Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Fichtenau und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch MMag. Dr. Florian Striessnig, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Österreichische Gesundheitskasse, 1030 Wien, Haidingergasse 1, wegen Kinderbetreuungsgeld, über den Delegationsantrag der klagenden Partei, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Zur Verhandlung und Entscheidung der Sozialrechtssache wird anstelle des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht das Arbeits- und Sozialgericht Wien bestimmt.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung beziehungsweise Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit (RIS-Justiz RS0046333 [T4, T6, T22]).
[2] In Sozialrechtssachen stellt der Gesetzgeber in deutlicher Bevorzugung der Interessen der Versicherten für die örtliche Zuständigkeit auf deren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland ab. Auch § 7 Abs 2 ASGG verfolgt diese Intention und will den Gerichtszugang für Kläger mit Wohnsitz im näheren Ausland erkennbar erleichtern. Für Versicherte, die wie die Klägerin ihren Wohnsitz in Deutschland haben, nennt § 7 Abs 2 Z 1 ASGG als mögliche – grenznahe – Gerichtsstände die Landesgerichte Innsbruck, oder nach Wahl der Versicherten auch Feldkirch, Linz oder Salzburg (nicht aber zB Ried im Innkreis). Die Zuständigkeitsnorm des § 7 ASGG steht einer Delegierung nicht entgegen; sie schließt zwar die Gerichtsstände der JN aus, lässt aber § 31 JN unberührt (10 Nc 21/18x; 10 Nds 2/94; RS0046279).
[3] Die von der Klägerin beantragte Delegierung ist vor diesem Hintergrund zweckmäßig, weil sie ihr den Gerichtszugang erleichtert und das Verfahren verbilligt. Die Klägerin hat ihren Wohnsitz in Hamburg, daher nicht in der geographischen Nähe eines der in § 7 Abs 2 Z 1 ASGG genannten Landesgerichte. Sie kann nach ihrem Vorbringen im Delegationsantrag Wien von Hamburg aus leichter erreichen als Innsbruck und verfügt in Wien auch über eine Wohnmöglichkeit ohne Zusatzkosten, wo sie zuletzt über 11 Jahre hindurch lebte. Auch die Beklagte hat ihren Sitz in Wien. Sie ist dem Delegationsantrag der Klägerin nicht entgegengetreten.
Textnummer
E129421European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0100NC00020.20B.0907.000Im RIS seit
31.10.2020Zuletzt aktualisiert am
31.10.2020