TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/11 G311 2214663-1

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Veröffentlicht am 11.09.2020
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Entscheidungsdatum

11.09.2020

Norm

AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4

Spruch

G311 2214663-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Ungarn, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.01.2019, Zahl: XXXX , zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, vom 22.01.2019 wurde dem Beschwerdeführer der mit Bescheid vom 20.12.1988, Zahl: XXXX , des Bundesministeriums für Inneres zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß „§ 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005“ aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.). Weiters wurde ihm gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer, ein ungarischer Staatsangehöriger, inzwischen mehrfach nach Ungarn gereist sei und sich dort ohne Probleme einen ungarischen Reisepass und einen ungarischen Personalausweis hat ausstellen lassen. Ungarn sei inzwischen Teil der Europäischen Union und als solches ein sicherer Herkunftsstaat. Dem Beschwerdeführer komme der Status eines Unionsbürgers zu und habe er sich unter den Schutz seines Heimatstaates gestellt. Im Falle einer Rückkehr nach Ungarn habe der Beschwerdeführer eine Verfolgung oder Bedrohung verneint. Auch lägen keine Hinweise auf eine allfällige Notlage im Fall seiner Rückkehr vor, sodass auch kein subsidiärer Schutz zuzuerkennen gewesen sei. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen lägen ebenfalls nicht vor.

Mit dem am 14.02.2019 beim Bundesamt einlangenden Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer durch seine damalige bevollmächtigte Rechtsvertretung gegen den gegenständlichen Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen, aussprechen, dass dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten nicht aberkannt wird und ihm die Flüchtlingseigenschaft weiterhin zukommt; in eventu ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen; in eventu ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55, 57 AsylG erteilen; in eventu den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben und das Verfahren an das Bundesamt zurückverweisen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensmittelpunkt in Österreich habe. Sollte ihm bei Aberkennung des Status des Asylberechtigten kein Aufenthaltstitel zuerkannt werden, hätte er Probleme beim Pensionsbezug in Österreich. Darüber hinaus sei die Aberkennung gemäß § 7 Abs. 3 AsylG unzulässig, weil der Beschwerdeführer nicht straffällig geworden sei und sich über fünf Jahre seit der Zuerkennung seines Status als Asylberechtigter im Bundesgebiet aufgehalten habe.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt vorgelegt und langten am 18.02.2019 ein.

Mit Schriftsatz vom 20.02.2019 wurde die Vollmachtsauflösung der Rechtsvertretung des Beschwerdeführers bekannt gegeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Republik Ungarn (vgl etwa Kopie des ungarischen Personalausweises, AS 27 ff; Fremdenregisterauszug vom 27.08.2020).

Er reiste am 11.03.1988 legal in das Bundesgebiet ein und stellte hier am 24.03.1988 einen Antrag auf internationalen Schutz. Nach Abweisung seines Antrages durch die Sicherheitsdirektion Niederösterreich mit Bescheid vom 20.05.1988 wurde dem Beschwerdeführer in zweiter Instanz mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 20.12.1988, Zahl: XXXX , die Flüchtlingseigenschaft iSd § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes sowie des Bundesgesetzes vom 07.03.1968, BGBl. Nr. 126/68, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen iSd Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF BGBl. 796/74 sowie eine Aufenthaltsberechtigung als Flüchtling im Bundesgebiet zuerkannt (vgl aktenkundiger Bescheid des Bundesministeriums, AS 7 ff).

In Folge der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wurde dem Beschwerdeführer ein Konventionsreisepass ausgestellt, der jedoch zwischen 1993 und 1994 verlustig ging. Eine Wiederbeschaffung gelang dem Beschwerdeführer in weiterer Folge nicht (vgl Niederschrift Bundesamt vom 17.08.2018, AS 33).

Der Beschwerdeführer war in nachfolgenden Zeiträumen in Österreich mit einem Wohnsitz gemeldet (vgl Auszug des örtlichen Melderegisters der Stadt XXXX vom 25.05.2018, AS 11 f; Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 27.08.2020):

-        02.02.1989 bis 08.02.1993 „ordentlicher Wohnsitz“

-        09.02.1993 bis 10.07.1996 „ordentlicher Wohnsitz“

-        10.07.1996 bis 26.05.1999 Hauptwohnsitz

-        15.06.1999 bis 05.06.2003 Hauptwohnsitz

-        27.04.2015 bis 11.01.2016 Hauptwohnsitz

-        11.01.2016 bis 29.03.2017 Hauptwohnsitz

-        29.03.2017 bis 23.01.2018 Obdachlos

-        23.01.2018 bis laufend Hauptwohnsitz

Im Zeitraum 06.06.2003 bis 26.04.2015 hielt sich der Beschwerdeführer überwiegend in Österreich auf, tauchte jedoch wegen finanzieller Schwierigkeiten unter und meldete daher keinen Wohnsitz (vgl Niederschrift Bundesamt vom 17.08.2018, AS 33).

Er ging in Österreich zwischen 1989 und 2003 sozialversicherten Erwerbstätigkeiten als Arbeiter nach. Im Zeitraum 11.05.2015 bis 31.12.2015 war der Beschwerdeführer dann wieder als Arbeiter beschäftigt. Von 01.01.2016 bis 11.05.2016 bezog er Arbeitslosengeld, von 07.11.2016 bis 31.03.2016 Übergangsgeld, von 11.05.2017 bis 31.03.2018 einen Pensionsvorschuss und seit 01.12.2016 bis laufend eine Pension bei geminderter Arbeitsfähigkeit in Höhe von rund EUR 220,00 pro Monat (vgl Sozialversicherungsdatenauszug vom 27.08.2020; Niederschrift Bundesamt vom 17.08.2018, AS 33).

Am 28.06.2018 beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Ausstellung eines Konventionsreisepasses in Österreich (vgl Antrag, AS 1 ff).

Er ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (vgl Strafregisterauszug vom 27.08.2020).

Es liegen keine Hinweise auf eine Verständigung der nach dem NAG zuständigen Aufenthaltsbehörde durch das Bundesamt vor.

Dem Beschwerdeführer wurde am 04.05.2018 eine Anmeldebescheinigung, Magistrat der Stadt XXXX , Magistratsabteilung XXXX erteilt (vgl Fremdenregisterauszug vom 27.08.2020).

2. Beweiswürdigung:

Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum, Geburtsort) und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Aktenkundig ist weiters eine Kopie des gültigen ungarischen Personalausweises des Beschwerdeführers (gültig bis 17.03.2025; vgl AS 27 ff).

Das Bundesverwaltungsgericht nahm weiters hinsichtlich des Beschwerdeführers Einsicht in das Fremdenregister, das Strafregister, das Zentrale Melderegister sowie seine Sozialversicherungsdaten und holte die aktenkundigen Auszüge ein.

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln und insbesondere den im gesamten Verfahren vom Beschwerdeführer gemachten eigenen Angaben, welche jeweils in Klammer zitiert und vom Beschwerdeführer zu keiner Zeit bestritten wurden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Der mit „Aberkennung des Status des Asylberechtigten“ betitelte § 7 AsylG 2005 lautet:

㤠7. (1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1.         ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;
2.         einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder
3.         der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

(2) In den Fällen des § 27 Abs. 3 Z 1 bis 4 und bei Vorliegen konkreter Hinweise, dass ein in Art. 1 Abschnitt C Z 1, 2 oder 4 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführter Endigungsgrund eingetreten ist, ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, sofern das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist. Ein Verfahren gemäß Satz 1 ist, wenn es auf Grund des § 27 Abs. 3 Z 1 eingeleitet wurde, längstens binnen einem Monat nach Einlangen der Verständigung über den Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG, in den übrigen Fällen schnellstmöglich, längstens jedoch binnen einem Monat ab seiner Einleitung zu entscheiden, sofern bis zum Ablauf dieser Frist jeweils der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht. Eine Überschreitung der Frist gemäß Satz 2 steht einer späteren Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht entgegen. Als Hinweise gemäß Satz 1 gelten insbesondere die Einreise des Asylberechtigten in seinen Herkunftsstaat oder die Beantragung und Ausfolgung eines Reisepasses seines Herkunftsstaates.

(2a) Ungeachtet der in § 3 Abs. 4 genannten Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, wenn sich aus der Analyse gemäß § 3 Abs. 4a ergibt, dass es im Herkunftsstaat des Asylberechtigten zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist. Das Bundesamt hat von Amts wegen dem Asylberechtigten die Einleitung des Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten formlos mitzuteilen.

(3) Das Bundesamt kann einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3), den Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 nicht aberkennen, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt – wenn auch nicht rechtskräftig – nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teilt diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß Abs. 1 Z 2 aberkannt werden.

(4) Die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen.“

Der mit „Ausschluss von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten“ betitelte § 6 AsylG 2005 lautet:

㤠6. (1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn
1.         und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt;
2.         einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt;
3.         aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt, oder
4.         er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

(2) Wenn ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt, kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. § 8 gilt.“

Gemäß Art. 1 Abschnitt C der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK), BGBl. Nr. 55/1955 und 78/1974, wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet werden, wenn sie

1.       sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat; oder

2.       die verlorene Staatsangehörigkeit freiwillig wieder erworben hat; oder

3.       eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat und den Schutz des neuen Heimatlandes genießt; oder

4.       sich freiwillig in dem Staat, den sie aus Furcht vor Verfolgung verlassen oder nicht betreten hat, niedergelassen hat; oder

5.       wenn die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen. Die Bestimmungen der Z 5 sind nicht auf die in Z 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Flüchtlinge anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr Heimatland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen;

6.       staatenlos ist und die Umstände, auf Grund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen, sie daher in der Lage ist, in ihr früheres Aufenthaltsland zurückzukehren. Die Bestimmungen der Z 6 sind jedoch auf die in Z 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Personen nicht anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr früheres Aufenthaltsland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgungen zurückgehen, ablehnen.

Fallbezogen ergibt sich daraus:

Dem Beschwerdeführer wurde in Österreich mit Berufungsbescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 20.12.1988 der Status des Asylberechtigten bzw. Flüchtlings rechtskräftig zuerkannt.

Gemäß § 75 Abs. 5 AsylG 2005 gilt einem Fremden, dem am oder nach dem 31. Dezember 2005 die Flüchtlingseigenschaft nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 oder früheren asylrechtlichen Vorschriften zugekommen ist oder zuerkannt wurde, soweit es zu keiner Aberkennung oder keinem Verlust der Flüchtlingseigenschaft gekommen ist, der Status des Asylberechtigten als zuerkannt.

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Ungarn. Ihm gilt daher der Status des Asylberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Ungarn als zuerkannt.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Aberkennung des Status des Asylberechtigten auf das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 gestützt. Der Beschwerdeführer hätte sich durch wiederholte freiwillige Reisen nach und Aufenthalte in Ungarn sowie die Ausstellung ungarischer Dokumente (Reisepass und Personalausweis) wieder unter den Schutz seines Herkunftsstaates iSd Art. Art. 1 Abschnitt C Z 1 GFK gestellt.

§ 7 Abs. 3 AsylG 2005 sieht vor, dass einem Fremden, der nicht straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3 AsylG 2005) der Status des Asylberechtigten nicht abzuerkennen ist, wenn die Aberkennung durch das Bundesamt – wenn auch nicht rechtskräftig – nicht innerhalb von fünf Jahren nach der Zuerkennung erfolgt und der Fremde seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat. Kann nach dem ersten Satz nicht aberkannt werden, hat das Bundesamt die nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuständige Aufenthaltsbehörde vom Sachverhalt zu verständigen. Teil diese dem Bundesamt mit, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat, kann auch einem solchen Fremden der Status eines Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG aberkannt werden.

Die Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 22.01.2019 erfolgte jedenfalls nach Ablauf der Fünfjahresfrist nach der rechtskräftigen Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 20.12.1988. Der Beschwerdeführer ist nach wie vor unbescholten und hatte seinen Hauptwohnsitz jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl im Bundesgebiet und trifft dies nach wie vor zu. Dem Akteninhalt ist nicht zu entnehmen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vor Bescheiderlassung die Aufenthaltsbehörde verständigt hätte.

Dem Beschwerdeführer wurde am 04.05.2018 eine Anmeldebescheinigung, Magistrat der Stadt XXXX , Magistratsabteilung XXXX erteilt.

In diesem Zusammenhang ist weiters festzuhalten, dass bei Freizügigkeitssachverhalten Aufenthaltstiteln lediglich deklarative Wirkung zukommt (vgl. VwGH 24.04.2012, 2010/22/0035; 26.04.2016, Ra 2015/09/0137), zumal das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht auf Grund der durch die Bestimmungen der §§ 51 ff NAG umgesetzten Freizügigkeitsrichtlinie gewährt wird.

Vor diesem Hintergrund liegt nach Auffassung des erkennenden Gerichtes kein Fall vor, in dem die Aufenthaltsbehörde dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat.

§ 7 Abs. 3 AsylG 2005 steht daher einer Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 entgegen und deutet auch nichts daraufhin, dass der Beschwerdeführer sonstige Aberkennungstatbestände nach § 7 Abs. 1 Z 1 oder Abs. 3 AsylG 2005 verwirklicht hätte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Sein Vorbringen wurde der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß
§ 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.

Zu Spruchteil B): Zur Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die ordentliche Revision ist zulässig, da eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Soweit erkennbar, liegt keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob der Umstand der Ausstellung einer Anmeldebescheinigung durch die Aufenthaltsbehörde den Tatbestand des § 7 Abs. 3 letzter Satz AsylG 2005 erfüllt, vor.

Schlagworte

Aberkennungstatbestand Aberkennungsverfahren Behebung der Entscheidung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G311.2214663.1.00

Im RIS seit

02.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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