachteile, die ihm aus einer unrichtigen Abrechnung und verspäteten Entrichtung von Steuern und Beiträgen resultieren, wird außerdem durch sein Feststellungsbegehren abgedeckt.

5. Ob die vom Kläger geltend gemachten Überstundenzuschläge und Reiseaufwandsentschädigungen nach dem Kollektivvertrag verfallen sind, ist eine Frage des Einzelfalls.

Nach dem für den Obersten Gerichtshof bindend festgestellten Sachverhalt hält sich die Beurteilung, dass ihm eine rechtzeitige Geltendmachung dieser Foderungspositionen möglich und zumutbar gewesen wäre, jedenfalls im Rahmen der Rechtsprechung. Das Unterbleiben einer ordnungsgemäßen Lohnabrechnung war dem Kläger danach nicht nur bekannt, sondern entsprach wegen seiner Unterhaltspflichten seinem eigenen Wunsch.

6. Insgesamt zeigt die außerordentliche Revision keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf.

Textnummer

E129507

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:008OBA00039.20Y.0928.000

Im RIS seit

02.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.11.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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